Jeremias Gotthelf
Wie Uli der Knecht glücklich wird
Jeremias Gotthelf

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Achtzehntes Kapitel

Wie eine gute Mutter viel Ungerades gerade, viel Böses gut macht

Am Abend ging Uli den Kirschbäumen nach, um zu sehen, wo noch gekirschet werden müsse; unversehens war Joggeli bei ihm. Nachdem sie allerhand verhandelt, sagte Joggeli: Die Ernte sei gut gegangen, die Arbeit gut gelaufen, nur müsse er nicht meinen, daß man dem Weibervolk alles machen müsse, woran es sinne; das Korn sei die Hauptsache, der andern Sachen hätte man sich nicht zu achten, wenn es nur mit dem Korn gut gehe. Zum Zeichen der Zufriedenheit wolle er ihm da etwas geben. Er drückte ihm einen Neutaler in die Hand. Uli dankte, sagte aber doch: Es sei ihm nicht wegen dem Weibervolk und er wisse wohl, daß das Korn die Hauptsache sei; aber er meine, man müsse alle Sachen achten und womöglich gar nichts Schaden leiden lassen. Er hätte ihn auch gleich fragen wollen, ob er gedenke, zu bleiben, fragte Joggeli. Er wisse nicht recht, was er sagen solle; es sei ihm zuwider, fürers (weiters), aber er sei auch nicht gerne an einem Orte, wo man nicht mit ihm zufrieden sei, ihm nicht traue. Wenn er wüßte, daß noch etwas der Art geschehen würde wie letzthin, so wollte er gleich gehen, antwortete Uli. Er hätte es ja gehört, sagte Joggeli, daß er zufrieden sei, und so wolle er ihm gleich noch einen Neutaler Haftpfennig geben. Er hätte es sonst nicht im Brauch, wenn er wieder dinge, aber am Ende vermöchte er es so gut als Andere. Er wolle lieber seine Neutaler selbst brauchen, wie er wolle, als Andere mit seinen Neutalern ihm Streiche spielen lassen. Da dachte Uli an diesen Morgen und sagte: Wer ihm das schon wieder gesagt habe? «He, Uli,» sagte Joggeli, «es ist denen immer am mindesten zu trauen, wo vorwärts am meisten schlecken und einem nachstreichen. So machen es gewöhnlich die falschen Katzen, die geben einem hinterrucks den Talpen,» und damit höpperlete Joggeli an seinem Stecken gegen Üfligen zu, wo er gerne an einem Sonntage seinen Schoppen nahm.

Die letzten Worte warfen Uli einen Stachel ins Herz, er wollte fast, er hätte den letzten Neutaler nicht genommen. Wem sollte er nicht trauen? Wer hatte ihm den Talpen gegeben? Doch wohl Vreneli! Das war vom Brunnen weggegangen, mußte allem an die Verhandlungen gehört haben. Er hatte es mit allen gut gemeint, niemand etwas zuwider getan und glaubte sich namentlich mit Vreneli in einem gewissen zutraulichen Einverständnisse ohne alle Liebe. Die Bezüglichkeit, die mehr oder weniger zwischen einem hübschen Burschen und einem hübschen Mädchen, welche in einem Hause wohnen, entweder anziehend oder abstoßend stattfindet, merkt man oft lange nicht. Aber Vreneli war im Hause, was Uli außer dem Hause; sie konnten einander viel zuwider, viel zu lieb tun. Uli hatte nun geglaubt, das Letztere getan zu haben, weil es auch der Meisterleute Nutzen war, daß sie einander in die Hand arbeiteten und gemeinsam das Gemeinsame förderten. Ulis schlichter Verstand begriff, wohin es kommen muß, wenn ein Departement hieaus will, das andere daaus und die Departemente ungefähr das vorstellen am Staate, was die unbändigen Hengste an einem Verbrecher, der zerrissen werden soll. Uli hatte in dieser Beziehung mehr gesunden Verstand als manches Departement in corpore, zum Beispiel als gegenwärtig das Departement des Auswärtigen in Paris.

