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Unterdessen erschrak Platen nicht wenig, als er erfuhr, daß er zum Kriegsminister solle. Er befand sich auf dem Kasernenhof und eilte schleunigst nach seiner Wohnung, um die große Uniform anzulegen. Er war überzeugt, daß es sich nur allein um das Duell handle, aber woher hatte der Minister Kenntnis davon erhalten?
Als er in das Vorzimmer trat, schien er von dem Diener bereits erwartet worden zu sein, denn dieser fragte:
»Herr Leutnant von Platen?« – »Ja.« – »Exzellenz sind noch beschäftigt. Treten Sie einstweilen hier ein.«
Er führte ihn an mehreren Türen vorüber nach einem Eingang, den er öffnete. Platen fuhr beinahe erschrocken zurück, denn er sah vor sich einen kleinen, höchst reich ausgestatteten Damensalon, in dem die – Frau Minister saß, mit einem Buch in der Hand. Bei seinem Anblick erhob sie sich leicht, nickte ihm wohlwollend zu und sagte:
»Treten Sie nur näher, Herr von Platen! Mein Mann hat noch eine Kleinigkeit zu ordnen, und so habe ich Sie zu mir führen lassen, um mich bei Ihnen unterdessen nach einem höchst interessanten Ereignis zu erkundigen, dessen Zeuge Sie gewesen sind, wie man mir berichtet hat.«
Er nahm nach einem ehrfurchtsvollen Gruß auf dem Fauteuil Platz, welchen sie ihm bezeichnete, und wartete gespannt des Weiteren. Eine Tür, die in ein Nebenzimmer führte, war um eine kleine Spalte geöffnet, und durch diese Spalte fiel ein Schatten herein, der nur von einem Menschen herrühren konnte. Diese Beobachtung ließ den Leutnant die ganze Situation begreifen. Der Minister hatte über das Duell Nachricht erhalten, er hatte Gründe, die Angelegenheit zunächst nicht auf dienstlichem Weg kennenzulernen, und so sollte Platen der Frau erzählen, während der Minister im Nebenzimmer Wort für Wort hörte und seine Entschließungen treffen konnte. Daß man gerade ihn, den Sekundanten Kurts, herbeigerufen habe, ließ ihn vermuten, daß man besonders um des letzteren willen solche Rücksicht walten lasse.
»Man sagt, Sie kennen den Leutnant Helmers von den Gardehusaren?« begann die hohe Frau. – »Ich habe die Ehre, sein Freund zu sein«, antwortete Platen. – »So bin ich also gut unterrichtet worden. Lassen Sie mich ohne Umschweife auf den Gegenstand eingehen. Dieser Leutnant hat sich heute früh geschlagen?« – »Allerdings. Ich habe keinen Auftrag, diese Tatsache in Abrede zu stellen.« – »Mit wem?« – »Mit seinem Obersten und dem Leutnant Ravenow von seiner Schwadron.« – »Und der Ausgang dieser außerordentlichen Affäre?« – »Helmers hat Ravenow die rechte Hand abgehauen und dem Obersten die rechte Hand vollständig zerschmettert. Beide sind dadurch unfähig geworden, länger zu dienen.« – »Mein Gott, welch ein Unglück! Aber beiden die rechte Hand! Gewiß ein Zufall!« – »Verzeihung, Exzellenz, es war nicht Zufall, sondern Absicht.« – »Absicht? Schrecklich! Erzählen Sie! Aber ausführlich und objektiv!«
Platen berichtete der Frau des Kriegsministers von der förmlichen Verschwörung, die sich gegen Helmers Eintritt in das Regiment entsponnen hatte, von dem Empfang, der ihm bei allen Vorgesetzten geworden war, von der geradezu empörenden Art und Weise, in der man ihn behandelt hatte, und von dem männlichen, besonnenen Benehmen des Angegriffenen. Er schilderte die Wahrheit, und zwar als Freund, so daß auf Helmers nicht der leiseste Schatten eines Vorwurfes fiel. Und so kam es, daß, als er geendet hatte, die Dame im Ton des allerhöchsten Interesses ausrief:
