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Ein kleiner Geschäftsmann in Paris lebte ehrbar und fleißig mit seiner Frau und einer erwachsenen Tochter. Er wußte nicht viel von der Welt, die Seinigen auch nicht; er verkaufte Glaswaren, und auf Glaswaren verstand er sich, und was er wußte, das hatte er auch Frau und Tochter gelehrt, soweit Frauenspersonen solche Dinge begreifen können, wie Hohlschliff und Doppelschliff, venezianisches und böhmisches Glas, prima und sekunda Kristall; sie verstanden es eben nur praktisch. Seit langen Jahren kaufte er immer nur von denselben drei Fabriken, die eine gute Ware lieferten, keinen billigen Schund, der vor den Augen des Kenners keinen Bestand hatte. Es lag ihm nichts an Kunden, welche immer etwas Neues vorgelegt haben wollen, die an Extraware mäkeln und an soliden Preisen abhandeln; aber wenn jemand vor zwanzig Jahren ein Dutzend gute Gläser bei ihm gekauft hatte, so konnte er ihm immer ein zerschlagenes Stück ersetzen, damit das Dutzend voll blieb; und das war auch etwas wert.
Der eine seiner Lieferanten kam plötzlich außerhalb der Zeit und ersuchte ihn im Laden um eine besondere Unterredung; er führte ihn ins Kontor; dort fragte der Geschäftsfreund, ob er ihn für einen ehrlichen Mann halte; er antwortete: »Wie mich selber, Herr«; der Geschäftsfreund weinte und bat ihn um seine Bürgschaft. Er antwortete, es tue ihm weh, einen tüchtigen alten Geschäftsmann weinen zu sehen, dem die Glasbranche so viel verdanke, und es sei eigentlich kränkend für ihn, daß der andere zu zweifeln scheine, ob er ihm eine so kleine Gefälligkeit erweisen wolle. Der Geschäftsfreund wollte ihm seine Lage auseinandersetzen, aber er schnitt ihm das Wort ab, verlangte den Bürgschein und unterschrieb ihn.
Nach etwa einem Vierteljahr mußte der Geschäftsfreund sich für zahlungsunfähig erklären; die Bürgschaft wurde eingeklagt, und unserem Mann wurde sein ganzes erspartes Geld, seine Vorräte, sein Laden, kurz alles genommen. Als die Gerichtsbeamten fortgegangen waren, sagte er zu seiner Frau: »Mir ist plötzlich so wunderlich zumute, ich will mich zu Bett legen.« Die Frau brachte ihn die Treppe hinauf in die Schlafkammer und tröstete ihn, er solle sich doch keine Vorwürfe machen, für Unglück könne kein Mensch. Er sagte noch: »Am meisten tut mir das Kind leid,« dann war er plötzlich tot.
Wie die Beerdigung vorüber war, ging die Mutter mit der Tochter zu einem unverheirateten Bruder des Verstorbenen, der für einen reichen Geizhals galt; sie hoffte, daß er ihnen helfen werde.
Der Schwager sagte: »Es ist Essenszeit, ihr könnt bei mir mit essen.« Aus einem Schrank holte er ein Stück Brot, Messer, ein Stück kalten Braten, in eine Zeitung eingeschlagen, drei Teller, und setzte das alles auf den Tisch. »Frisches Brot liebe ich nicht,« sagte er, als die Witwe an der harten Kruste schnitt; »altes Brot sättigt besser.« Von dem Braten schnitt er drei kleine Stücke ab und legte auf jeden Teller eins. Man begann zu essen. Plötzlich sagte er: »Ihr übernehmt euch, wenn ihr auf den Kummer so viel eßt; ich hatte nicht daran gedacht, daß das schädlich sein kann«; damit schnitt er von den Fleischstückchen der beiden die Hälfte ab und legte sie zurück auf die Zeitung.
