Jeremias Gotthelf
Wie Uli der Knecht glücklich wird
Jeremias Gotthelf

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Vreneli war wieder gut geworden; das Lob hatte ihm wohlgetan, es wußte eigentlich nicht warum. Es schwatzte, rühmte, schalt das Essen, schenkte ein und neckte Uli, er hätte immer nur leer. Die Mutter vergaß auch ihren mütterlichen Jammer, und hellauf fuhr man wieder ab, dem vetterlichen Hause zu. Uli hatte nun viel zu berichten, wem dieses Haus gehöre, wem jener Acker. Als er den ersten Acker sah, der dem Vetter Johannes gehörte, lachte ihm das Herz im Leibe. Alles, was er auf demselben geschafft, ging wieder in ihm auf; von weitem zeigte er ihn, pries seine Eigenschaften. Dann kam ein anderer und wieder ein anderer, und sie fuhren zum Hause, ehe sie daran dachten. Dort machte man Kabis ein im Schopf, die ganze Haushaltung war da versammelt. Alles hob die Köpfe auf, als das unerwartete Wägeli daherkam. Erst kannte man die Leute nicht, dann erhob sich ein Geschrei: «Es ist dr Ueli, dr Ueli!», und die Kinder sprangen aus dem Schopfe; dann sagte Johannes: «dBase in der Glungge kömmt mit; was Guggers kömmt die an, was bringt die wohl?» Er und seine Frau traten nun auch hinaus, längten die Hände hinauf zum Willkomm, und Eisi, des Johannese Frau, sagte: «Gottwillche, Ueli, bringst is dy Frau?» Da lachte die Base wieder herzlich auf und sagte: «Da ghöret drs, dr möget welle oder nit, es mueß sy, all Lüt säges ja.» «An allen Orten sieht man uns für ein Hochzeit an,» erläuterte Uli, «weil wir am Samstag mit einander fahren, wo so viele Hochzeit auf der Straße sind.» «He und nicht nur das,» sagte Johannes, «sondern es düecht mich, ihr schicktet euch nicht übel zusammen.» «Ghörst, Vreneli,» sagte die Base, «der Vetter meints auch, da hilft Wehren nichts mehr.» Bei Vreneli hatte Weinen mit Lachen gekämpft, Zorn mit Spaß; endlich überwand es sich der Leute wegen, das Letztere siegte, es antwortete: Es hätte immer gehört, wenn es ein Hochzeit geben sollte, so müßten Zwei wollen; bei ihnen aber wolle gar Keins, und so sehe es nicht ein, wie etwas aus der Sache werden solle. «Was nicht ist, kann werden,» sagte des Johannes Frau, «so etwas kömmt oft ungesinnet.» Es gspüre einmal noch nichts davon, sagte Vreneli, brach dann aber ab und gab die Hand noch einmal und sagte: Wie uverschant es sei, daß es mitgekommen, aber die Base habe es haben wollen, sie könne es jetzt versprechen, wenn es ihnen in den Kosten sei. Es freue sie gar wohl, daß sie einmal gekommen, sagte die Hausfrau und hieß dringlich hineinkommen, gäb wie die Andern sagten: Sie wollten sie nicht versäumen, vor dem Hause bleiben, helfen, es sei so schön und frein da außen!

