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Kanton Neuenburg

Traumgericht.

1857.

Friedrich Wilhelm zürnt bitter: »Kein Spielzeug ist
Ein Ländchen, wär's winzig klein, klein,
Man gibt es und nimmt es uns jeder Frist,
Mein Neuenburg bleibe nun mein!

Als Erbe fiel's einst an den großen Fritz,
Napoleon zwackt es uns ab,
Der Wienerkongreß mit gesundem Witz
Es wieder an Preußen heimgab.

Heut spricht gar die Schweiz es zu eigen an,
Vermittelt Napoleon drei;
Doch rüst ich wohl hundertmal tausend Mann
und führe im Flug sie herbei!

Dort spiegelt der See meiner Burg Gefild,
Das Ländchen hat eigenen Reiz ...
Und will's mir nicht bleiben, mit Waffen wild
Einheimse ich lächelnd ... die Schweiz!« –

Ministerprotest: »Bei Europas Straf!«
»Die Neutralität!« »Herr, bedenkt« ...
Umtreibt es den König bei Tag, im Schlaf,
Bis Träumen ihm Lösung erdenkt:

Die Traumschlacht erdröhnt kaum, so sinkt sein Roß,
Sinkt schon ihm zur Seite sein Heer,
Gemäht – wie von göttlichem Zorngeschoß –
Zu Mahden bluttriefend und schwer.

Steht hinter den Wolken ein Heer versteckt,
Das Sterne als Kugeln verschießt?
Das Helden wie Wild auf die Wahlstatt streckt,
Und ehrlichen Waffen zerfließt?

Die Tapferkeit schrumpft zum verruchten Hohn,
Der Ruhm wird in Schande zerspellt;
Jetzt trifft es den Erben der heilgen Kron,
Die Hoffnung des Landes, sie fällt.

Der König will spähn wo die Wunde klafft,
Und reibt sich die Augen und reibt;
Auslöscht ihm der Traum ihres Schauens Kraft,
Ein Sturz ... und er selber bleibt, bleibt ...

Da weckt ihn ein rettender Sonnenstrahl,
So zeitig, so golden wie nie;
Mit Staunen entrinnt er des Alpdrucks Qual
Und dankt mit gebogenem Knie.

Und staunend vernimmt es der hohe Rat:
»Auf Neuenburg leist ich Verzicht!
Das Ländchen gar eigene Reize hat,
Mit Blut überström ich es nicht!« –

 

□ □ □ □


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