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Die schöne Kuh saß ganz allein
Und ließ vom Abendsonnenschein
Durch's offne Fenster sich bestrahlen,
Und sah ihn Wald und Au bemalen
Mit Gold und Silber zauberisch,
Und all der Reiz war ihr so frisch,
Der sie doch hundert Mal gelabt,
Als hätt' sie nimmer ihn gehabt.
Da fuhr vor ihres Hauses Thor
Der schlaue Pater Rothhaar vor,
Der ihr so Uebles angethan.
Denn heute hatte schon Herr Hahn
Frühkrähend Alles ihr gesagt,
Und ihn als Mörder angeklagt,
Und auch der Hund thät ihn bebellen
Als den abscheulichsten Gesellen.
So trat sie denn mit Ungestüm
Und zorn'ger Stirn entgegen ihm:
Fuhr aber vor dem finstren Blick
Des Fuchses ängstiglich zurück,
Und wagte nicht ein Wort zu sprechen,
Als er den Blick, den strengen, frechen,
Ihr bohrte bis in's Herz hinein,
Als sollte es ihr Letztes sein.
Er sprach: »Dein buhlerischer Diener
Verrieth Dir, Weib, daß ich zwei Hühner
In jene Welt befördern mußte
Nach Babba's Willen, denn Der wußte,
Daß sich das Weibsvolk ließ bethören
Der gottverdammten Kirch' zu schwören!«
Dies sprach er mit erhobner Stimme
Wie in des Fanatismus Grimme,
Viel wahrer als in den Tragödien
Die Helden schreien stets und pred'gen:
Wodurch er so die Wirthin täuschte,
Daß sie das Kreuz schlug und vergaß,
Daß Reinke auch die Hühner fraß –
Was doch der Glaube nicht erheischte.
Fort fuhr er: »Das sind Kleinigkeiten!
Du hast Dich jetzt vorzubereiten
Mit ganzer Seelenstärke
Zu großem Werke!
Du bist, noch eh' es wieder tagt,
Eine heilige Fuchsitenmagd!
Schwester des heiligsten Complotes:
So ist es Babba's Will' und Gottes!«
Und zog zu besserem Erfolg
Aus seinem Busen einen Dolch
Und sprach: »Und so sich abgeneigt
Jemals Dein Sinn dem Orden zeigt;
So Du nicht sein bist ganz und gar,
Auch in der drohendsten Gefahr,
Wenn Du ihm Seele, Leib und Leben
Auf ewig hingegeben;
So je Du aus dem Orden plauderst
Und jemals zu befolgen zauderst,
Was er, was also Gott gebot,
Und sei's selbst Deiner Mutter Tod, –
So Du nur wagst
Und ein Mal fragst,
Warum Du für den Orden
Und seinen heil'gen Zweck mußt lügen,
Verleumden, heucheln und betrügen,
Selbst buhlen, stehlen, rauben, morden:
So sei gewiß, nur eines Worts
Für unsre heimlichen Rapports
Bedarf's von mir, und allerorts
Solch ein Stilet Dich, oder Gift,
Zur Hölle Dich zu senden trifft!«
Bei Diesem war der Fuchs ganz Feuer,
Und drum die Wirkung ungeheuer.
Die Kuh lag knieend vor ihm da,
Bereit zu Allem, was geschah.
Sie fragte leise nur, weßwegen
So schnell ihr ward des Tempels Segen,
Erhebend sie zu solcher Stufe
Und zu so heiligem Berufe!
Und Reinhard, ihre breite Stirne
Nun küssend, sprach zur schönen Dirne:
»Weißt Du nicht, Schwester, welchen Gast
Du diese Nacht beherbergt hast?
Er ist nicht nur unviehisch reich,
Kein Thier ist ihm an Würde gleich;
Es ist das höchste, größte Thier,
Ist Seine Majestät der Stier!«
Bei diesen Worten fiel im Nu
Ohnmächtig hin die schöne Kuh.