Wie sie nun auch sagten, sie hätten nichts nötig, hätten erst gegessen, so wurde doch gefeuert, und nur durch dreimaliges Hinausgehen konnte eine förmliche Mahlzeit verhindert, die Guttätigkeit auf ein Kaffee zurückgebracht werden. Vreneli hatte bald mit dem ältesten Mädchen, das aus einem rührigen Kinde eine schöne Jungfrau geworden war, Freundschaft geschlossen und mußte alle dessen Herrlichkeiten in Augenschein nehmen. Uli blieb aus schuldigem Respekt nicht gar lange in der Gesellschaft, die ältern Leute wurden alleine gelassen. Endlich mit einem schweren Seufzer begann die Base: Sie müsse fry gerade sagen, warum sie komme, sie hätte nirgends besser hingewußt um Rat und Hülfe als hieher. Der Johannes hätte ihnen schon so oft gedienet, daß sie gedacht, er lasse sie diesmal auch nicht im Stich. Es sei alles so gut gegangen bei ihnen, es sei eine Freude gewesen. Freilich hätte einige Zeit lang Uli ihr Elisi in den Kopf genommen, aber daran sei das Meitschi selbst schuld gewesen, und sie glaube, Uli hätte zuletzt doch eingesehen, daß das Meitschi nichts für ihn sei. Da hätte sie das Unglück in den Gurnigel hinauf geschlagen, dort das Elisi seinen Mann aufgegabelt, und seither sei alles wie zerstört. Ihr Johannes tue wüst, der Tochtermann sei nicht, wie er sein solle, sei ein grusam Interessierter, meine, sie solle nichts mehr brauchen in der Haushaltung. Ds Elisi hätte immer Streit mit Vreneli, das wolle nun fort deswegen, Uli wolle fort, alles falle wieder auf sie und sie wisse um ihr Leben nichts anzufangen, sie hätte manche Nacht kein Auge zugetan und aneinander pläret, daß es ihr in ihren alten Tagen so gehe. Da sei ihr eins in Sinn gekommen: Es könne ihr doch sicher kein vernünftiger Mensch etwas dawider haben, wenn sie das Gut in Lehn geben würden, dadurch falle ihr die Last ab. Und da hätte sie gesinnet, einen bessern Lehenmann als Uli, der ihnen zu allem sehe und ehrlich und brav sei, könnten sie nicht erhalten, und Uli könnte da auch sein Glück machen; denn daß er öppe hart gehalten werden sollte, das täte sie nicht, es solle sein Nutzen sein wie der ihre. Aber sie hätte keinem Menschen etwas davon gesagt; sie hätte zuerst mit ihm reden wollen, was er dazu meine, und wenn er es gut finde, so möchte sie ihm anhalten, daß er mit Uli rede und der Sache sich annehme, bis sie im Reinen sei. Es dünke sie, wenn sie das zwegbrächte, so wollte sie nichts mehr wünschen auf der Welt, wenn schon manches öppe nicht sei, wie es sein sollte. Das sei wohl schön und gut, sagte Johannes, und es würde ihn für Uli freuen, aber da seien ihm zwei Sachen im Weg. Das sei eine gar bedeutende Übernahme, und Uli habe dafür zu wenig Geld. Er habe ein Schönes verdient, aber viel zu wenig für alles anzuschaffen, was da nötig sei. Er hätte kaum so viel, um im Handel etwas zu machen und nicht zur unrechten Zeit verkaufen zu müssen, woran die meisten Lehnleute gewöhnlich sterben. «Dann kann Uli nicht bloß mit Diensten husen, er muß eine Frau haben, und wo nun eine finden, die dem vorzustehen weiß? Denn das gibt eine schwere Haushaltung.» «Ich wüßte ihm eine,» sagte die Base, «gerade das Meitschi, welches mit mir gekommen. Ein besseres gibt es nicht, und es und Uli haben sich an einander gewöhnt; wir könnten noch heute sterben, sie trieben die Sache fort, man merkte nicht, daß jemand fehlte. Es ist gesund, stark und für so ein Junges hat es gute Gedanken, es täte manche Alte durch. Es hat freilich kein Vermögen, aber doch einen schönen Sparhafen, brav Kleider, und ganz mit leeren Händen ließen wir es auch nicht. Ihr wißt wohl, wie es mit seiner Mutter gegangen ist. Wenn Uli Vreneli nähmte, so glaube ich, er würde für Bsatzig und andere Sachen wenig anzuschaffen brauchen. Die Sache ist da, man kann ihm ja alles in die Schatzung geben, so ist es da, wenn man den Hof wieder übernehmen will, und man braucht es nicht anzuschaffen. Sie könnten anfangen, fast wie wenn sie die Kinder vom Hause wären.»

