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Der große Arenaroman des Blasco Ibáñez hat die herkömmlichen Escamillos abgelöst und den Stierkämpfer zu einem Sozialwesen gemacht. Der viel jüngere Ramón Gómez de la Serna arbeitet nicht mehr mit dem Verismus von 1900, sondern wirft in seinem »Torero Caracho« (deutsch bei Weller & Co., Leipzig) Naturalistik und Phantastik bizarr durcheinander. Sein berühmter Torero ist nicht nur temperamentvoll und immer wieder temperamentvoll, sondern eher ein kühler Techniker, ein Fachmann der Corrida. Dieser spanische Autor, der sich Europa erobern wird, ist tatsachenhart wie ein moderner Amerikaner, aber in jeder Fiber beschwingt, agil und leuchtend, ein iberischer Mensch, in dem schon Afrikas Wildheit rumort und lateinische Tradition das Ungestüm in kühle klare Form zwingt. So sieht er in der Arena die tiefste Erfüllung seiner Rasse; immer wieder schüttet er Pathos und Zynismus, Bewunderung und Abscheu über den blutigen Sport, der Hispaniens Leidenschaft ist oder, wenn man will, seine Schande.
Es gibt bösere Stierkämpfe als die auf gelbem Sand. Die schlimmsten Biester laufen nicht in der Arena herum. Meistens tun sie nichts, wenn man sie nicht reizt, aber wer den Picador im Blut hat, kann trotzdem nicht umhin ... Den breiten Heuochsen, die bei uns andalusische Toros ersetzen, stellt sich Rudolf Arnheim in einem entzückenden kleinen Essayband, »Stimme von der Galerie«, mit fünfundzwanzig gesammelten Aufsätzen entgegen, von denen einige unsern Lesern nicht unbekannt sind: Kino, Psychoanalyse, Spiritismus, Erziehung – das wird hier vorgenommen von einem jungen Kulturkritiker von früher Schreibekunst und von einer heute selten gewordenen guten Laune und Unbeschwertheit in puncto Dogmen. Noch wird die hohe Torerokunst des Abkillens nicht geübt. Arnheim ist noch mehr der Banderillero, der Pfeilspitzen wirft, an denen bunte Fähnchen flattern. Es ist noch nicht die letzte grobe Metzgerarbeit des Polemikers. Noch kommt es auf die Fähnchen an und nicht auf die Spitzen. Was in die Zukunft weist, ist ein scharfer Instinkt für Qualität, der Wille, sich nicht bluffen zu lassen von dem, was Ältere – und Gleichaltrige! – servieren. Hans Reimann hat eine gerührte Einleitung beigesteuert, in der er seine Vaterschaft geltend macht, die ich, als fauler Patriot dem Code Napoléon näher als dem BGB, nicht zu recherchieren wage. Aber wer freut sich nicht, wenn Reimann sich freut! Karl Holtz, der phantasievollste unsrer zeichnenden Humoristen, lieferte Bildchen.
Die Weltbühne, 18. Dezember 1928