Das Haus des Schwagers lag an einer jener Geschäftsstraßen, in denen die kleinen Gewerbe betrieben werden. Er erzählte, daß der untere Raum früher an eine Frau vermietet gewesen sei, welche die Strohsitze der Stühle auszubessern pflegte und damit sehr viel Geld verdiente. Sie habe die Wohnung aufgegeben unter dem Vorwand, daß sie feucht sei und nur ein einziges Zimmer habe; dabei sei es ganz natürlich, daß man den größten Teil des Jahres die Arbeit auf der Straße verrichte wegen der größeren Helligkeit, man habe also übergenug Raum. Diese Wohnung wollte der Schwager den beiden Frauen vermieten und nicht mehr verlangen, wie er früher bekommen habe, trotzdem die Mieten allgemein gestiegen seien.
Die beiden Frauen griffen zu; in einem halben Tage hatten sie das Flechten der Sitze gelernt, und in kurzer Zeit bekamen sie genügend Kundschaft, um bei angestrengter Arbeit sich sehr bescheiden durchschlagen zu können. Sie waren dem Schwager für seine Hilfe in der Not von Herzen dankbar.
Das junge Mädchen war eine Schönheit. Viele Menschen gingen an ihr vorbei, indessen sie ihren Stuhl zwischen den Knien hielt und mit flinken Händen ihre Arbeit machte, das Köpfchen eifrig niedergebeugt. So verging kein Tag, wo sich nicht irgendein aufdringlicher junger Mann ihr näherte, ihr Schmeicheleien sagte und in mehr oder weniger unzweideutiger Weise anzuknüpfen suchte, und diese jungen Männer waren von jeder Art: Offiziere und Handwerksgesellen, junge Kaufleute, Studenten und Arbeiter. Lisette, so hieß das Mädchen, antwortete nie; sie hatte schnell begriffen, daß das die einzige Möglichkeit war, sich vor den Aufdringlichen zu schützen; aber oft genug beugte sie das Köpfchen tiefer über die Arbeit, errötete und verschluckte Tränen.
Unter den jungen Männern, die täglich an ihr vorbeigingen, war einer, welcher ihr durch eine besondere Bescheidenheit auffiel; er grüßte jedesmal artig, aber richtete nie ein Wort an sie. Sein Anzug war gut und sauber, sein allgemeines Aussehen angenehm; er schien ein ruhiger und gesetzter Jüngling zu sein.
Dieser klopfte nun an einem Sonntag, als die beiden Frauen ruhig und friedlich in ihrem Hause saßen, an die Tür und bat um die Erlaubnis, eintreten zu dürfen. Sie wurde ihm gewährt; er kam in das Zimmer, setzte sich verlegen auf den angebotenen Stuhl und begann nach einigem Zögern folgendermaßen.
»Ich bin Angestellter in einem großen Bankgeschäft. Sie werden wissen, daß unsereins genötigt ist, viel auf das Äußere zu geben, und so entspricht meine Einnahme denn nicht den Vorstellungen, welche Sie nach meiner Kleidung sich machen können. Seit Sie hier wohnen, habe ich Sie täglich mehrmals gesehen, und ich bin so kühn zu sagen, daß ich zu Fräulein Lisette gleich das erstemal, als ich an ihr vorbeiging, eine heftige Liebe faßte. Ich habe mir lange vorgehalten, daß es eine Torheit wäre, wenn ein Mann mit so geringen Aussichten um die Hand eines so reizenden Mädchens anhalten würde, ich habe mir weiter gesagt, wenn selbst das Unglaubliche geschehen sollte, daß ich ihre Zuneigung gewänne, so wäre es doch ein Unrecht von mir, sie in mein dürftiges Leben zu ziehen, die doch jedes Glück und jede Freude genießen sollte.«
Hier stockte der junge Mann beschämt, dann fuhr er fort:
»Nun aber sehe ich, wie vielen Belästigungen das Fräulein ausgesetzt ist, und ich habe mir gedacht, wenn sie meine Gattin wäre, so würde sie mit ihrer ehrwürdigen Mutter doch wenigstens ruhig und ohne Kränkung in meinem Hause leben können. Ich meine doch nicht, daß es eine häßliche Ausnutzung ihrer Lage ist, wenn ich annehme, daß dieser Gedanke sie bestimmen könnte, meinen Antrag wenigstens freundlich anzuhören; und das Fräulein ist wohl für ein besseres Los bestimmt, als ich ihr bieten kann, aber nur zu oft erhält der Vortreffliche nicht das, was er beanspruchen darf, und wenigstens besser wie ihre gegenwärtige Lage ist doch die Lage, in der sie wäre als meine Gattin.«
