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Längst gelten die Schwaben oder, wie sie heute heißen, die Württemberger als Leute, die früher aufstehen als ihre badischen Nachbarn. Drum waren auch, ehe das Tal badisch wurde, die Schwaben, so an der Kinzig wohnten, schlauer als die Fürstenberger im gleichen Flußgebiet.
So war auch die Schifferschaft im württembergischen Waldstädtle Alpirsbach von jeher die reichste im Kinzigtal, weil die rührigste und klügste.
Von dieser Schifferzunft nun waren es Leute, die anfangs der dreißiger Jahre hinüberschielten über den Kniebis und hinab ins Wolftal und nach den größten Waldhöfen ausguckten.
Sie wußten, daß die Besitzer derselben Bauernfürsten waren und einzelne von ihnen wie Fürsten lebten; denn auch sie, die Alpirsbacher, kamen zur Sommerszeit hinüber ins Rippoldsauer Bad und sahen an der Tafel die Buren vom Seebe, vom Kaltbrunn und vom Dollenbach. Und sie dachten bei ihrem Anblick, die Leut' brauchen sicher Geld, und um Geld ist alles feil, auch Waldhöfe, die wir am besten ausnutzen könnten.
Sie redeten mit den Buren vom Holzgeschäft und von allerlei, was diese interessieren konnte, und wurden so gut bekannt mit ihnen wie die andern Kurgäste, die den Erzbauern hofierten wegen der schönen Ausflüge auf ihre Höfe.
An den Fürsten Andreas I. hätten sich die Alpirsbacher damals noch nicht gewagt, wohl aber versuchten sie es beim Hansjörg unter dem Wildsee.
Eines Tages – es war, wie schon gesagt, im Frühjahr 1833 – kam einer von ihnen auf den Seebenhof. Er hieß mit dem Vornamen Christian und war ein angesehener Mann im Städtle Alpirsbach, wo er als frei resignierter Schultheiß und Holzhändler lebte.
Er fragte den Hansjörg, ob er kein Floßholz habe, er suche schöne, starke Holländer den Rhein hinunter.
»Wirklich sind meine Leut' am Riesen, und wenn's Holz am Bach liegt, könnt ihr's beschauen,« meinte der Seebenbur.
Dann holte er eine Flasche Durbacher und setzte sich mit dem Christian zu ihr an den Tisch, an dem auch die Büre Platz nahm; denn der Herr Schultheiß von Alpirsbach war ja eine Badbekanntschaft, und wenn jemand von dieser kam, durfte er stets auf gute Aufnahme rechnen auf dem Seebenhof.
Sie redeten und tranken Durbacher dazu, und der Christian spielte den Charmanten, so gut er konnte. Endlich rückte er heraus und sprach:
»Seebenbur, wenn ich euch und euere Frau wär', ich tät mich nit so plagen mit dem Umtrieb des großen Hofes, Ich tät' mir 's Leben leichter machen.«
»Ja, wie meinet ihr das, Schultheiß?« fragte der Hansjörg erstaunt.
»Wie ich das mein'? Ich mein', ihr solltet den Hof verkaufen, ein großes Kapital einstecken, aufs Leibgeding gehen und dann erst recht ein Herrenleben führen.«
»Ich glaub', ihr seid nit g'scheit, Herr Schultheiß,« fiel die Büre dem Christian ins Wort. »Glaubt ihr denn, wir haben keine Kinder? Acht lebendige, drei schon g'heiratet und im Haus neben zwei Meidle noch drei Bube, von denen einer größer ist als der ander' und jeder Seebenbur werden möcht'. Das wär a Schand', seine Kinder 's Brot ous der Tischlad zu verkoufe.«
»Frau,« gab der Christian zurück, »wenn ihr glaubt, ihr verkaufet euern Kindern das Brot aus der Tischlad, wenn ihr den Hof verkauft, so habt ihr den Finger am letzen Ort verbunden. Im Gegenteil, wenn ihr verkauft, so bringt ihr euern Kindern Brot, statt es ihnen zu nehmen.«
»Wie so denn?« fragte jetzt Frau Apollonia.
