Adolf Glaßbrenner
Neuer Reineke Fuchs
Adolf Glaßbrenner

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Neuer
Reineke Fuchs.

Von

Adolf Glaßbrenner.

 

Leipzig
Verlag von Carl B. Lorck.
1846.


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Erstes Capitel.

       

Beinahe seit Vierhundert Jahren
    Hat man vom Fuchse Nichts erfahren;
Die Welt weiß nur von damals her,
    Daß er noch kam zu Ruhm und Ehr,
Nach mancher feinen Schurkenthat
    Am Hofe wurd' geheimer Rath,
Und auf der Feste Malpertaus
    Ein Leben pflog in Saus und Braus.

So will ich denn bestmöglichst melden,
    Wie es ergangen unserm Helden,
Und wie er in der jüngsten Zeit
    Sich wieder machte groß und breit.

Herr Reinhard und sein ganzer Orden
    War bald zu Schand' und Spott geworden;
Denn ob er auch gelehrt und klug,
    War doch sein Sinnen List und Trug.
Er wollte sich, in Geist und Knochen,
    Die Welt der Thiere unterjochen;
Nie, eifernd nach der höchsten Macht,
    Hat sein Gewissen sich bedacht;
Erschien das Ziel nur schön und recht,
    War auch kein Mittel ihm zu schlecht;
Kurzum, der Fuchs und die Fuchsiten
    Die dumme Welt so arg beriethen,
Daß alle Thiere, groß und klein,
    Beim Nobel darum kamen ein,
Bei Babba auch, dem großen Ossen:
    Den Reinke Fuchsen zu verstoßen,
Ihn und die ganze Clerisei,
    Sonst sei's mit Ruh' und Glück vorbei.

Da haben dieser Herrscher Gnaden
    Ermessen ihrer Völker Schaden;
Ein sehr latein'sch geschriebner Brief
    Den Fuchs von seinem Amte rief;
Man ließ ihn frei von seinen Bürden,
    Man nahm ihm Titel, Ehren, Würden,
Man confiscirte seine Stifte,
    Auch die Domainen und die Grüfte;
Nur Malpertaus ließ man ihm noch,
    Sein altes Stamm- und Ahnen-Loch.

Hier zog die Ex-Exc'llenz nun ein
    Und lebte scheinbar ganz allein,
Um mit der Buhle Ermelin'
    Die kleinen Füchse zu erziehn.
Sein Vetter Grimbart lief umher
    Und lobte ihn im Lande sehr;
Er sprach: »Fuchs ist ein frommer Mann,
    Wie's keinen zweiten geben kann!
Von Morgens früh bis Abends spät
    Treibt er nur Buße und Gebet;
Von Abends spät bis Morgens früh
    Studirt er die Philosophie,
Und Staatsrecht und Staatsunrecht auch,
    Welch Letzteres bisher nicht Brauch.
Es ist erstaunlich, was er treibt,
    Und wie es ihm im Kopfe bleibt;
Wie er, so von der Weisheit satt,
    Noch Raum für so viel Tugend hat!
Ach, seit gekreuzigt ward der Sohn
    Des Höchsten auf dem Himmelsthron,
Ist Keiner, von Verdienst umbordet,
    So grausamlich justizgemordet!
O wär' im Amte er geblieben!
    Das Volk hat selbst sein Heil vertrieben.«

Das hörte nun mit langen Ohren
    Die Menge, stets zum Spott erkoren,
Und rief: »Ei, ei, Der redet klar,
    Des Grimbarts Worte, sie sind wahr!
So fortzujagen unsern Fuchsen!
    Wir durften damals nur nicht mucksen,
Sonst hätten wir, wie sich's gebühret,
    Vielleicht für ihn noch petitiret!
Denn, gnau genommen, ist er besser
    Als all' die andern Steuernfresser.
Das Faulthier und das dicke Schwein,
    Die mästen stets nur sich allein;
Der Esel, der das Innre hat,
    Verschluckt tagtäglich Blatt um Blatt;
Der Wolf ist auch so ein Minister!
    Die Schafe frißt, das Land vergißt er!
Die kleine alte Cultus-Katze
    Krallt unsre Freiheit mit der Tatze;
Der Rabe stiehlt bei den Finanzen
    Für sich, den Hof und dessen Schranzen,
Und gibt uns einen Nachweis jährlich,
    Der so entbehrlich wie erklärlich:
Man müßt' ihn darum hängen lassen,
    Weil seine Zahlen immer passen!
Und gar der Dompfaff, dieser Heuchler,
    Der Pietist und Fürstenschmeichler!
Wär's nur erlaubt, ich riefe: Nieder!
    O hätten wir den Fuchsen wieder!«


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