Herr Reinhard aber ließ sie liegen
Und thät, im Antlitz Hohn und List,
Wie Einer süß um's Kinn sich streicheln,
Der nach Intriguen und Fatiguen
So recht mit sich zufrieden ist,
Und sich dafür muß selber schmeicheln.
Dann aber thät er niederducken,
Gestreckten Halses um sich gucken,
Und wurde schier sein eigner Schranze,
Denn mit dem langen, pelz'gen Schwanze
Fuchsschwänzelte er selbst um sich,
So sündengier, unzüchtiglich,
Als ob's ihn lange schon beläst'ge,
Daß er die nackte innre Bestie
Im Priesterkleide müßt' verstecken,
Und nun heraus sie dürfe recken.
Doch als erholt sich nun die Kuh,
Stand er mit Würde, Ernst und Ruh'
Vor ihr und sagte ihr viel Liebes:
Zwar bei dem Schwur, dem strengen, blieb es,
Sonst aber sei sie frei; entbinden
Würd' sie der Orden aller Sünden,
Die sonsten sie begehen wolle;
Auch wie der Schatz des Ordens zolle
Für den Gehorsam Vielerlei,
Was gar nicht zu verachten sei;
Besonders aber sei es der Reiz,
Der doch müßt' fesseln ihren Ehrgeiz,
Daß sie ein Mitglied nun des Bundes,
Des mächtigsten des Erdenrundes.
Sie sah schon lächelnd vor sich hin;
Er griff ihr zärtlich an das Kinn:
»Nun sorgt und kümmert Euch nicht weiter!
Schön Kuhchen wird schon wieder heiter
Und ihre Wange wieder roth.
Nun stellt sie mir ein Abendbrod,
Ein recht solides: ein'ge Trauben
Und ein Paar fette junge Tauben,
Vielleicht ein Häschen noch dazu:
Dann lob' ich meine schmucke Kuh.«
»Wie?« rief sie, »Ihr wollt Thiere speisen?«
»Ja,« lachte er, »Euch zu beweisen,
Daß, sieht's nur nicht die prüde Menge,
Der Fuchsen-Orden gar nicht strenge.
Bei Speis und Trank ist diese Nacht –
Ihr müßt sie opfern – bald durchwacht;
Denn ich muß bei verschloßnen Thüren
Die neue Schwester instruiren,
Was mit dem König soll geschehen,
Wie sie ihn wenden muß und drehen,
Bis mit dem Arm, dem weltenlangen,
Den Goldfisch wir im Netze fangen!
Nun geht und sorgt für unser Essen,
Und gebt das Buch mir unterdessen
Vom Fenster dort, das Ihr gelesen!
Laßt sehn, was ist es denn gewesen?«
Sie bracht' es ihm. »Ei, 'was Bekanntes!
Der Don Quixote von Cervantes.«
Er las; die Wirthin aber ging
Nach Kammer, Küch' und Keller flink,
Und thät ihr Bestes daran wenden,
Da drinnen ihrem leckern Kauze
Recht etwas Leckeres zu spenden,
Und Ein'ges auch für ihre Schnauze;
Besonders einen Kleesalat,
Den machte sie ganz delicat!
Und wie nun Alles schön und gar
Und auf den blanken Schüsseln war,
Nahm sie ein feines Tuch von Drill'ch,
Rothwein und auch Liebfrauenmilch,
Sogar zween Flaschen Van der Vecken,
Und thät allein das Tischlein decken
Mit heitrem Blick und weißer Schürze.
Die letzten lieblichen Gewürze,
Und freute sich auf ihren Lohn,
Den Dank des Gast's, im Voraus schon.
Und draußen sagte sie den Mägden,
Damit sie keinen Argwohn hegten:
Der Herr drin wolle bei ihr speisen,
Und morgen frühe weiterreisen;
Sie sollten drüben
Auf Nummer Sieben
Frisch Wasser stell'n, das Bett aufdecken,
Und ihn um acht Uhr morgen wecken.
Nun könnten sie zur Ruhe gehn,
Sie würde schon nach Allem sehn.