»Wie so denn?« erklärte ihr der Christian. »Wenn ihr den Hof einem Sohn übergebt, so bekommt er ihn, wie üblich auf dem Schwarzwald, um den dritten Teil seines Wertes und die andern Kinder verlieren zwei Drittel.«
»Verkauft ihr aber den Hof, so bekommt ihr Geld genug, um jedem einen schönen Hof kaufen und jedes eurer Kinder glücklich machen zu können.«
»Des wär 'nit so letz,« meinte, nachdenklich geworden, die Bure.
»Aber den Hof könnt' ihr nit kaufen, Schultheiß!« fiel jetzt der Hansjörg ein. »So viel Geld bringt ihr nit auf. So viel ist nit in ganz Alpirsbach.«
»Ich bin nit allein, wenn ich kauf',« antwortete der Schultheiß. »Wir sind eine Kompagnie, und Geld, Seebenbur, liegt g'nug in Basel und in Mülhausen im Elsaß. Wie taxiert ihr euern Hof?«
»Den hab' ich noch nit taxiert; aber Geld, viel Geld ist er wert,« erwiderte der Hansjörg. »Und feil ist er auch nit, gel' du, Büre?«
»Feil ist er nit,« gab die Apollonia zurück, »aber wissen möcht' ich doch, was er wert wär', und was man dafür kriege könnt.«
»Da ist gut helfe, Frau,« meinte der Christian. »Ihr erlaubt mir, euern Hof zu beschauen, Wälder und Felder, und in vierzehn Tagen komm' ich und sag euch, was er wert ist. Dann könnt ihr immer noch machen, was ihr wollt.«
»Auf des wollet mir eingehe, Hansjörg,« entschied die Fürstin. Der Hansjörg nickte Beifall und holte noch eine Botell' Durbacher; es war die dritte.
Schmunzelnd schied eine Stunde später der Christian über den waldigen Roßberg dem Kinzigtal zu.
Am kommenden Sonntag ging der Hansjörg, wie üblich, hinab nach Schapbach in die Kirche. Denn der Seebenbur war ein frommer Mann und hielt viel auf Gebet und Gottesdienst. Und wenn er jemanden geheilt oder einen Zahn gezogen hatte und der Patient nach der Schuldigkeit fragte, so war die Antwort des Buren: »Betet für mich einen Rosenkranz!«
Vor der Kirche versammelten sich, ehe es zusammenläutete, wie herkömmlich die Buren und diskurierten mit einander. Der Hansjörg trat zum alten Schmidsberger, dem ersten Waldfürsten nach ihm im Wolftal, und sprach: »Jakob, ich könnt' mein' Hof verkaufen an die Alpirsbacher. Sie wollen viel Geld dafür geben. Was meinst du?«
»Schäm' dich, Hansjörg,« gab sein Mitfürst ihm zur Antwort, »ein rechter Bur verkauft keinen Hof. Und wenn du auch im Geld steckst bis an die Ohren, hast aber den Hof nimmer, dann bist du auch nimmer Seebenbur und hast Namen und Ansehen und Heimat verloren.«
»Wenn mir einer käm' und wollt' mir den Schmidsberg abkaufen, ich tät' ihn zur Stub' nauswerfen,« sprach der wackere Bauernfürst und schritt der Kirche zu; denn der Schulmeister läutete eben zusammen.
Er ahnte wohl nicht, der brave Schmidsberger, daß wenige Jahre später sein eigener Hof der gleichen Kompagnie, die mit dem Hansjörg verhandelte, in die tannenmordenden Hände fallen werde.
Der Jakob hinterließ eine junge Witwe, sein drittes Weib, als lebenslängliche Nutznießerin seines Besitzes, und diese führte den Waidele-Hans, den dicksten Mann im Tal – er wog drei Zentner – auf den Schmidsberg heim.