Nun war also Vreneli falsch an ihm und verklagte ihn hinterrücks, das tat ihm weh. Er haßte das Keßlerwesen, wo immer Feindseligkeit herrscht, bald die Einen verbündet sind und bald wieder die gestern Verbündeten als Feinde sich gegenüberstehen, er war daran nicht gewohnt.

Je länger die Sache ihm im Herzen wurmte, desto ärgerlicher wurde er; er war oft darauf und daran, den Haftpfennig wiederzugeben und expreß zu Johannes zu gehen. Natürlich war er dabei mürrischer als sonst, hatte sein fröhliches Aussehen nicht, war einsilbig über Tisch, ließ hier und da einen Trumpf fliegen und tat manchmal, als hörte er etwas nicht, das ihm gesagt wurde. Die Mutter fragte mehr als einmal: «Was hat doch auch Uli, er ist ganz ein Anderer; was ist ihm über den Weg gelaufen, oder wer hat ihm etwas zuleid getan?» Es wußte niemand etwas. Sie fragte Joggeli: Ob er ihm etwas getan und ob er ihn eigentlich gedinget oder nicht? Der lächelte und sagte: Sie solle nicht Kummer haben, es sei alles im Reinen. Sie sagte Vreneli, was doch wohl das sei und es solle mit Uli reden. Aber Vreneli sagte: Das tue es nicht. Es hätte Uli nichts zuleid getan, und doch sei er gerade gegen ihns am wüstesten. Wenn es ihm etwas sage, so tue er, als höre er es nicht, und handkehrum lasse er etwas fliegen, das ein Trumpf sein solle, aber es wisse nicht, auf was. Sie solle selbst mit Uli reden, es schicke sich für sie am besten. So sei allerdings ein langweilig Dabeisein und es wollte lieber, das währte nicht zu lange.

Die Mutter ging einmal wieder zur Kirche, es war ein Ereignis zu Üfligen. Die gute Mutter hatte so viel zu sehen: die Kanzel war neu angestrichen worden, einige Bänke hatten Lehnen bekommen, junge und alte Menschen waren da, die sie nicht kannte, daß die Predigt aus war, ehe sie daran dachte. Sie hätte ihr Lebstag noch nie so kurze Zeit in einer Predigt gehabt, sagte sie, es müsse ihr künftig wahrhaftlich mehr gegangen sein. Der Pfarrer könne es wie Schnupf, nur mache er es wohl kurz, sagte sie. Nach der Predigt ging sie zum Krämer, kramete allerlei, unter anderm auch ein seidenes Halstuch mit schönem Rande.

Als sie heimkam, wartete alles mit Verlangen auf sie zum Essen, denn die gute Frau hatte gar lange beim Krämer sich aufgehalten. Dort war ja fast noch mehr zu sehen als in der Kirche, dazu mußte man noch märten und konnte darüberein noch manches fragen, das man in der Kirche gesehen. Sie konnte sich nicht satt erzählen von ihren Genüssen während diesem Morgen und sagte auch: Das müsse ihr künftig wäger fleißiger in die Kirche gegangen sein. Wenn der Pfarrer nur nicht so exakt läuten ließe, sie glaube, sie ginge alle Sonntage.

