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Neuntes Kapitel

Sonderbar und fragwürdig stand es um die Verlobung. Obgleich die Beteiligten und ihre Angehörigen das Geheimnis wahrten, hatte es sich längst in Berlin und anderen Städten herumgesprochen; einzelne in- und ausländische Blätter brachten Anspielungen und Notizen darüber, daß eine Vermählung der Tochter von Franz Liszt mit dem bekannten Pianisten Hans von Bülow bevorstände. Nur diese selbst schienen nichts davon zu wissen, schwiegen sich sogar voreinander darüber aus.

Der Termin für die Hochzeit, den Cosima als halbes Versprechen von ihrem Vater erlangt hatte, war längst verstrichen, die Konzertsaison und das gesellschaftliche Leben wieder in vollem Gange, die heimlich Verlobten zeigten sich überall Seite an Seite, unterhielten sich vertraulich über alles und jedes, nur nicht darüber, daß sie sich heiraten wollten. Liszt sandte zuweilen, selten genug, einen seiner kurzen Briefe nach Berlin, schien aber seine Zusage ganz vergessen zu haben. Frau von Bülow war mehr denn je die Zurückhaltung selbst, und Hans hatte nur seine Musik im Kopf. Das alles hätte Cosima eigentlich stutzig machen und kränken müssen, doch bewahrte sie ohne jede Heuchelei ihren heiteren Gleichmut, auch für sie war ihre Heirat bei weitem nicht das wichtigste, Hauptsache, daß es mit der Arbeit und den Erfolgen von Hans tüchtig vorwärtsging. Bei allen seinen Programmen, Verträgen und Pressekämpfen zog er sie zu Rate und staunte, wie sie stets mit einem Hinweis oder einer Warnung das Richtige traf. Sie setzte ihren Unterricht bei ihm gewissenhaft fort, ohne bestimmtes Ziel, höchstens mit dem einen, auf dem Gebiete der Musik möglichst vollkommen zu werden.

Bettina von Arnim, die immer das Herz auf der Zunge trug, sagte einmal zu ihr: »Heirate ihn doch endlich, mein Liebling! Wozu dieser lange Brautstand, der euch nur ins Gerede bringt!«

»Ich wüßte nicht, Tante Bettina«, erwiderte Cosima, die Verwunderte spielend, »daß ich dir meine Verlobung angezeigt hätte. Wahrscheinlich bist du falsch berichtet.« Und sie lachte verschmitzt, während Bettina sie mit ihren dicken weißen Fingerchen strafend am Ohr zupfte.

Hans von Bülow wurde von einer alten Freundin zur Rede gestellt: »Ich warne Sie vor einer Heirat. Künstler, die etwas auf sich halten, sollen ledig bleiben: sobald sie Hausväter werden, hören sie auf Künstler zu sein: ›Zum Teufel ist der Spiritus, das Phlegma ist geblieben!‹«

»Darin mögen Sie recht haben«, gab Hans höflich zur Antwort. »Bei mir ist es noch lange nicht so weit. Ich fühle mich als Junggeselle zu wohl, als daß ich mit einem Experiment meine Zukunft aufs Spiel setzen möchte.« Mit ähnlichen Redensarten nahm er Anzapfungen der Kollegen auf.

Seine Gesundheit war immer noch schwankend, das Nervensystem empfindlich wie feinstes Gewebe. Eine Schlacht nach der andern mußte geschlagen werden, jede endete jetzt mit einem Sieg über das Publikum, mit einer Niederlage durch die Kritik. Diese Niederlagen aber schwächten ihn nicht, sondern verdoppelten nur seine Kräfte. Er wußte, von Cosima darin bestärkt, daß der Feldzug für Richard Wagner und die ganze neue Kunst eines Tages doch gewonnen würde.

