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Vor mir eine große goldne Schale

Vor mir eine große goldne Schale,
darin waren eingegraben siebzig Jahr:
wissend, daß ein Gottgeschenk es war,
hab' ich sie gewendet viele Male. –
Sie enthielt Geschenke, unsichtbar,
die den Spiegelglanz des Golds nicht trübten,
guter, böser Geber eine Schar:
Stunden, die in Gram und Glück mich übten!

Als ich spiegelnd hing an ihrem Glanz,
meiner goldnen Schale leerem Munde,
schwärzte sich der Himmel plötzlich ganz:
und als ob sich's schwarz zur Kugel runde –
eine schwarze Kugel rollte langsam
auf der goldnen Schale Grunde!
Und der Himmel wurde wieder helle.
Mein Geschenk, so klang es, fand die rechte Stelle!

Und erschüttert halt' ich meiner siebzig Jahre
goldne Schüssel, drin des schwarzen Balles
Schwärze elfenbeinern sich beweget:
Höchstes der Geschenke! alles, alles!
das die Nacht gebunden in sich heget.

Und mir ist, als hört' ich lautlos mahnen:
Rolle sie, daß deine Schale klinge,
und sie doch den Rand nicht überspringe, –
denn sonst legt sich Nacht auf alle deine Bahnen! ...

Kloster auf Hiddensee, 23. August 1932.