Nach ihrem Tode sollten zwei Dritteile des Hofes an den »Bur« im Holdersbach, als den Schwiegersohn des alten Schmidsberger, fallen. Der Bur verkaufte, wie wir wissen, seinen Anteil an die Hofmetzger in Alpirsbach für 120 000 Gulden mit der Bedingung, daß sie gleich bar bezahlten und den Hof erst antreten dürften nach dem Tod der jungen Witwe des verstorbenen Erzbauern.
Bald nach diesem Kauf fuhr der dicke Bur vom Schmidsberg mit seinem Weib hinüber nach dem Kaltbrunn zu einer Hochzeit. Am Abend bringt er die Büre, die gesund und froh daheim fortgegangen war, krank heim, und in wenig Tagen ist sie eine Leiche.
Die Hofmetzger konnten jetzt den Hof antreten und die Wälder niederschlagen; das Volk aber sagte, es sei der Frau auf jener Hochzeit im Wein »vergeben« worden.
In fünf Jahren waren die herrlichen Tannen von zwanzig Holzhauern niedergeschlagen und verfloßt, der Wald gänzlich verwüstet! aber in den Taschen der Käufer klingelte es von Gold und Silber. –
In den Waldungen am und unter dem Wildsee ging es lebhaft her in den folgenden Wochen. Der Christian und seine Konsorten schlichen von Tanne zu Tanne und taxierten. Am Abend verschwanden sie in irgend einer Herberge im Wolftal drunten, und am Morgen kamen sie wieder. Den Seebenhof mieden sie, um nicht vorher gefragt zu werden oder gar hören zu müssen, es werde nicht verkauft.
Als sie fertig waren mit ihrer Beschau, erschien eines Nachmittags der Christian wieder auf dem Hof, und Bur und Büre setzten sich mit ihm an den Tisch. Der Durbacher Wein kam auch, und gespannt losten der Hansjörg und die Apollonia, was ihr Hof wert sein möchte.
»Ich hab' jetzt den Hof Schritt für Schritt durchgangen,« also begann der Christian, »und gefunden, daß er viel, viel Geld wert ist, mehr Geld, als ich geglaubt habe. In den Waldungen steht noch Holz wie in den Urwäldern von Amerika.«
»Und ihr habt recht, Seebenbur, so viel Geld, als euer Hof wert ist, wär' nit leicht aufzubringen, weder in Basel, noch in Mülhausen. Er ist 200 000 Gulden wert!« –
Der Apollonia lief jetzt das Wasser im Mund zusammen. Zur Zeit, da der Christian also redete, lag ohnedies nicht viel Geld im Haus; es war noch kein Floß in diesem Jahr den Bach hinunter, und schon fuhren draußen durchs Tal hinauf die Extraposten mit den Fremden dem Sauerbrunnen zu. Die Badesaison ging an.
»Des hätt' ich nit glaubt, Hansjörg,« sprach die Büre, »daß unser Hof so viel Geld wert wär'.«
»Ich hab's ja gleich g'sagt, als der Schultheiß das erstemal da war, daß er mehr wert ist, als die Alpirsbacher Geld haben. Aber so hoch hätt' ich ihn doch nicht taxiert, so viel Geld gibt's gar nit,« – also meinte der Hansjörg, und sein Angesicht strahlte.
»Wert ist er so viel, ich sag's ehrlich,« nahm der Christian wieder das Wort, »und ich geb's auch. Greift zu, und dann erst seid ihr die reichsten Leut' weit und breit, und mit Ausnahm' vom Großherzog und vom Fürsten von Fürstenberg sitzt niemand an der Tafel im Bad droben, der so viel Geld hat wie ihr zwei.«
Der Hansjörg wurde nachdenklich und schwieg und die Apollonia auch. Der Geldteufel hatte in ihre Seelen geschlagen, und sie fanden beim ersten Ansturm desselben keine Worte. Die Bure fand sie zuerst.