Im Leipziger Gewandhaus, der bisher für uneinnehmbar gehaltenen Feste des Mendelssohnkreises, nahm er im Sturm alle Bastionen der Beschränktheit und des Eigensinns, beim Aachener Musikfest, an dem auch Liszt sich beteiligte, zeigte sich, daß bereits das ganze Rheinland auf ihrer Seite war. Zwischen zwei Orchesterstücken fragte Hans den Meister wie beiläufig, ob er sich noch immer scheue, die Bande ihrer Kampfgenossenschaft etwas enger zu knüpfen. Liszt wich aus: wieso? sie wären doch bereits ein Herz und eine Seele!

Zur gleichen Zeit erhielt er Nachrichten von seiner Mutter aus Paris, daß auch mit Blandine etwas im Gange wäre. Ein junger Advokat, namens Ollivier, bewerbe sich um sie. Alle Welt sage ihm eine große politische Zukunft voraus, und Blandine schiene ihm gewogen. Wie er sich dazu stelle? Liszt ließ ihr freie Hand. Er hatte die Vatersorgen satt, kaum daß sie sich bemerkbar machten. Die Kur an den Heilquellen von Aachen, die er sich verordnet hatte, duldete keinerlei Erregungen. Zudem war die Fürstin fern, es lohnte sich ihm nicht, über Blandine mit ihr zu korrespondieren.

*

So war wiederum ein Jahr verstrichen und der Sommer 1857 da. Und jetzt verlor Cosima ganz plötzlich, ohne äußeren Anlaß, die Geduld. Den neumodischen Telegraphen benutzend, schickte sie ihrem Vater eine Depesche des Inhalts: »Nun, was ist, Papa? Bin willens, mich zu vermählen.«

Das imponierte ihm. Lächelnd schob er das Blatt der Fürstin hin.

»Ein Tausendsassa, meine Cosette! Können wir sie noch länger hinhalten?«

»Tue, was dir beliebt«, erwiderte sie säuerlich, »ihr Trotz, hinter dem doch nur die d'Agoult steckt, ist anscheinend nicht zu brechen.«

»Ein gesunder, fruchtbarer Trotz! Mag sie denn endlich ihren Willen haben!« Und er telegraphierte zurück: »Hochzeit Mitte nächsten Monats. Bestelle Aufgebot!«

Eine letzte Schwierigkeit verursachte noch das verschiedene Glaubensbekenntnis der Brautleute. Frau von Bülow, eifrige Protestantin, lag ihrem Sohn in den Ohren, daß die Trauung in einer evangelischen Kirche stattfinden müsse, Liszt als frommer Katholik bestand auf katholischem Ritus. Da sich Hans auf seine Seite schlug, setzte er schließlich seinen Willen durch, und zum Ort der Handlung wurde die Hedwigskirche bestimmt.

Auf Wunsch der beiden Familien sollte die Vermählung in aller Stille stattfinden, die Stille wurde aber durchbrochen durch ein weithin vernehmbares Rauschen in den Zeitungsblättern. Die ganze Weltpresse berichtete über das Ereignis, Reporter stürmten Frau von Bülows Wohnung und Hans' Zimmer in der Eichhornstraße. Da sie weder hier noch dort empfangen wurden, holten sie sich ihre Notizen in Sterns Konservatorium und in den Künstlercafés. Einladungen ergingen nicht, Anzeigen unterblieben. Erst nachträglich erschien in der »Vossischen« und in der »Spenerschen« Zeitung, in Weimar und in Paris ein Inserat:

»Hierdurch beehre ich mich,
die am heutigen Tage in der St. Hedwigskirche zu Berlin stattgehabte
Vermählung meiner Tochter

Cosima Liszt
mit
Herrn von Bülow
ergebenst anzuzeigen.

Berlin, 18. August 1857

Franz Liszt

In und vor der Kirche hatte sich schon am Vormittag eine erwartungsvolle Menge gesammelt, darunter alle Freunde und Kollegen von Hans, Musikenthusiasten und Konservatoristen, auch einige Damen der Gesellschaft. Sie kamen kaum auf ihre Kosten, denn alles ging sehr rasch und fast unfeierlich vorüber. Das Brautpaar, Franz Liszt und Frau von Bülow als Zeugen, verrieten mit keiner Miene Bewegtheit oder auch nur irgendein Interesse.

