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Die Nacht war warm und wunderhold;
Der Mond zog still mit seinem Gold
Durch Wald und Thal, um Hütt' und Haus,
Und sah dabei so altklug aus
Schier wie der gute Großpapa,
Der, was geschieht und was geschah
Von seinen Enkeln in der Welt,
Für eitle Spielereien hält.
Ein Lüftchen buhlte um die Blüthe;
Sie gab ihm einen Kuß in Güte,
Mehr nicht, dieweil schon die Charmante
Den Galgenstrick von früher kannte;
Weil er sogleich dann weiter flog
Und Blum' und Blümechen betrog.
Die Sterne blinzelten am Himmel
In silbergoldenem Gewimmel;
Der Großpapa in ihrer Mitte,
Ob er ein bös Gesicht auch schnitte:
Sie spielten Farben frisch und munter,
Und wurden bunter noch und bunter,
Und machten röther sich und blasser,
Und spiegelten sich in dem Wasser,
Und bildeten so hübsche Gruppen,
Und warfen auch mitunter Schnuppen
Als Liebesbriefe auf die Erde,
Auf daß sie endlich glücklich werde.
Der Schwan zog durch den Silberteich
Tiefblickend, ernst, gedankenreich;
Es war der Philosoph, der weise,
Und zog geheimnißvolle Kreise,
Studirte manches große Blatt,
Und sagte nie: sapienti sat!
Und konnte sich doch nicht erheben
Und singend in die Lüfte schweben!
Die schlanke Wasserlilie dachte;
Wenn heut in dieser schönen Nachte
Dein Buhle käme durch den See,
Du wärest sein auf Wohl und Weh!
Die Vögel aber oben lachten
Und riefen: Laßt die Lilie schmachten!
Wir kosen hier auf Nest und Zweig,
Die Luft ist doch ein glücklich Reich!
Und bei der holden Nachtviole
Da war dem bunten Sphinx so wohle!
Nur Eines hörte man ihn klagen:
Ach, schrecklich wird es wieder tagen!
Die Bäum' im Walde leise rauschten;
Die Geister flüsterten und lauschten;
Manch Hälmchen richtete sich auf
Und betete zum Mond hinauf;
Ein Liebesglück flog rundherum,
Es war so laut und doch so stumm!
Es war so süß, es war so warm,
Als hätte Gott die Welt im Arm!
Bezaubert waren Flur und Hain,
Die Nachtigall sang mittendrein. –
Der Obrist hielt schon vor dem Schlosse
Mit zehn der Gnitzen hoch zu Rosse;
Die andern neunzig Mann der Gnitzen,
Die waren, mit den zween Haubitzen,
Dem Capitain subordinirt,
Und schon vor Eilfe ausmarschirt.
Beim Rosen- und Reseda-Land
War eine hohe Graseswand;
Dort sollt', so lang es würde dauern,
Das Bataillon verborgen lauern,
Bis die Hornisse würde blasen,
Um schnell dann in den Feind zu rasen.
Zwar war die Ordre sehr vermessen,
Und gänzlich gegen den expressen
Befehl des Prinzen: »Doch die Jugend,«
Dacht' sich der Obrist, »hat nicht Tugend.
Der Prinz ist noch zu jung in Jahren,
Hat nicht so viel wie ich erfahren.
Gott's Blitz! ich weiß, bei Hannibal
War ein Mal eben solcher Fall,
Der hatte auch tollkühnen Muth;
Schon sank er hin, schon floß sein Blut,
Da kam mit hundert Mann gerannt
Ein hannibalscher Lieutenant,
Und hieb bei Cannä an der Schwemme
Heraus den Feldherrn aus der Klemme.
Und besser,« rief der Eisenfresser,
»Das ist und bleibt mal immer besser!
Wer weiß, was drüben uns beschieden!
So leicht geht's nicht zu einen Siege!
Mord-Kreuz! ich traue nicht den Frieden!
Jedoch noch weniger den Kriege!«
Auch hatte er daran gedacht,
Und ein Musikcorps mitgebracht:
Die Pfeifer, Flöter und Hornisten,
Trompeter und die Serpentisten,
Ein Jeder von den kleinen Rangen
Blies, um den Fürsten zu empfangen,
Auf seinem Instrument, zickzackig,
So con amore und bausbackig,
Als käm' der Prinz vom blut'gen Feld
Schon sieggekrönt zurück als Held.
Der eine Marsch war von Bremsini,
Der andre aber von Spontini.
Kaum hatte es der Prinz gehört,
Kam er herunter, bleich, verstört,
Schwang sich aufs Roß und gab ein Zeichen
Dem Obrist, daß er thu' desgleichen.
Drauf commandirte Dieser barsch:
»Zu Pferde, Gnitzen! Vorwärts Marsch!«
Die Fliege führte in den Taschen
Mit sich drei wohlgefüllte Flaschen;
Sie kostete von dem Holunder,
Und schnalzte schon nach dem Burgunder.
Der Leibarzt fuhr sehr hinterdrein;
Der wollte nicht beim Heere sein;
Er pries den großen Mann aus Köthen,
Und liebte nicht das schnelle Tödten.
So ging es durch die schöne Nacht
Beim Mondenscheine schnell und sacht.
Und durch das Scharren und Gerappel,
Und durch das Knarren und Getrappel
Ward manches Blümchen aufgeschreckt
Und aus dem süßen Traum geweckt.
Uns Menschen hätt' es nicht gestört;
Wir hätten es wohl kaum gehört.
Denn unsre Sinne sind so plump,
Die wollen Alles gleich zu Klump!
Auch sind wir gar so dick und lang,
Und treten wohl bei unserm Gang
Viel zartes Leben, viel Gedichte,
Und manche liebliche Geschichte
Mit einem Stiefeltritt zunichte. |