»Des isch a fürchterliche Versuchung, Hansjörg,« so brach sie das Schweigen, während der Christian seine hellen Schwabenaugen ebenso schlau wie bieder hypnotisierend auf die Sprecherin leuchten ließ. »Do verliert unsereins ganz den Verstand, wenn's von so vielem Geld hört. Was meinst du, Hansjörg?«
Jetzt richtete der Christian seine hypnotisierenden Blicke auf den Hansjörg, und der rief rasch entschlossen: »Wib, um des Geld verkoufe mir: zahle kann er's doch nit, und wenn er's zahlt, isch's guat zahlt!«
»Aber vom Hof gang ich nit,« erwiderte die Büre, der die Rede ihres Mannes gar nicht ungeschickt vorkam.
Der Christian, erfreut, daß die Fische angebissen, wußte gleich Rat für den Wunsch der Büre, auf dem Hof bleiben zu wollen.
»Ihr zwei,« sagte er, »zieht hinüber ins Leibgedinghaus, wo ihr Ruhe habt, und ich geb' euch noch ein Leibgeding, so lang ihr lebt, was und wie viel ihr wollt. Besinnt euch, und in acht Tagen komm' ich wieder.«
Diese Worte gefielen den beiden über die Maßen, und die Apollonia sprach: »Ehrlich und guat meint's der Schultheiß mit îs, und niemand soll den Hof ha als er.«
»Die Hand drauf,« rief der Christian und streckte jedem seine Biedermannsrechte hin.
Jetzt kam noch eine Flasche Durbacher, und dann noch eine und wieder eine, und feuchtfröhlich und seiner Sache gewiß zog der Christian gegen Abend dem Kinzigtal zu.
Der Bur und die Büre konnten nicht schweigen über die Riesensumme, die ihnen für den Hof geboten worden war, und als der Hansjörg am Sonntag wieder auf den Kirchenplatz kam, wußten die meisten Buren, was der Seebenhof wert sein sollte, und daß der Christian mit dem Hansjörg im Handel stehe.
Der Schmidsberger wiederholte seine Warnung; der Hansjörg aber lachte und meinte: »Wenn ich verkauf', muß der Schultheiß in vier Terminen zahlen, jedesmal 50 000 Gulden in lauter Kronentalern. Bringt er den zweiten Termin nicht rechtzeitig auf, so ist der erste verfallen und der Hof und 's Geld mein; denn so viel Kronentaler bringen die Alpirsbacher nicht auf.«
»Die sind nit so dumm, Hansjörg,« mahnte der Schmidsberger, »die Alpirsbacher stehen früher auf als du und haben dich schon am Morgen vor der Supp' zum Narren, ohne daß du es merkst.«
»Für a Narre het mi der Schultheiß nit, er isch fadegrad und gibt mir noch a Libding, so groß i will« – entgegnete der Hansjörg.
»Dann isch der Hof scho z' billig, sonst tät dir der Schultheiß nit noch a Libding anbiete,« lachte der Jokelesbur, der auch dabei stand. »D' Alpirsbacher sind mir die Letzten, die was anbieten, wenn kein Profit dahinter steckt.«
Eben kam der Vogt dazu, der Bur im Holdersbach. Er hatte auch schon von der Sache gehört, gratulierte dem Hansjörg und meinte, er würde an seiner Stelle losschlagen, denn Geld regiere die Welt.
»Du bist auch so ein neumodischer Bur,« fuhr der alte Schmidsberger auf diese Worte hin seinen Schwiegersohn an, »Wald und Feld sind des Buren Welt; sie und nit das Geld heben die Familie zusammen und erhalten den Stammen.«
Eben läutete der Schulmeister wieder zusammen, und die Buren gingen auseinander. Nach dem Gottesdienst aber saßen noch einige beisammen im Adler und redeten ernstlich von der Neuigkeit, daß die Alpirsbacher den Seebenhof kaufen wollten.
»Können die ihn brauchen,« meinte der Hasebur unter Seebach, »dann sollt' er's uns auch wert sein. Wir Buren wollen in den Kauf stehen, das Geld können wir auch verdienen, wenn wir den Wald nit unter uns verteilen wollen.«
Damals stand im Kinzigtal noch das schöne, altfürstenbergische Gesetz in Ehren, daß kein Fremder etwas in einer Gemeinde kaufen durfte, wenn ein Bürger derselben die gleiche Summe bot.