Zu Hause schüttelte Hans seiner Frau nur burschikos die Hand: »Sehr zufrieden bin ich, mit dir einen Hausstand begründen zu dürfen. Kannst du auch kochen? Verstehst du, Dienstboten zu beaufsichtigen?«

»Und du?« versetzte sie anzüglich, »wirst du hübsch häuslich sein, die Mahlzeiten pünktlich einhalten, sanft und galant mit mir umgehen?«

»Wahrscheinlich nicht. Bilde dir nur nicht ein, daß mich die Ehe bessert!«

Auch Bronsart und Cornelius gegenüber ironisierte er seinen neuen Personenstand: »Schade um das schöne, freie Junggesellenleben! Sollte sich herausstellen, daß Cosima eine Xanthippe ist, werde ich mich noch mehr als bisher sokratisch in den Akademien herumtreiben und mich jedenfalls in der Zunft der Ehemänner nur als Ehrenmitglied betätigen ... Höre ich in den Hotels unsrer Hochzeitsreise jemanden nach dem ›Garçon‹ rufen, wird es mir immer einen Stich durchs Herz geben.«

Am Tage der Trauung, abends halb sieben Uhr, traten sie die Hochzeitsreise an. Liszt begleiteten sie bis Weimar, fuhren dann zunächst bis Baden-Baden, wo sie am nächsten Nachmittag anlangten. Dort traf Hans Freunde, in deren Gesellschaft sie ein paar hübsche Schwarzwaldtouren machten. Cosima, in vergnügter Stimmung, kokettierte mit ihnen und ging auf ihres Gatten scherzhafte Eifersucht mit dem parodistischen Gehaben einer » grande amoureuse« ein.

Das nächste Ziel war Genf. Hier hatte die Gräfin d'Agoult, mit Blandine auf einer Reise nach Italien begriffen, vor wenigen Tagen gerastet – günstige Gelegenheit für Cosima, beide wiederzusehen und der Mutter ihren Gatten vorzustellen. Doch leider verfehlten sie sich. Die Gräfin, von der bevorstehenden Ankunft des jungen Paares zu spät benachrichtigt, war bereits weitergefahren.

Genf wirkte auf Cosima als Stätte der Erinnerung. Hier hatten ihre Eltern das schönste, beglückendste Jahr ihrer jungen Liebe verlebt, hier war Blandine geboren. »In Genf fanden wir uns«, pflegte ihre Mutter zu sagen, »innerlich ganz zusammen, erkannten uns und gingen ineinander auf.« Bei abendlichen Bootfahrten über den See hatte ihr Franz Liszt die Generalbeichte seiner jugendlichen Irrfahrten abgelegt, die Versuchungen gestanden, denen er erlegen war und die er überwunden, die großen Passionen geschildert, die ihn durchwühlten, seinen weltlichen Ehrgeiz und seine religiöse Inbrunst, sein schrankenloses Verlangen nach Ekstasen und seine frevelhafte Neugier auf verbotene Dinge. Er wies ihr die Stacheln in seinem Fleisch und andere, die eitler Tagesruhm in seinem Geist hinterließ und die er selbst am tiefsten verachtete.

Ein Vergleich dieser Flitterwochen mit den eigenen, die so geruhsam, so bürgerlich verliefen, drängte sich ihr auf, und sie wußte nicht recht, ob sie sich dazu beglückwünschen oder beschämt fühlen sollte.

Wie wenig kannte sie Hans als Menschen, obgleich er sich doch wahrlich nicht vor ihr verschloß! Lag es daran, daß sie ihn im Grunde nur als Musiker und Kämpfer würdigte? Oder fiel sein menschlich Teil dem künstlerischen gegenüber nicht ins Gewicht? Mißverständnisse waren nicht zu befürchten, dazu waren sie lange genug aufeinander eingespielt und Cosima stets bereit, sich dem Manne anzupassen. Nur gab es so vieles, worin er ihr nicht folgen konnte, nicht nur auf dem Gebiete ihrer reichen Bildung, ihres gewählten Geschmacks, ihrer Hingabe an alles Lebendige.

