InhaltInhalt
- Samuel Hahnemann
- Vorrede zur vierten Ausgabe.
- Einleitung.
- § 1. 2. Der einzige Beruf des Arztes ist schnelles, sanftes, dauerhaftes Heilen; Anm. nicht das Schmieden theoretischer Systeme und Erklärungs-Versuche.
- § 3. 4. Er muß das an Krankheiten zu Heilende aufsuchen und das Heilende in den verschiednen Arzneien kennen, um dieses jenem anpassen zu können, auch die Gesundheit der Menschen zu erhalten verstehen.
- § 5. 6. Die Krankheiten sind an sich unerkennbar im innerlich Veränderten, aber deutlich erkennbar in den Symptomen. Anm. Erklärung des Gesagten.
- § 7. Zur Heilung beihülfliches Achten auf Veranlassung, Grundursache und andre Umstände.
- § 8. Die Krankheit besteht für den Arzt bloß in der Gesammtheit ihrer Symptome.
- § 9. Unter Achtung auf jene Umstände (§ 7.) braucht der Arzt bloß die Gesammtheit der Symptome hinwegzunehmen. um die Krankheit zu heilen. Anm. a. Die offenbar die Krankheit veranlassende und unterhaltende Ursache ist hinwegzuräumen. Anm. b. Verwerflichkeit der symptomatischen, auf ein einziges Symptom gerichteten, palliativen Curart.
- § 10. 11. 12. Sind alle Symptome getilgt, so ist jederzeit die Krankheit auch in ihrem Innern geheilt.
- § 13. Die Gesammtheit der Symptome ist die einzige Indication, die einzige Hinweisung auf ein zu wählendes Heilmittel.
- § 14. Die Befindens-Veränderung in Krankheiten (die Krankheits-Symptome) kann von den Arzneien nicht anders geheilt werden, als in sofern diese die Kraft haben, ebenfalls Befindens-Veränderungen im Menschen zuwege zu bringen.
- § 15. Diese Befindens-Veränderungs-Kraft der Arzneien kann bloß bei ihrer Einwirkung auf (gesunde) Menschen wahrgenommen werden.
- § 16. Die krankhaften Symptome, welche die Arzneien im gesunden Menschen erzeugen, sind das Einzige, woraus wir ihre Krankheit-Heilungs-Kraft erkennen lernen.
- Kapitel 15
- Kapitel 16
- Kapitel 17
- § 21. Dieß beruht auf dem Natur-Heilgesetze, daß eine schwächere dynamische Affection im lebenden Menschen von einer ihr sehr ähnlichen, stärkern, bloß der Art nach abweichenden, dauerhaft ausgelöscht wird. Anm. Dieß geschieht auch bei physischen Affectionen, wie bei moralischen Uebeln.
- § 22. Das Heil-Vermögen der Arzneien beruht daher auf ihren der Krankheit ähnlichen Symptomen.
- § 23–27. Versuch einer Erklärung dieses Natur-Heilgesetzes.
- § 28. Der menschliche Körper ist weit geneigter, sich durch Arzneikräfte in seinem Befinden umstimmen zu lassen, als durch natürliche Krankheit.
- § 29. 30. Des homöopathischen Heilgesetzes Richtigkeit zeigt sich an dem Nicht-Gelingen jeder unhomöopathischen Cur eines ältern Uebels und daran, daß auch zwei im Körper zusammentreffende, natürliche Krankheiten, sobald sie einander unähnlich sind, einander nicht aufheben und nicht heilen.
- § 31. I. Die ältere, im Körper wohnende Krankheit hält, wenn sie gleich stark, oder stärker ist, eine neue, unähnliche Krankheit vom Menschen ab.
- § 32. So bleiben auch bei unhomöopathischen Curen, die nicht heftig sind, die chronischen Krankheiten, wie sie waren.
- § 33. II. Oder eine den schon kranken Menschen befallende, neue, stärkere Krankheit unterdrückt nur, so lange sie dauert, die alte, im Körper wohnende, ihr unähnliche Krankheit, hebt diese aber nie auf.
