Jeremias Gotthelf
Wie Uli der Knecht glücklich wird
Jeremias Gotthelf

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Siebzehntes Kapitel

Wie Vater und Sohn an einem Knechte operieren

In der Glungge zog alles schön an einem Seile, und die Mutter sagte, es sei ihr lange nicht so wohl gewesen, es sei fry es ganz angers Leben und so freu es einem auch, dabeizusein. Es düech se nichts so ungewohnt, als wie man jetzt melke im Stall. Von den gleichen Kühen kriegten sie fast ds Halb mehr Milch. Es düech se, sie hätten es ihr sonst zuleid getan, daß sie selten in einem Werch genug Milch gehabt, und wenn man nicht Milch habe, so wisse man gar nicht, wie die Haushaltung machen. Jetzt dürfe sie die Ernte auch erwarten, und die Ankenhäfen werden ihr an der Sichelten nicht leer.

Joggeli hingegen war es nicht wohl. Es schien ihm immer, als hätte er zur Sache nichts mehr zu sagen. Noch einmal so viel strich er auf dem Lande herum, in den Ställen, suchte etwas zu sehen, an dem er sich ärgern, über das er balgen konnte, wenigstens vor seiner Frau. Gegen Uli redete er nicht recht heraus, stichelte nur so hintenum, konnte sich aber nicht enthalten, hie und da das Gegenteil von dem zu befehlen, was Uli angeordnet hatte.

Einst strich er auch so mißmutig um einen Kornacker herum, ärgerte sich über dessen schlechtes Aussehen und hätte gerne Uli schuld gegeben, aber der hatte noch keine Hand daran gelegt. Da trat der Müller zu ihm und sagte: «Da hast du einen braven Acker voll und bald Reifes! Und ich möchte dich eben gefragt haben, ob du mir nicht etwa dreißig Mütte geben könntest. Ich mangelte sie sehr übel und weiß sie gar nicht zu bekommen.» Joggeli und der Müller wurden des Handels einig. Da sagte der Erste: «Du könntest mir einen Gefallen tun. Versprich meinem Knecht einen Neuentaler, wenn er mache, daß du das Korn um den und den Preis kaufen könnest. Es nimmt mich wunder, was er macht. Man kann Keinem zu viel trauen; wenn man schon meint, man habe es getroffen, so ist man gerade am übelsten zweg.» Der Müller versprach es natürlich und machte sich an einem Abend an Uli. Dieser las just einen Brief von seinem alten Meister, worin ihm dieser zusprach, auszuhalten und nicht den Kübel auszuleeren. Er solle nur mit Joggeli recht reden und ihm die Sache in der Manier sagen. Das sei weit besser, als den Ärger so in sich zu verschlucken; da jäse dann dieser, mache einem übel und breche zuletzt unaufhaltsam und ungereimt aus, daß man sich dessen schämen müsse. Er sei kein Meitschi, das am Kupen, am Ärger sterben werde. Darum solle er nicht mutlos werden; es hätte im Leben jeder sein Bürdeli, und je eher man sich daran gewöhne, das manierlich zu tragen, desto leichter komme es einem später vor. Er solle nicht alles auf einmal wollen, und wenn er wieder dinge, auf die Entlassung derer dringen, mit denen er nicht fahren könne. Dann waren noch viele Grüße dabei und wie er bald einmal kommen solle, es blangeten alle gar grusam nach ihm.