Als der junge Mann diese Rede beendet hatte, blickte er schüchtern zu den Frauen, denn er hatte sie fast auswendig hergesagt, indem er immer auf den Fußboden sah; Lisette nahm ihr Taschentuch vor die Augen, schluchzte, stand auf und ging aus dem Zimmer auf die Straße; der Jüngling hatte sich gleichfalls erhoben und sah ratlos die Mutter an; diese nötigte ihn, sich wieder zu setzen, erzählte, daß sie früher eine Pendule auf dem Kaminsims gehabt habe und daß Lisette ein gutes Mädchen sei; daß der junge Mann ihr gefallen habe, und daß Lisette gewiß noch eine bessere Partie machen könne; aber die Hauptsache sei doch immer das Herz, und sie wolle sich nur erst nach ihm erkundigen, denn trauen könne man in Paris niemandem, und sie sei auch nicht vertrauensselig, und wenn ihr Mann auf sie gehört hätte, so könnte er noch leben und am Sonntagnachmittag mit ihr und Lisetten spazieren gehen, aber er sei zu gut gewesen. Hierbei fing sie gleichfalls an zu weinen und weinte eine ganze Weile, während der junge Mann nichts mehr zu sagen wußte; dann beruhigte sie sich etwas und erzählte, früher habe sie ein Kristallservice in einem silbernen Gestell für Likör gehabt, aber jetzt könne sie niemandem mehr etwas anbieten.
Ob die Erkundigungen sehr geschickt angestellt wurden, ist nicht bekannt, jedenfalls aber fielen sie günstig aus und die beiden jungen Leute verlobten sich, unter recht anzüglichen Redensarten des Schwagers über den Liebeskitzel beim Bettelvolk und dergleichen.
Der junge Mann erklärte bescheiden, eigentlich sei es ja Sitte, daß man der Braut Blumen bringe; aber das sei doch etwas Unpraktisches, und er bitte um Entschuldigung, wenn er lieber etwas Praktisches schenke; und so brachte er denn bald einen Kleiderstoff, bald Leinen zu Hemden, bald ein wärmendes Tuch für die Mutter und ähnliche Sachen.
Lisette sagte ihm einmal: »Ich nehme ja gern jedes deiner Geschenke, weil ich deine Liebe sehe, aber ich möchte dir auch einmal etwas geben können, was mich ein Opfer gekostet hätte, damit du dich freuen könntest über mich.« Dieser Wunsch erfüllte sich ihr, aber in einer sehr schlimmen Weise. Plötzlich wurde nämlich der Bräutigam von einer merkwürdigen Krankheit befallen, die man heute wohl auf nervöse Ursachen zurückführen würde, damals aber gar nicht verstand: er war gelähmt, konnte nicht gehen, auch die Arme fast nicht bewegen, und mußte beständig ausgestreckt im Bett liegen. Lisette und ihre Mutter gingen zu ihm, ihn zu pflegen; sie mußten ihre Arbeit vernachlässigen, und weil sie nun bis dahin mit aller Anstrengung nur genau so viel verdient hatten, wie sie zum Leben brauchten, und mit der Miete nicht in Rückstand bleiben durften, weil der Schwager ihnen immer sagte, er könne die so günstig gelegene Wohnung gleich jeden Tag vermieten, wenn er wolle, so mußten sie sich im Essen einschränken, und das wurde besonders der guten Lisette recht schwer, welche von Natur einen gesunden Appetit hatte. Auch war die Pflege selber recht anstrengend, denn der Kranke mußte aus dem Bett und in das Bett getragen werden. Zum großen Glück hatte der gute Jüngling nicht schon alle seine Ersparnisse für die Geschenke ausgegeben, wie es sicher der Fall gewesen, wenn die Krankheit erst einen Monat später gekommen wäre; so konnte Lisette denn beim Schlächter ihm ein gutes Stückchen Briesenfieisch oder beim Geflügelhändler eine Taube und anderes derartiges kaufen, was leichtverdaulich und stärkend ist.