Nachmittags, als das Volk verflog, sah sie unvermerkt nach Uli, wo der hinginge. Als sie ihm nach einiger Zeit in sein Stübchen folgte, fand sie ihn in der Bibel lesend. «Du siehst ja nichts hier,» sagte die Frau, «warum kommst du nicht mehr hinab in die Stube? Du tust seit einiger Zeit so wunderlich, ich kann mich nicht auf dich verstehen, und sonst wäre ich so zufrieden mit dir. Du hast mir so schön zum Flachs und zu den Kirschen gesehen, und deswegen habe ich dir nur so als ein Zeichen ein Halstuch gekramet; aber jetzt möchte ich auch wissen, was du hast. Hat dir jemand etwas in den Weg gelegt oder dich aufgereiset, oder was ists?» Das hätte sich nicht gebraucht, sagte Uli, das Halstuch mit Wohlgefallen betrachtend, er hätte nichts Apartes gemacht. «Aber was dublest (schmollst), was hast dann?» He, so wolle er es geradeaus sagen. Böse sei er über Vreneli. Das hätte ihn nicht gebraucht beim Meister zu verrätschen und anzuschwärzen, als Johannes ihn hätte dingen wollen, er hätte sich dessen nichts vermocht und nichts gesagt, was nicht alle Leute hätten hören dürfen; aber was es dazu gelogen habe, das wisse er nicht. «Wer hat dir gesagt, daß Vreneli dich angeschwärzt?» sagte die Frau. «Das ist gar nicht wahr.» «Es wird doch wohl wahr sein,» sagte Uli, «der Meister hat es selbst gesagt, freilich nicht gerade heraus, aber er hat es merken lassen, daß man es mit dem Zwilchhändschen greifen konnte.» «Er ist doch geng der wüstest Hung, verzeih mir Gott meine Sünde,» antwortete die Frau. «Vreneli hat ihm ja gar nichts gesagt, sondern bei mir den Johannes verklagt und dich noch gerühmt dazu; du bist aber auch nicht der Witzigist, daß du gleich alles glaubst. Du weißt ja, wie er ist. Du solltest doch wohl sehen, daß Vreneli dir nichts in den Weg legt, sondern daß du ihm gar anständig bist.» «Was weiß man?» sagte Uli, «es ist sich bös auf das Weibervolk zu verstehen, und es ist doch auch traurig, wenn man dem Meister nicht glauben darf.» «Was willst?» sagte die Frau, «es ist einmal so, und ich meine, wenn man wolle, so sei es sich auf das Weibervolk besser zu verstehen als auf das Mannenvolk; von dem sagt man ja, es sei fälscher als Galgenholz. Und dann möchte ich auch wissen, wer den Heiland verraten hat, ob ein Mann oder eine Frau? Sei wieder zufrieden, aber sage es dem Vreneli nicht, was du gehabt; es hassete sonst meinen Alten noch mehr als jetzt, täte wüst mit ihm und bekehrte ihn doch nicht. Er ist ehemals nicht so gewesen, aber seit alles ihn betrügen will und an ihm saugen, ist er so mißtreu geworden und trauet keinem Menschen mehr. Herr Ises, selbst mir nicht! Anfangs han ih pläret, daß es mir den Kopf fast obenabgesprengt. Ich habe gemeint, das müsse nicht sein, das könne ich nicht leiden. Aber so nach und nach habe ich mich darein ergeben; ich weiß jetzt nichts anderes mehr, und ich lebe doch und, ich will es gerade heraus sagen, nicht böser als ehemals. Wo das nit gsi isch, da isch öppis angers gsi. Öppis mueß me geng ha; ists nit das, so ists öppis angers, und das ist geng am schwersten, wo me grad het. Da kömmt es nur darauf an, ob man sich darein schicken kann oder nicht und ob man annehmen kann, was man nicht wehren kann: das ist dKunst. Uli, das laß dir gesagt sein, an allen Orten ist etwas, und Meiner ist noch nicht der Böste. Wenn du immer bleibst, wie du bist, so hast du ihn ja nicht zu scheuen, und er plagt sich am meisten selbst. Er hat mich manchmal duret, daß ich pläret ha seinetwegen. Ich habe gedacht, er müsse viel mehr leiden seinetwegen als kein anderer Mensch. Mit den Meisterleuten müssen die Dienste auch Geduld haben, es haben ja alle Menschen ihre Fehler. Aber sag doch dem Vreneli nichts, ich glaube, es liefe fort oder sagte meinem Alten wüst. Es ist ein freines Meitli, aber Solches verträgt es nicht und kann dann wüst tun, daß es einem übel gruset.» Uli versprach es, und die Meisterfrau hatte im Treppeabgehen eine Ausrede bei der Hand für das fragende Vreneli. Als der Friede wiederkehrte, die Spaltung aufhörte, welcher der Alte mit Freuden zugesehen hatte, wunderte er sich sehr, aber er fragte mit keinem Worte. Ebenso wenig verriet ihm seine Frau, daß sie ihm über seine Schliche gekommen und den Friedensstifter gemacht. Diesmal ging alles so diplomatisch zu, daß selbst Louis Philipp sich darob verwundert hätte.

