Friedrich Hackländer
Ein Winter in Spanien
Friedrich Hackländer

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Eine neue Weise wurde nun angestimmt und ein Anderer sang ein Lied. Doch wurde das Concert nicht mehr lange fortgesetzt denn der Guitarrist, der ein anderes Gelüste zu haben schien, übergab sein Instrument dem Nebenmanne, sprang in die Höhe und fing an, unter lautem Gelächter und Beifallsrufen auf dem freien Platze vor dem Feuer zu tanzen. Er war ein hübschgewachsener Bursche von vielleicht fünfundzwanzig Jahren, in einer runden andalusischen Jacke, engen kurzen Hosen und Ledergamaschen; er setzte die Füße auf eine zierliche Art, schlug bald in die Hände, bald auf seine Kniee, und so oft er sich dem Innern des Hauses zuwandte, rief er ein lautes Hoje hinüber.

Nicht lange blieb diese Aufforderung zum Tanze unbeantwortet; zuerst hörte man in der Entfernung Klappern von Castagnetten, die in den Takt des Tanzes einfielen, und dann erschienen sämmtliche drei Töchter des Wirthes, die sich bei uns am Feuer niederließen und mit ihren Castagnetten schlugen. Ihnen folgte die Wirthin, dann die Küchenmagd mit der Dame vom Stall, welch beide letztere eine Zeitlang dem Tanze zuschauten, dann aber geschwind in ihre Taschen fuhren und ihre Castagnetten ebenfalls herausholten. Und nun begann ein so unerhörtes Geklapper und Geknacke, daß man kaum noch die Guitarrenklänge und sein eigenes Wort vernehmen konnte. – »Bolero! Bolero!« riefen ein paar Stimmen, die beiden Mägde traten einige Schritte zurück, die Wirthin nickte auf einen fragenden Blick ihrer Töchter mit dem Kopfe, dann sprangen auch diese in die Höhe, stellten sich gegenüber auf, drei junge Burschen folgten ihnen, und nun begann ein Ballet so originell, so amüsant, daß wir unter lautem Gelächter und mit dem größten Vergnügen zuschauten.

Ich weiß den Namen des Bolero nicht mehr, den sie tanzten, doch bestand er aus einer Menge verwickelter Figuren, wozu Tänzer und Tänzerinnen und ich muß gestehen, vor Allen die blonde Viehmagd, ihre Füße so kunstgerecht setzten, als hätten sie es von einem tüchtigen Balletmeister erlernt. Die Musik ging übrigens immer geschwinder, begleitet von dem wirbelnden Knacken der Castagnetten; die Tanzenden erhitzten sich offenbar und wanden sich schlangenartig hin und her, bald den Kopf bittend gesenkt, bald ihn drohend in die Höhe geworfen. Dabei gingen die Hände vor und zurück, meistens in taktmäßiger Bewegung. Ich kann nicht läugnen, daß eine Spur vom französischen Cancan darin zu finden war. Der Spektakel wurde noch vergrößert durch das Händeklatschen der am Feuer Sitzenden, durch Zungenschnalzen und durch aufmunterndes, sowie Beifalls-Geschrei. »Ole! Ole! Salero!« rief bald Der, bald Jener, und so wurden Tänzer und Tänzerinnen so lange gesteigert, bis sie am Ende nicht mehr konnten und tief athmend, aber lachend auf ihre Plätze zurückfielen. Für uns war die ganze Scene neu und höchst interessant; es war nichts Gemachtes oder Vorbereitetes, Alles improvisirt, so recht aus dem Volksleben, voll natürlicher Wildheit und dabei doch nicht ohne Grazie.

Nach kurzem Ausruhen fingen übrigens Guitarre und Castagnetten wieder an und laut und stürmisch wurde Preciosa um den Fandango gebeten. Anfänglich achtete sie gar nicht darauf; ja, sie zuckte mißmuthig die Achseln und warf den schönen Kopf trotzig in die Höhe, worauf der junge Bursche, der vorhin angefangen, lachend vor sie hinsprang und den genannten Tanz, ihn gewissermaßen carrikirend, auf eine so komische Art begann, daß Alles laut hinauslachte, das Mädchen ebenfalls; dann sprang sie plötzlich in die Höhe, zog ihre Castagnetten fester an, drückte das Mieder in die schlanke Taille hinab, hob sich aus den Hüften heraus, bog sich rechts und links durch und stand nun mit einem Mal fest, den Kopf trotzig erhoben, mit einem Zuge von Verachtung auf den Lippen, die Brust vorgedrückt, den rechten Arm in die Seite gestemmt, den rechten Fuß fest vorgesetzt. – »Ole! Ole!« rief der ganze Kreis, wir ebenfalls mit und klatschten dabei eifrig in die Hände, denn die Haltung des schönen Mädchens hatte etwas unaussprechlich Reizendes und Herausforderndes.

Jetzt begann der Tanz zwischen den Beiden, er umkreiste sie flüchtig, bittend, wobei er suchte, sich ihr auf alle Weise zu nähern. Sie drehte sich kalt und stolz im Kreise, wobei sie ihre Zähne fast mehr sehen ließ, als ihre Augen. Sie ließ ihn oft sich ziemlich nahe kommen, um ihn dann mit dem Blitz ihres hellen Auges zurück zu schrecken; nach und nach aber wurde sie erwärmt, weicher, nachgiebiger; sie blickte ihn zuweilen ohne Strenge von der Seite an, um ihren Mund spielte dann und wann ein leichtes Lächeln; ja, er durfte schon ihre Fingerspitzen berühren und den schüchternen Versuch machen, seine Hand um ihre schlanke Taille zu legen. Zuerst war das nur ein Versuch, den sie durch einen strengen Blick vereitelte. Dann aber duldete sie seine Umschlingung vielleicht eine Secunde lang, nun länger, bis sie endlich fest in seinen Armen lag und ihn nur auf Augenblicke verließ, um mit neuer Gluth an seine Brust zu fliegen. So steigerte sich der Fandango von Takt zu Takt; die Zuschauer sahen mit gespannter Aufmerksamkeit hin, die Castagnetten schlugen bald leise wie zitternd an, dann wieder mit ein paar vollen, kräftigen Schlägen; um den Mund des jungen Tänzers spielte ein vergnügliches Lächeln, wenn das Mädchen sich ihm auf Augenblicke entwand und offenbar in der Absicht floh, sich gleich wieder von ihm fangen zu lassen; ihre Wangen glühten, ihr feuchtes Auge blitzte, sie war ihm zum letzten Male entflohen, er hielt sie wieder fest in seinen Armen, es folgte eine ziemlich lange und innige Umschlingung. – »Ole! Ole! Salero!« schrien entzückt die Zuschauer, dann war der Fandango zu Ende und Tänzer und Tänzerin kehrten laut lachend, als habe sie die Sache durchaus weiter nicht berührt, an ihre Plätze zurück.

