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Bronsart kam und entfaltete seine geselligen Talente. Bei Frau von Bülow regte er »häusliche Musikfeste in gemütlichem Stil« an, zu denen er Freunde einführte, Opernsänger, Schauspieler und junge Edelleute von freierer Bildung, deren Kunstbegeisterung und Ausgelassenheit an das Treiben in der Altenburg erinnerte. In den ersten milden Frühlingstagen zeigte er den Töchtern seines Meisters die Schlösser Sanssouci und Babelsberg und den Spreewald. Vom Generalintendanten Botho von Hülsen, der dem manierlichen Bronsart ebenso gewogen war, wie er den streitsüchtigen Bülow verabscheute, erwirkte er die Erlaubnis, seine Damen hinter die Kulissen des Opernhauses zu führen, durch die Garderoben, Magazine und Werkstätten, von den Versenkungen hinauf bis zum Schnürboden, für sie eine abenteuerliche Wanderung voll farbiger und technischer Wunder. Cosima konnte sich daran nicht sattsehen und drang auf genaueste Erklärung.
Da man ihn zum Mitwisser der heimlichen Verlobung machte, beschränkte er seine galante Vertraulichkeit auf Blandine, womit er sie erfreute, aber auch beängstigte. Die Absicht, Cosimas Beispiel zu folgen, lag ihr fern; sie fürchtete, sich in einen Deutschen zu verlieben und sich damit an dieses fremdartige, ihr fast unheimliche Land zu fesseln.
Bronsart wagte Anspielungen darauf. Sie aber erwiderte erschauernd:
»Niemandem wird es gelingen, mich zu einer deutschen Frau zu machen. Es ist mir nicht bestimmt, und ich bin in meiner Oberflächlichkeit dessen auch nicht würdig.«
»Nur nicht so bescheiden, Fräulein Blandine! Der schwebende Scharm der Pariserin wird auch bei uns bewundert.«
»Schweigen Sie mit solchen Flatterien, Bronsart; Sie machen mich nur traurig. Meines Bleibens ist hier nicht lange.«
Dankbar aber war sie ihm, wenn er sich Mühe gab, sie aufzuheitern.
Von ihrem Vater bat sie sich als besondere Gunst aus, daß Daniel während seiner Osterferien nach Berlin zu Besuch kommen dürfe. Der fehlte ihr und Cosima schon lange; auch er hatte in seinen ausführlichen, nur etwas verworrenen Briefen wiederholt den gleichen Wunsch ausgesprochen. Der Vater erfüllte ihn, und ein zärtliches Wiedersehen wurde gefeiert.
Die drei Geschwister waren auf einmal wieder unzertrennlich. Bronsart und selbst Bülow wurden in den Hintergrund geschoben. Berlin versank um sie, sie sprachen nur französisch miteinander und fühlten sich, Erinnerungen tauschend, zurückversetzt in die Pariser Luftschicht.
Daniel war ein hochaufgewachsener, schlanker, überzarter Junge, witzig, melancholisch und elegant wie sein Idol, der Dichter Alfred de Musset, dessen Werke er eifrig las und den er bei Mama auch persönlich kennengelernt hatte. Liszt wollte Daniel nicht in Weimar sehen; er glaubte in seinem Strudelkopf »Raupen« zu entdecken, überspannte Vorstellungen und romantische Faseleien, liebte ihn darum nicht weniger als seine Töchter, kannte aber dessen besonders leidenschaftliche Anhänglichkeit an seine Mutter, die Gräfin d'Agoult.
Vor Bülow, der Daniel wohlwollend bespöttelte, empfand dieser eine knabenhafte Scheu. Daß der heftige, scharfzüngige Berliner sein Schwager werden sollte, nahm er Cosima fast persönlich übel; am liebsten hätte er sie, unverheiratet, immer für sich allein behalten.
