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sich beschwert, so ist das noch immer anmutiger als der Durchschnitt der Liebeserklärungen hierzulande. In einem kleinen »Beschwerdebuch« (Rowohlt) hat Annette Kolb Aufsätze, Glossen, Marginalien aus den letzten beiden Jahren gesammelt, die von Erlebnissen mit Menschen und Hunden handeln, mit dem Radio, mit Literatur und Musik. Das alles scheint leicht hingeplaudert zu sein, Improvisationen eines Menschen von natürlicher großer Formbegabung. Aber, lieber Gott, wie ist das gearbeitet! Wie ist das sprachliche Material dieser zarten, hauchdünnen Sachen von einer einmaligen Persönlichkeit gehärtet und biegsam gemacht! Annette Kolb sagt von sich selbst: »... sie hat sich, obwohl ihre Bücher nicht eben zahlreich sind, schrecklich geplagt. Und dies muß ich euch sagen, weil man ihren Sachen die große Mühsal nicht anmerkt. Sie hat es sich nicht leicht gemacht, am wenigsten mit dem Schreiben. Zum Schreiben drängte sie nicht das Talent, sondern ihre Meinungen, und in der Gedanklichkeit, was immer man euch heute über sie erzählen mag, liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeiten.« Annette Kolb hat recht, wenn sie es ablehnt, einem virtuosen Artistentum beigerechnet zu werden. Ihr Werk kommt aus einem brennenden Herzen, die Kunst eines klaren, vernünftigen Kopfes verdünnt es nicht, sondern macht es nur feiner und durchsichtiger. »A. K. ist von deutscher und französischer Abkunft, und während des Weltkrieges hielt sie es mit den Deutschen und Franzosen zugleich.« So spricht nur ein durch und durch tapfrer Mensch, dessen Bestes, bei aller Kunst, doch darin liegt, die einfache Wahrheit einfach zu sagen.
Die Weltbühne, 4. Oktober 1932