Und so ist es auch in der That bei diesen spanischen Tänzen; man führt im Allgemeinen die Figur und Bewegung, welche der Tanz vorschreibt, ohne Prüderie, ohne Ziererei aus, und vor allen Dingen, ohne etwas Schlimmes dabei zu denken. Ich habe später Fandango und Madrilena von jungen, gewiß ganz unschuldigen Mädchen tanzen sehen, die es durchaus nicht vergaßen, die Biene von ihrem Röckchen abzuschütteln, und dabei ihre kleinen zierlichen Waden bis zur Hälfte zeigten – eine Sache, die ihrer Unschuld und ihrem Anstande gewiß keinen Eintrag that; denn als der Tanz beendigt war, ließen sie sich bescheiden an ihren Platz zurückführen und saßen da mit niedergeschlagenen Augen, lieb und unschuldig wie früher.

Obgleich der Ball noch nicht zu Ende zu sein schien, so dachten wir doch an morgen und zogen uns langsam aus dem Kreise zurück nach unserem Zimmer, wo mittlerweile noch ein zweites Bett für meinen großen Maler hergerichtet worden war. Vor Allem nahmen wir jetzt mit dem Wirthe wegen unseres morgenden Fortkommens Rücksprache. Der Karren hatte gänzlich unsere Gunst verloren und da es auch nie in unserer Absicht gelegen, auf so höchst prosaische Art durch Spanien zu ziehen, so nahmen wir mit großer Bereitwilligkeit das Anerbieten des Wirthes an, uns zwei tüchtige Maulthiere zu geben, sowie einen Knecht, der uns beide Tagereisen bis nach Tembleque begleiten sollte. Der Preis, den er verlangte, war nicht hoch; so wurden wir bald einig, legten uns zu Bett und entschliefen in kurzer Zeit unter den noch immer von Weitem herübertönenden Klängen der Guitarre und der Castanuelos.

Um Sechs waren wir bereits munter, warfen uns in die Kleider und gingen, eine Chocolade an dem Herd einzunehmen. Doch sah es hier ganz anders aus als gestern Abends. Das gemüthliche Feuer mit seiner blendenden Helle fehlte, nur einige Kohlen brannten auf dem Steine, und da das Tageslicht durch den Thorweg nur schwach hereindrang, so herrschte hier ein melancholisches Düster. – Was man bei allen Reitpartieen in fremden Landen nie versäumen sollte, Thiere und Reitzeug zu betrachten, thaten wir auch hier. Die Maulthiere waren kräftig und gut genährt, die Sättel aber etwas breit und plump; der eine hatte sogar keine Steigbügel, und unser Wirth mußte im ganzen Flecken umherlaufen, um ein zweites Paar aufzutreiben, was unsere Abreise um eine halbe Stunde verzögerte.

Endlich war Alles bereit, unsere Nachtsäcke aufgepackt, als der Wirth mit einer ziemlich großen Flasche, so wie mit zwei Gewehren und Hüten in den Stall trat. In der Flasche war Branntwein, von dem er wegen der kalten Morgenluft Jedem ein Glas aufnöthigte; die Hüte und Gewehre aber überredete er uns, leihweise bis nach Tembleque mitzunehmen, wobei er uns versicherte, Räuber (Ladrones) gäbe es eigentlich nicht mehr in Spanien, wohl aber könne man hier und da Rateros begegnen – Dilettanten, welche sich kein Gewissen daraus machen, Reisenden, denen sie schon von Weitem die Fremden ansehen, in den Weg zu treten und sie auszurauben, wogegen wir mit dem Gewehr am Sattel, den castilianischen Hut auf dem Kopfe und in unsere Manta gewickelt wohl für Eingeborne gelten und unangefochten bleiben würden. Unser Wirth war überhaupt ein sehr braver Mann; denn einen Zwerchsack, der auf meinem Pferde hing, hatte er mit Zwiebeln, Brod und einem Weinschlauche versehen. Gott möge es ihm diesseits und jenseits lohnen!

Ehe wir aufstiegen, verabschiedeten wir uns höflicherweise noch bei der Wirthin und ihren Töchtern; Preciosa wünschte uns eine recht glückliche Reise, reichte uns auch ohne Ziererei ihre kleine Hand und sagte den Maulthieren ein paar freundliche Worte, sie möchten sich unterwegs gut aufführen und dem Hause keine Schande machen. Auch die Tänzer und Zuschauer von gestern Abends waren nach und nach erschienen, hatten ihre Karren eingespannt, ihre Thiere bepackt, und der größte Theil ritt vor uns zum Hause hinaus. Der Fandangotänzer war auch bei Tage ein netter, gemüthlicher Bursche; er war der Befehlshaber einer Schaar mit Säcken beladener Esel, deren letzter ihn noch obendrein zu tragen die Ehre hatte. Er voltigirte leicht hinauf, setzte sich quer auf den Rücken des Thieres, und als er bei uns vorbei kam, machte er mit Händen und Füßen pantomimisch noch einige Pas des Fandango und sang die Strophe eines dazu gehörigen Liedes laut gegen das Stallrevier hinüber. Ein leichtes Castagnettengeklapper erschallte von dorther, wie es schien, zur Antwort, worauf er lachend zum Hofe hinaustrabte.

Der Himmel war klar, die Sonne schien hell, und Villarrobledo zeigte in deren Alles verschönerndem Strahle ein ungleich freundlicheres Gesicht als gestern Abends. Bei den Windmühlen, die wir gestern bei der Dämmerung aus dem Gesichte verloren, kamen wir vorbei; es waren alte, gebrechliche Wesen mit vier Flügeln, wie die holländischen, auf dunklen Balkengerüsten ruhend, und ihre langen Windmühlenarme drehten sich, von einem leichten Morgenwinde getrieben, langsam und langweilig herum. – Die öde Mancha, Windmühlen – und Don Quixote; das Bild des irrenden Ritters taucht unwillkürlich vor einem auf. Obgleich Cervantes in seiner Weisheit den Geburtsort des Helden nicht nennt, vielmehr Eingangs jener berühmten Geschichte sagt: »In einem Dorfe von La Mancha, dessen Namens ich mich nicht entsinnen mag, lebte unlängst ein Edler &c.«, so haben doch verschiedene Ortschaften hier aus der Lage ihres Dorfes und aus anderen unbedeutenden Thatsachen den Schluß ziehen wollen, der sehr sinnreiche Edle sei ihrem Dorfe entsprossen; ja mehr als sieben Flecken und Städte, kann man sagen, streiten sich gleich den griechischen, welche auch um Homer's Wiege zankten, um die Ehre, der Geburtsort Don Quixote's zu sein. Auch Villarrobledo ist darunter und unser Wirth wollte ganz genau wissen, sein Dorf sei es sicher, dessen Namens sich Cervantes nicht habe erinnern mögen. Seien ja auch die Windmühlen in der Nähe, mit denen der Ritter gefochten. Die Windmühlen waren allerdings da, schienen aber gegen die Behauptung des Wirthes zu sprechen, denn Don Quixote ritt zwei Tage, ehe er das Abenteuer mit denselben bestand. Mir wären sie ebenfalls fast verderblich geworden; denn als wir ziemlich nahe an einer derselben vorbei ritten, wurde mein Maulthier, wahrscheinlich durch das Sausen des Flügels, erschreckt und machte einen Seitensprung, der mich um ein Haar vollständig aus meinem Sitz gebracht hätte.

