Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Das letzte Fuder

Der Tag ist heiß, der Tag ist schwül!
Kein Lüftchen regt sich leis' und kühl!
Fahr' zu Johann! fahr zu! ich mein':
Wer heimsen will im Sonnenschein,
Muß mit der Stunde geizen, –
Und von der Koppel muß herein
Mir heute noch der Weizen.

Es geht nicht, Herr, – 's ist gar zu viel,
Wir kommen heut' nicht mehr ans Ziel,
Und wollt' ich's selbst auch noch so gern,
Und tät' ich mir für meinen Herrn
Auch heute noch so sauer, –
Es geht nicht, Herr, – der Bläß und Stern
Die haben nicht die Dauer.

Sie sind schon alt, was liegt daran?
Schlag' nur darauf und treib' sie an!
Gib mir die Peitsche, gib, geschwind!
Der Hahn am Turm zeigt andern Wind, –
Und wie die Fliegen stechen!
Es kann noch, eh' wir fertig sind,
Herein das Wetter brechen.

Da schlug der Herr den Bläß und Stern,
Das schmerzt' Johann, – er sah's nicht gern, –
Sie lebten stets in Zärtlichkeit,
Sie dienten treu in Freud und Leid
Dem Herrn seit vielen Jahren,
Und all sein Korn, in all der Zeit
Sie hatten's eingefahren.

Sie hatten stets der Pflicht genügt,
Zur rechten Zeit das Land gepflügt.
Zur rechten Zeit Jahr aus, Jahr ein
Wen goldnen Schatz gebracht hinein,
Kein Fuder war verdorben,
Und hatten, wollt' er ehrlich sein,
Den Wohlstand ihm erworben.

Sie hatten auch in diesem Jahr'
Geschafft, daß wenig übrig war,
Und Haus und Scheune bargen schon
Im Überfluß des Fleißes Lohn;
Es war die letzte Koppel, –
Nun sollt' noch, eh' der Tag entfloh'n,
Der Weizen von der Stoppel.

Und rastlos ging es auf und ab,
Und dann nach Haus in scharfem Trab',
Und dann in scharfem Trab' zurück,
Des Weg's war doch ein gutes Stück; –
Die armen alten Pferde!
Sie ruhten keinen Augenblick,
Der Schweiß troff auf die Erde.

Es geht nicht, Herr, wir zwingen's nicht!
Der alte Knecht voll Mitleid spricht!
Wie sind die armen Tiere naß!
Ich bitt' euch: einen Mundvoll Gras,
Daß sie sich nur verschnaufen! –
Du schwatzt, Johann, und weißt nicht, was!
Ei, sieh doch, wie sie laufen!

Und mit der Peitsche scharfem Schlag'
Treibt er sie fort, – schon neigt der Tag,
Schon schwindet draußen mehr und mehr
Der dichten Hocken zahllos Heer,
Schon kommt die letzte Reihe; –
Der alte Knecht der seufzet schwer:
Daß Gott die Sünd' verzeihe!

Was brummst dazu? ist dir's nicht recht?
Ich bin der Herr, – du bist der Knecht!
Und wie ich's will, so soll's gescheh'n!
Gefällt dir's nicht, so kannst du geh'n!
Wir müssen eilen, eilen!
Am Himmel ist es schon zu sehen,
Daß keine Zeit zum Weilen.

Am Himmel zog es schwarz herauf;
Er braun' sie noch in schnellern Lauf,
Es grollte zu der Peitsche Knall
Des Donners ferner Widerhall;
Hui! Blaß und Stern! – beim Teufel!
Wir zwingen's doch, auf jeden Fall!
Wir zwingen's ohne Zweifel!

Und wieder spricht der alte Knecht:
Habt Mitleid, Herr, – ihr tut nicht Recht,
Was draußen noch, laßt auf der Flur,
Nur wenig ist's, ein Fuder nur,
Was ist daran gelegen;
Erbarmet euch der Kreatur,
Ihr habt schon Gottes Segen!

Verlornes Wort zu dieser Stund';
Es schilt der Herr: Halt' deinen Mund!
Und meinst du, daß es dir zu viel,
Ich schaff' allein gewonnen Spiel!
Es blitzt! – hast du's gesehen?
Schlag' drauf frisch mit dem Forkenstiel'!
Es muß noch schneller gehen!

Und schneller ging's in Schaum und Schweiß,
Da tropfte auch der Regen leis', –
Die letzte Garbe traf er kaum,
Sie schnürten schon den Windelbaum,
Sie jagten von der Koppel, –
Es rasselte im leeren Raum'
Der Regen auf der Stoppel.

Es flog das Wetter hinterher
Im Donnerschlag und Feuermeer'. –
Halt' ein, o Herr! bei Gott, halt' ein! –
Er hörte nicht des Alten Schrei'n,
Er schlug, wie toll, die Pferde. –
Das letzte Fuder soll hinein,
Und stürzten sie zur Erde!

Er zwang es doch! – er ruft Hurra!
Das letzte Fuder, nun ist's da! –
Und bei der Pforte vor dem Stall' –
Ein Schlag, – ein Knall, ein dumpfer Fall!
In Flammen steht der Wagen, –
Da liegen sie am Boden all',
Vom Blitze jäh erschlagen! –


 << zurück weiter >>