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1454.
So sprach der Berner Ring Ringoldingen
Zu Schultheißens Töchterlein:
»Euch, Jungfrau, ger ich vor allen Dingen
Der Welt, nur Euch tu ich frein.« –
Sie war ein Jüngferlein lilienweiß,
Schlank, dunkeläugig, klug;
Sie sprach: »Bedenkzeit und Dank, bis ich weiß,
Ob ich Euch lieb genug!«
Er schwört's bei Helmbusch und Schwert; da dröhnen
Die Dielen von Velgas Schritt:
»Nur Freiburg wirbt unter Freiburgs Schönen!
Den Brautschmuck führ ich gleich mit ...«
Sie lächelt fein: »Auch den Hochzeitbefehl?
Der Eile scheint Ihr hold!« –
»Liebwerte Fraue, ich lieb deine Seel ...
Der Ring liebt nur dein ... Gold!« –
Da packt der Zorn den Ring Ringoldingen:
»
Den Witz, Freund, den zahlt Ihr schwer!
Am Gold läg Euch wohl vor allen Dingen?
Mein Herz trägt besser Begehr!« –
Bös aneinander gerieten die Zwei
Und eines Jeden Stadt;
Nicht fürder fragte das Fehdegeschrei
Der Jungfrau Herz um Rat.
Schon lädt der Hornstoß zum Bruderkampfe,
Schon schart sich Troß gen Troß,
Da naht ein Herold im Eilgestampfe,
Mit weißem Tüchlein und Roß:
»Grüß Gott vom Jüngferlein lilienweiß,
Das just – in glühender Scham
Ob zu fürwitzigen Freiern – mit Fleiß
Den Nonnenschleier nahm!«
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