Nun lief die Arbeit wieder freudig fort wie gesalbet. Denn wenn man einig ist und zufrieden die Gemüter, so geht alles ds Halb ringer; und es tat not, es war sehr viele Arbeit. Aber eben wenn am meisten Arbeit ist, dieselbe fast über den Kopf wachsen will, so bemächtigt sich ein gewisser Hast, eine Ungeduld des Menschen. Die läßt sich an den Umgebungen, an den Mitarbeitenden aus; die werden böse, hinterstellig (stellen sich auf die hintern Beine), und der Schleiftrog ist untergeworfen.

Der Herr hatte die Bäume gesegnet, daß man fast nicht wußte, wo mit diesem Segen hin. Es war viel Mist, viel Land bedurfte desselben: es war also viel anzusäen. Wildes, strubes Land kriegte man unter den Pflug, das doppelter Arbeit bedurfte. Nun war man aber in der Glunggen, wie schon gesagt, an ein Hacken gewöhnt, das dem Nidle ab der Milch Nehmen gleicht. Man schürpfte nur das Gras obenab, die zähe Furche und das darin befindliche Wurzelgeflecht blieb unverhauen, das Samkorn fand keinen mürben, uneingenommenen Boden zum Wurzeln und zur Nahrung, daher mageres, schlechtes Korn trotz allem Misten. Zu gleicher Zeit wurde der Pflug nicht tief geführt, trotzdem daß es in der Glunggen nicht steinichter Boden war. So mußte der Boden unfruchtbar werden. Tiefer gefahren, besser gehackt mußte er werden, wenn es eine gute Ernte geben sollte. Dazu es zu bringen, hatte Uli Mühe, man war der Sache halt nicht gewohnt. Es grusete Joggeli, als er die dichte Reihe der Hacker sah, als Uli sechs Haupt vorspannte, statt sonst nur viere, als der rohe, wilde Boden an die Sonne gekehrt ward. Das sei ja die dümmste Sache von der Welt, sagte er halblaut vor sich hin, die gute Erde zu verlochen und die böse, magere obenfürzumachen; so mache man ja den Boden expreß wieder mager, wenn man den Mist untern fahre, daß er ganz gegen Amerika hinunterkomme und dort hervorgewässert werde, während man in den schlechten, wilden Boden pflanze. Das könne unser Lebtag nichts geben, das komme doch jedem Kind in Sinn. Glücklicherweise ging er mit seinem Sohn ins Welschland, um Wein zu kaufen oder vielmehr, um für den Sohn zu zahlen, was dieser kaufte. Er mußte also freie Hände lassen und war ganz verwundert, als er, zurückgekehrt, die junge Saat so schön erronnen sah im reingemachten Acker. Man werde es aber im Hustagen sehen, dachte er, wie das komme, der größte Teil werde im Winter dahintenbleiben.