- § 34. Eben so heilen starke Curen mit allopathischen Arzneien keine chronische Krankheit, sondern unterdrücken sie nur so lange, als der Angriff mit heftigen Arzneien dauert, welche keine der Krankheit ähnliche Symptome für sich erregen können; hernach kommt die chronische Krankheit eben so schlimm und schlimmer wieder hervor.
- § 35. III. Oder die neue Krankheit tritt nach langer Einwirkung auf den Körper zu der ältern, ihr unähnlichen, und es entsteht eine doppelte (complicirte) Krankheit; keine dieser beiden sich unähnlichen hebt die andre auf.
- § 36. Noch weit öfterer, als im Laufe der Natur, gesellt sich eine durch langwierig angewendete, heftige, unpassende (allopathische) Arznei erzeugte Kunst-Krankheit beim gewöhnlichen Cur-Verfahren zu der ihr unähnlichen (folglich nicht durch jene heilbaren) alten, natürlichen Krankheit, und der chronisch Kranke ist nun doppelt krank.
- § 37. Die sich so complicirenden Krankheiten nehmen, ihrer Unähnlichkeit wegen, jede den ihr im Organism gehörigen Platz ein.
- Kapitel 30
- § 40. Erklärung dieser Erscheinung.
- § 41. Beispiele chronischer Krankheiten, durch zufälligen Zutritt einer andern, ähnlichen, stärkern geheilt.
- § 42–44. Selbst von den im Laufe der Natur selbst zusammentreffenden Krankheiten kann nur die von ähnlichen Symptomen die andre aufheben und heilen, die unähnliche Krankheit aber kann es nie, zur Belehrung für den Arzt, mit welcher Art Arzneien er gewiß heilen könne, nämlich einzig mit den homöopathischen.
- § 45. Die Natur hat nur wenige Krankheiten andern Krankheiten zur homöopathischen Hülfe zuzuschicken, und diese ihre Hülfsmittel sind mit vielen Unbequemlichkeiten verbunden.
- § 46. Dagegen hat der Arzt unzählige Heilpotenzen mit großen Vorzügen vor jenen.
- § 47. 48. Aus jenem Vorgange in der Natur wird der Arzt fortan die Lehre ziehen, Krankheiten nie anders als mit homöopathisch gewählten Arzneien zu behandeln und sie so zu heilen, nie aber mit andersartigen (allopathischen), welche nie heilen, sondern bloß den Kranken verderben.
- § 49. 50. Es giebt nur drei mögliche Arten von Anwendung der Arzneien gegen Krankheiten: 1) die allein hülfreiche, homöopathische,
- § 51. 2) die allopathische oder heteropathische,
- § 52. 3) die antipathische (enantiopathische), palliative.
- § 53. Auf welchem Cur-Wege gegen ein einzelnes Symptom der Krankheit eine Arznei von entgegengesetzter Wirkungs-Aeußerung (contraria contrariis) verordnet wird. Beispiele.
- § 54. Dieses antipathische Verfahren ist nicht bloß fehlerhaft, weil es nur gegen ein einzelnes Krankheits-Symptom gerichtet ist, sondern auch, weil in anhaltenden Beschwerden, nach kurzer Schein-Erleichterung, wahre Verschlimmerung erfolgt. Anm. Zeugnisse der Schriftsteller.
- § 55. Schädliche Erfolge einiger antipathischen Curen.
- § 56. Die gesteigerten Gaben bei Wiederholung eines Palliativs heilen auch nie chronische Uebel, richten aber desto größeres Unglück an,
- § 57. woraus die Aerzte auf die Hülfreichheit des gegenteiligen, allein guten Heilwegs hätten schließen sollen, nämlich des homöopathischen.