Begegneten sie am Kai Bettelkindern, so beugte sich Cosima teilnehmend zu ihnen hinab, plauderte mit ihnen und beschenkte sie, Hans aber schritt angewidert weiter. Irgendein verlassenes Kätzchen nahm sie zärtlich auf den Arm und hätte es am liebsten nicht wieder von sich gelassen, ihm fiel dabei nur die katzenhafte Falschheit gewisser Schmeichler ein. Gutgelaunt und rücksichtsvoll zeigte er hier, fern vom aufreibenden Beruf, seine angenehmsten Seiten, ging ganz in Cosima auf. Den Freunden schwärmte er von ihr: »Unübertrefflich ist sie und viel zu gut für mich! Wenn ich an die Möglichkeit einer anderen Heirat denke, wird mir empörend abgeschmackt zumute. Als eine vollkommene Freundin bewährt sie sich, wie es sich idealer nicht vorstellen läßt.«

Sie machten Ausflüge zu Schiff hinüber nach den Höhen von Vevey und Montreux, das prangende Gestade entlang, von den Palmengärten hinauf in den Schnee der Berge. Cosima brach in Rufe des Entzückens aus über die Wunder der Natur, beim ersten Anblick eines Gletschers kamen ihr die Tränen. Hans staunte wohl, blieb aber ungerührt. Die Schwingungen der Atmosphäre, Windeswehen und das Brausen der Gießbäche, alles, was sein Ohr berührte, nahm er wie eine empfindsame Membrane auf. Doch sein Auge hatte das Schauen nie gelernt, flüchtig und kühl glitt es an der Gestalt der Dinge vorbei.

Über die Haltestellen der Reise waren sie sich schon vor der Hochzeit einig gewesen: Baden-Baden, Genfer See, Zürich. Liszt hatten sie nur die ersten beiden verraten. Des eigentlichen Zweckes und festlichen Höhepunktes geschah mit keinem Wort Erwähnung, er war zu selbstverständlich, zu lange schon von ihnen ersehnt, als daß er durch Aussprache hätte entweiht werden dürfen. Er lautete – Richard Wagner. Das wechselseitige Schweigen aber hatte bei Hans wie bei Cosima noch in einer besonderen und sonderbaren Hemmung seinen Grund: sie nahten sich ihrem Abgott wie einer etwas unheimlichen Elementargewalt, von der sie sich unerwarteter Wirkungen zu versehen hatten. Beide kannten Wagner zwar schon persönlich, doch lag die Begegnung weit zurück – sein Schöpfertum war inzwischen für sie ins Riesenhafte gewachsen, sie selbst hatten sich gewandelt, sich gefunden und wollten ihm nun nicht mehr als stumme Anbeter aus der Masse, sondern mit dem Anspruch auf Beachtung gegenübertreten. Hans hatte jetzt seinen Ruf als Pianist und Dirigent aufzuweisen, Cosima ihre Stellung als seine Lebensgefährtin und ihre geistige Reife. Gleichwohl fürchteten sie die ungeheure Überlegenheit des Meisters und daß er diese sie fühlen lassen könnte. Das »unberechenbare« Genie – so schätzten sie ihn ein, so überschätzten sie ihn scheu.

Wagner hatte ihnen zur Hochzeit gratuliert und sie zu sich auf den »Grünen Hügel« eingeladen. Die Ankunft in Zürich, wo sie in dem kleinen Gasthof »Zum Raben« abstiegen, meldete ihm Hans mit einigen Zeilen, die seine Frau nicht zu Gesicht bekam. So wurde es für sie eine Überraschung, als ihr tags darauf die Saaltochter den Besuch des Meisters meldete.

Cosima war verwirrt und wußte nicht gleich, wie und wo sie ihn empfangen sollte: denn es kam hinzu, daß Hans, von einem seiner rheumatischen Anfälle ergriffen, unter heftigen Schmerzen hatte zu Bett bleiben müssen.