Zu dem in seinen Brief Vertieften trat der Müller, setzte sich zu ihm und redete mit schönen Worten von allerlei über Ulis Verdienste, rühmte den Misthaufen und das Gras in der Hofstatt, dem man es ansehe, daß es beschüttet worden sei. Nach langem Vorspiel kam er endlich zum Kornkauf. Er müsse Korn haben und Joggeli könne ihm geben. Aber der sei gar ein grusam Wunderlicher und könne die Sache nie im Preis geben. Zuerst wolle er viel zu viel, und hernach, wenn sie ihm erleidet sei, gebe er sie ums halbe Geld. Er könne diesmal aber nicht auf das Erleiden warten, und doch möchte er nicht gar zu viel bezahlen. Er wisse nun, daß Uli alles zu sagen habe, und was er sage, das sei geredet. Er solle ihm doch z'best reden, und wenn er mache, daß er den Mütt um neunzig Batzen kriege, so komme es ihm auf einen oder zwei Neutaler nicht an. Es sei zwar noch immer mehr als zahlt, aber wie gesagt, er mangle es übel und wisse vor der Ernte es nirgends zu bekommen. Uli sagte: Darein mische er sich nicht, das sei seines Meisters Sache. Der Müller aber gab nicht nach, zog endlich einen heraus und wollte ihn ihm in die Hand drücken. Uli stund auf und begann nun dem Müller wüst zu sagen: Er müsse ein schlechter Mann sein, daß er Diensten schlecht machen wolle; es müsse ihm scheints alles ums Geld feil sein, daß er meine, Andere hätten es auch so. Aber um eines Müllers willen wolle er sein Gewissen nicht beladen, und wenn er ihm alles Mehl geben wollte, was er in seinem Leben den Bauren gestohlen usw. Das machte am Ende den Müller auch warm und er sagte: Es gebe Bauren, die noch schlechter seien als die Müller, mit denen er sich noch lange nicht zusammenzähle. Übrigens habe er das nicht aus sich selbst gemacht und er habe noch niemand schlecht machen wollen. «Wer hat dir denn das angegeben?» fragte Uli. «He, das sollte dir doch in Sinn kommen, wenn du so ein Listiger sein willst,» antwortete der Müller. «Öppe der Meister?» «Ich will nichts gesagt haben,» antwortete der Müller, «aber da solltest öppe nicht lange fragen.» Da faßte eine zornige Wehmut Uli, preßte ihm die Brust, daß ihm fast der Atem fehlte, große, schwere Tropfen aus den Augen kamen, und die geballten Fäuste stieß er geradeaus. Er konnte nichts mehr sagen als: «Ist das so gemeint?» und sprang hinauf ins Gaden.

Der Müller schlich sich hinter dem Haus durch zur Küche und sagte dort der Meisterin: Sie solle doch hinauf ins Gaden gehen und sehen, was Uli mache, er glaube, es habe gefehlt; und darauf erzählte er, wie er ihn habe fecken sollen und wie Uli es aufgenommen und den Meister erraten. «Vreneli, gang guck,» sagte sie, «und komm sag dann, was er macht.» Zum Mann aber ging sie und sagte: «Du bist doch dr wüstest Hung, hast du denn nicht an einem Male genug gehabt? Du hast den besten Knecht weit und breit, und es reitet dich dr Tüfel, bis du ihn fortgesprengt.» Man könne niemand zu viel trauen, sagte Joggeli, und weil sie an Uli den Narren gefressen, so müsse er zusehen; es wüßte kein Mensch, wie es ginge, wenn er nicht öppe es bitzli luegti, und es könne sich ein Mensch von einem Tag zum andern ändern. Und man probiere ja jedes Roß, und so wüßte er nicht, warum man nicht auch einen Menschen, auf den es doch noch viel mehr ankomme als auf ein Roß, sollte probieren können. «Und wenn er schon den Neutaler genommen hätte, deswegen hätte ich ihn nicht fortgeschickt, aber ich hätte dann gewußt, wie weit ich ihm trauen könne oder nicht.» «Aber Joggeli, glaubst du denn, ein braver Bursche sei an einem Ort, wo man ihm nicht trauet, wo man ihm all Finger läng eine Täsche beizt? Wer ein rechtes Gefühl hat, kann nicht in einem Hause sein, wo er sieht, daß man eine schlechte Meinung von ihm hat.» «Du bist geng e Göhl, Alti,» sagte Joggeli. «Heutzutag luegt man auf den Nutzen und nicht auf die Meinung, und es nähmte mich wunder, wo Uli einen größern Lohn machen könnte. Er wird sich wohl bsinnen, was er macht.»

