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Sie schläft, deine arme Kleine; sie schläft, und es wäre sehr schade, sie zu wecken, denn sie träumt süß; man sieht es an der Bewegung ihrer Lippen. Sie träumt von Liebe, das heißt von dir. Es ist eben fünf Uhr; erlaube, daß sie im Bette bleibt (besonders in dieser Zeit des Monats) und ein wenig in den Morgen hineinschläft. Wenn wir indessen erraten könnten, was in diesem leichten Hauche schwebt, der auf ihrer Lippe weht! Was denkt sie? oder was will sie?
»Ich weiß es nicht.« – Nun, so will ich es dir sagen: »Dir lebe ich, in dir lebe ich!«
Das ist sehr einfach, aber es ist eine Welt. Eine vollständige Offenbarung liegt in diesem Worte, die ganze Formel der Natur, das Evangelium der Ehe.
»Lieber! ich bin nicht stark. Ich kann nicht viel mehr, als dich lieben und pflegen. Ich habe nicht deine nervigen Arme, und wenn ich lange über eine verwickelte Sache nachdenke, so steigt mir das Blut zu Kopfe und mein Gehirn beginnt zu schlagen. Erfinden ist nicht eben meine Stärke, und die Initiative zu ergreifen, fällt mir schwer. Weshalb? Ich warte immer auf dich, blicke immer auf dich.«
»Dir allein bleibe der Aufschwung, der Feuereifer, dir auch das Vermögen, die ausharrende Kraft – die Erfindung und die Ausführung. Deshalb wirst du der Schöpfer sein und mir mit deinem Geiste, mit deiner Kraft ein Nest bereiten.«
»Ein Nest? O, mehr! Eine harmonische Welt voll Ordnung und süßem Frieden; eine Stadt des Glücks, wo ich nicht leiden sehe, wo ich nicht zu weinen brauche, wo das Glück aller mein Glück erst vollkommen macht. Denn siehe! was nützte mir dies weiche Nestchen, wenn ich allein glücklich wäre. Wenn bis dorthin der Jammer fremden Elends dränge, so würde ich mein eigenes Glück hassen müssen.«
Und nun, da sie gesprochen hat, versuchen wir, ihren Gedanken zu formulieren. Und könnten wir nicht sagen, ihr Gesetz! Ja, es ist das Gesetz der Liebe.
»Im Namen der Frau und kraft der Frau, Königin dieser Erde! Wir befehlen dem Manne, daß er die Erde umwandeln soll und daraus machen eine Stätte der Gerechtigkeit, des Friedens, des Glückes; und soll den Himmel hienieden schaffen.«
»Und was wird sie mir dafür geben?« Sich selbst. Ihr Herz erweitert sich in dem Maße, als dein Heroismus wächst. Schaffe das Paradies für die anderen; sie wird dir das deinige zu bereiten wissen.
*
Das ist das Paradies der Ehe, daß der Mann für die Frau arbeitet, daß er das Nötige allein herbeischafft, daß er das Glück hat, für sie sich abmühen, für sie dulden zu können, daß er ihr die Mühe der Arbeit abnimmt und die Kränkungen der Welt erspart.
Zerschlagen kommt er des Abends nach Hause. Die Arbeit, die plumpen Dinge und die böswilligen Menschen haben ihn angegriffen. Er hat gelitten, er hat an seiner Kraft eingebüßt, er ist nicht mehr der Mann, der heute Morgen über die Schwelle ging. Aber er findet in seinem Hause eine Welt voll Güte, eine so himmlische Ruhe, daß er fast an der Wirklichkeit aller der Bitternisse zweifelt, die er den Tag über erduldet hat: »Nein, das alles war nicht wirklich, war nur ein böser Traum. Die Wahrheit – bist du!«
Das ist, mehr noch als die Fortpflanzung, die Mission der Frau: des Mannes Herz zu erquicken. Von ihm beschützt und ernährt, nährt sie ihn mit Liebe.
Die Liebe ist ihre Arbeit, und eigentlich die einzige, die sie zu verrichten hat. Um sie ungebrochen für diese Arbeit verwerten zu können, hat die Natur sie so ungeschickt für die geringeren Arbeiten des Lebens geschaffen.
Des Mannes Sache ist es, zu verdienen; ihre Sache, auszugeben.
Das heißt: die Ausgaben besser zu regeln und zu besorgen, als es der Mann imstande gewesen wäre.
Das heißt: ihm jede Ausgabe für Vergnügungen zu verleiden. Weshalb anderswo Vergnügen suchen? Und giebt es denn noch eins, außer in der geliebten Frau?
»Die Frau ist das Haus,« sagt ein weises indisches Gesetz. Und besser noch sagt der indische Dichter: »Die Frau ist das Vermögen.«
Die Erfahrung des Abendlandes erlaubt uns hinzuzufügen: »Und vor allem die arme Frau.«
Sie hat nichts und bringt doch alles.