»Wagner steht unten!« rief sie ihm atemlos zu. »Lassen wir ihn im Konversationszimmer warten? Das geht doch nicht an, daß ich allein ... aber aufstehen kannst du auch nicht!« Hans fuhr stöhnend empor:

»Wir werden ihn doch nicht abweisen, das wäre noch schöner! Bitte ihn einfach hier herein!«

Rasch warf sie einen Blick in den Spiegel, überzeugte sich, daß sie nicht schlecht aussah, und eilte dem Besucher entgegen.

Er stand schon auf dem Flur, einen Strauß weiße Rosen in der Hand. Sogleich erkannte er sie.

»Das ist Liszts Tochter – wie aus den Augen geschnitten,« rief er ihr gemütlich zu, in seinem breiten Leipziger Idiom. »Jetzt also Frau von Bülow. Gnädigste, seien Sie mir in meiner Verbannung willkommen!« Und überreichte ihr die Blumen.

Sie stammelte Dank und fühlte ihr Blut zu Kopfe schießen. Daß sie errötete, war ihr ein ungewohnter Ärger.

»Mein Mann liegt leider krank ... nein, nicht ernstlich, nur an seinem Rheuma ... kann es aber nicht erwarten, Sie zu sehen.«

»Schon gut. Er soll sich nur nicht genieren.«

Auch für Hans hatte er ein Angebinde: die eben abgeschlossene Partitur der »Walküre« legte er ihm auf die Bettdecke: »Gucken Sie sich das Ding auf Ihrem Schmerzenslager in Ruhe an und sagen Sie mir, sobald Sie wieder auf sind, ganz offen, ob es Ihnen gefällt! Mißlungen ist es, glaub' ich, nicht.«

»Meister, auf mich kommt es doch wirklich nicht an!« rief Hans, den dicken Band behutsam streichelnd. »Die Welt weiß schon, was Sie ihr zu geben haben.«

Ungeniert und wohlgefällig betrachtete Wagner inzwischen die reizende junge Frau.

»Ei, aber haben Sie sich herausgemacht! Damals, in Paris, erinnern Sie sich, da sah ich Sie noch als richtigen Backfisch, na und jetzt ... alle Wetter, alle Wetter! – Haben Sie ihn denn auch ordentlich lieb, den tapferen Springinsfeld?«

»Ich denke, er darf zufrieden sein«, gab Cosima, abermals errötend, zur Antwort.

»Kinder, ihr müßt also selbstverständlich bei uns wohnen. Vorläufig, Hans, kurieren Sie sich hier erst einmal aus! Ich habe sowieso das Haus noch voller Gäste. Eduard Devrient hat mich mit seinem Anhang überfallen. Der leitet ja das Hoftheater in Karlsruhe und legt sich dabei tüchtig ins Zeug für mich. Ein wichtiger Mann, den ich umbuhlen muß. An meinem ›Jung Siegfried‹ hat er schon Feuer gefangen.«

»Sie sollen mit keinem Patienten belastet werden, Meister«, sagte Bülow, »aber in einer Woche bin ich wieder auf den Beinen. Solange wird es sich in Zürich wohl aushalten lassen.«

»Bestimmt. Ein paar prächtige Menschen leben hier, bei denen ich Sie beide schon angemeldet habe, Georg Herwegh mit seiner Frau, und der Gottfried Keller, ein ebenso fabelhafter Dichter; seinen ›Grünen Heinrich‹ müssen Sie lesen. Und bei meinen lieben Wesendonks führe ich euch ein. Na, ihr werdet schon sehen!«

Ungezwungen und sehr beweglich spazierte der kleine, schmächtige Mann, den gewichtigen Kopf auf den breiten Schultern reckend, die Hände in den Taschen seiner braunen Samtjacke, vor dem Bette auf und ab, wies mit einem »Köstlich! Köstlich!« durchs Fenster auf den sonnenglitzernden See hinaus, dann mit einem »Noch köstlicher!« auf Cosima und empfahl sich ebenso unerwartet, wie er gekommen war.


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