So zogen wir denn abermals allein durch die Mancha, heute wenigstens hoch zu Maulthier, uns ganz anders fühlend als gestern in dem armseligen Karren. Unser Führer war ein Zigeuner, ein junger, kräftiger Kerl, mit einem verwegenen, aber gutmüthigen Gesichte. Sein Anzug war originell und nicht uninteressant; an den Füßen hatte er Binsensandalen, deren kreuzweise gebundene Schnüre bis unter die Kniee reichten; kurze und enge blaue Hosen schloßen sich daran und wurden oben von einem vielfarbigen Gürtel zusammengehalten. Eine kurze, einst verschnürt gewesene Jacke – man sah an den dunkleren Stellen, wo diese Ornamente gesessen – bedeckte den Oberkörper. Um den Kopf hatte er ein gelbes Tuch, und seine blau und weiß gestreifte Manta ließ er bald von der rechten Schulter lang herabhängen, bald hatte er sie um den Hals und die Brust gewickelt, zuweilen auch schnürte er sie zusammengerollt mit einem Strick auf dem Rücken fest.

Beim besten Willen ist von der Gegend, durch welche wir zogen, nichts zu sagen; es war dieselbe unendlich öde, röthlich gefärbte Fläche, wie wir sie gestern durchschritten hatten, nur zuweilen unterbrochen von einer Gruppe niederer Bäume oder von einem Streifen Buxbaumsträucher, welche sich durch eine wasserreichere Vertiefung hinzogen. Die einzige, für Spanien große Merkwürdigkeit, auf welche wir stießen, nachdem wir kurze Zeit Villarrobledo verlassen, war die Eisenbahnlinie, deren Anblick uns hier in dieser Öde einen lauten Ausruf der Verwunderung entlockte. Ja, es war dieselbe lange, lange Linie, dieselbe Tracirung, wie auch bei uns. Ihr Anblick erinnerte uns so recht an die Heimath. – »Ferro Carril!« rief bedeutsam unser Führer und machte uns begreiflich, auf ihrem Damme sei der geradeste und angenehmste Weg. Und der deutsche Leser wird schaudern, wenn er erfährt, daß wir dieß wirklich wagten, daß wir den geheiligten Boden einer Eisenbahnlinie von den profanen Huftritten unserer Maulthiere zertreten ließen, daß wir durch zahlreiche Arbeiter durchritten, an Eisenbahnbeamten vorbei, daß wir nicht mit heftigen Worten angehalten und zurückgewiesen wurden, sondern daß man uns noch freundlich eine glückliche Reise wünschte. Ja, Spanien ist in der Cultur noch sehr zurück! Wir lasen nirgendwo Plakate, daß das allzu genaue Betrachten der Bahn verboten sei und daß man sich enthalten möge, in der Nähe des Bahnkörpers auszuspucken, um den Damm nicht zu erweichen.

Um einem längst empfundenen, tief gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen, wurde schon vor langer, langer Zeit die Eisenbahn von Valencia nach Madrid projektirt; man baute auch von beiden Endpunkten, zuerst von der Hauptstadt gegen Aranjuez, eine Strecke von vielleicht fünf deutschen Meilen, die schon vor zehn Jahren beendigt, aber nicht befahren wurde, weil einige Brücken und das Betriebsmaterial noch nicht recht in Ordnung waren. Als dieß nun endlich hergestellt war und es an einem schönen Tage hätte losgehen sollen, fand sich, daß während dieser Zeit ein Theil der Schwellen bedeutend gelitten hatte und neu gelegt werden mußte. Endlich aber fuhr man doch von Madrid nach Aranjuez, und im Laufe des vergangenen Jahres wurde eine weitere Strecke nach Tembleque eröffnet. Von Valencia nach Alcira ist nun die Bahn im vergangenen Jahre ebenfalls eröffnet worden, doch sind es im Verhältnisse zum Ganzen nur zwei unbedeutende Strecken. Tracirt ist übrigens die ganze Bahn von Alcira nach Albacete – ein hügeliger, durchschnittener Theil, der am meisten Schwierigkeiten macht –, von da über La Roda nach Villarrobledo, Campo Criptana, Villa Cannas und einzelne Strecken, zum Beispiel von Albacete nach La Roda, sollen in nächster Zeit eröffnet werden. In zwei Jahren hofft man das Ganze zu beendigen, wodurch alsdann das Reisen in Spanien sehr erleichtert wird. An die schönsten Punkte der Küste fahren Dampfboote, und wer Madrid sehen will, wird gern von Valencia dorthin gehen und nach Valencia zurückkehren. Die andere projektirte Hauptlinie ist von Madrid nach Bayonne, um alsdann Bordeaux und Paris auf dem kürzesten Wege zu erreichen. Doch ist da noch nicht viel geschehen und kein Ende abzusehen.

Der Bahnkörper, auf dem wir ritten, hatte nicht viel Schwierigkeiten gemacht; bei dem sanft hügeligen Terrain bestand er abwechselnd aus niedrigen Dämmen und nicht sehr tiefen Einschnitten. So viel wir bei oberflächlichem Beschauen sahen, war er ziemlich solide gebaut; wir begriffen aber ganz wohl, weßhalb die Sache so außerordentlich langsam vor sich geht. Diese spanischen Arbeiter betreiben ihr Geschäft in der That mit einer komischen Faulheit und sind dabei unpraktisch wie die Kinder; ihre Arbeitsgeräthe befinden sich in dem rohesten Zustande. Um zum Beispiel Erde fortzuschaffen, einen Damm aufzuschütten, benutzen sie weder Schubkarren noch Tragbütten, sondern der Mann hat ein Körbchen, das kaum vier starke Schaufeln Erde hält, mit welchem er, wie zum Zeitvertreibe hin und her schlendert. Er füllt es mit großer Umständlichkeit, nimmt es auf den Kopf oder auf die Schulter und leert es an einem bezeichneten Platze wieder aus; wo die Sache aufs alleremsigste betrieben wurde, da hatten sie eine Heerde Esel, welche flache Körbe trugen. Welche Zeit das Auf- und Abladen in Anspruch nimmt, kann man sich leicht denken, und das geduldige Lastthier, welches noch so langsam dahin schleicht, wird nie von dem Arbeiter und Treiber überholt. Mit großem Bedacht wird der Spaten eingesteckt, der Esel beladen; ehe er aber in Gang kommt, schaut der Arbeiter an den Himmel, spricht mit seinem Nebenmanne, spuckt gelegentlich aus, zieht seine Hosen in die Höhe und greift alsdann in die Tasche, um Papier und Tabak zu einer Cigarre hervorzuholen. Diese wird mit großer Genauigkeit gemacht, das Feuer bedächtig aus dem Steine geschlagen, der Zunder muß vollständig glühen, ehe die Cigarre in Brand gebracht wird, und erst nachdem die ersten und besten Züge hinunter geschluckt sind, wird der Esel in Gang gesetzt.