»Ich danke Ihnen, Herr Leutnant. Ihr Freund ist ja ein ganz außerordentlicher Mensch. Nach dem, was ich von Ihnen höre, hat er das Zeug, sich eine glänzende Zukunft zu schaffen. Was aber beabsichtigt er zu tun, um den Folgen dieses unglücklichen Duells zu entgehen?« – »Zu entgehen?« fragte Platen. »Exzellenz, Helmers ist nicht der Mann, den Konsequenzen eines Ereignisses, zumal wenn er dasselbe nicht verschuldet hat, zu entgehen. Ich bin überzeugt, daß er sich der kompetenten Behörde stellen wird.« – »Sie scheinen ihm Ihr ganzes Vertrauen zu widmen.« – »Exzellenz, es gibt Menschen, die sich das Vertrauen im Sturm erobern und gar nicht imstande sind, es jemals zu täuschen. Helmers gehört zu ihnen.« – »Dennoch bleibt diese Angelegenheit höchst fatal. Man spricht nicht gern von ihr, und auch ich ersuche Sie dringend, nicht zu erwähnen, daß sie Gegenstand unseres Gespräches gewesen ist.«
Er bemerkte jetzt, daß der vorhin erwähnte Schatten verschwunden war, mit demselben jedenfalls auch der Minister. Die Dame machte ihm unter einem protegierenden Lächeln die Abschiedsverbeugung, und er empfahl sich ihr durch eine tiefe Verneigung. Kaum hatte er draußen die Tür zugedrückt, so bat ihn der Diener, in das Kabinett seiner Exzellenz einzutreten, die jetzt zu sprechen sei.
Er trat in das Arbeitskabinett des Ministers und fand diesen anscheinend in ein Aktenheft vertieft, das vor ihm lag. Beim Erscheinen des Leutnants jedoch schlug er dieses Heft zusammen, erhob sich und nickte ihm mit mildem Lächeln zu. Nachdem er die elegante Erscheinung des jungen Mannes mit prüfendem Blick überflogen hatte, begann er in freundlichem Ton:
»Ich habe Sie rufen lassen, um Ihnen einen etwas ungewöhnlichen Auftrag zu geben, Herr von Platen.« Und nachdem er einige Augenblicke wie nach Worten gesucht hatte, fuhr er fort: »Ich höre, Sie sind heute morgen bei einem kleinen Jagdunternehmen beteiligt gewesen, Leutnant?«
Platen wußte sofort, woran er war. Der Minister wollte das Renkontre als Jagdpartie gelten lassen, bei der zufälligerweise zwei Offiziere verwundet worden seien. Darum antwortete er mit einer leichten, zustimmenden Verneigung:
»Zu Befehl, Exzellenz!« – »Leider vernehme ich«, fuhr der Minister fort, »daß dieses Unternehmen nicht ganz glücklich abgelaufen ist. Zwei der betreffenden Herren scheinen nicht beachtet zu haben, daß man mit gefährlichen Waffen stets vorsichtig umzugehen hat. Sie sind verletzt worden?« – »Leider, Exzellenz.« – »Schwer?« – »Lebensgefährlich zwar nicht, unglücklicherweise aber doch so, daß nach dem Ausspruch des Arztes eine dauernde Dienstuntauglichkeit die Folge sein wird.« – »Das ist schwer zu beklagen. Ich habe mir sagen lassen, daß die Schuld diese beiden Herren ganz allein trifft. Ist die Angelegenheit bereits in weitere Kreise gedrungen?« – »Ich bin vom Gegenteil überzeugt, Exzellenz.« – »So wünsche ich, daß man bis auf weiteres das tiefste Schweigen beobachte. Sie begeben sich sofort zu den beteiligten Herren, um ihnen dies streng anzudeuten. Die beiden Verwundeten werden wohl kaum die Absicht haben, ihr Zimmer zu verlassen, es soll aber auch niemand ihren Zustand sehen, und darum befehle ich ihnen durch Sie, keinen Besuch anzunehmen. Die Herren haben sich ganz so zu verhalten, als ob sie mit Zimmerarrest belegt seien. Ich habe Konferenz mit Majestät und werde diese Angelegenheit dabei zum Vortrag bringen. Punkt elf Uhr melden Sie sich dann bei mir, um das Weitere zu vernehmen.«
Eine leichte Handbewegung deutete dem Leutnant an, daß er entlassen sei. Er ging, und zwar zunächst zum Obersten, indem er sich vornahm, weder mit diesem noch mit Ravenow in zu großer Milde zu verhandeln.
