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Groß stand er da im weiten Licht,
der Gott!
Und vor ihm Phaethon, sein Sohn,
ein Gott wie er.
»Gib deinen Wagen, deine Rosse mir«,
so rief er,
»Vater!«
Doch der Vater schüttelte das hohe Haupt,
so daß beinah sein Angesicht verging
im Glanz,
und sprach:
»Du wendest deine Augen ab,
o Phaethon!
Nicht einmal diesen Brand erträgt dein Auge, Kind?
Wie willst du meine Rosse zügeln, die
mich selber fast erblinden machen,
wenn ihr Huf
die Nacht zertritt?
Nicht einmal nahen kannst du meinem Wagen dich,
der blitzeschleudernd alles rings zu Asche macht!« –
»Ich kann's!
Ich bin dein Sohn!« spricht Phaethon
und wendet furchtlos seinen Blick ihm zu.
»Du bist's, doch jung, ein Knabe noch, mein Kind.«
So Helios, der Gott, der alles sieht und weiß.
»Bescheide dich, zu sein in meinem Glanz!« –
»Nein, Vater, nein!
Ich bin so jung wie du, so alt wie du,
denn Götter altern nicht.
Hör an, ich will
auf eignem Wagen meine Tage mir
erobern,
meinen Himmel, meine Welt!
Denn warum hättest du mich wohl gezeugt?
Um einen Schwächling neben dir zu wissen,
der – arme Ohnmacht! – blöde dich bestaunt?
Gewiß nicht!
Denn wer zeugt, will anderes als sich selbst,
will Höheres,
und sei er flugs ein Gott.«
Doch Vater Helios
umwölkte sich,
und Blitze zuckten um sein dunkles Haupt.
Er sprach:
»Nun wohl!
Spann deinen Wagen an, du Knirps!
Doch daß du deine Amme nicht vergißt,
du Säugling!
Durstig wirst du werden auf der Fahrt,
als Brand im Brand!
Und deine Steckenpferdlein salbe dir
mit Kindspech ... armer Bub ...« –
»Gib acht, ich mache dich zum guten Vater noch
Phaethon rief's. »Du großer Gott des Lichts,
der du dich nicht erniedern sollst in mir!
Fünf Rosse spann' ich an, statt deiner vier,
und einen Wagenlenker nenn' ich mein
noch außerdem.
Er lenkt das Fünfgespann mir schlechter nicht,
als die Quadriga du!«
Und lachend zeigte Phaethon auf sein Gefährt,
das schon, man wußte nicht woher,
im Räume stand.
Fünf weiße Hengste bäumten in den Sielen sich.
Das Auge unterschied sie nicht sogleich,
und doch war jeder anders aufgeschirrt:
des rechtsgespannten Riemzeug glänzte blau,
wie Sonnen strahlten Edelsteine ihm am Kumt.
Und heller fast wie unterm Blick des Sonnengott
war alles, was des Rosses Auge traf.
Es schien die Nacht zu hassen dieses Licht,
und alles Dunkel wich entsetzt vor ihm zurück.
Still,
zitternd vor Begierde stand das andere Roß,
milchweiß gleich jenem.
Feurig warf es seinen Kopf –
und sieh: es klang die Welt!
Es ließ erklingen
den unsichtbaren Raum.
Am Ende gar erklang es selbst,
als habe eine Schöpfung es erzeugt,
die nur Musik ist.
Das dritte war mit Blumen angeschirrt,
aus seinen Rosennüstern aber drang hervor,
schnaubend, ein Weihrauch,
den selbst Helios gierig in sich sog.
»Ich nenn' es Frühling, dieses Pferd!«
sprach Phaethon.
»Es ist mein Frühling, Vater!
Schwinge dich
auf seinen Rücken, Vater, wenn du willst!
Was mein ist, sei auch dein!«
Der Vater staunt! –
Da bäumte sich der vierte Hengst.
Mit Früchten ist,
mit goldnen Ähren ist er ganz behängt.
»Der Tote, den auf dieses Roß man hebt,
lebt alsogleich«, sagt Phaethon.
»Und hier dies fünfte ist das Leben selbst,
ganz flammenloses Feuer!
Unbändig vor den anderen!
Zeige nur
sich keine Stute, denn sonst bricht es aus,
und niemand, nicht ein Gott, kann zügeln mehr,
wenn dieses eintritt, meinen fünften Hengst! –
Soweit ist alles gut, mein Vater,
doch gib acht,
sobald mein unsichtbarer Wagenlenker erst
und ich es lenken, dieses Fünfgespann ...
Nun denn! Die Fahrt beginnt! Und lebe wohl!«
Auf seinen Wagen schwingt sich Phaethon.
Und sieh!
Das erste Roß flammt einer Sonne gleich,
das zweite donnert wie Gewittersturm,
das dritte scheint ein duftendes Gewölk,
das vierte schlürft den Himmel, scheint es, aus
wie eine blaue Schale.
Allein das fünfte –
kerzengrad bäumt sich's empor,
die Flanken stoßen,
und als wäre
ein Leib der Raum,
bespringt es ihn im Anzug.
Dann: alle Rosse werfen in die Sielen sich,
und in die Weltenräume rast die Fahrt.
»Heil meine Rosse!« so singt Phaethon.
»Ich,
wie mein Vater,
bin ein goldner Vogel,
Zeus,
entschlüpft aus deinem Käfig!
Als deine goldne Schwalbe saus' ich hin,
du größter Gott,
doch gleich der Lerche
unermüdlich im Gesang,
bedient von meinem Lenker,
dein- und meinen Schimmeln, Zeus!«
»Er ist mein echter Sohn!« spricht Helios,
»er fährt auf meiner Spur,
in meiner Bahn!«
... doch wie?!
Jetzt reißt er das Gespann herum
und saust von West nach Osten
statt von Ost nach West!
Entgegen dir
mit offner Brust
und offnem Arm,
Zeus!
Euch entgegen, Götter!
Nicht mit euch,
Olympier! Ihr zwölf!
Entgegen dir, mit brünstigem Geschrei,
o weite Welt!
Mit brünstigem Schwung vermählt er sich
dem Widerstand! –
»Ihr! Meine Rosse!«
Den Raum durchgellend singt jetzt Phaethon ...
Der Vater hört's
und hüllt sich in Gewölk.
Es rieselt Regen über alle Flur.
Er weint:
»Mein Sohn! Mein Sohn!«
Der aber rast
dahin ob allen Wolken, hoch im Blau,
nicht ahnend, was der Vater weiß und spricht:
»Ein Tag ist dein!
Ein einziger,
nicht mehr!
Nur einer,
während mein
der ewige Tag!
Leb wohl!«