Dies treffliche Gesetz hat man längst abgeschafft zum Schaden der Bauern und zum Nutzen der Kinder Israels und anderer Hofmetzger.
»Der Hasebur hat recht,« nahm jetzt der Hanschristesbur, sein Nachbar, das Wort; »zusammenstehen sollten wir Buren und die Württemberger nit in unsere Gemeinde lassen.«
»Ich bin auch dabei,« riefen der Jokelesbur, der Waidelebur und andere. Und ehe sie auseinander gingen, ward beschlossen, die Waldungen auf dem Seebenhof auch zu taxieren und je nach Befund den Alpirsbachern in den Kauf zu stehen. Es ward gleich der Tag bestimmt, an dem sie aus- und in die Wälder des Seebenburen einrücken wollten.
Gesagt, getan. Eines schönen Tages ziehen die Buren in die Wälder um den Seebenhof und fangen an zu taxieren, ohne den Hansjörg lange zu fragen. Der bekam Wind davon, nahm es ungut auf, bewaffnete seine Knechte und seine Holzhauer, rief seine Vasallen auf den Kriegs-Pfad und zog an der Spitze der mit Flinten, Pistolen, Spießen, Gabeln und Sensen bewehrten Rotte in den Wald, um die Schapbacher und Seebacher Buren daraus zu vertreiben. Denn die sollten seinen Hof nie und nimmermehr haben.
Darin ist der Bauersmann eigen; er verkauft lieber an einen Juden als an seinen Nachbar und meint, es sei eine Schande, an den letzteren seine Sache abzugeben. Seinesgleichen gönnt der Bur nit gern eine Vermehrung des Besitzstandes durch den Verkauf seines eigenen. Auch Ehrenstellen gönnt nicht leicht einer dem andern, drum wählen Bauern auch viel lieber einen Herrn in den Reichs- oder Landtag als einen Mann aus ihrer Mitte.
So zog auch der Hansjörg mit Waffengewalt gegen seine Standesgenossen, als diese ebenfalls tun wollten, was die Alpirsbacher getan.
Er traf sie gerade, wie sie, von der Arbeit ruhend, unter seinen Tannen saßen und ihren Speck verzehrten und ihren Schnaps tranken.
Schapbacher Buren erschrecken nicht gleich, und so empfingen sie den Seebenbur und seinen Landsturm mit Humor. Sie luden den Hansjörg und seine Krieger ein, es mit ihnen zu halten am Speck und am Schnaps und den Kriegspfad zu verlassen.
Der Hansjörg und seine Mannen ließen sich einladen, verlangten aber nach dem Friedensmahl trotzdem energisch, daß die Buren den Wald verlassen sollten.
»Es hat ja doch keinen Wert für euch, mein Holz abzuschätzen,« sprach der Seebenbur zu seinen Kollegen; »der Hof ist zu teuer für Buren, und das Geld, 50 000 Gulden auf den ersten Termin, bringt ihr nicht auf.«
»Wir wollen sehen, ob wir's nit aufbringen,« erwiderte ihm der Hasebur. »Aber entweder behaltet ihr den Seebenhof, oder wir treten in den Kauf ein, wozu wir ein Recht haben.«
»Ja, ja, das tun wir,« riefen die andern.
Das erzürnte den Hansjörg, und er bestand jetzt erst recht auf der Räumung seines Eigentums.
Die Buren, wehrlos, wie sie waren, ließen sich hinausdrängen bis auf die Grenze ihres Eigentums; aber sie hatten genug gesehen und waren auch gereizt genug, um in den Kauf zu stehen.
Sie legten zusammen, borgten bei andern Buren und trugen nach wenig Tagen 50 000 Gulden nach Wolfe, damit der Kassier der Schifferschaft, Maier, sie ihnen aufhebe, bis sie das Geld brauchten; denn in jenen Jahren waren die nächsten Bankiers für die Bauern im Wolftal die Schifferherren zu Wolfe.