Viel und in überströmender Liebe erzählte er den Schwestern von Mama:
»Sie kann eure Abwesenheit noch immer nicht verschmerzen, ist krank vor Sehnsucht nach euch, möchte am liebsten selbst nach Deutschland fahren, euch wiederzusehen. Am schwersten kränkt es sie, daß sie euch hier in der Gewalt der Fürstin Carolyne glaubt. Oh, wie sie diese Frau haßt! Und sie fühlt auch, daß der Haß ein gegenseitiger ist.«
»Beruhige sie darüber!« sagte Cosima. »Tröste sie, daß die Fürstin uns nicht kommandiert, was wir uns gewiß auch nicht gefallen lassen würden!«
»Grollt Papa ihr noch immer?«
»Nein. Ich habe aus seinem Munde kein unfreundliches Wort über sie gehört.«
»Es muß unsre Aufgabe sein, die Eltern wieder zu vereinigen. Wie herrlich wäre es, mit ihnen zusammen an irgendeinem stillen Fleck den Sommer zu verleben!«
»Das dürfte ein Luftschloß sein, guter Daniel. Aus der Altenburg werden wir Papa kaum mehr weglocken können.«
Der Bruder stimmte Blandine darin bei, daß Berlin eine öde, nüchterne Stadt wäre, von arbeitswütigen Barbaren besiedelt. Aber mancherlei erschien ihm schließlich doch bemerkenswert und fesselnd. Nicht die Architektur zog ihn an, wohl aber die Gemäldesammlung in der Nationalgalerie, nicht die militärische und bürokratische Gegenwart, aber gewisse Abschnitte der preußischen Geschichte, so besonders die Friedrichs des Großen, dessen Spuren er mit bewundernder Anteilnahme verfolgte. Daniels Sinn für menschliche Größe, seine Theaterleidenschaft, sein Schönheitsdurst waren kaum zu stillen. Den blasierten Jüngling spielte er nur der Politik und der Gelehrsamkeit gegenüber, dagegen schwelgte er in den ästhetischen Genüssen mit hemmungsloser Hingabe. Vor den Mondlandschaften und Seestücken des Caspar David Friedrich verharrte er traumbefangen und war von ihnen nicht wegzukriegen; auch die Märchenbilder von Schwind und Ludwig Richter bezauberten ihn als Offenbarungen eines ungeahnten innerlichen Deutschtums. Im Schauspielhaus sah er zum erstenmal ein Drama von Shakespeare, den »König Lear«, mit Theodor Döring in der Titelrolle. Daß es so etwas gab! Solch eine unbarmherzige Darstellung menschlicher Seelenpein würden seine liebenswürdigen oder pathetischen Pariser sich verbitten! Berliner Eindrücke dieser Art begeisterten ihn, griffen ihn aber auch übermäßig an, so daß er hinterher, wie erledigt, in sich zusammensank.
Bei seiner Abreise versicherte er den Schwestern, er werde wiederkommen. Sobald er die Schule erst hinter sich hätte, müßte er die Welt sehen, doch nur von ihren schönen und erhabenen Seiten; deren gäbe es auch in Berlin.
»Ich möchte dennoch lieber in Paris leben«, entgegnete Blandine. »Richte das auch Mama und Großmama aus!«
»Das will ich, sie werden es gerne hören. Aber auch dich, Cosima, wollen wir wieder zu Hause haben. Du darfst uns nicht untreu werden um deines Herrn von Bülow willen.«
Cosima scherzte, sie könne mehr als einem Menschen Treue halten, aber nicht mehr als einem untreu werden.
*
Hans erteilte pflichtgemäß, wenn auch oft stöhnend und schimpfend, seinen Unterricht im Konservatorium, ausnahmsweise und zu hohen Preisen auch noch an höhere, höchste und allerhöchste Töchter, las Partituren für Orchesterkonzerte, die er zu dirigieren haben würde, bereitete Tourneen für den nächsten Winter vor. Zu Brautstandtändeleien mit Cosima blieb ihm wenig Zeit, und Cosima vermißte sie nicht. Sie fand es in der Ordnung und sehr nötig, daß Hans an sich arbeite. Das, was schon ihre Mutter vor zwanzig Jahren vom jungen Franz Liszt verlangt hatte, war auch ihr Bestreben: in dem Manne, den sie liebte, die schöpferischen Kräfte zu wecken. Nicht daran sollte er sich genügen lassen, als Klaviervirtuos Beifall und Blumenspenden einzuheimsen, sondern eigene Werke zu schaffen, die Welt der Töne mit eigenen Ideen und Melodien zu bereichern.