Unterdessen war Vreneli hinaufgegangen und hatte gesehen, wie Uli einpackte, während ihm große Tropfen über die Backen kamen und zuweilen «Dä Donner!» halb verdrückt über die Lippen kam. Vreneli trat unter die Türe und fragte: «Was machst, was hast?» Uli antwortete lange nicht, bis Vreneli näher trat und endlich vernahm: «Furt wott ih.» «Das tue nicht,» sagte es, «es ist ja nicht dr wert; du mußt dr Vetter näh, wie er ist.» Aber Uli sagte: An Solches sei er nicht gewohnt und habe es nie erfahren. Ob das nun der Lohn sei, daß er sich halb tot arbeite und dem Meister seinen Nutzen suche, wo er könne. Er sehe wohl, wo das hinaus solle. Zuletzt hänge ihm dä alt Donner noch einen schlechten Namen an, er begehre ihn zum Schelmen zu machen. Er wolle gehen, während es Zeit sei, dä Gränni könne dann sehen, wo er einen Andern hernehme. Er sei schon mehr als ein halbes Jahr da, und dä wüest Tüfel hätte ihm noch nie gesagt, daß er zufrieden sei. «Du hast es dann auch wie die Andern», sagte Vreneli. «Ich mache die ganze Haushaltung; er gibt mir keinen Lohn und ist noch imstande, mir zu sagen, er hätte mich dr Gottswillen. Wenn die Base nicht wäre, wer weiß, was ich schon gemacht hätte. Aber los, tue es uns nicht zuleid; du bist allen anständig und es ist es freins Debysi (Dabeisein) und es geht alles, daß man Freude daran hat. Denk nur, was der Melcher und Karrer für Freud hätten, wenn du auch fortgingest! Sie würden dir einen Lärm machen weit und breit, wie du fortgejagt worden. Du möchtest sagen, was du wolltest, die Leute glaubten doch das Bösere.» «Mira chönne sie,» sagte Uli, «was gheit es mih; so dabeisein will ich nicht mehr.» Da dröhnten die schweren Schritte und der schwere Atem der Mutter die hölzerne Treppe auf, welcher die Verhandlungen im Gaden zu lange gegangen waren. «Es ist gut, kommst du, Base,» sagte Vreneli; «du kannst ihm nun selbst sagen, er solle nichts Einfaltes machen. Er will absolut fort». «Das sollst du mir nicht,» sagte die Alte. «Was haben wir dir zuleid getan?» «He, Ihr nichts,» sagte Uli, «Ihr wäret mir gar recht, aber der Meister ist wüst gegen mich und trauet mir nichts, will mich zum Schelmen machen, und bei einem Solchen bleibe ich nicht, my armi –» «Verred dich (schwöre) nicht, Uli,» sagte die Alte. «Denk, es ist ein alter Mann, man muß Geduld mit ihm haben; du wirst einmal auch froh sein, wenn man Geduld mit dir hat. Das soll nicht mehr geschehen, ich verspreche es dir, und wenn wir dir etwas tun können, so sag es nur, es soll nicht Nein sein.» «Ihr könnet lang versprechen,» sagte Uli, «ich weiß wohl, daß das nicht Euer Wille ist, aber für Euren Mann könnt Ihr nicht gut sein (gut sagen).» «Wohl, das kann ich dann nadisch, wenn es sein muß, er muß mich dann z'Zeiten auch noch fürchten; aber er soll selbst noch kommen und versprechen, daß er dich künftig mit Beizen und Fecken ruhig lassen will. Vreneli, geh und sag ihm, er solle heraufkommen!»

Aber Vreneli hatte einen sehr harten Stand; Joggeli sagte, das wäre das erstemal, daß er vor einem Knecht würde anekneue (knien), das tue er nicht. Wenn Uli ds Wüstest machen wolle, so könne er, aber anhalten tue er nicht. Vreneli sagte: «Aber Vetter, Ihr seid doch zuerst wüst gegen Uli gewesen; wenn Ihr mirs so machtet, ich lief auch fort.» «Würdest aber bald wieder kommen, wenn dir niemand nachliefe,» sagte Joggeli. «Das ist noch die Frage,» sagte Vreneli; «aber Uli kömmt nicht wieder, das kann ich Euch sagen, und wer soll dann ernten?» «He nu, so sag myr Alte, sie söll ihm anhalten und öppe ein paar Batzen in die Hand drücken, so wird er sich schon niederlassen.» «Base hat Euch schon manchmal gut gemacht,» sagte Vreneli, «aber dasmal macht es sich nicht damit. Uli will fort, wenn Ihr ihm nicht versprechet, daß so etwas nicht mehr geschehen soll, und dann könnt Ihr sehen, wie es gehen wird in der Ernte, während jetzt ja alles wie am Schnürchen läuft.» «Gell, es ging dir am übelsten, wenn Uli fortging, du könntest dann nicht mehr mit ihm desumeschleipfe.» «Vetter, ich schleipfe mit niemand desume, aber Ihr seid dr wüstest Mann, wo es gibt; Ihr müsset doch afe ein Nichtsnutziger gewesen sein, daß Ihr niemand trauet. Aber machet meinethalb, was ihr wollt; was gheit mich dr Uli und was gheits mih, wenn ds Korn auf den Äckern bleibt!»

