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Unter den Passagieren der »Biskra« ist eine junge Frau mit drei kleinen Kindern, die nach der Teufelsinsel fährt, besser gesagt, sie fährt nach den Isles de Salut, wie der offizielle Name für die Inselgruppe lautet, zu der auch die Teufelsinsel gehört.
Sie ist die Frau des Arztes der Isles de Salut, der Erlösungsinseln, wie sie sehr wenig treffend heißen. Die Arztgattin mit dem schönen Knabenkopf hat noch ein einige Monate altes Kind, das sie bei ihren Eltern ließ, weil sie befürchten mußte, daß es die Reise nicht überstehen könnte.
Sie ist guter Laune, lacht viel, die verrufenen Inseln scheinen ihr keine Furcht einzuflößen.
»Wie ist es möglich«, frage ich einen der Offiziere, »daß man gerade einen Arzt mit vier Kindern nach den Isles de Salut versetzt?«
»Aber, das ist doch klar. Wovon soll ein Mann mit vier Kindern seine Familie erhalten? Dazu haben wir ja die Kolonien.«
Die Eingeborenen wissen vielleicht gar nicht, eine wie hohe Aufgabe sie erfüllen. Sie erhalten die kinderreichen Familien der Kolonialmächte.
Inzwischen werden Bogenlampen aufmontiert, es ist schon finstre Nacht, und wir nähern uns den Inseln.
An Bord zeigt man aufgeregt in die Dunkelheit, wo nichts zu sehen ist, und ruft: »Wir passieren die Teufelsinsel.«
Es ist nicht festzustellen, ob die Rufe der Wahrheit entsprechen, aber jetzt stoppen wir. Die »Biskra« tutet aufgeregt. Dann hört man schwere Ruderschläge, der Wind weht Stimmen herüber, eine große Barke nähert sich der »Biskra«.
Das Fallreep hinauf klettert eine merkwürdige Gesellschaft. Bewaffnete Soldaten, Gefangenenwärter, einige Zuchthäusler, die große Körbe mit sich heraufschleppen, und Frauen, die, geblendet vom Licht der »Biskra«, sich mit Händen und Füßen hinaufarbeiten.
Auch der Arzt ist da, in Uniform. Die Kinder springen lachend und schreiend herum, besonders die Fünfjährige, »der Floh«, wie sie von allen genannt wird, kann sich vor Wiedersehensfreude nicht fassen.
Die Sträflinge haben ihre Körbe hingestellt, auch ihre Augen müssen sich erst an das Licht gewöhnen.
Sie sehen sich erst verstohlen um, als müßten sie sich an die 68 neue Umgebung gewöhnen. Von den Körben haben sie das Tuch abgenommen, es befinden sich darin von ihnen verfertigte Gegenstände, die sie verkaufen wollen.
Sie werden von den Passagieren umringt, jeder will etwas von ihrem Leben hier erfahren.
»Ich warte auf diesen Tag seit einem Jahr«, sagt einer der Gefangenen, ein kleiner, schrumpliger Mann.
Es ist eine große Auszeichnung, eine besondere Belohnung für die Gefangenen, wenn sie ein Schiff betreten dürfen.
Der Grund, der ihnen zu dieser seltenen Begünstigung verhilft, ist der, daß sie die Fracht und das Gepäck abladen.
Kaum wollen sie versuchen, ihre Ware zu verkaufen und zu sprechen, eine Gelegenheit, die vielleicht in ihrem Leben nicht wiederkommt, ertönen schon Kommandorufe.
»Schnell die Kisten, wir haben keine Zeit, beeilt euch, zum Teufel auch.«
Sie schleifen sie auch gleich hinunter zu der Barke, aber es kommen immer neue Kisten, Koffer, Schachteln, und schon ertönt das erste Klingelzeichen zur Abfahrt.
Sie beeilen sich immer mehr, um Zeit auch für sich zu gewinnen. Der eine Sträfling hat in seiner Aufregung fast die Tropenhelme der Arztfamilie in das Meer fallen lassen.
»Du Idiot, kommst nicht noch einmal auf ein Schiff, wenn du nicht mal deine Arbeit verstehst.«
Das zweite Klingelzeichen.
Die »Biskra« muß sich beeilen, sonst kommt die Ebbe, und sie erreicht Cayenne bis zum Morgen nicht mehr.
Die Sträflinge schielen nach ihren Körben, aber sie bekommen immer neue Befehle.
»Vergeßt nicht das Spielzeug für die Kinder, und hier sind ja noch Koffer, beeilt euch doch.«
Das dritte Klingelzeichen.
Noch nie habe ich ein so verzweifeltes Gesicht gesehen wie das des kleinen, schrumpligen Sträflings, als er wieder seinen Korb zudeckte und dann zum Fallreep torkelte.
Schon sind alle in der Barke. Abfahrt.
Jemand von der »Biskra« ruft noch hinunter: »Floh, bleib gesund, kleiner Floh.« 69