Von Schwellen oder Schienen war übrigens hier noch keine Spur zu sehen; auch mußte an manchen Stellen der Damm schon längere Zeit fertig sein, denn er war streckenweise mit Gräsern und Kräutern bewachsen. Wir hatten sieben starke Leguas zu machen, und unser Zigeuner, obgleich zu Fuß, trieb immerfort zur Eile. Unsere Maulthiere gingen einen ordentlichen Paß, doch mochten wir aus Rücksicht auf unseren zu Fuß gehenden Begleiter anfänglich nicht traben. Da er aber sein Hadje! Anda! immer häufiger ertönen ließ, auch zuweilen auf die Thiere mit dem Zipfel seiner Manta losschlug, so ließ ich mir einen tüchtigen Stock schneiden, versuchte ihn an meinem dicken, etwas sehr faulen Maulthiere, worauf es augenblicklich zu einem tüchtigen Trabe ansetzte. Horschelt blieb nicht zurück, und so ritten wir eine halbe Stunde ziemlich scharf dahin, wobei wir uns des Öfteren nach unserem Führer umschauten, der nicht sehr weit zurückblieb und uns winkte, wir sollten nur vorwärts reiten. Der Zigeuner lief einen kleinen Hundetrab nach Art der Schnellläufer, die man bei uns sieht; die Hände bewegte er heftig vor- und rückwärts und hatte, wie er uns später zeigte, in jeder geballten Faust einen kleinen Kiesel, welchen er beständig herumdrehte. Das machten sie immer so, sagte er, weßhalb, wisse er eigentlich nicht, aber es sei sehr angenehm; und ich glaube wohl, daß es gut sein mag, denn es befördert die Circulation des Blutes in den herabhängenden Händen.

Auf einer Eisenbahn fahren kann sehr kurzweilig sein, aber über einen Bahndamm durch die Mancha zu reiten, gehört mit zu dem Langweiligsten, was der Mensch unternehmen kann. Stundenlang lief sie vor uns her, schnurgerade, ohne weitere Abwechslung, als daß wir jetzt auf einem Damme ritten und in die langweilige Gegend schauen konnten, und daß wir gleich darauf zwischen die hohen Wände eines Einschnitts trabten. Einen Baum oder auch nur einen Strauch hatten wir lange nicht mehr gesehen, eine menschliche Wohnung war für uns zur Fabel geworden, und eine kleine Brücke, ein Wasserdurchlaß oder eine Biegung des Bahndammes war eine Erscheinung, die wir freudig begrüßten.

Der Gitano hatte uns für die Hälfte des Weges eine Rast versprochen; dort sei eine Venta, wo wir vielleicht ein gutes Feuer finden würden. Und wir schmachteten nach einem guten Feuer. Der heftige Wind, unser Begleiter seit Valencia, den wir im Wagen und gestern zu Fuß schon stark gespürt hatten, war heute, da wir so ruhig in dem Sattel saßen, wahrhaft unausstehlich. So zogen wir, auf die Venta hoffend, dahin, die Maulthiere gingen in einem guten Trabe, unser Humor war gerade nicht schlecht – hatten wir doch endlich die Reitpartie errungen, waren in Spanien und ritten gegen Madrid, gesund und wohl, voll Appetit. Trotz Kälte und Wind beneideten wir unseren Baumeister nicht mehr um seinen Platz im Eilwagen; sich so im Sattel zu wissen, wenn auch nur auf einem Maulthiere, war doch ein ganz anderes Gefühl. Und dazu noch unsere eigenthümliche Tracht: die Manta malerisch umgeschlungen, den castilianischen Hut keck auf den Kopf gestülpt, im Gürtel das Messer, das bei jedem Schritte klirrende Gewehr am Sattel – wir hielten uns wahrhaftig schon für ganz andere Menschen, als die, welche noch vor ein paar Tagen mit Reisemütze und Pelzstiefeln im Eilwagen gesessen; wir schrieen zuweilen aus voller Brust ein lautes Hurrah und wünschten in unserem Übermuthe irgend ein kleines Abenteuer à la Don Quixote.

Endlich wurde auch die Venta fern am Horizonte sichtbar, aber wir kannten schon genugsam die täuschenden Entfernungen dieser Ebene, um zu wissen, daß dorthin noch sehr weit sei. Das Haus erschien als kleiner grauer Punkt in trostloser Einsamkeit auf der unendlichen Fläche – Muth gefaßt! zuletzt werden wir doch noch hin kommen. Wir ritten und ritten eine Stunde um die andere und kamen kaum merklich näher; es ging uns wie gestern auf dem Wege nach Villarrobledo, und als wir die Venta schon fast dicht vor uns sahen und vier trostlose Pappeln unterscheiden konnten, welche sie umstanden, da brauchte es doch noch eine halbe Stunde scharfen Trabens, ja, eines verzweifelten Galopps, um endlich vor die Thür der Schenke zu gelangen.

Hier aber war Alles öde und leer. Wir stiegen ab, pochten heftig an die Thüre, ohne daß man uns öffnete; bald kam auch der Zigeuner hinter uns drein gelaufen, und da er die Örtlichkeiten dieses Gebäudes zu kennen schien, so ging er an die hintere Seite, kletterte durch ein Fenster in das alte, baufällige Haus, kam aber bald mit der Nachricht zurück, die Venta sei gänzlich verlassen. Da war nichts zu machen; außer dem Feuer, auf welches wir gehofft, suchten wir übrigens nichts in der Schenke, weßhalb wir auch leicht getröstet waren, uns vor demselben einen Platz wählten, wo wir vor dem Winde geschützt waren, und den Zwerchsack unseres guten Wirthes vom Maulthiere herabnahmen. Wir hatten lange kein so herrliches Frühstück mehr gehabt. Ein hartes Brod, eine saftige Zwiebel, dazu dicker, rother Wein, der stark nach dem Schlauche schmeckte, und als Gewürz zu allem dem ein sechsstündiger Ritt in den Gliedern – es schmeckte uns wunderbar, und wir verzehrten unseren Proviant bis auf die letzte Brodkrume. Ermüdet war ich übrigens auch ein wenig, und um die steif gewordenen Glieder etwas gelenkig zu machen, streckte ich mich am Boden aus, wälzte mich hin und her, was ich auch Horschelt und dem Zigeuner anrieth. Ich hatte das früher in Syrien öfters nach langen Ritten von den Arabern gesehen, die sich dann zuletzt von zwei Kameraden an den Schultern und Füßen packen und ziehen und dehnen lassen, so lange wie möglich. Dasselbe versuchten wir auch hier gegenseitig vor der Venta und fanden es von vortrefflicher Wirkung.

Nach einer halbstündigen Rast kletterten wir auf unsere Maulthiere und ritten abermals die Eisenbahn entlang. Glücklicher Weise hatten wir eine Stunde später in unserem einförmigen Wege eine Abwechslung dadurch, daß wir auf einmal durch ein ansehnliches Flüßchen aufgehalten wurden. Es durchschnitt rechtwinkelig die Eisenbahn-Linie, und von der Überbrückung an diesem Punkte standen erst einige Pfeiler, über welche ein paar Balken zur nothdürftigen Communication für die Arbeiter gelegt waren. Da hielten wir und rathschlagten, was zu thun sei; unser Zigeuner kannte diese Gegend nicht genugsam, um eine Fährte durch das Wasser zu wissen. Wir mußten also auf gut Glück eine suchen. Das Flußbett war ziemlich tief, das Ufer mit Gesträuch sowie hohem und dichtem Sumpfgrase bewachsen, welches rechts und links eine breite Strecke ausfüllte. Der Boden war schlammig, und es schien nicht rathsam, sich in den Fluß zu wagen. Wir ritten eine Viertelstunde aufwärts einem kleinen Hügel zu, hinter welchem eine unscheinbare Hütte zum Vorschein kam; sie lag zwischen dem Gebüsche fast versteckt, doch sahen wir, daß sie bewohnt war, denn aus einem Loche im Dach stieg ein leichter Rauch kräuselnd in die Höhe. Der Zigeuner, der uns immer voraus durch das Gebüsch stöberte, rief uns, zu ihm zu kommen, hier sei ein Übergang möglich. Wir bemerkten auch bald mehrere kleine Fußpfade, die von der Ebene herkamen und sich drunten am Wasser vereinigten.