«Das ist schön und gut,» sagte Johannes; «aber, Base, nehmt es mir nicht für ungut auf, aber fragen muß ich doch: ob Ihr glaubt, daß alles seine Einwilligung gebe? Es sind gar viele Leute, die zu der Sache reden müssen, wenn sie gehen soll. Was werden Eure Leute sagen? Joggeli ist allbeneinisch wunderlich! Und Eure Kinder werden auch dareinreden und das Gut zu Nutzen bringen wollen so hoch als möglich. Uli macht eine gewagte Sache. Ein einziges Fehljahr, Presten oder so was macht ihn zu Boden. Auf einem solchen Gut ist tausend Pfund Ertrag auf oder nieder nicht sichtbar, während in einem Jahr vier- bis fünftausend Pfund verloren gehen können. Und will das Meitschi Uli? Es ist ein lüftiges und Uli nicht mehr heutig, er hat einige dreißig Jahre auf dem Rücken.»

Das, sagte die Base, mache ihr nicht allen Kummer. Joggeli sei am Ende froh, abzugeben, und Uli sei ihm als Lehenmann sicher anständig; denn wenn er schon wunderlich sei, so sei er doch nicht der Wüstest gegen sie und werde wohl einsehen, daß ein guter Lehnmann besser sei als schlechte Knechte. Ihrem Sohn werde das das Rechte sein. Er habe schon über den Schwager geflucht, er nehme alles fort, und das Gut müsse zu Lehn gegeben werden, er höre dann. Auch halte er auf Uli viel und habe ihnen denselben abdingen wollen. Auf den Tochtermann achteten sie sich nicht viel. Er rede ihnen zu viel in ihre Sache und es wäre ihnen lieb, wenn sie nicht zu der seinigen reden müßten. Vreneli, glaube sie, täte nicht am wüstesten, wenigstens habe es keinen Andern, selb wisse sie. Sie glaube, es sehe Uli nicht ungern, und darum hätte es heute so wüst getan, wenn man sie für Hochzeitleute angesehen hätte. Sie sei afe alt, aber sie hätte noch nicht vergessen, wie es die rechten Meitscheni machen. Auf die heutigen anlässigen Täsche verstehe sie sich freilich nicht. Uli mache ihr am meisten Kummer. Der sei so politisch, man wisse nicht, woran man mit ihm sei. Wo ds Elisi den Baumwollenhändler genommen, habe sie geglaubt, er werde die Wände auf springen, alles verschlagen; aber er habe kein ander Gesicht gemacht, kein Wort lauter gesprochen, es sei gewesen, wie wenn alles ihn nichts anginge. «Uli ist ein Bursch, er kann sein Glück machen, wo er will; er ist brühmt zentum, und wenn mancher Herr wüßte, was das für ein Bursch wäre, es reute ihn kein Geld, er setzte an, bis er ihn hätte.» Uli mache ihr Kummer. Er trage es ihnen wegen dem Elisi nach. Aber er sollte dem lieben Gott danken, daß es so gegangen, er wäre ein unglücklicher Mensch geworden und hätte doch zuletzt an allem schuld sein sollen. Wenn Uli wollte, die Sache würde sich machen, und ein Jahr in das andere gerechnet, sollte er seine tausend Pfund vorschlagen. «Ich weiß, was der Hof abträgt, wenn man es treibt, wie Uli es treiben kann, wenn er und Vreneli zusammenspannen. Das kann Euch kochen, es ist allen recht, und sie schlecken noch die Finger bis an die Ellbogen, und braucht doch fast ds Halbe weniger als Manche, die meint, wie sie es könne, und doch die Diensten allemal grännen, wenn sie nur bei der Küche vorbeigehen.» Uli habe ihr Zutrauen, ein böses Jahr hätte er nicht zu fürchten. «Vetter Johannes,» sagte die Base, «du mußt doch nicht glauben, daß wir so wüste Hüng wären, wegen einem bösen Jahr den Lehnmann über Nichts zu bringen. Wenn wir den Hof selber hätten, so hätten wir ja auch das böse Jahr, und warum sollte es der Lehenmann allein entgelten, wenn es zu trocken oder zu naß ist? Es ist doch immer unser Hof, und was vermag er sich dessen? Es hat mich schon manchmal wüst düecht, wenn ein Lehenmann immer den gleichen Zins geben muß, gebe es etwas oder gebe es nichts. Nein, Vetter, Joggeli ist wunderlich, aber der Wüstest doch nicht, und wenn alles fehlen sollte, so ist es dann nicht, daß ich nicht auch noch etwas hätte, womit ich nachhelfen könnte.»