Damit war Vreneli verschwunden, umsonst rief ihm der Vetter nach. Er nahm nun seinen Stecken, ging langsam hinaus, rief seiner Frau. Als die nicht Bescheid gab, kam er immer näher an Ulis Gaden, bis seine Alte ihm sagen konnte: Er solle hinaufkommen, sonst gehe es nicht gut. Das sei ihm doch ein Lärm um nichts, sagte Joggeli, er könne gar nicht begreifen, was er da tun solle und warum Uli so dr Gring mache, das sei ihm afe dr wert. Er hätte es ja nicht böse gemeint und nur wissen wollen, woran er sei, und dazu habe er das Recht, das lasse er sich nicht nehmen. «Du hättest doch afe Ursache gehabt, dem Uli z'glauben,» sagte seine Frau. Er hätte auf dem Glauben nicht viel, sagte Joggeli, er wolle seine Sache lieber gewiß haben. Wenn einer so viel betrogen worden sei in seinem Leben wie er, er nähmte dann die Sache auch genauer. Es sei immer alles unter einer Decke gegen ihn, er nehme niemand aus. Das sei schon lange gewesen und werde immer so bleiben, bis er die Augen zutue. Darum begehre er nicht mehr dabeizusein, sagte Uli, er sehe wohl, daß er ihm nie trauen werde, und er möge nicht an einem Orte sein, wo Keines dem Andern traue. Ja, sagte Joggeli, da könne er weit laufen, ehe er einen Ort finde, wo alles einander traue. Darum solle er nicht so wüst tun. Fecken wolle er ihn nicht mehr, das wolle er ihm gesagt haben. Aber er solle dann deshalb nicht meinen, er hätte nicht zwei Augen im Kopf. Es müsse sich ein Mensch immer etwas zu fürchten haben, der Teufel gehe ja umher wie ein brüllender Löwe und suche, wen er verschlinge. Diesmal sei aber er der Tüfel gewesen, der ihn habe verschlingen wollen, und das sei wüst von ihm, sagte Uli. He, er wolle es nicht mehr tun, sagte Joggeli, er solle jetzt zufrieden sein, er selbst sei auch zufrieden, und es wäre ihm zwider, wenn er wieder um einen neuen Knecht aus müßte, und er glaube, er fände kaum einen bessern. Die Leute seien neue heutzutage nichts mehr wert. Wenn man sie schon übergülden wollte, so finde man sie nicht, wie man sie suche. «He,» sagte die Frau, «wir sind alle arme Sünder und du bist auch kein Engel. Aber gät jetz enangere dHäng und höret uf branzen! Uli, du hast gehört, mein Mann will das nicht mehr tun, und komm jetzt herab, ich habe ein Kaffee zweg, du mußt auch ein Kacheli nehmen. Man wird erst recht mit einander zufrieden, wenn man mit einander ißt und trinkt, bsunderbar ein Kacheli Kaffee.» Uli, auch an den Brief seines Meisters denkend, ließ sich dazu verstehen, ward wieder zufrieden. Joggeli tat auch zufrieden, bei sich selbst aber dachte er: seinem Weibervolk müsse er aufpassen, das könne es viel zu gut mit Uli; wenn das so fortgehe, so sei er verraten und verkauft.

Die Ernte kam mit all ihren Anforderungen. Zur Erntezeit treffen mehrere Arbeiten zusammen. Die Kirschen sind reif; Flachs, Werch wollen gezogen, besorgt sein. Es beginnt auch an manchen Orten schon das Strauchen, Lewatsäen usw. Es ist kein Werch, wo so das Ganze ins Auge gefaßt, die Zeit benutzt, die Arbeiter verteilt sein wollen, damit allem sein Recht geschieht, nichts zuschanden geht, wie die Ernte. In derselben wird recht eigentlich die Tüchtigkeit des Landmannes gefeckt. Fast allemal in der Ernte hatte Joggelis Frau das Gallenfieber gehabt. Entweder war niemand da, der ihr kirschen wollte, als die Spatzen; das Werch überreifete oder man ließ es an den Haufen heiß werden, den Flachs vergaß man entweder zu ziehen oder auf die Rooße zu führen und auf der Rooße zu kehren. Für nichts hatte man Zeit. Wohl aber konnte man ganze halbe Tage ums Haus herum drehen und werweisen, ob man an dieses hin wolle oder an jenes? Und während man für dieses die Zeit zu kurz fand, für jenes zu lang, verrann die Zeit, und es blieb keine mehr als für zu essen und zu Bette zu gehen.