- § 58. Der Grund von der Schädlichkeit der palliativen und von der alleinigen Heilsamkeit der homöopathischen Arznei-Anwendung
- § 59. beruht auf dem Unterschiede der bei Einwirkung einer jeden Arznei statt findenden Erstwirkung und der hierauf vom lebenden Organism (der Lebenskraft) veranstalteten Gegenwirkung oder Nachwirkung.
- § 60. Erklärung der Erstwirkung und der Nachwirkung.
- § 61. Beispiele von beiden.
- § 62. Bloß bei den kleinsten homöopathischen Arzneigaben im Heilgeschäfte wird die Nachwirkung der Lebenskraft einzig durch die Herstellung des Gleichgewichts der Gesundheit kund.
- § 63. Aus diesen Wahrheiten geht die Heilsamkeit der homöopathischen, so wie die Verkehrtheit der antipathischen (palliativen) Verfahrungsart hervor. Anm. Fälle, in denen die antipathische Anwendung der Arzneimittel noch einzig brauchbar ist.
- § 64. Wie folgt aus diesen Wahrheiten die Heilsamkeit der homöpathischen Heilart?
- § 65. Wie folgt aus diesen Wahrheiten die Schädlichkeit des antipathischen Verfahrens? Anm. Entgegengesetzte Empfindungen neutralisiren sich im menschlichen Sensorium nicht, also nicht wie entgegengesetzte Substanzen in der Chemie
- § 66. Kurzer Inbegriff der homöopathischen Heilart.
- § 67. Die drei zum Heilen nöthigen Punkte: 1) die Erforschung der Krankheit, 2) die Erforschung der Wirkung der Arzneien, und 3) ihre zweckmäßige Anwendung.
- § 68. Allgemeine Uebersicht der Krankheiten – acute chronische.
- § 69. Acute Krankheiten Einzelner, sporadische, epidemische, acute Miasmen.
- § 70. Uneigentliche chronische Krankheiten.
- § 71. Eigentliche chronische Krankheiten; sie entstehen alle aus chronischen Miasmen.
- § 72. Syphilis und Sykosis.
- § 73. 74. Psora; sie ist die Mutter aller eigentlichen chronischen Krankheiten, die syphilitischen und sykosischen ausgenommen. Anm. Krankheitsnamen der gewöhnlichen Pathologie.
- § 75. Unter den für diese chronischen Miasmen, namentlich für die Psora, gefundenen, specifischeren Heilmitteln ist für jeden einzelnen Fall von chronischer Krankheit eine um so sorgfältigere Wahl zur Heilung zu treffen.
- § 76. Erfordernisse zur Auffassung des Krankheitsbildes.
- § 77–92. Vorschrift, wie der Arzt das Krankheitsbild zu erkundigen und aufzuzeichnen hat.
- § 93–95. Erforschung der epidemischen Krankheiten insbesondre.
- § 96. Auf gleiche Weise mußte die Grundursache der (unsyphilitischen) chronischen Krankheiten ausgemittelt und das große Gesammt-Bild der Psora aufgestellt werden.
- § 97. Nutzen des schriftlich aufgezeichneten Krankheitsbildes zum Heilen und beim Verfolg der Cur.
- § 98-107. Vorerinnerung zur Erforschung der reinen Arznei-Wirkungen an gesunden Menschen. Erstwirkung. Nachwirkung.
- § 108. Wechselwirkungen der Arzneien.
- § 109. 110. Idiosyncrasien.
- § 111. 112. Jede Arznei hat von der andern abweichende Wirkungen. Anm. Es kann keine Surrogate geben.
- § 113. Jede Arznei muß daher auf die Eigenheit ihrer besondern Wirkungen sorgfältig geprüft werden.
- § 114–134. Verfahren dabei, wenn man sie an andern Personen versuchen läßt.
- § 135. Die Versuche des gesunden Arztes mit Arzneien an sich selbst bleiben die vorzüglichsten.
- § 136. Die Erforschung der reinen Arzneiwirkungen in Krankheiten ist schwierig.
- § 137–139. Aus solcher Erforschung der reinen Wirkungen der Arzneien an Gesunden entsteht erst eine wahre materia medica.