«Base,» sagte Johannes, «nehmt es mir nicht für ungut, aber wenn man etwas Rechtes machen will, so muß man von allem reden. Die Sache freut mich für Euch und Uli und auch für mich, denn an Uli ist mir etwas gelegen. Es ist wahr, er ist mir fast so lieb wie mein eigen Kind, und was ich für ihn tun kann, das spare ich nicht. Er hat mir auch von Elisi geredet, und da habe ich ihm die Sache mißraten. Es ist ihm damals nicht recht gewesen, ich sah es ihm wohl an. Es nimmt mich wunder, ob er mir jetzt etwas davon sagt. Soll ich mit ihm von der Sache reden, so ihm ablosen von weitem, was er im Sinne hat, oder gleich mit der Türe ins Haus, oder wollt Ihr zuerst mit Vetter Joggeli reden?» «Ich wäre lieber mit Uli und Vreneli im Reinen, und deswegen bin ich mit ihnen gekommen», sagte die Base. «Fange ich Joggeli davon an und wollen später Uli und Vreneli nicht, so muß ich mein Lebtag hören, was ich da einmal Dumms hervorgebracht, von wegen er ist gar wunderlich und kann einem eine Sache nicht vergessen; darneben ist er der Wüstest nicht. Wenn es sich dir schickt, Vetter, so lose Uli ab, was er denkt, ziehe ihm die Würm aus der Nase; es wäre mir sehr lieb, wenn ich wüßte, woran ich mit ihm wäre. Es dünkt mich, ich wäre wie im Himmel, wenn die Sache im Reinen wäre. Gefällt Euch das Meitschi aber nicht auch?» fragte die Base. Und Johannes und seine Frau rühmten nun, wie hübsch es sei und appetitlich, und der Erstere versprach, zu helfen, was er könne.

Selben Abend schickte es sich ihm nicht, er war mit Uli nie allein. Aber am andern Morgen, sobald sie zMorgen gegessen hatten, fragte Johannes den Uli: Ob er mit ihm auf den Herd hinauswolle, er möchte ihm zeigen, was er angesäet hätte, und dies und jenes ihn fragen. Die Base mahnte, ja nicht zu lange auszubleiben, indem sie zeitlich verreisen wollten, um nicht zu spät heimzukommen. Während nun Johannese Frau der Base zusprach, daß sie heute noch hier bleiben sollten, wandelten die Männer ab.

Ein schöner Morgen war es wieder. Ein Kirchturm nach dem andern gab sein Zeichen, daß es heute der Tag des Herren sei, die Herzen sich öffnen sollen dem Herrn, um Sabbat mit ihm zu halten, seinen Frieden zu empfangen, seine Liebe zu empfinden. Es ward den beiden Wandelnden auch feierlich im Gemüte, über manchen Acker waren sie gewandelt mit wenig Worten. Sie waren an einen Waldsaum gekommen, von wo man das Tal schwimmen sah in dem wunderbaren herbstlichen Duft und von vielen Kirchtürmen her das Geläute der Glocken hörte, welche die Menschen zusammenriefen, in den geöffneten Herzen den Samen zu empfangen, der sechzig- und hundertfältig Früchte tragen soll in gutem Herzensgrunde. Schweigend setzten sie sich dort und ließen einziehen durch die weiten Tore der Augen und Ohren des Herren herrliche Predigt, die alle Tage ausgeht in alle Lande ohne Worte, ließen in tiefer Andacht die Töne widerklingen im Heiligtum ihrer Seelen.