Nun ging die Sache anders. Uli hatte alles im Auge und daher auch für alles Zeit. Jeder Augenblick wurde benutzt, jeder Arbeiter wußte, was er zu tun. Hatte man nicht mit dem Korn zu schaffen, so wußte man schon im voraus, woran man mußte, verlor mit Stotzen, Fragen, Werweisen keine Zeit. Es wurde auch nicht gezankt, nicht die Last von Einem zum Andern geschoben, denn sie war gleichmäßig verteilt, daher fühlte sich niemand gedrückt. Die Arbeit ging aus den Händen fort, man wußte nicht wie, und der Meisterfrau lachte ununterbrochen das Herz im Leibe, wenn die Körbe mit Kirschen kamen, Flachs und Werch in schönen Spreitenen vor ihr sich ausdehnten – dort hängte man den Flachs nicht an Schatten, ehe man ihn räffelte (vom Samen befreien). Hingegen Joggeli trippelte gar unruhig umher, er dachte nur ans Korn, hatte Angst, man versäume dasselbe, und konnte gar nicht begreifen, wie das zuging, daß man an allem sein konnte und doch das Korn auch einkam und zwar so, daß sie die Sichelten mit den andern Leuten am gleichen Samstag haben konnten. Sonst war es der Brauch, daß man sie in der Glunggen acht oder vierzehn Tage später hatte. Und Joggeli meinte sich noch damit. Er sagte: «Mir hey se erst über acht Tag, aber es ist sich nichts zu verwundern, kurzi Haar sy bald bürstet.» Er wollte es daher fast ungern haben, als er mit den Andern fertig war. Die Leute werden meinen, dachte er, er vermöchte nicht mehr so viel anzusäen als sonst. Die Leute wußten aber wohl, woher es kam.

Die Sichelten ist einer der Haupttage im Baurenleben. Einem armen Tauner und seinem Weibe, welche das ganze Jahr durch die Erdäpfel sparen müssen und kein Brösmeli Fleisch sehen, ist eine Sichelten, an der Wein, zwei- oder dreier Gattig Fleisch und Küchleni genug sind, wirklich ein Tag aus dem tausendjährigen Reich, auf den sie sich das ganze Jahr durch freuen und traurig seufzen, wenn er vorbei ist. Der Geizigste schämt sich an diesem Tag, zu schmürzelen, und wenn es ihn schon reut, er verbirgt es. Es liegt auch eine Art von religiösem Gefühl, oder wenn man will, eine Art von Aberglaube zugrunde. Es ist eine christliche Opfermahlzeit. Der Geber alles Guten hat wiederum seine Hand aufgetan, den Fleiß des Landmanns gesegnet, den Schoß der Erde gesegnet; da kömmts auch dem Härtesten, daß er Gott Dank schuldig sei, etwas opfern solle. Er rüstet eine Mahlzeit, gibt ungezählt die Küchleni weg an der Küchetüre und läßt essen und trinken eine Nacht und einen Tag lang seine Leute, seine Söhne und Knechte und Mägde und den Fremdling, der bei ihm wohnet, so viel ihr Herz gelüstet. Wo die rechte alte Freigebigkeit noch vorwaltet, da heißt man nicht nur die, welche in der Ernte gearbeitet haben, kommen, sondern noch Andere, die durch das Jahr durch für das Haus gearbeitet haben. Und weit und breit wird erzählt, wie einst einer einen Arbeitsmann auf der Stör gehabt habe an einem Samstag, der am Abend mit aller Arbeit fertig geworden wäre. Am Mittag sei er zu ihm gegangen und habe ihm gesagt, er wolle mit ihm abschaffen, sie könnten ihn jetzt entmangeln. Darauf habe jener gesagt, es sei ihm zwider, jetzt fortzugehen, so verliere er einen halben Tag, und bis am Abend würde er fertig. «Nein, sag du nur, was ich dir jetzt schuldig bin, wir können dich entmangeln. Ich will dirs fry sagen, warum: diese Nacht haben wir die Sichelten, da haben wir neue nicht Platz für dich. Komm dann eher morgen e Rung (Zeitlang) wieder, wennd gern willst.»

Ist dieser Opfertag vorbei, dann liest der Geizige die Brosamen zusammen, tut sie sorgfältig an Schatten und schließt Kisten und Kästen für ein Jahr lang zu.


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