- § 140. Die zweckmäßigste Anwendung der nach ihrer eigentümlichen Wirkung gekannten Arzneien zum Heilen.
- § 141. Die homöopathisch passendste Arznei ist die hülfreichste, ist das specifische Heilmittel.
- § 142. Andeutung, wie die homöopathische Heilung zugehen mag.
- § 143. Die homöopathische Heilung schnell entstandner Krankheit erfolgt schnell; die der chronischen Siechthume aber erfordert verhältnismäßig mehr Zeit.
- § 144. Geringe Unpäßlichkeiten.
- § 145. Die bedeutenden Krankheiten haben mehre Symptome.
- § 146. Für die mit mehren, auffallenden Symptomen läßt sich desto gewisser ein homöopathisches Heilmittel finden.
- § 147. Auf welche Art von Symptomen man hiebei vorzüglich zu achten habe?
- § 148. Ein möglichst homöopathisches Mittel heilt ohne bedeutende Beschwerde.
- § 149. Ursache der Beschwerdelosigkeit solcher Heilung.
- § 150. Ursache der kleinen Ausnahmen hievon.
- Kapitel 87
- § 155. In chronischen (psorischen) Krankheiten erfolgen die homöopathischen Verschlimmerungen von den (antipsorischen) homöopathischen Arzneien im Verlaufe mehrer Tage, von Zeit zu Zeit.
- § 156–168. Maßregeln bei der Heilung, wenn der Vorrath gekannter Arzneien zur Findung eines vollkommen homöopathischen Mittels zu klein ist.
- Kapitel 90
- § 182–200. Behandlung der Krankheiten mit Local-Symptomen; ihre äußere Behandlung ist stets verderblich.
- § 201. 202. Alle eigentliche (nicht bloß von übler Lebensart entstandene und unterhaltene) chronische Uebel und Siechthume müssen mit den, ihrem zum Grunde liegenden Miasm angemessenen, homöopathischen Arzneien bloß von innen geheilt werden.
- § 203. Vorgängige Erkundigung nach dem zum Grunde liegenden Miasm, dem einfachen oder dessen Complication mit einem zweiten (oder wohl auch dritten) Miasm.
- § 204. Erkundigung der vorher gebrauchten Curen.
- § 205. 206. Uebrige, nöthige, vorgängige Erkundigungen vor Auffassung des Krankheitsbildes des chronischen Uebels.
- § . 207–227. Behandlung der sogenannten Geistes- oder Gemüths-Krankheiten.
- § 228. 229. Die Wechselkrankheiten. Die alternirenden.
- § 230. 231. Die typischen Wechselkrankheiten.
- § 232–239. Die Wechselfieber.
- § 240–251. Gebrauchsart der Heilmittel.
- § 252–256. Zeichen der anfangenden Besserung.
- § 257. 258. Falsche Vorliebe für Lieblings-Mittel und ungerechter Hass gegen andre Arzneien.
- § 259–261. Lebensordnung in chronischen Krankheiten. Anm. Schädliche Dinge in der Lebensweise.
- § 262. 263. Diät in acuten Krankheiten.
- § 264–266. Wahl der vollkräftigsten, ächtesten Arzneien. Anm. Aenderung einiger Stoffe durch Zubereitung zu Nahrungsmitteln.
- § 267. Zubereitung der kräftigsten und haltbarsten Arzneiform aus frisch zu erlangenden Kräutern.
- § 268. Trockne Gewächssubstanzen. Anm. Pulver-Zubereitung zum Aufbewahren.
- § 269. Die beste Form der Arzneien zum Gebrauche bei Kranken ist die in Auflösung.
- Kapitel 109
- § 273–285. Gaben-Größe zu homöopathischem Behufe – wodurch sie verstärkt oder verkleinert werden. Ihre Potenzirung.
- § 286-290. Welche Theile des Körpers sind mehr oder minder empfänglich für die Einwirkung der Arzneien?