Inmitten dieser Aufregungen und Sorgen nun starb plötzlich unvermutet der Schwager, weil er ein verdorbenes Stück Leberwurst gegessen, das er nicht hatte fortwerfen mögen. Die Herren vom Gericht kamen, versiegelten alles, forderten die beiden Frauen auf, ihre Papiere beizubringen, Lisette wurde als Erbin erklärt und fand sich plötzlich als reiches Mädchen von mehreren hunderttausend Franken Vermögen.
Mutter und Tochter besprachen sich nun untereinander, wie sie sich bei diesem Umschwung der Verhältnisse gegenüber dem Verlobten verhalten müßten. Die Mutter sagte: »Du kannst jetzt einen vornehmen Mann heiraten, einen Advokaten oder Arzt, und wenn eine Frau reich ist, so liebt sie der Mann auch und behandelt sie gut. Aber dein Vater sagte immer: Sein Wort muß man halten, und dein Vater hat immer recht gehabt; jetzt sieht man wieder, daß er recht hatte, wie er den Schein unterschrieb; das habe ich immer gesagt, wenn die Leute über ihn redeten; er hat wohl gewußt, was er tat; nun haben wir jetzt die schöne Erbschaft gemacht. Aber dein Bräutigam ist ein kranker Mann, und ein kranker Mann und eine junge Frau, das tut nicht gut.« Die Tochter sagte errötend: »Ja, ich glaube auch, daß Vater immer recht hatte.«
Aber nun überlegten sie sich, wie sie dem Bräutigam eine Mitteilung machen sollten. Die Tochter meinte, es sei besser, wenn sie ihm nichts erzählten, denn weil er arm und nun auch krank sei, so werde er sich bedrückt fühlen, wenn er nun höre, daß sie ein solches Vermögen besitze. Die Mutter erwiderte, er habe doch gewiß Sorgen, denn seine Ersparnisse seien fast aufgebraucht, und die Sorgen schadeten ihm doch sicher. Die Tochter kam auf den Gedanken, ihm zu erzählen, der Bankier, bei dem er gearbeitet, habe sie rufen lassen, sich nach ihm erkundigt und versprochen, alle Kosten der Krankheit zu bezahlen. Nach mancherlei Bereden schien den beiden dieser Plan gut zu sein. So machten sie denn dem Kranken die Erzählung, zu dessen großer Verwunderung, denn er hatte von seinem Herrn einen solchen Edelmut nicht erwartet; er sagte, daß er jetzt bereue, so ungünstig über ihn geurteilt zu haben, und sich vornehmen wolle, von nun an immer Gutes von den anderen Menschen zu denken. Sein Herr hatte einen Lieblingssatz, den er bei jeder möglichen Gelegenheit aussprach: »Erst komme ich, dann komme ich noch einmal, und dann kommen die anderen Leute immer noch nicht«; aber man kann sich ja vorstellen, daß ein solcher Mann seine guten Taten im verborgenen tun will und sich deshalb gern als hartherzig ausgibt.
Die Freude über die geglaubte Wohltat seines Herrn und die Sorglosigkeit wirkten auch günstig auf seine Gesundheit ein; er konnte sich etwas im Bett aufrichten und aß mit größerem Vergnügen die guten Speisen, welche Lisette ihm zubereitete.
