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»Am Genfersee, am Genfersee,
Da sieht man's leuchtend gleiten
Durch weichen, weißen Wellenschnee,
Umharft von Nymphensaiten;
Beflaggter Masten dreie stehn,
Zwei Segel stolz im Wind sich blähn.
Viel wissen die Leute dem Glück zum Preise.« –
»Auf leerem Schiff, wo ist's zu schaun?
Wo lebt's, wo regt sich's leise?
Die schönste der Sirenenfraun,
Wo singt sie ihre Weise?
Das Steuer öd, kein Ruf, kein Pfiff,
Sturmwolken und ein dräuend Riff!
Das Glück, hat's die Ahne auch wirklich gesehen?
Wann taucht es auf aus dem Versteck,
Im Hin- und Widergehen
Vom rosenüberhangnen Deck
Voll Huld nach mir zu spähen?
Ein Blitz, ein Krach, ein Schlag, ein Schrei!
Getroffen sinkt des Glückes Fei ...
Es sinkt, weh, das Glück weiß die Flut nicht zu meistern!
Auch euch, die hier zu höchst gestrebt,
Der Dichtung ewgen Meistern,
Wär leer dies Schiff vorbeigeschwebt.
Begeistrung zu entgeistern?
Drei Masten schnellt die Flut empor,
Ein ödes Schiff als wie zuvor ...
Das Glück, wär's ein Trugbild? Mein Glück das ich meine? –«
Da singt's und singt: »Sahst du mich nicht
Erglühn im Wetterscheine?
Am Hauptmast steh ich groß und licht,
Das Glück, das eigenst deine!
Was trotzt dein Herz, weil dich der Strahl
Aus meinem Auge trifft wie Qual?« –
»Das Glück, tut's auch weh zum herzinnersten Grunde?« –
»Wünscht schnell, was Ihr zu wünschen habt!
Nah steuert zur Sekunde,
Eh Ihr in Strudeln Euch begrabt,
Das Glück, späht in die Runde,
Und löst Euch los mit sichrer Hand,
Wo blind Ihr hangt am Klippenrand.
Gleich hilflos hat einstens die Ahne gehangen!
Schon streift sein schwesterlicher Gruß
Euch jäh erbleichte Wangen,
Erstickt mit stummer Liebe Kuß
Euer taub Gefahrverlangen.
Tut Euren Wunsch! Zwei Segel hebt's
Gleich Flügeln! Seeentlang entschwebt's ...
Mehr wissen die Leute dem Glück zum Preise.«
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