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Kanton Bern

Elisabeth von Scharnachtal.

1473.

Sie trägt statt duftgem Jugendflor
Den schweren Klosterrock,
Rebellisch quillt um Stirn und Ohr
Rotgoldenes Gelock.

Des Vaters Wunsch und Willen zwingt
Zur Buße geißelscharf,
Daß, wo er fehlt sie fleht, und ringt,
Wo er genießen darf.

Vom hohn Aebtissenstuhle mahnt
– Umglänzt von lichtem Schein –
Die Muhme, die ihr Wege bahnt
Ins Paradies hinein.

Sie ruft Gott an, Gott hört sie nicht,
Läßt weinen Aug und Herz;
Dem Sohn naht ihre Zuversicht,
Nur heißer brennt ihr Schmerz:

Die Schere, Schere schleifen hört
Sie für ihr freies Haar,
Die Schere, Schere wutbetört,
Sie knirscht sie zum Altar.

Probst und Aebtissin segnen leis,
Der Vater lächelnd winkt,
Die heilge Feier wirkt im Kreis,
Die Schere, Schere blinkt.

Da, eh sie das Gelübde tut,
Ihr Herz zur Mutter schreit;
Sie kniet und fleht, von fremdem Mut
Geheiligt und geweiht:

»O Jungfrau, die du Jungfraun wählst
In deine stille Schar,
Sie ewgen Himmeln anvermählst,
Nimm du mein Stöhnen wahr!

Dem Leben glüht die reiche Brust,
Dem Leben tief und groß,
Glüht deiner selgen Mutterlust,
Nicht kargem Nonnenlos.

Dem Leben laß mich eigen sein!
Von Kampf und Sieg umloht,
Mich wirken meinen Heilgenschein
Aus seiner tiefsten Not!« –

Sie kniet. Probst und Aebtissin starrt,
Die Schere tut sich auf,
Der Vater faßt die Haare hart,
Da hemmt's der Schere Lauf:

»Und eh ihr schert ihr goldnes Haar,
Stecht mir die Augen aus!
Eh ihr sie weiht am Hochaltar,
Führ ich mein Weib nach Haus!« –

Er schaut sie fragend an. Sie nickt
Dem kühnen Mönch Gewähr;
Mit neuen Wundern süß umstrickt
Sie Gottes Mutter hehr.

Und segnet mild vom Wolkenrand
Der Jugendflamme Mut:
Und wagen durfte keine Hand
Zu löschen solche Glut.

 

□ □ □ □


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