Er fand den Obersten im Bett liegen, umgeben von den Gliedern seiner Familie. Die Hausfrau trat ihm mit vor Zorn gerötetem Angesicht entgegen und rief:
»Ah, Leutnant Platen, ich habe Ihnen zu sagen ...« – »Bitte«, unterbrach er sie schnell, »so kurzweg Leutnant Platen werde ich nur von Kameraden genannt, und zwar auch nur von denen unter ihnen, denen die Freundschaft die Erlaubnis erteilt, sich in dieser sonst nicht gebräuchlichen Kürze auszudrücken.«
Sie stockte, fuhr aber dann mit noch mehr erhöhter Stimme fort:
»Nun wohl, mein verehrtester Herr Leutnant von Platen, ich habe Ihnen zu sagen, daß es geradezu eine Schändlichkeit ist, meinen Mann in dieser Weise zuzurichten!«
Platen erwartete natürlich, daß der Oberst diesen gewaltsamen Ausfall mit einer Zurechtweisung bedenken werde, da dies aber nicht geschah, so antwortete er:
»Wenn hier von einer Schändlichkeit die Rede sein kann, so ist sie wenigstens nicht dem Herrn Obersten widerfahren. Ich will über diesen starken Ausdruck hinwegsehen, weil Sie eine Dame sind und als Gattin die Angelegenheit nicht unparteiisch beurteilen.« – »Oh, ich beurteile diese Angelegenheit sehr gerecht. Ich werde mich noch an diesem Vormittag zum General begeben und verlangen, daß man diesen Menschen, der seinen Vorgesetzten verstümmelt, zur Rechenschaft ziehe.« – »Ich bin in der Lage, Ihnen diesen Schritt zu ersparen, denn ich komme als Ordonnanz Seiner Exzellenz des Kriegsministers.« – »Ah!« sagte sie erschrocken.
Der Verwundete erhob überrascht den Kopf, und auch die anwesenden Kinder desselben gaben Zeichen ihres großen Erstaunens.
»Von der Exzellenz?« fragte der Oberst. »Was werde ich hören?« – »Ich habe Ihnen den Befehl zu überbringen, daß kein Mensch über unsere Angelegenheit bis auf weiteres sprechen soll. Sie dürfen Ihr Zimmer nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen.« – »Ah, so bin ich Gefangener?« – »Das eben meinte Exzellenz. Übrigens bewahrheitete sich das, was ich Ihnen sagte, bevor ich das Rendezvous verließ: Mit Rücksicht auf meinen Freund Helmers hat der Minister die außerordentliche Gewogenheit, anzunehmen, daß Sie auf einer Jagdpartie zufälligerweise verwundet worden sind. Es steht also zu erwarten, daß der Einfluß Ihres verachteten Gegners Sie vor der Festungsstrafe bewahren wird. Adieu, Herr Oberst!«
Nach einer sehr zeremoniellen Verbeugung schritt er hinaus, ohne sich um den Eindruck zu bekümmern, den seine Worte hinterließen.
Ravenow, zu dem er nun ging, nahm seine Worte mit grimmigem Schweigen entgegen. Nachdem auch die beiden Sekundanten, der Ehrenrichter und der Arzt benachrichtigt waren, begab sich Platen zu Helmers. Da dieser noch schlief, wurde er einstweilen von dem Herzog von Olsunna empfangen, der den Schlafenden wecken ließ. Dieser war ganz erstaunt zu hören, daß der Minister bereits Kenntnis von der Sache habe, und als Platen äußerte, daß er sich diesen Umstand allerdings auch nicht erklären könne, erzählte der Herzog, was er von Röschen erfahren. Er bat Platen, ihn vorstellen zu dürfen, doch mußte dieser sich entschuldigen, da er vom Dienst gerufen werde. Doch versprach er, wiederzukommen, sobald er vom Minister entlassen sei. Er empfahl sich, und die beiden anderen begaben sich in den Gesellschaftssalon, wo sich die Bewohner des Hauses befanden.