- § 291. 292. Thierischer Magnetismus (Mesmerismus). Die positive und die negative Anwendung desselben.
- Berichtigungen.
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§ 98-107. Vorerinnerung zur Erforschung der reinen Arznei-Wirkungen an gesunden Menschen. Erstwirkung. Nachwirkung.
§. 98.
Der zweite Punkt des Geschäftes eines ächten Heilkünstlers betrifft
die Erforschung der zur Heilung der natürlichen Krankheiten bestimmten Werkzeuge, die Erforschung der krankmachenden Kraft der Arzneien, um, wo zu heilen ist, eine von ihnen aussuchen zu können, aus deren Symptomenreihe eine künstliche Krankheit zusammengesetzt werden kann, der Haupt-Symptomen-Gesammtheit der natürlichen zu heilenden Krankheit möglichst ähnlich.
§. 99.
Die ganze, Krankheit erregende Wirksamkeit der einzelnen Arzneien muß bekannt seyn, das ist, möglichst alle die krankhaften Symptome und Befindens-Veränderungen, die jede derselben besonders zu erzeugen fähig ist, müssen erst beobachtet worden seyn, ehe man hoffen kann, für die meisten natürlichen
Krankheiten treffend homöopathische Heilmittel unter ihnen finden und auswählen zu können.
§. 100.
Giebt man, dieß zu erforschen, Arzneien nur den
kranken Personen ein, selbst wenn man sie nur einfach und einzeln verordnete, so sieht man von ihren reinen Wirkungen wenig oder nichts Bestimmtes, da die von den Arzneien zu erwartenden, besondern Befindens-Veränderungen mit den Symptomen der gegenwärtigen natürlichen Krankheit vermengt, nur selten deutlich wahrgenommen werden können.
§. 101.
Es ist also kein Weg weiter möglich, auf welchem man die eigenthümlichen Wirkungen der Arzneien auf das Befinden des Menschen untrüglich erfahren könnte; es giebt keine einzige sichere, keine natürlichere Veranstaltung zu dieser Absicht, als daß man die einzelnen Arzneien versuchsweise
gesunden Menschen in mäßiger Menge eingiebt, um am erfahren, welche Veränderungen, Symptome und Zeichen ihrer Einwirkung jede besonders im Befinden Leibes und der Seele hervorbringe, das ist, welche Krankheits-Elemente sie zu erregen fähig und geneigt sey
, da, wie (§ 19-22.) gezeigt
worden, alle Heilkraft der Arzneien einzig in dieser ihrer Menschenbefindens-Veränderungskraft liegt, und aus Beobachtung der letztern hervorleuchtet.
§. 102.
Diesen Weg schlug ich zuerst ein mit einer Beharrlichkeit, die nur durch eine vollkommne Ueberzeugung von der großen, Menschen beglückenden Wahrheit, daß bloß durch homöopathischen Gebrauch der Arzneien die einzig gewisse Heilung der Krankheiten der Menschen möglich sey, entstehen und aufrecht erhalten werden konnte.
§. 103.