Da mein Maulthier das stärkste war, so sprang unser Führer hinter mich auf die Kruppe, und nun trieb ich das Thier dem Ufer zu. Bis in den Fluß selbst zu kommen, war die schwierigste Arbeit, denn es sank fast bis an die Kniee in den Schlamm; endlich aber ging es tiefer hinunter, wir mußten unsere Füße in die Höhe ziehen, denn die ziemlich reißende Flut spülte unter dem Leibe meines Thieres. Horschelt folgte dicht hinter mir. Die Fährte war sicher, und der Fluß hätte uns nicht gehindert, ohne Beschwerden das andere Ufer zu erreichen. Doch hatten wir uns kaum dem letzteren genähert, als ein paar sehr große und starke Hunde aus dem Gebüsche aufsprangen und zähnefletschend mit lautem Gebell gegen uns anstürzten. Mein Maulthier stutzte einen Augenblick, doch trieb ich es den Abhang hinauf, und der Zigeuner, der von der Kruppe herabglitt, traf mit dem Kiesel, den er in der Hand trug, den einen der Hunde so nachdrücklich in die Rippen, daß er mit lautem Geheul davon sprang; der andere zog sich ebenfalls aus der Angriffs-Linie zurück, und wir ritten lachend durch das dichte Gestrüpp das Ufer hinan, bei der oben erwähnten Hütte vorbei, als dort auf einmal zwei Kerle erschienen, die uns einige Schimpfworte entgegen riefen und dabei auf den Hund deuteten, der den Fuß etwas in die Höhe zog.

Der Zigeuner faßte meinen Steigbügel, legte einen Finger auf den Mund, womit er andeuten wollte, wir sollten nichts erwidern – aber unser Gewehr herauf nehmen, sagte er mit leiser Stimme. Er gab auch dem Maler einen Wink, und wie auf Commando langten wir an der Seite hinunter, hoben die Flinte aus den Haken und legten sie quer vor uns auf den Sattel. Der eine der beiden Kerle war ebenfalls im Besitz eines rostigen Schießprügels, den er langsam in die Höhe hob. Doch blieb es bei dieser Demonstration und fortgesetztem Schimpfen, worauf wir wieder ungehindert unseren Weg fortsetzten, das Flußbett mit seinem Gestrüpp und Sumpfgrase bald im Rücken hatten und in Kurzem wieder auf der Eisenbahn-Linie dahin trabten. Unser Gitano trieb immer vorwärts, und da er von dem beständigen Laufen endlich doch anfing müde zu werden, so hängte er sich zuweilen an einen Riemen meines Maulthiers und ließ sich mit fortziehen.

Ungefähr eine Stunde nach unserem Flußübergang tauchte am fernsten Horizont eine Hügelkette auf, auf der man einige Gebäude unterscheiden konnte, Campo Critana, unser Nachtquartier. Doch war unsere Freude über diesen Anblick nicht übermäßig; wir hatten gestern und heute die Entfernungen schätzen gelernt und wußten, daß wir vor Nacht – es schien in einer Stunde erreichbar zu sein – wenigstens noch vier Stunden reiten mußten. Und so war es auch. Bis zur Verzweiflung dehnte sich der Weg; ich war etwas ermüdet – unausstehlich wie Horschelt sagte, und fing zum Ergötzen des langen Malers mit unserem Zigeuner bei einbrechender Nacht einen kleinen Wortwechsel an. Dieser hatte mir nämlich vor einer Stunde gesagt, nach Ablauf derselben würden wir Campo Critana erreicht haben, und wir waren zu dem angegebenen Zeitpunkte scheinbar noch eben so weit entfernt wie vor demselben.

Glücklicher Weise wurde die Gegend etwas belebter und interessanter. Statt des dürren, gelblichen Bodens ritten wir auf einem Wiesenpfade, hatten auch die Eisenbahnlinie endlich verlassen, kleine Hügel boten einige Abwechslung, und wir sahen wieder einmal Baumgruppen, freilich nur schwächliche Oliven, aber es war doch etwas Neues. Auch Menschen zogen mit uns, zahlreiche Arbeiter der Eisenbahn, die ihr Tagewerk vollendet hatten und nach Hause zurückkehrten. Bald vernahmen wir auch den Klang einer Glocke; wir verließen die Feldwege und gelangten auf die Fahrstraße, welche nach Campo Critana führte. Da nun hier unsere Maulthiere augenblicklich in die mit Schlamm angefüllten Löcher der Straße versanken, so waren wir sicher, in der nächsten Nähe des Ortes zu sein.

Dieser war nun eben so ärmlich und miserabel wie Villarrobledo. Trotzdem es ein kleines Nest schien, mußten wir doch eine lange Zeit durch die Straßen ziehen, ehe wir an das Privathaus kamen, das uns der Ingenieur empfohlen. An unseren gestrigen Ball denkend, wären wir gerade nicht betrübt gewesen, wenn man uns wieder in eine Posada gewiesen hätte. Doch empfing unser heutiger Wirth Don Manuel uns mit dem Anstand eines echten Hidalgo, freundlich, herablassend, aber gemessen, am Thore seines Hofraumes. So lange wir im Sattel saßen hatten wir weniger vom langen, scharfen Ritt und von der Müdigkeit gespürt; als ich aber abstieg, fühlte ich wohl, daß ich des Reitens, namentlich auf schlechten Thieren und Sätteln, nicht mehr gewöhnt sei; denn ich war so steif geworden, daß es mir Mühe machte, die drei, vier Stufen zum Hause hinauf zu steigen. Glücklicherweise fanden wir hier ein wenn einfaches, doch behagliches Zimmer, einen mächtigen Brassero, ja, sogar die Idee eines Sophas und eine freundliche Wirthin, die sogleich für unser Nachtessen Sorge trug.

Das Haus Don Manuel's war, was der Spanier eine Casa de Huespedes nennt, und wurde hauptsächlich von Eisenbahn-Ingenieuren besucht. Ein paar, die auf der hiesigen Station beschäftigt waren, wohnten mit ihren Frauen dort. Alle waren hübsche, umgängliche Leute, und wir plauderten zusammen so gut wie möglich, boten einander Cigarren an und folgten später ihrer Einladung nach dem Vorplatz oder der Küche des Hauses, wo ein großes Herdfeuer brannte, um welches wir uns im Kreise herum setzten. Don Manuel gab mir mit vieler Gravität seinen, den Ehrenplatz in der Ecke und mein Weigern half nichts, ich mußte ihn annehmen. Er schien wohlhabend zu sein, wenigstens wies das ganze Hauswesen darauf hin; unsere Wirthin, Donna Ines, war fast städtisch gekleidet, ebenso die Frauen der Eisenbahnbeamten. Dabei hatten alle drei hohe, stattliche Figuren mit ausdrucksvollen Köpfen, aus denen Augen und Zähne prächtig hervorglänzten.