Hier ergriff Kurt die Hand Röschens und sagte unter einem Lächeln des Dankes:
»Du also bist bereits für mich tätig gewesen! Aber weiß du, Röschen, daß du sehr viel gewagt hast?«
Sie lächelte so lieblich, so schelmisch, daß er sie am liebsten hätte umarmen mögen, trotz der Zeugen, die zugegen waren, und antwortete ihm:
»Ich mußte ja handeln, da du es vorzogst, zu schlafen. Ob ich sehr viel gewagt habe, das ist nicht so sicher und gewiß. Die Entscheidung des Ministers scheint vielmehr das Gegenteil zu beweisen.«
Auch ihre Mutter war zugegen, ebenso Lord Lindsay mit Amy, seiner Tochter. Das Gespräch, das sich auf das Duell bezog, war natürlich ein sehr angeregtes. Kurt hatte eine Menge freundlicher Vorwürfe anzuhören, die sich auch gegen Röschen richteten, die seine Vertraute und Begleiterin gewesen war, ohne ihn zu verraten. Rosa, ihre Mutter, zitterte bei dem Gedanken, daß ihr zartes, schönes Töchterchen es gewagt hatte, einem Kampf beizuwohnen, bei dem es die beiden Gegner auf das Leben Kurts abgesehen gehabt hatten.
»Sie ist ein echtes Kind ihres Vaters«, bemerkte der Herzog mit heimlichem Stolz darauf, daß er der Vater dieses Vaters sei. – »Und Sie haben wirklich noch keine Nachricht von ihm, von Herrn Sternau?« fragte da der Engländer. – »Leider nicht die geringste«, antwortete der Herzog. »Was Sie uns gestern erzählten, ist das letzte, was wir von ihm hörten.«
Der Lord hatte nämlich berichtet, was er von dem alten Haziendero erfahren.
»Aber die Sendung des Haziendero haben Sie erhalten?« fragte Amy. – »Welche Sendung?« – »Nun, sie war allerdings nicht an Sie, sondern an Herrn Leutnant Helmers gerichtet.«
Kurt horchte auf.
»An mich?« fragte er. »Ich habe nichts erhalten!«
Jetzt kam die Reihe, zu staunen, an Amy und ihren Vater.
»Sie sind doch der Sohn des Steuermanns Helmers?« fragte letzterer. – »Gewiß«, lautete die Antwort. – »Nun, ich habe, allerdings in Ihrer Abwesenheit, gestern das Erlebnis Ihres Oheims in der Höhle des Königsschatzes erzählt. Ihr Oheim hat von Büffelstirn einen Teil dieser Schätze erhalten, einen kleinen Teil, der aber doch ein großes Vermögen repräsentiert. Es ist bestimmt worden, daß die Hälfte davon nach der Heimat gesandt werde, um Ihnen die Mittel zu Ihrer Ausbildung zu bieten. Man wußte in Mexiko nicht, daß Sie hier so freundliche Gönner und Beschützer gefunden haben. Nach dem Verschwinden Sternaus kam der Haziendero Pedro Arbellez nach Mexiko und übergab die Wertsachen dem damaligen Oberrichter Benito Juarez, der sie nach Europa sandte.« – »Ich habe nicht das mindeste erhalten«, wiederholte Kurt. »Die Sendung ist entweder verlorengegangen oder an eine falsche Adresse gerichtet worden.« – »Der Haziendero kannte Ihre Adresse gar nicht, er wußte nur, daß Sie auf einem Schloß in der Nähe von Mainz zu finden seien, daß Ihr Vater der Seemann Helmers sei und daß dies Schloß von einem Hauptmann von Rodenstein bewohnt werde. Darum wurde die Sendung an ein Mainzer Bankhaus adressiert, dessen Chef Sie ausfindig machen sollte.« – »Er müßte mich gefunden haben. Die Sendung ist jedenfalls unterwegs verunglückt.« – »Der Oberrichter hat sie versichert.« – »So bliebe der Wert mir doch erhalten. Es gälte nur, zu erfahren, welches Bankhaus es gewesen ist.