Endlich fragte Johannes: «Du bleibst nicht in der Glungge?» «Nein», sagte Uli. «Nicht daß ich es ihnen zürne wegen Elisi. Ich bin froh, daß es so gegangen ist. Erst hintendrein sehe ich, daß ich keine glückliche Stunde mit ihm gehabt hätte und daß bei einem solchen bösen Schlärpli einen kein Geld glücklich macht. Ich kann nicht begreifen, was ich auch gesinnet habe! Aber ich mag doch nicht bleiben. Der Tochtermann ist immer da, will anfangen zu regieren, plündert sie aus, wo er kann, so daß ich nicht mehr dabei sein mag; auch lasse ich mir von dem nicht befehlen.» «Aber was willst du denn?» fragte Johannes. «Das ists eben, was ich mit dir reden möchte», sagte Uli. «Plätze bekäme ich genug; ich könnte auch zum Sohne, der gäbe mir Lohn, so viel ich wollte. Aber ich weiß es nicht: Knecht sein ist mir aparti nicht erleidet, aber es dünkt mich, wenn ich etwas Eigenes anfangen wolle, so sei es Zeit. Ich bin in den dreißig Jahren alt und gehöre schon fast zu den Alten.» «Jä so,» sagte Johannes, «hast du das Heiraten im Kopf?» «Aparti nit!» sagte Uli. «Aber wenn ich heiraten will, so sollte es bald geschehen, und etwas Eigenes anfangen muß man auch, während man sich noch rühren mag. Aber ich weiß eben nichts anzufangen. Für alles habe ich zu wenig, denn was sind zweitausend Pfund, um etwas Rechtes anzufangen? Ich sinne noch immer daran, wie du gesagt hast, auf kleinen Gütchen schlage man den Zins nicht heraus, und ein Lehenmann, der nicht Geld in den Händen habe, könne nicht wohl ein großes Wesen übernehmen, und auf kleinen gehe er zugrunde.» «He,» sagte Johannes, «zweitausend Pfund sind schon was, und es gibt hier und da Güter, wo die Bsatzig dabei ist, wo man sie gegen eine Schatzung übernehmen kann, so daß du die zweitausend Pfund zum freien Handel in der Hand behieltest, und wenns dann noch mehr sein müßte, so fändest du wohl Leute, die Geld hätten.» «Ja, aber die gäben mir es nicht. Wenn man Geld will, so muß man gute Versicherung oder Bürgen haben, und wo die nehmen?» «He, Uli,» sagte Johannes, «das ist eben, was ich dir auch gesagt habe: eine guter Name ist auch eine gute Versicherung. Vor fünfzehn Jahren hätte ich dir nicht fünfzehn Batzen geliehen, wenn du aber jetzt zwei- bis dreitausend Pfund mangelst gegen ein bloßes Handschriftli, so kannst du sie haben, oder wenn ich dir Bürge sein soll, so sprich zu. Wofür ist man auf der Welt, als für einander zu helfen?» «Das wäre guter Bescheid», sagte Uli; «daran hätte ich nicht denken dürfen, und wenn ich etwas wüßte, ich wollte gleich darauf los.» «Das täte ich nicht», sagte Johannes. «Ich ginge zuerst auf eine Frau aus, und je nachdem ich eine hätte, finge ich etwas an. Es sind schon viele Leute zugrunde gegangen nur deswegen, weil die Frau zu des Mannes Geschäft nicht paßte oder weil sie nicht dazu passen wollte. Um ein Hauswesen gut zu führen, bedarf es einen einträchtigen Willen. Hast du einmal eine Frau und wählet ihr einträchtig ein Heimwesen zum Kaufen oder Empfangen, das sich zu euch Beiden schickt, so ist schon viel gewonnen. Oder hast du schon etwas der Art unterhänds?» «Nein», sagte Uli. «Ich wüßte wohl eine, aber die sagt mir nicht Herr.» «Warum nicht?» fragte Johannes, «ist es wieder eine reiche Baurentochter?» «Nein,» sagte Uli, «es ist das Meitschi, das mit der Frau gekommen ist. Vermögen hat es aparti nicht, aber wer das bekommt, der ist glücklich. Ich habe es seither schon manchmal gedacht, mit dem kömmt einer weiter, wenn es schon keinen Batzen hat, als mit dem reichen Elisi. Was es in die Hände nimmt, steht ihm wohl an, alles gerät ihm, und es ist nichts, das es nicht versteht. Ich glaube, es wird nie müde, am Morgen ist es zuerst und abends zuletzt und den ganzen Tag nie müßig. Nie muß man auf