Im Laufe des Abends kamen noch einige Ingenieure von einem Ritt über Feld zurück, mit hohen Reitstiefeln, den Gürtel um den Leib, in welchem Messer und Pistolen staken. Es kann hier nicht schaden, meinte Einer, daß man zeigt, wie man für alle Fälle gerüstet ist.

So saßen wir um den Herd bei einander, die Beleuchtung kam von dem hoch aufprasselnden Feuer her; an der Decke hingen Schinken und Würste, was namentlich mit dem Anzug der hübschen Weiber, welche die Spitzenmantille um den Kopf trugen, seltsam contrastirte. Da unser Zigeuner für morgen einen längeren Ritt voraussagte, so suchten wir früh unsere Betten, die heute recht ordentlich waren, und entschliefen augenblicklich.

Schon um vier Uhr wurden wir geweckt; wir tranken am Feuer unsere Chocolade und stiegen, nachdem unsere Maulthiere bepackt waren, was immer einige Zeit in Anspruch nahm, beim ersten Grauen des Morgens in den Sattel. Der Himmel war klar, doch war es dunkel genug, daß wir überall die Sterne durchflimmern sahn, weßhalb wir genöthigt waren, neben unserem Zigeuner noch einen kleinen Buben anzunehmen, der uns durch verschiedene Engpässe vor dem Orte, durch Schluchten und Hohlwege auf die Straße brachte, wo sich unser eigener Führer wieder zurecht fand. Trotz seiner gestrigen Versicherung, er kenne den Weg nach Tembleque wie das Haus seiner Mutter, gestand er uns doch heute ein, daß er noch nie über die gestern erwähnte Venta hinaus gekommen sei.

Campo Critana liegt am Fuße eines felsigen Hügels, durch dessen Risse und Sprünge wir uns langsam hinauf arbeiteten. Der Wind hatte sich auch wieder aufgemacht, doch blies er nicht mehr so scharf und schneidend wie gestern, sondern er kam stoßweise mit etwas wärmerem Hauche, was für den Augenblick angenehmer war, uns aber Regenwetter prophezeihte. Die Sonne ging in finsterer, glühender Majestät wie zürnend auf und hatte in ihrem Gefolge dunkle, massenhafte Wolken, hinter denen ihre Strahlen wie blitzende Flammen über die röthlichen, nackten Felsen, auf welchen wir ritten, hinfuhren, so daß unsere langgestreckten schwarzen Schatten auf feurigem Grunde dahin fliehenden Gespenstern glichen.

Angenehmer Weise hatten wir nicht wie gestern die unabsehbare öde Gegend vor uns; vielmehr war das Terrain wild und zerklüftet, und ein schmaler, mit Steingerölle bedeckter Pfad führte oft sehr steil auf- und abwärts, wodurch unser Zigeuner beständig einen ziemlichen Vorsprung vor uns hatte; denn während er wie eine Ziege, den Weg oftmals abschneidend, über die Steine wegkletterte, setzten die Maulthiere, namentlich abwärts, ihre Füße mit außerordentlicher Bedächtigkeit auf. Der gestrige Ritt hatte sie ermüdet, und heute Morgens mußten wir den Stock meistens hoch erhoben halten, um sie nachdrücklich vor dem Stolpern und Hinfallen zu warnen; der Halfterstrick nützte natürlich dagegen gar nicht.

Durch die fliehenden Wolkenschatten und die Sonnenstrahlen, welche bald erschienen, bald verschwanden, war die Gegend prächtig gefärbt; namentlich ein Höhenzug auf unserer Linken mit ernsten und schönen Formen prangte im saftigsten Violet und tiefen Blau. Auch kleine Seen sahen wir heute zur Abwechslung rechts und links vom Wege – stille, blaue Flächen, die mit unbeweglichem Wasserspiegel bald von zackigen, röthlichen Steinblöcken umgeben waren, bald eingerahmt von frischem Grün, das sanft absteigend die stille Flut küßte.

Unser Führer drängte noch mehr als gestern. Der Marsch sei sehr weit, sagte er; wo es ein wenig eben ging, hängte er sich an einem unserer Steigbügel fest und trabte lustig nebenher; wo aber das Terrain so coupirt war, daß wir Schritt reiten mußten, da eilte er voraus, weit, weit, so daß wir oft lange nichts von ihm sahen, als durch das Haidekraut oder die Buxbaumsträucher seine blaue und weiße Manta auf Augenblicke hervorflattern.

Der Himmel, der uns seit einigen Tagen trocken und freundlich behandelte, schien uns heute, dem letzten Tage unseres Rittes, noch mit einigem Regen bedienen zu wollen. Der Wind hatte sich nicht so heftig, aber warm und dunstig erhoben, die Sonne, die uns einige Augenblicke angeglänzt, lagerte sich hinter schwarzen Wolken, es tröpfelte zuerst leise, dann immer stärker und schüttete nach einer halben Stunde wie mit Gießkannen. Anfänglich verdroß uns dieses Bad, und wir ritten eine Stunde lang schweigend hinter einander; als aber trotz unseres Zürnens der Regen nicht aufhörte, als unsere Mantas auf der linken Seite, woher der Wind kam, vom Regen troffen, als zuweilen aus der breiten Krämpe des castilianischen Hutes artige Bächlein herabrieselten und wir anfingen die kühle Flut auf unserer Haut zu spüren, da wurden wir wieder heiter und guter Dinge und trotzten mit fröhlicher Laune unter Absingung allerlei lustiger Lieder den feindlichen Elementen. Es war mir angenehm, daß wir nicht auf der langweiligen Chaussee dahin zogen; die Gegend hier war abwechselnd, ja zuweilen wild romantisch. Hier senkte sich der Weg zu einer tiefen Schlucht hinab, die, jäh und dunkel, das Thal vor uns weithin zerriß; eine uralte Brücke, aus mächtigen Steinen gebaut, führte hinüber und zu einer Hochebene, die in ihrer wilden trostlosen Einsamkeit alles übertraf, was wir in den letzten Tagen gesehen. In fast unabsehbarer Fläche breitete sich vor uns aus eine dunkle Haide, ein Moor, durch die Farbe der Erde, durch zahllose abgestorbene Farrenkräuter, durch blühende Eriken, braunroth gefärbt, und die Straße zog sich, von Hufen und Rädern aufgewühlt, wie ein schwarzer Streifen mitten durch sie hin. Diese Straße war ein paar Hundert Fuß breit, natürlicher Weise ohne irgend eine künstliche Anlage, und lief schnurgerade, wobei man deutlich am Horizont sah, wie sie sich scheinbar zuspitzte. Schmutzig graue Wolken hingen formlos, zerrissen tief von dem dunkeln Himmel herab, zeitweise unbeweglich und schwerfällig, dann wieder gejagt von heftigen Windstößen.

Unsere Maulthiere ließen die Köpfe hängen, sie troffen von Regen eben so wie der Zigeuner, der sich an der rechten Seite meines Maulthiers festhielt und die Thiere fortwährend antrieb. Er hatte sich seine Manta um den Kopf geschlungen und blickte zuweilen verstohlen an den Himmel hinauf, der immer neue Regenschauer herabsandte.