Die Mägde, wohlgenährt und kräftig,
Bei'm Herde und bei'm Trog geschäftig,
Verzogen keine Mien', versichernd,
Daß Alles, wie es von Madamen
Befohlen wäre, sollt' geschehen;
Doch kaum thät Die den Rücken drehen,
So steckte flüsternd schnell und kichernd
Das lose Volk die Köpf' zusammen.
Und ich, der immer keusch und zart,
So lang' die Wahrheit solcher Art,
Will lieber horchen nicht, nicht wissen
Die Scherze, welche dort gerissen.
Dieweil ich aber keusch und zart,
So lang' die Wahrheit solcher Art,
Und reiflich überlegend wähle,
Was aus dem Thierreich ich erzähle.
Soll man auch hier in den Geschichten
Sich Nichts ergänzen, Nichts erdichten,
Nichts schmutzig machen, Nichts vermuthen
Im Bösen, immer nur im Guten;
Noch weniger such' Ironie
Und Witz man und Satyre hie!
Denn diese Drei sind mir so fremd
Beinahe wie ein Jungfernhemd.
(Für Damen!) Die sind mir so fern,
Wie meinem Rock der Prinzenstern.
Die schöne Kuh, der schlaue Fuchs,
Sie setzten sich zu Tische flugs;
Sie schmausten Beide ganz allein
Und tranken manches Gläschen Wein;
Sie waren aufgeregt und munter,
Und mehr als munter auch mitunter.
Doch als es kam um Mitternacht, –
Da ward der Fuchs ernst und bedacht,
Denn seine neue Creatur,
Sie mußte leisten nun den Schwur,
Den furchtbarsten, so in der Welt
Je einer Seele ward gestellt.
Dann gab er ihr noch hundert Lehren,
Den neuen Herrscher zu bekehren,
Daß er sein Herz nicht mehr erwärme
Für Freiheit, und für Volksglück schwärme;
Belehrte sie, wie durch Verweigern
Die Mannesliebe sei zu steigern,
Doch Der, der Sklaven haben wollte,
Sie nicht verhungern lassen sollte, –
Und lehrte ihr viel kluge Sachen,
So wiederbrachten Scherz und Lachen.
Und war die schöne Kuh auch spröde,
War Reineke doch nicht sehr blöde,
Und so ging's denn ohn' Unterlaß
In kecken Scherzen fort, so daß
Sie Beide, als Herr Henning krähte,
Sich wunderten, daß es so späte.
Sogleich thät sich der Fuchs ermannen,
Nahm seinen Hut und schlich von dannen,
(Als sei er wider Recht geblieben),
Die Stieg' hinauf nach Nummer Sieben,
Und legte sich im Bett zurecht
Und schlief und schnarchte da nicht schlecht.
Um acht Uhr ward er von der Magd
Geweckt, wie's gestern angesagt,
Und gleich darauf – um neun Uhr – kam
Dieselbe Magd zu der Madam,
Berichtend ihr, die noch sich streckte,
Daß Er, der eben Aufgeweckte
Auf Nummer Sieben, an sich kleide,
Jedoch zu seinem großen Leide
Es seine Zeit ihm nicht vergönnte,
Daß er sich ihr empfehlen könnte.
»Doch hat der Herr mir aufgetragen,
Es Euch, Madame, ja zu sagen:
In keinem einzigen Hôtel,
Sowohl im Süden wie im Norden,
Sei er so trefflich, fein und schnell
Und angenehm bedienet worden.«
Es werden die Hôtelbesitzer,
Die dieser Parallel' sich schämen,
Des Fuchses malitiösen Schnitzer
Mir hoffentlich nicht übel nehmen!
Von Menschenthun und Menschenwesen,
Von Uns und Unsern Interessen
Ist hier im Buche Nichts zu lesen.
Das bitt' ich ja nicht zu vergessen!
Ein Schelm! wer Das auf Menschen paßt,
Was hier von Thieren abgefaßt! – |