Der Landsturm des Seebenburen gegen die Schapbacher wurde aber alsbald in Spottversen besungen. Leider hab' ich davon nur noch Bruchstücke entdecken können, da Dichter und Sänger längst zu den Toten gehören. So hieß es von einem der Vasallen:
Der Hohwill-Michel mit sim rostige Kummisg'wehr
Lauft neben dem Seebebur her.
Als wenn er gar si Schutzengel wär'.
Der Fidele mit sine krumme Füeß'
Trägt nur einen langen Spieß.
Während die Buren Geld sammelten und die Volksdichter Spottverse fabrizierten, legten sich der Fürst aus dem Seebenhof und seine Frau das Leibgeding zurecht. Sie bedingten für sich und die ledigen Kinder lebenslänglich freie Wohnung im Nebenhaus, im Hofgebäude eine eigene Stube, eigenen Herd mit Brutofen, im Stalle Platz und Futter für ein Pferd und vier Kühe, im Wald Brennholz, so viel sie brauchten und vors Haus geführt.
Edelmütig, wie Fürsten sein müssen, nahmen sie sich auch ihrer Vasallen an und bedingten ausdrücklich, daß dieselben in ihren Privilegien geschützt und keiner von seinem Gütchen vertrieben werden sollte.
Der Christian kam wieder, nahm die Kleinigkeit des Leibgedings mit Vergnügen an, und jetzt konnten der Bur und die Büre nimmer widerstehen. Sie schlugen den Hof zu, in vier Terminen à 50 000 Gulden in Kronentalern zahlbar.
Aber nun galt es, die Schapbacher Buren aus dem Feld zu schlagen; der Kauf mußte bekannt gemacht und die Bürger eingeladen werden, ob einer in denselben eintreten wolle.
Die Kunde von den 50 000 Gulden, die in Wolfe lagen, war auch zum Hansjörg gedrungen und die Gefahr groß, daß die aus dem Wald Vertriebenen in denselben als Herren wieder einziehen könnten.
Doch der Christian von Alpirsbach wußte Rat, er nahm den Hansjörg mit sich, und beide fuhren talabwärts zum Vogt im Holdersbach. Dem trug der Christian die Bitte vor, ihn, den frei resignierten Schultheißen von Alpirsbach, doch als Bürger von Schapbach aufzunehmen.
Der Vogt, welcher den »kaiben« Buren den Hof auch nit gönnte, nahm noch einige Gemeinderäte, die ebenfalls waldneidig auf die anderen waren, dazu und erkor durch Gemeinderatsbeschluß den Christian zum Bürger, der als solcher den Seebenhof alsbald kaufen konnte.
Im Juli 1833 war der Kauf gebucht, und die schneidigen Buren hatten das Nachsehen. Daß sie dem Vogt und seinen Räten, dem Christian und dem Hansjörg Loblieder sangen, konnte ihnen niemand zumuten.
Aber zum Schaden kam noch der Spott. Sie ließen die 50 000 Gulden noch ein Jahr »am Zins« in Wolfe. Im Herbst 1834 gingen sie erst wieder hinunter, um den Mammon zu holen samt Zins. Doch statt des Zinses eröffnete ihnen der Kassier, daß sie 700 Gulden Verwaltungsspesen zu bezahlen hätten.
Als sie dagegen remonstrierten, meinte der boshafte Wolfacher: »hättet ihr das Geld auf's Adlerwirts Matten gelegt, dann könntet ihr es jetzt holen ohne Spesen und Vierunddreißiger dafür trinken.«
Dieser Spott kam aus, und die wackeren Buren, welche den Seebenhof gerne dem Bauernstand erhalten hätten, wurden noch ausgelacht.
Doch den Vierunddreißiger ließen sie sich beim Rinkenwirt, wie der Adlerwirt auch genannt wird, baß schmecken, und mehr als einen Bur hat in jenem Herbst der starke neue Wein umgebracht.