Seit sie sich entschlossen hatte, Hans von Bülows Frau zu werden, sah sie ihn mit anderen, strengeren Augen an als zuvor. Nicht aus persönlichem Ehrgeiz, nur aus eifernder Liebe für ihn wollte sie ihn vorwärts, aufwärts treiben auf die steile Bahn zu den Gipfeln, die nur Genies erklimmen. War Hans ein Genie? Das mußte sich erst zeigen, jedenfalls wollte sie daran glauben. Weshalb ihr Vater mit der Verlobung nicht so ganz einverstanden war, begriff sie wohl. Ihm war für seine Cosima der größte Künstler gerade gut genug. Sie hatte nicht vergessen, daß er vorigen Sommer in der Altenburg einmal so nebenbei gescherzt hatte, für sie käme als Gatte nur ein Beethoven oder ein Raffael, allenfalls ein Nabob in Betracht. Nun, sie wollte ihn nicht enttäuschen! Hans von Bülow begann, wie Vater, als Virtuos; zum Komponisten würde er sich mit der Zeit unter ihrem Ansporn schon entwickeln.
Die Kraft zur Wandlung, zur Steigerung seiner seelischen und schöpferischen Kräfte, zur Vollendung seiner Persönlichkeit mußte in ihm wachsen. Ihre Sache war es, ihn anzufeuern und alle äußeren Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Ihre Sache war es vor allem auch, das heilige »Stirb und werde!« in sich selbst zu fördern. Nicht rasten und verharren in dem, was zur Zeit noch bestand! In sich abtöten, was nebensächlich, bequem und müßig war, den Boden lockern für immer neue Saat! Ihr Brautstand durfte kein Zustand werden, ihre Ehe kein Versiegen im trauten Heim, sonst wäre es um sie beide geschehen! –
Der Sommer war ihr von jeher nicht nur als Ruhepause zwischen den Leistungen der übrigen Monate erschienen, sondern auch als Stillstand und Stockung. Da verführte die Hitze zu trägem Dahindämmern, das Landleben zu behaglichem Bummeln. Diesmal brachte sie ihn, begleitet von Blandine, als Gast der alten Frau von Arnim auf deren Gute Wiepersdorf in der Mark zu. Viel Jugend gab es dort, außer den Arnimschen Kindern und Enkeln Söhne und Töchter von den Nachbargütern, die sich mit Ball- und Rasenspielen vergnügten, zu Jagden und Picknicks in den Wald zogen und sich an Regentagen mit Jeus d'esprit und Pfänderspielen die Zeit vertrieben. Cosima schloß sich niemals davon aus und ließ es sich gern gefallen, die Vielumworbene zu sein. Sie erübrigte immer noch genug Stunden, die ihr allein gehörten, ihrem Klavierspiel, ihren Studien in Harmonielehre und Kontrapunkt, ihren Büchern. Sie las abwechselnd deutsche, französische und englische Klassiker und suchte sich aus Bettinas großer Bibliothek Prachtwerke mit Kupferstichen zusammen, die ihr Auge bildeten und deren Gegenstände ihr die europäische Welt erschlossen.