das Essen warten, nie versäumt es die Jungfrauen, und es meint einer, es werde nie hässig; je mehr zu tun ist, desto lustiger wird es, wo doch sonst die Meisten, wenn sie viel Arbeit haben, hässig werden und nicht bei ihnen zu sein ist. Es ist huslig in allen Teilen und doch bsunderbar gut gegen die Armen, und wenn jemand krank wird, so kann es ihm nicht gut genug luegen. Es ist Keins weit und breit so.» «Aber warum solltest du das nicht bekommen?» fragte Johannes, «hasset es dich?» «Aparti nicht», sagte Uli. «Es ist gut gegen mich, und wenn es mir etwas zu Gefallen tun kann, so ist es nie Nein, und wenn es sieht, daß ich möchte, daß etwas gemacht werde, so hilft es mir, so viel es kann, und kein einzigmal begehrt es Saumsteine in den Weg zu legen, wie es die Weiber dickist (oft) haben, daß wenn sie sehen, daß man etwas absolut machen sollte, sie absolut etwas anderes wollen und einen versäumen, wie sie nur können. Aber doch ist es etwas hochmütig und kanns nicht vergessen, daß es aus einer vornehmen Familie ist, wenn es schon unehlich ist. Wenn ihm einer nur von weitem zu nahe kömmt, so schnauzt es ihn an, als ob es ihn fressen wolle, und öppe Gspaß mit ihm zu treiben und es auch etwas in den Finger zu nehmen, wie an vielen Orten der Brauch ist, das wollte ich Keinem raten. Es hat schon Mancher eine wüste Täschen herausgenommen.» «Aber das will noch gar nicht sagen, daß es dich nicht nehmen würde», sagte Johannes. «Wenn es sich schon nicht von jedem will fingerlen lassen, so kann ich ihm das nicht für übel nehmen.» «Ja, dann ist noch eins», sagte Uli. «Ich darf jetzt nicht mehr an Vreneli sinnen. Würde es mir nicht sagen: Gäll, jetzt, wo du die Reiche nicht haben kannst, jetzt soll ich dir gut genug sein! Hast du mir ja das grüne, gelbe Elisi vorziehen können, so will ich dich jetzt auch nicht; ich mag nicht einen, der so mit einem verschlampeten Bärentalpenstengel geschätzelet hat. Das muß es mir zur Antwort geben, und doch habe ich auch während der Geschichte mit Elisi mehr an Vreneli gesinnet als an ds Elisi. Erst jetzt merke ich, daß mir Vreneli immer lieber gewesen ist. Und wenn ich das Meitschi hätte, ich wollte ausbieten, einen Hof zu übernehmen und darauf mehr zu machen als irgend ein Anderer. Aber jetzt ist es zu spät, es nimmt mich nicht, es ist gar ein Eigeliges.» «He,» sagte Johannes, «man muß nie den Mut verlieren, solange ein Meitschi noch ledig ist. Das sind wunderliche Greiser und tun gewöhnlich gerade das Gegenteil von dem, was man ihnen zutrauet. Wenn die Sache so ist, so wollte ich anhoschen, das Meitschi gefällt mir.» «Nein, Meister, nicht um hundert Kronen wollte ich das Meitschi fragen. Ich weiß wohl, es zerschreißt mir fast das Herz, wenn ich von ihm muß und es nicht mehr alle Tage sehen kann. Aber wenn ich es fragte und es würde mich verachten, Nein sagen, ich glaube, ich hinge mich an die Bühnisleiter. Beim Dolder, ich könnte es nicht sehen, wenn es ein Anderer zur Kirche führte, ich glaube, ich würde ihn erschießen. Aber das heiratet nicht, das bleibt ledig.» Da begann Johannes gar herzlich zu lachen und fragte: Woher er wisse, daß ein solches Meitschi, dreiundzwanzig Jahre alt, ledig bleiben werde. «Oh,» sagte Uli, «es nimmt Keinen; ich wüßte nicht, wer dem gut genug wäre.»

Da sagte Johannes, sie wollten doch machen, daß sie heimkämen, ehe die Kirche aus sei, er möchte nicht in die Kirchenleute laufen. Uli folgte ihm, wenig redend, und was er redete, klang immer gegen Vreneli zu, bald dieses, bald jenes, und Johannes sollte ihm versprechen, ja kein Wort über seine Lippen zu lassen von dem, was er ihm gesagt. «Du Gäuchel du,» sagte Johannes, «wem sollte ich etwas davon sagen?»


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