So zogen wir dahin auf der weiten, weiten Haide, deren Gränzen bei jedem Schritt nach allen Seiten noch mehr zurück zu weichen schienen; so zogen wir dahin, ein paar kleine unbedeutende Punkte in dieser gewaltigen Natur. Es gehörte aber auch all unser guter Humor dazu, um nicht verdrießlich zu werden.

Endlich hatten wir die fatale Strecke hinter uns und sahen zugleich Villa Cannas, wo wir Mittag machen wollten. Aber nie hat uns ein Ort durch seine Entfernung so genarrt wie dieser. Es war in der That zum Verzweifeln, wie wir so, Stunde um Stunde reitend, die Kirche des Dorfes, die Häuser mit ihren Fenstern immer deutlicher erkennen konnten und doch nicht hinkamen. Ich muß gestehen, daß ich mich heftig darüber erzürnte, mehr aber noch über den Gleichmuth des Malers, der das ganz in der Ordnung zu finden schien, und der sich unterstand, mir zu versichern, er spüre nach nun achtstündigem Ritte in Regen und Kälte weder Hunger, Durst, Müdigkeit, noch das Bedürfniß nach einem guten Feuer.

In der Nähe dieses verzauberten Ortes begegneten wir zum ersten Male Reisenden unseres Schlages; es waren drei Reiter, die auf guten Pferden daher trabten, und die eben so durchweicht schienen, wie wir. Ihre Mäntel flatterten im Winde; wir begrüßten uns freundlich und hatten bald eine gute Strecke zwischen uns. Auch die Bahnlinie erreichten wir hier wieder; sie führte auf einem hohen Damme mitten durch ein sumpfiges Terrain, weßhalb wir denselben benutzten, was mir auf ein Haar zu einem vierzig Fuß hohen Sturze verholfen hätte. Die Ränder des Dammes waren durchweicht und bröckelig, mein Maulthier that einen falschen Tritt und konnte sich nur durch eine verzweifelte Anstrengung vor dem Hinabrollen retten.

Villa Cannas, dem wir nun endlich beikamen, war ein recht elendes Nest mit Lehmhütten, fast ohne alle Fenster, einem fürchterlichen Pflaster und einer ziemlich schlechten Posada. Doch ließen wir uns den stark gepfefferten Reis mit Hammelfleisch recht wohl schmecken, tranken einen nicht sehr guten Rothwein dazu und hielten uns desto fester an die Chocolade, welche wie überall vortrefflich war. Man kann es einem Reisenden wahrhaftig nicht übel nehmen, wenn er oft und viel vom Essen und vom Wetter redet: es sind das namentlich bei Touren wie die unsrigen so wichtige Gegenstände, daß es verzeihlich ist, wenn man vielleicht etwas Anderes darüber vergißt. Es gehört auch zur Färbung einer Reisebeschreibung; der Leser kann verlangen, daß man ihm sagt, ob es geregnet oder ob die Sonne geschienen, wogegen es in unserem eigenen Interesse liegt, ihm zu vermelden, wenn unser Mittagessen einmal außerordentlich schlecht war; er wird uns dann als billiger Mann einige folgende, vielleicht ebenfalls schlecht geschriebene Seiten nachsehen.

Wir verließen den vorhin genannten Ort zu Fuß, theils um die steif gewordenen Glieder gelenkig zu machen, theils um uns etwas zu erwärmen. Villa Cannas ist an einen Berg hinan gebaut, hat jedoch eine im Vergleich zu den armseligen Häusern ganz anständige Kirche. Als wir die Höhe des Ortes erreicht hatten und fast schon im Freien waren, sahen wir auf einem Felde neben uns statt der Lehmhütten, die rings umher standen, nur Dinge wie Schornsteine, die ohne ein Dach oder sonst etwas aus dem Erdboden emporzusteigen schienen. Ich erinnerte mich etwas Ähnliches in Dörfern auf dem Libanon gesehen zu haben, und sind das Wohnungen so gut wie die anderen, nur daß sie sich unter der Erde befinden und außer der Thüre und dem Schornsteinloch keine weiteren Öffnungen haben. Man findet sie häufig in Spanien, und sie sind fast immer von Zigeunern bewohnt. Besteht doch in Granada die ganze ehemalige Ritterstadt, der Albaicin, aus ähnlichen Wohnungen und ist von den Gitanos bewohnt, die sich in ihren höhlenartigen Behausungen wahrscheinlich recht heimlich fühlen, wenn sie an die Zeit denken, wo sie ein noch leichteres Obdach in Wald und Flur hatten.

Ein tiefer Hohlweg, der uns auf der Höhe aufnahm, schien mir geeignet, auf bequeme Art Sattel und Maulthier zu erreichen. Ich stellte das Thier unten hin und glitt von oben sanft auf den Sitz; der Maler aber, der eine solche Beihülfe als weichlich verschmähte und mir zeigen wollte, wie der deutsche Mann zu Esel steigt, bediente sich nicht des Hohlweges, ja, nicht einmal des Bügels und marterte sich ab, voltigirend den Rücken des armen Thieres zu erklimmen. Es war ein erhebender Anblick, wie er so als Mehlsack in dem Sattel hing und mit den Füßen schwimmartige Bewegungen machte, um hinaufzukommen, was ihm aber erst nach furchtbaren Anstrengungen gelang, zu meinem Ergötzen und zum großen Vergnügen des Gitano, so wie mehrerer Herren Buben aus dem Orte, welche diese Probe ritterlicher Gewandtheit gebührend anstaunten. Übrigens gab uns dieser Vorfall auf mehrere Stunden Stoff zum Lachen. Ich erinnerte mich eines ähnlichen Vorfalles aus der Militärzeit her, wo ein Vorgesetzter bei einer eben so mißrathenen Voltige ausrief: »Klettert mich der Kerl uf dat Pferd, wie die Kuh uf eenen Appelbom!« – Horschelt wäre mir bei Erzählung dieser Anekdote vor Entzücken fast vom Maulthiere herunter gefallen, und nachdem wir schon mehrere Stunden geritten, brauchte ich ihn nur zu fragen: »Du, weißt du, was der Offizier gesagt?« so erlag er fast einem förmlichen Lachkrampfanfalle.

Etwas Heiterkeit war uns übrigens an diesem unangenehmen Nachmittage wohl zu gönnen. Der Regen hielt uns feucht durch die von Zeit zu Zeit sich wiederholenden ordentlichen Gießer; der Weg war abscheulich, und unsere Mulos fingen an so marode zu werden, daß sie aus dem Stolpern nicht mehr herauskamen und jeden Augenblick in die Kniee sanken. Daß zu gleicher Zeit Tembleque, das Ziel unserer mühseligen Tour (denn von dort hatten wir die Eisenbahn nach Madrid), vor uns erschien, trug etwas zu unserer Aufheiterung bei. Wir ritten auf einer Hochebene, der Wind hatte die Wolken zerrissen, und die Sonne beleuchtete auf einen Augenblick das hiedurch prächtig gefärbte Thal, in welchem noch unendlich weit von uns entfernt der eben genannte Ort lag. Wir kannten diese furchtbaren Entfernungen; waren uns doch bis jetzt sämmtliche Ortschaften, die wir erreichen mußten, wie das Gespenst der Fata Morgana erschienen, neckisch zurückweichend, je mehr man sich abmühte, sie zu erreichen.

