Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1
Johann Wolfgang von Goethe

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[Dienstag 30. Januar?]

Das schrieb ich gestern Nacht, und iezt einen guten Morgen, und Stella. Ich habe gut geschlafen, u. meine Seel ist rein, und voll frohen Gefühls der Zukunft. Kommen Sie heut nach Hof? Louise war gestern lieb. Groser Gott ich begreife nur nicht, was ihr Herz so zusammen zieht. Ich sah ihr in die Seele, und doch wenn ich nicht so warm für sie wäre, sie hätte mich erkältet. Ihr Verdruss über's Herzogs Hund war auch so sichtlich. Sie haben eben immer beyde unrecht. Er hätt ihn draus lassen sollen, und da er hinn war hätt sie ihn eben auch leiden können. Nun liebe Frau bewahr dich Gott, und hab mich lieb. Ist doch nichts anders auf der Welt.

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Liebe Frau ich werde wieder weggerissen und hab dir so viel zu sagen. Heut hab ich wieder Wieland viel meiner lezten Jahrs Geschicht erzählt und wenn ihr mich warm haltet; so schreib ich s wohl für euch ganz allein. Denn es ist mehr als Beichte wenn man auch das bekennt worüber man nicht Absolution bedarf. Adieu Engel, ich werde eben nie klüger, und muss Gott dancken dafür. Adieu. Und mich verdriessts doch auch dass ich dich so lieb habe und iust dich!

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Ich bin zur verwittweten Herzoginn gebeten, sonst wär ich grade zu Ihnen essen gekommen. Allein darf ich noch nicht seyn, und möcht auch niemand sehn als Sie. Heut Nacht verschwand ich, mir war's länger auszuhalten ohnmöglich. Sie sind nun da um geplagt zu werden. Liebe Frau werden Sie's nur nicht überdrüssig. Louise schien offen zu seyn. Der Teufel hatte die Keller geritten ein Kleid wie Sie an zu haben, das mich etlichemal betrog. Mein Miseln hat mich gestern auch ganz kalt gelassen. Ausser Ihnen und Ernsten war gar nichts für mich da. Adieu. Ich seh Sie wohl nicht! – Adieu Adieu.

G.

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[Sonnabend 3. Februar?]

Wie leben Sie liebste Frau! Ich sehe Sie noch. Hier in dessen was – Jezt gehts nach Erfurt.

G.

Antworten Sie nicht ich bin schon weg wenn Sie das kriegen.

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Hier noch zur guten Nacht, ein Ragout. – – Allerley – – Gewürzt –! Sie fühlen mit was!

G.

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Hier liebste Frau mit gutem frohen Herzen wieder was. Auch der Handschu. Ich bitte um sechs Paar mit Fingern und drey Paar nur mit dem Daumen und Läppgen. Noch hab ich Ihre Zeichnung nicht – Wieland, das Ungeheuer hats verlegt.

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Ich weis kein Wort von! Geben Sie sie auch nicht, wärs auch nur darum weil das Exemplar nicht gebunden ist.

Mir ist's heiter und wovon ich heut Nacht träumte müssen Sie fühlen. Ich schickte Ihnen gern meine Matinees aber Einsiedel solls selbst thun. Adieu liebe Frau.

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[Sonntag 11. Februar?]

Ich war auf der Gallerie und habe Nobodys Galanterien gegen Sie und seine Impertinenzen gegen seine Untergebne gesehen, es war ein Haupt Spas. Die Junge Herzoginn war heut hoben ganz in Gestalt und Wesen eines Engels, sie waren lieb zusammen, sie war auch lieb mit mir. Gute Nacht liebste Frau. Ich habe nicht erkennen können ob Sie meinen Straus vorhaben, doch glaub ich's, wie ich manchmal auch nur glauben muss – Gute Nacht liebe! liebe! Noch unter Einem Dach mit Ihnen Gute Nacht.

G.

18

[Montag 12. Februar]

Hier ein Buch für Ernsten, und die Carolin. Ich fühle wohl dass ich selbst werde kommen müssen, denn ich wollte gar vielerley schreiben, und fühle doch dass ich nichts zu sagen habe als was Sie schon wissen.

d. 12. Febr. 76.

G.

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Wandrers Nachtlied.

Der du von dem Himmel bist
Alle Freud und Schmerzen stillest,
Den der doppelt elend ist
Doppelt mit Erquickung füllest.
Ach ich bin des Treibens müde!
Was soll all die Quaal und Lust.
Süsser Friede,
Komm ach komm in meine Brust!

Am Hang des Ettersberg. d. 12. Febr. 76.

G.


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