Daneben sah ich, daß die krankhaften Schädlichkeiten, welche vorgängige Schriftsteller von arzneilichen Substanzen aufgezeichnet hatten, wenn sie in großer Menge aus Versehen, oder um sich oder Andre zu tödten, oder unter andern Umständen in den Magen gesunder Personen gerathen waren, mit meinen Beobachtungen beim Versuchen derselben Substanzen an mir und andern gesunden Personen viel übereinkamen. Sie erzählen diese Vorgänge als Vergiftungsgeschichten und als Beweise des Nachtheils dieser heftigen Dinge, meistens nur, um davor zu warnen, theils auch, um ihre Kunst zu rühmen, wenn bei ihren, gegen diese gefährlichen Zufälle gebrauchten Mitteln allmälig wieder Genesung eingetreten war, theils aber auch, wo diese so angegriffenen Personen in ihrer Cur starben, sich mit der Gefährlichkeit dieser Substanzen, die sie dann Gifte nannten, in entschuldigen. Keiner von diesen Beobachtern ahnete, daß diese von ihnen bloß als Beweise der Schädlichkeit und Giftigkeit dieser Substanzen erzählten Symptome sichere Hinweisung enthielten auf die Kraft dieser Droguen, ähnliche Beschwerden in natürlichen Krankheiten heilkräftig auslöschen zu können, daß diese ihre Krankheits-Erregungen reine Andeutungen ihrer homöopathischen
Heilwirkungen seyen, und daß bloß auf Beobachtung solcher Befindensveränderungen, die die Arzneien in gesunden Körpern hervorbringen, die einzig mögliche Erforschung ihrer Arzneikräfte beruhe, indem weder durch vernünftelnde Klügelei a priori, noch durch Geruch, Geschmack oder Ansehen der Arzneien, noch durch chemische Bearbeitung, noch auch durch Gebrauch mehrer derselben zugleich in einer Mischung (Recepte) bei Krankheiten die reinen, eigentümlichen Kräfte der Arzneien zum Heilbehufe zu erkennen sind; man ahnete nicht, daß diese Geschichten von Arzneikrankheiten dereinst die ersten Anfangsgründe der wahren, reinen Arzneistoff-Lehre abgeben würden, die vom Anbeginn bis hieher nur in falschen Vermuthungen und Erdichtungen bestand, das ist, noch gar nicht vorhanden war
.
§. 104.
Die Uebereinkunft meiner mit jenen ältern – obgleich unhinsichtlich auf Heilbehuf beschriebenen – Beobachtungen reiner Arzneiwirkungen und selbst die Uebereinstimmung dieser Nachrichten mit andern dieser Art von verschiednen Schriftstellern überzeugt uns leicht, daß die Arzneistoffe bei ihrer krankhaften Veränderung des gesunden menschlichen Körpers
nach bestimmten, ewigen Naturgesetzen
wirken, und, vermöge dieser,
gewisse, zuverlässige Krankheitssymptome zu erzeugen fähig sind,
jeder, nach seiner Eigentümlichkeit besondere.
§. 105.
In jenen ältern Beschreibungen der oft lebensgefährlichen Wirkungen in so übermäßigen Gaben verschluckter Arzneien nimmt man auch Zustände wahr, die nicht Anfangs, sondern beim Ausgange solcher traurigen Ereignisse sich zeigten und von einer den anfänglichen ganz entgegengesetzten Natur waren. Diese der
Erstwirkung (§. 59.) oder eigentlichen Einwirkung der Arzneien auf den Körper entgegenstehende Symptome sind die Gegenwirkung der Lebenskraft des Organisms, die
Nachwirkung (§. 58-63.), wovon jedoch bei mäßigen Gaben zum Versuche an gesunden Körpern selten oder fast nie das Mindeste zu spüren ist, bei kleinen Gaben aber gar nicht. Gegen diese macht der lebende Organism beim homöopathischen Heilgeschäfte nur so viel Gegenwirkung, als erforderlich ist, das Befinden wieder auf den natürlichen, gesunden Zustand zu erheben (§. 63.).
§. 106.
Bloß die narcotischen Arzneien machen hierin eine Ausnahme, da sie in der Erstwirkung theils die Empfindlichkeit und Empfindung, theils die Reizbarkeit hinwegnehmen, so pflegt bei ihnen öfterer, auch bei mäßigen Versuchsgaben, in gesunden Körpern
eine erhöhete Empfindlichkeit in der
Nachwirkung (und eine größere Reizbarkeit) merkbar zu werden.
§. 107.
Diese narcotischen Substanzen ausgenommen, werden bei Versuchen mit mäßigen Gaben Arznei in gesunden Körpern bloß die Erstwirkungen derselben, d. i. diejenigen Symptome wahrgenommen, womit die Arznei das Befinden des Menschen umstimmt und einen krankhaften Zustand auf längere oder kürzere Zeit in und an demselben hervorbringt.
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