Indessen war vergnüglich eingeherbstet worden, denn wieder hatte man früher angefangen als Andere. Nichts mußte unter dem Schnee hervorgeholt werden; man fand Zeit, bei schlechtem Wetter unter Dach zu bleiben, und fand dort auch immer Dinge zu tun, welche die Arbeit draußen förderten. Das Wetter mache freilich viel, sagte die Mutter, aber sie wisse Herbste, wo das Wetter noch schöner gewesen sei, und doch sei man später fertig geworden und habe nicht so viel angesäet und nicht so viel Mist auszutun gehabt. Da sehe man, daß man selbst auch etwas zwingen könne. Freilich, wenn das Wetter darnach sei, so könne man nichts zwingen (im sechzehner Jahr stund der Hafer noch um Weihnacht draußen), aber sie wisse Leute, die nicht fertig würden, und wenn der Herbst bis Fasnacht dauern würde. Die meinten, es sei eine Sünde, wenn sie nicht etwas den ganzen Winter draußen ließen, Kartoffeln, Rüben, Rübli, oder sollten es nur die Bohnenstecken sein.

Die Matten kamen in Ordnung. Gräben, Wühre wurden aufgetan, der gewonnene Schlamm aufs Land geführt, ja Uli schlug sogar noch das Tonen vor in der nassen Matte. Tonen sind nämlich tiefe Graben im Boden, die nachher wieder zugedeckt werden, welche das Wasser sammeln und abführen, so daß die Oberfläche austrocknet und fruchtbar wird. Solchen Tonen hat man viele tausend Jucharten gutes Land zu verdanken, und noch viele könnten sie gut machen. Freilich können sie nur da angewendet werden, wo Fall (Abzug) ist. Das kam Joggeli aber zu streng vor. Sie wollten doch nicht alles auf einmal machen, sagte er, es sei das andere Jahr auch noch ein Jahr. Und dann sei es Zeit, das Dreschen anzufangen, sonst werde man ja bis Ostern damit nicht fertig. Wenn man Zeit finde, so könne man im Frühjahr sehen, aber alles zunteroben z'gheyen (das Unterste zuoberst zu kehren), sei ihm nicht anständig. Es gebe nur Kosten und man wisse nicht, was dabei herauskomme. So redete er. Bei sich dachte er noch, die Leute müßten doch nicht meinen, daß dem Uli alles allein in Sinn komme und daß man in der Glungge nur auf ihn gewartet habe, um solche Sachen zu machen. Der Bursche würde ihm nur zu übermütig, er mache jetzt schon, wie wenn alles sein wäre und wie wenn vorher niemand da daheim gewesen wäre. Ja Joggeli rühmte noch den andern Knechten: Was sie würden gesagt haben, wenn sie noch den ganzen Winter hätten tonen müssen? Uli hätte wollen. Er aber hätte es doch besser mit ihnen gemeint, als sie hinter eine solche Arbeit zu reisen, wo alle Kleider drufgiengen. Uli könne notti nicht alles zwängen, er sei selbst immer noch Meister und das komme ihnen noch manchmal wohl. Er hätte noch mehr Verstand als Mancher, der es doch eigentlich mit ihnen halten sollte. Begreiflich fanden die Knechte die Rede des Meisters sehr erbaulich.