« – »Ich habe den Namen aus dem Mund des Haziendero gehört, ihn aber im Laufe der später folgenden Ereignisse aus dem Gedächtnis verloren. Doch wird eine Nachforschung zum Resultat führen. Ich wurde mit meiner Tochter vom Panther des Südens des Nachts gefangengenommen und nach dem südlichsten Teil von Mexiko transportiert. Dort waren wir gefangen, bis der Einfluß von Juarez sich so ausdehnte, daß er auch unsere Berge erreichte. Ich erhielt erst vor acht Monaten meine Freiheit wieder. Sie werden mir gewiß verzeihen, daß ich einen Namen vergessen habe, der mich weniger interessieren konnte.« – »Oh, Mylord, es kann Sie gar nicht der geringste Vorwurf treffen. Ich bin Ihnen im Gegenteil herzlich dankbar, daß ich durch Sie von dieser Sache erfahre. Sie sprechen von Wertsachen. Geld also war es wohl nicht?« – »Nein. Obgleich ich die Gegenstände nicht gesehen habe, weiß ich doch, daß sie in Geschmeide und Kostbarkeiten bestanden, Ketten, Armbändern, Ringen, aus den Zeiten des alten Mexiko stammend und mit kostbaren Steinen besetzt.« – »Ah!« machte Kurt nachdenklich.
Er hatte an der Hand seines Freundes Platen einen Ring gesehen, dessen Form ihm aufgefallen war. Der Reif trug eine eigentümlich gebildete goldene Sonne, deren Mittelpunkt aus einem erhabenen Mosaik von Smaragden und Rubinen bestand. Die Arbeit war eine echte, altmexikanische gewesen.
»Sie haben einen Gedanken?« fragte Amy. – »Ich glaube, irgendwo bei einem meiner Bekannten einen Ring gesehen zu haben, dessen Fassung mexikanisch zu sein schien«, antwortete er ausweichend. »Doch steht dies jedenfalls in keinem Zusammenhang mit unserer Angelegenheit Ich würde also ein Vermögen besitzen, wenn ich mein Eigentum erhalten hätte. Dieser Gedanke hat etwas Eigentümliches. Ich bin keineswegs geldgierig, aber ich werde dennoch in Mainz Nachforschungen anstellen. Ich bin dazu verpflichtet, schon um des Vaters und des Oheims willen, als deren Vermächtnis ich die Gegenstände betrachten muß.«
Während diese Angelegenheit im Verlauf des Gesprächs weiter verfolgt wurde, gab sich Platen seinen dienstlichen Pflichten hin und fuhr zum Minister, bei dem er sich melden ließ. Dieser empfing ihn freundlich. Er stand an einem Tisch, auf dem mehrere versiegelte Schreiben lagen und sagte:
»Sie sind pünktlich, Herr Leutnant, das ist mir lieb, da ich weiß, daß die Herren Ihres Regimentes sich jetzt zum zweiten Frühstück versammeln werden. Sie nehmen jedenfalls daran teil?« – »Ich bin es so gewöhnt, Exzellenz«, antwortete Platen. – »Nun wohl, die Jagdpartie, von der wir heute sprachen, hat sich im Kasino angesponnen und soll dort ihr Ende finden. Das ist folgerichtig. Sie begeben sich zu Oberst Marzfeld von der Infanterie und übergeben ihm diese Dokumente. Er hat dieselben im Kasino zu öffnen und vorzulesen, und zwar in Gegenwart Ihres Freundes Helmers, den Sie benachrichtigen. Das ist alles. Ihr Verhalten in dieser Affäre hat meinen Beifall. Adieu!«
Während dieser Worte hatte er die Schriftstücke in ein Kuvert geschlossen, das er Platen übergab. Dieser entfernte sich mit freudeerfülltem Herzen. Das direkte Lob eines solchen Mannes ist eine Seltenheit.
Er nahm, um rascher vorwärts zu kommen, eine Droschke und fuhr zunächst bei Helmers vor, um diesen zu benachrichtigen. Er wurde geladen, länger zu bleiben, mußte aber dem ihm gewordenen Befehl Folge leisten und sich zum Obersten Märzfeld begeben.