Inzwischen wurde die wunderliche Erbschaft der hübschen Stuhlflechterin im ganzen Stadtviertel besprochen und das Gerede kam natürlich auch zu den Ohren der vielen unredlichen Liebhaber. Ein Teil von diesen zog sich beschämt zurück: alle Soldaten, Handwerksgesellen und Ähnliche, deren Stand nun plötzlich tief unter dem reichen Mädchen war; die weitaus meisten aber verwandelten ihre früheren leichtfertigen Absichten in bürgerlich ehrenwerte Pläne und beschlossen, das hübsche Mädchen mit der reichen Mitgift zu heiraten. Da die guten Weiberchen still für sich hin lebten und auch der junge Mann keinerlei Verkehr hatte, so war von der Verlobung nichts bekannt geworden; deshalb kamen denn nun ohne weiteres die Besuche und Briefe der jungen Herren mit den Heiratsanträgen der verschiedensten Art, so daß die beiden in vielfache Verlegenheit versetzt wurden; um Diesem zu entgehen, verließen sie ihre dürftige Wohnung und mieteten sich in einer anderen Straße ein.
Unter den Verehrern fand sich einer, der mit einem besonderen Spürsinn ausgestattet war. Dieser suchte nach einem Grund, weshalb Lisette die ansehnlichsten Bewerber ausschlug, und konnte sich nichts anderes denken, als daß sie bereits einen Geliebten haben müsse. Diesen machte er durch Nachforschungen bald ausfindig, und da stellte es sich heraus, daß er eine entfernte Bekanntschaft mit ihm hatte, auf die hin er ihn wohl besuchen konnte.
Das tat er denn nun auch, erzählte dem Kranken die Erbschaftsgeschichte und hielt ihm dann etwa folgende Ansprache: »Ich kenne Sie als einen billigdenkenden Mann. Sie sind krank, Sie werden nicht dem Glück eines reizenden jungen Mädchens im Wege stehen wollen. Sprechen Sie für mich, Sie haben es nicht mit einem Undankbaren zu tun; es wird immer eine Freude für mich sein, wenn ich für Sie sorgen kann.« Damit verließ er den Erstaunten.
Als nun die beiden Frauen ihn wieder besuchten, berichtete er ihnen, was er erfahren, und fuhr dann fort: »Ich habe eure Pflege mit herzlichem Dank angenommen und habe mir immer gedacht, wenn ich erst wieder genesen wäre, so wollte ich denn Lisette heiraten und euch beiden zu erwidern suchen, was ihr an mir getan. Nun aber sehe ich wohl ein, daß ein Mann wie ich ein so reiches Mädchen nicht beanspruchen kann, und daß es unrecht wäre, wenn ich Lisette nicht ihr Versprechen zurückgäbe. Aber ich möchte um eines bitten: daß sie auf meinen Rat hört, wenn sie einen Gatten erwählt, denn ich habe mehr Kenntnis der Welt wie sie; von dem Mann, welcher bei mir war, würde ich auf jeden Fall abraten.«
Lisette kniete am Bett nieder, ergriff seine Hände und sprach: »Lieber, ich bleibe bei dir, du bist krank und mußt jemanden haben, der dich pflegt.«
»Das ist ein falscher Gedanke,« antwortete er. »Du würdest mir zu viel aufopfern. Und ich weiß ja auch, daß ich nicht ein solcher Mensch bin, welcher eine derartige Hingabe aus übermäßiger Liebe erwarten kann, ich bin nur ein Angestellter wie tausend und zeichne mich durch nichts aus. Früher war die Sache anders, als du arm warst, da konnte ich dir etwas bieten, und wenn es auch wenig genug war und in keinem Verhältnis stand zu deinem Wert, so waren doch die Verhältnisse derartig, daß es für dich gerade einen Wert hatte. Daß du bei mir bleiben willst, das kommt jetzt nur aus der Rechtschaffenheit deines Herzens, die ich ja kenne.«
Lisette stand auf, wurde ganz blaß, kreuzte die Arme über die Brust und sagte: »Du bist krank und kannst dich nicht bewegen, deshalb sage ich es dir, sonst würde das Wort nicht über meine Lippen kommen: Ich habe dich lieb.«
Der Kranke erschrak und fühlte einen heftigen Ruck durch seinen ganzen Körper, er richtete sich auf, sprang aus dem Bett, breitete seine Arme aus und rief: »Lisette.«
»Er ist gesund, er ist gesund,« rief die Mutter; Lisette sank ihr ohnmächtig vor Freude in die Arme.