Einmal geriet ihr ein Band mit Abbildungen von Szenerien des alten Salzburger Barocktheaters unter die Hände. Wie darin griechische Götter und Göttinnen, Heilige und Märtyrer, Geister und Genien unter Blitz, Donner und Feuerwerk durcheinander wimmelten, »der Friede« auf seinem, von einem Einhorn gezogenen Triumphwagen einrollte, »die Tugend« in einer mit Schimmeln bespannten Karosse, das belustigte sie, schlug aber zugleich eine Saite in ihr an, die sie schon öfter klingen gefühlt, jüngst erst, als sie mit Blandine und Daniel, geführt von Bronsart, hinter den Kulissen des Berliner Opernhauses herumkletterte. Theaterblut spürte sie in ihren Adern, das sich erhitzte, wenn es galt, vor Zuschauern Illusionen aufzubauen, unter Orchestermusik und Gesang in eindrucksvollen Räumen Vorgänge darzustellen. Dichtung mit Musik, Schauspielkunst und einer Szene von edler, malerischer Wirkung vereint, nicht als banalen Opernkram zurichten, sondern als »Gesamtkunstwerk« – ja, das war Richard Wagners Wort! – hinstellen vor ein im Innersten ergriffenes Publikum, dieses Ideal begriff sie plötzlich in seiner ganzen Größe, und versuchte ehrfurchtsvoll einzudringen in die Gedankengänge des Meisters, der es zuerst erschaut und dafür kämpfte.
*
Von der Altenburg traf Befehl ein, der als Erlaubnis, ja geradezu als Freudenbotschaft aufgenommen wurde: fahrt für den Monat September nach Paris! Blandine spürte darin nur die Güte von Papa, Cosima dagegen witterte sofort eine Intrige der Fürstin Carolyne, war aber nichtsdestoweniger entzückt davon. Wahrscheinlich sollte sie Hans in Paris vergessen lernen! Nun, darin würde die Carolyne sich verrechnen. Hans und Mama, beide hatten nebeneinander Raum in ihrem Herzen.
Obgleich es sich nicht schickte, daß zwei junge Damen allein im Dampfwagen fuhren, ward es ihnen für diesmal gestattet. Auf den Scharfblick und das sichere Auftreten seiner jüngeren Tochter konnte der Vater sich verlassen; was die Leute von solch »freien« Lebensformen dachten, kümmerte ihn nicht.
Die alte Frau Liszt nahm die Enkelinnen mit offenen Armen auf. Sie war in diesem Jahr der Einsamkeit zur Greisin geworden, immer noch rüstig und willensstark, aber stiller und mehr denn je der Kirche zugetan. Seufzend verzichtete sie darauf, jeden Schritt von Blandine und Cosima zu überwachen, war schon froh, wenn sie nur die Hausordnung innehielten. Daß ihr erster Gang zur Gräfin d'Agoult sein würde, hatte sie sich gedacht und unterdrückte jede Bemerkung darüber. Von der Möglichkeit einer Verlobung Cosimas mit Hans von Bülow – mehr gab Liszt noch immer nicht zu – war sie bereits verständigt worden. Das mußte wohl so kommen, dachte sie gottergeben, man gibt solch jungem Ding nicht ungestraft einen gleichaltrigen Musikenthusiasten zum »Professor«, der überdies noch mit ihr unter gleichem Dache wohnte! Zu Blandine sagte sie: »Recht kränklich siehst du aus, mein Kind. Die Berliner Luft bekommt dir nicht. Dich lasse ich nicht wieder weg.«
Marie d'Agoult hatte ihre Räume zum Empfang der Kinder – Daniel führte ihr die Schwestern im Triumphe vor – mit Hunderten ihrer Rosen geschmückt und der Dienerschaft verboten, während ihrer Anwesenheit andere Besucher vorzulassen. Auch sie war gealtert, seit sie nur noch würdige Akademiker um sich sah. Die elfenbeinfarbene Haut ihres Madonnengesichts zeigte noch keine Runzel, doch durch das blonde Haar, das jetzt glattgescheitelt war, zogen sich die ersten grauen Fäden; sie trug nur noch Schwarz wie eine trauernde Matrone.