Alle Extraarbeiten sind den meisten Knechten zuwider, weil die laufende Arbeit doch getan, also strenger und fleißiger gearbeitet werden muß. Gar manch Knechtlein verläßt seinen Platz, wenn es eine solche Arbeit kommen sieht. «Machen sie es meinethalb, wenn ich fort bin,» sagt es, «ich aber wollte ein Narr sein, mich da halb zu töten und meine Kleider drufzumachen. Da kann ein Anderer den Schleck haben.» Diese Sucht, nichts Ungewohntes zu machen, geht so weit, daß Viele, wenn sie nur die geringste nicht täglich vorkommende Arbeit machen sollen, den Kopf aufsetzen, poltern, fluchen, aus dem Dienst laufen. Daher kömmt es auch, daß so Viele die geringste Handbietung dem weiblichen Geschlechte verweigern und nie Ohren haben für einen Befehl oder Wunsch der Meisterfrau. Das gibt die Leute, die nicht aus dem Trapp zu bringen sind, die sich nie weder anstrengen können noch anstrengen mögen, die mit der gelassensten Lauheit dem Elend zuwandern, im Elend sich wälzen. Allerdings sind viele Meisterleute da daheim, daß sie mit wenig Diensten das Unmögliche erschinden wollen. Und wie das Kamel sich weigert, aufzustehen, wenn man ihm zu schwer aufgeladen, so werden übernutzete Diensten halsstarrig und weigern sich des Dienstes. Diesen kann man es nicht verübeln. Nun aber verbreitet sich von diesen aus die Halsstarrigkeit nach und nach über die ganze Klasse, und wenn einmal ein Dienst schwitzen muß, so schreit er Zetermordio, und wenn er einmal ermahnt wird, schnell zu machen, sich zu schicken, so wirft er den Bündel vor die Füße und begehrt auf wie ein Häftlimacher. Du mein Gott, was soll aus Menschen werden, die sich nicht schicken können, nicht schicken wollen, die, wo es immer möglich ist, vier Stunden an einer Sache machen, welche in zwei leicht abzutun wäre! Das gibt die armen Leute. Sie strafen sich also selbst, und da erwahret sich das Sprüchwort wieder, daß Untreue den eigenen Herren schlägt. Da entsteht die böse Gewohnheit, von der wir schon gesprochen haben, und die Rührigkeit, welche durchs Leben hilft, vergeht.

Gar viel besser als Andere waren Joggelis Knechte nicht, und wenn man schon dem Meister es verübelt und flucht und täubelet, wenn er etwas extra vornimmt, so mußten sie es dem Mitknecht noch weit böser aufnehmen, daß er eine so wüste Arbeit ihnen aufsalzen wolle. Sie fluchten nicht nur über den Werchteufel, den er im Leibe habe und der ihm und Andern nie Ruhe lasse, sondern sie suchten hinter seinem Fleiß und Eifer, der ihnen so ungewohnt vorkam, Gründe, und zwar eigennützige und selbstsüchtige. Es ist dies ein eigentümlicher, tiefliegender Zug im Volke. Im Fragenbuch heißt es, alle unsere guten Werke seien mit Sünden befleckt, und Paulus sagte, all unsere Gerechtigkeit sei wie ein unflätig Kleid. Diese Aussprüche haben allerdings ihren guten Grund in unserer Natur. Gar zu oft regt der äußere Nutzen uns zu einer guten Tat an, und wenn wir auch aus innerm, schönem Triebe etwas Gutes vollbracht, so kommt hintendrein gezogen die Eitelkeit, der Stolz und Übermut und beschmutzt die Tat. Das sind die Befleckungen der guten Werke. Nun nimmt das Volk diese Befleckungen, obgleich die Meisten der eigenen sich nicht bewußt sind, so allgemein als sich von selbst ergebend an, daß alsobald, sobald man etwas Gutes sieht, nach den Flecken gespürt wird. Und je weniger man sich selbst innerer guter Triebfedern bewußt ist, um so mehr sucht man nach den äußern Befleckungen, nach eigensüchtigen, äußern Beweggründen, die zum Guten angespornt. Je eifriger einer zum Beispiel der Uneigennützigkeit sich ergibt und mit raschem Hervortun für Andere lebt, um so eifriger wird man ihn der geheimen Eigennützigkeit zeihen und verdächtige Absichten ihm zudichten. Die unwillig gewordenen Knechte begnügten sich daher nicht mit bloßem Fluchen und Sticheln, sondern sie suchten nach den Triebfedern von Ulis Tun, und die glaubten sie mit leichter Mühe gefunden zu haben. Sie wüßten wohl, was der Narr meine, aber er habe den Bären noch nicht im Sack. Er wolle sich wert machen, hätte Flausen im Gring und meine, da Bauer zu werden. Aber das komme nicht nur auf das Schlärpli an und die alte Stürme, da predige dann noch ein Anderer. Diesem allgemeinen Satz reihten sie eine Menge Einzelheiten an, und jeder wußte neue dazuzufügen samt neuem Spott und neuem Hohn.


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