So auch hier wieder in ausgedehntem Maßstab. Die Sonne sank unter, es wurde so finster, daß man im wahren Sinne des Wortes keine Hand vor den Augen sehen konnte und unser armer Zigeuner vor uns hertappen mußte, um nur auf dem Wege zu bleiben. Aber trotz dieser Vorsichtsmaßregel hatten wir die schlechte Straße dennoch kurze Zeit nachher verloren und machten eine unfreiwillige Rutschpartie in einen Sumpf hinein, in welchem die Maulthiere bis an den Bauch wateten, namentlich das meinige, welches auch den Zigeuner tragen mußte. Es war das ein sehr mißlicher Moment; ringsum finstere Nacht; wohin sollten wir uns wenden? Wer wußte, wie tief das Moor war, in dem wir uns gerade befanden, und ob wir nicht im nächsten Moment an eine Stelle kamen, die uns spurlos verschlingen würde? Die spanischen Sümpfe lassen nicht mit sich spassen. Wir ließen die Thiere gehen, wohin sie wollten, und thaten wohl daran; denn nach einiger Zeit hatten sie festeren Boden und sogar die Straße wieder aufgefunden. Bald darauf hörten wir Hundegebell, sahen Lichterglanz und waren in Tembleque.

Wir hatten uns recht auf diesen Anblick gefreut und sogar unsere Thiere aus allen Kräften angetrieben; sollte doch um acht Uhr ein Zug nach Madrid gehen, und bis dahin hatten wir noch eine halbe Stunde Zeit. Wir kletterten durch öde leeren Gassen, bei einer einsamen Kirche vorbei, ohne eine menschliche Seele zu sehen; endlich erblickten wir eine erleuchtete Hausthüre und einen Mann, der unter derselben stand. »Wo geht der Weg zur Eisenbahn?« rief ich. – »Nur gerade aus,« entgegnete er, »dort oben aber links.« – Wir trieben unsere müden Thiere vorwärts, wir ritten gerade aus, dann links, und mußten nun wieder fragen. – »Wo gehts zur Eisenbahn?« – »Zuerst gerade aus und dann rechts,« war die Antwort. – Verdammt! dieses Tembleque war ein unendlich langes Nest, dabei ein so unergründlicher Koth und Schlamm auf den Straßen, den ich beschreiben würde, wenn ich dergleichen bei dieser Tour nicht schon so oft erwähnt hätte. Des ewigen Umherirrens satt, rief ich unserem Zigeuner zu, er solle jemanden nehmen, der uns zur Eisenbahn führe. Doch weigerten sich alle Begegnenden, wahrscheinlich des schlechten Wetters wegen. Die ewige Antwort auf unsere Fragen war: »Nur gerade aus, nur gerade aus!«

Mittlerweile hatten wir das Ende dieses Ortes erreicht, wir waren wieder im Freien, freilich auf einer besseren Straße als vorher; doch nirgends eine Spur von der Eisenbahn, um uns die schwarze Nacht ohne irgend einen freundlichen Lichtstrahl. Glücklicherweise begegnete uns ein Mann mit einem Ochsenwagen, den wir anhielten und nach dem richtigen Wege zur Eisenbahn fragten. »Es ist die rechte Straße,« entgegnete er, »Sie haben noch eine starke halbe Legua,« – ungefähr eine deutsche Stunde. Das war uns denn doch etwas zu bunt. Unsere üble Laune siegte, wir schimpften weidlich auf den langen Weg, auf das Regenwetter, auf Tembleque, auf die Eisenbahn. Natürlich half das alles nichts; wir mußten in der Nacht weiter reiten. Mein armes Maulthier stolperte über einen Steinhaufen und brach unter mir zusammen. Horschelt, der schnell ausweichen wollte, kam zu viel nach rechts und rollte, zum Glück ohne Schaden zu nehmen, mit seinem Thiere in den Chausseegraben. Da rief der Zigeuner, der uns voraus war: »Ferro caril!« Wir sahen vor uns im Thale Lichter, einige standen fest, andere bewegten sich hin und her. O süße Hoffnung! vielleicht eine Locomotive. Ja, ja, es war so: unten mußte die Bahn eine Curve machen, im nächsten Augenblicke erblickten wir deutlich die rothglühenden Laternen der Maschine. Ich hielt mein Thier an, um auch etwas zu hören. Ach! wie Musik klang mir das Zischen des Dampfes, welches ich jetzt vernahm. Noch eine halbe Stunde, und wir hatten den Bahnhof erreicht. Um aber unsere heutige Tour zu beschließen, wie sie angefangen, erhielten wir von einem Beamten die Nachricht, der Zug nach Madrid sei schon vor einer halben Stunde abgefahren. Wir waren furchtbar enttäuscht, und im Begriff allen Ernstes mißmuthig und verdrießlich zu werden, und das um so mehr, als wir an einer zischenden Locomotive, die auf und ab fuhr, sowie an Wagen, die gepackt wurden, deutlich sahen, daß sich noch ein Zug zur Abfahrt für heute Abend rüstete, ein Güterzug, der aber keine Passagiere mitnehmen durfte. Wie man argwöhnisch sein kann, so glaubten wir anfänglich, der Bahnhofbeamte wolle uns aus bösem Willen zurückhalten; doch traten wir gerne zurück und bedankten uns noch freundlichst, als wir erfuhren, daß dieser Güterzug erst in der Frühe des andern Morgens nach Madrid kommen würde. Eine solche Nachtfahrt hätte uns noch gefehlt nach unserem heutigen Ritte. – »In Gottes Namen! Ist ein Gasthof in der Nähe?« – »Sogar ein vortrefflicher,« entgegnete der Beamte, »im Bahnhofgebäude selbst.«

Ein Packträger half uns die Maulthiere abladen, wir bezahlten den bedungenen Preis für die letzteren, belohnten unseren treuen Gitano so fürstlich, als es unsere bürgerliche Kasse erlaubte, und suchten den vortrefflichen Gasthof auf. Der Beamte hatte in der That nicht gelogen: für das, was wir in den letzten Tagen erlebt, fanden wir uns hier glänzend untergebracht; man führte uns in ein Zimmer, dessen Boden mit Strohteppichen belegt war und wo sich Stühle, sogar ein Fauteuil befanden, ein Zimmer, das – o Wunder! – von einem Ofen sanft erwärmt war.

Verzeihe mir der Leser, wenn ich abermals vom Essen rede, aber hätte er sich, wie wir nun endlich der nassen Kleider entledigt – Kellner und Wirth halfen uns mit den ihrigen aus –, hätte er sich an einen gut gedeckten Tisch gesetzt, so würde er die weichgesottenen Eier, vortrefflichen Fische und Schinken, einen herrlichen Wein, gutes Brod und geröstete Mandeln ebenfalls für bemerkenswerth und des Aufzeichnens würdig erachtet haben. Später trieben wir noch Verschwendung mit einer ziemlichen Bowle Punsch, die bis auf den letzten Tropfen von uns vertilgt wurde und deren Geister uns angenehm umschwebten und in den ganz guten Betten sanft die Augen schlossen.


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