Das frohe Geplauder der Ihrigen belebte sie. Ihr Vorschlag, sich sogleich, wie ehedem, auf der Treppe des Aufgangs zum Boudoir, unter den Wappenfenstern niederzulassen, fand jubelnde Zustimmung. Sie nahm dort die ungezwungene Haltung ein, die sie sich nur bei dieser festlichen Gelegenheit gestattete: auf dem Teppich hockend, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen. Die Kinder saßen eine Stufe tiefer, nebeneinander, und nun waren sie es, die erzählen mußten: von Berlin, von dem künstlerischen und geselligen Leben in der preußischen Hauptstadt, von den Fortschritten der Wagnerschen Musik, zu deren Anhängern sich die Gräfin schon seit langem zählte.
»Euer Vater ist ein großer Künstler«, sagte sie, »ich spiele oft für mich seine Stücke. Aber dieser Wagner wird ihn noch überstrahlen. Hochherzig und neidlos hat Franz Liszt ihm den Weg bereitet. Das allein schon sollte man ihm nie vergessen.«
In die Tatsache und die näheren Umstände der Verlobung hatte schon Daniel sie eingeweiht, von seinem Standpunkt aus, also nicht gerade von Hans begeistert. Ihre Sorge, es möchte eine »Mesalliance des Herzens« werden, zerstreute Cosima zwar, doch konnte sie sich von der zwingenden Gewalt einer großen Leidenschaft, die sie als Grundlage einer glücklichen Ehe allein gelten ließ, nicht überzeugen.
»Bevor ich euch beide nicht zusammen gesehen habe, Cosette, kann ich mir kein Urteil bilden, ob ihr zueinander paßt. Du hättest ihn mir mitbringen sollen.«
»Das war leider nicht möglich. Papa wünschte ja gerade eine vorübergehende Trennung.«
»Siehst du, auch er hat seine Zweifel.«
»Es sind wohl mehr die der Fürstin Carolyne.«
»Wirklich? Dann ziehe ich die meinen zurück. Denn was diese polnische Jüdin glaubt und sinnt, kann immer nur falsch sein.«
»Ganz so schlimm sehe ich sie nicht, Mama.«
»Jedenfalls wirst du immer das Rechte treffen, wenn du das Gegenteil von dem tust, was sie dir rät.« –
Marie d'Agoult gab sich alle Mühe, ihre Töchter in Paris wieder heimisch zu machen. Sie lud ihnen alte Freunde und Freundinnen zu intimen Abendgesellschaften ein, fuhr mit ihnen im Boulogner Wäldchen spazieren und zu den Rennen nach Longchamps hinaus, zeigte ihnen alle neuen Herrlichkeiten im Stadtbild und den wachsenden Komfort der kaiserlichen Einrichtungen, obgleich sie als Dame des alten Adels auf Napoleon und seine Eugenie nicht gut zu sprechen war.
Mit Blandine hatte sie dabei Glück; die kam sich wie erlöst vor und blühte sichtlich auf. Vom Vater erwirkte sie die Erlaubnis, bei Großmutter bleiben zu dürfen: für sie war Berlin nur ein Irrweg gewesen. Cosima jedoch, so sehr sie auch das Zusammensein mit den Ihrigen genoß, hatte sich während des einen Jahres Paris völlig entfremdet. Hier warteten ihrer keine Aufgaben. Die Gelehrten der Sorbonne, die gefeierten Dichter, die Musiker vom Schlage Gounod und Meyerbeer hatten ihr nichts zu sagen: sie verkörperten ihr eine müde und brüchig gewordene Zivilisation. Ihre Sehnsucht, ihre Bestimmung wies sie allein nach Deutschland, und als Deutsche fühlte sie sich bereits, noch bevor sie einem deutschen Manne angehörte.
Der Abschied, besonders von Mutter und Schwester, fiel ihr schwer. Ihnen würde Deutschland für immer verschlossen bleiben. Die Grenze zwischen beiden Ländern trennte auch ihre Lebenswege. Daniel war noch unentschieden, wohin er gehörte; ihn hoffte sie am ehesten wiederzusehen.
Unter Herbststürmen und Regengüssen reiste sie ab. In Köln nahm Frau von Bülow sie in Empfang und geleitete sie zurück in ihr Berliner Heim.