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Von der Begleiterin, die außen stehen blieb, durch die schmale Pforte hereingeschoben, sah sich der Germane erstaunt um in dem Gemach, das er noch nie hatte betreten dürfen. Das Dämmerdunkel, der starke Duft des süßlichen Rauchwerks – Myrrhen und Bernsteinstaub – die stille Abgeschlossenheit, die Lautlosigkeit wirkten drückend, bewältigend. Und nun erst der Anblick des herrlichen Weibes auf dem Pfühl! Ohne sich zu regen wandte sie nur langsam leise das Haupt auf dem Kissen ihm zu: dabei löste sich das schmale goldene Stirnband und die Flut des schwarzen Gelocks wallte auf die weißen Schultern, die blendenden und vollen Arme, als sie lächelnd flüsterte: »Endlich!«
Heiß schoß ihm das Blut zu Herzen. Er trat rasch an das Ruhelager heran, kniete nieder, hob den goldnen Reif, der auf den Teppich geglitten war, und reichte ihn dar. Aber sie schüttelte das Haupt, daß das dunkle Gewoge noch freier flutete: »behalt' es, Freund! Zum Gedächtnis dieser Stunde.«
»O Placidia, es ist ein Diadem! Das ziemt mir nicht!«
»Auch nicht, wenn ich es dir verleihe? – Steh' auf! Nein, nicht mich berühren. Tritt zurück – gleich! Sonst ruft,« lächelte sie, »ein Druck auf diesen Knopf von Topas alle Wachen des Palastes zum Schutz der armen Kaiserschwester wider den Barbaren!«
»Du rufst und stößest zurück! Du scheinst viel zu geben und versagst alles. Der letzte Sklave, der deine Sänfte trägt, darf beim Einsteigen den Druck deines Armes auf seiner Schulter fühlen und ich . . .« – »Ja,« lachte sie, »der Sklave ist mein. Du aber bist ein freier Gote, ein Edeling: ich habe kein Recht an dir, keine Macht über dich.« – »Keine Macht über mich! Und mir vergehn bei deinem Anblick Denken und Sinnen.« – »Ei, wenn das wahr wäre? Wirklich? So zeig' es durch die Tat. Du kommst aus der Versammlung: dort hat dein Vetter verkündet – seine Königschaft. Du staunst? Woher ich's weiß? Ei nun, der Vertraute, den Honorius beauftragt hatte, ihm alles gleich zu verkünden, hat doch den Umweg vorgezogen, der durch dies Gemach führt: vor dem Imperator erfährt gar vieles des Imperators Schwester. – Aber mir tat die Nachricht weh.«
»Dir? Warum? Was hast du gegen meinen Vetter?« – »Nichts – als daß er nicht du ist.« – »Wie? Versteh' ich recht?« – »Ist doch leicht zu verstehen!« Sie richtete sich jetzt ein wenig auf: »Ich vermisse längst eins – nur eins! – an diesem schönen Haupt.« – »Was?« – »Die Krone, die ihm gebührt.« – »Placidia!« – »Nun wählen diese blonden Toren endlich einen König – und wählen den Falschen! Lassen den gebornen König stehn!«
»Alarich ist drei Jahre älter und ohne Zweifel der klügste Kopf wie der größte Held unsres Volkes.«
Sie zuckte die Achseln: »aber dein Kopf gefällt mir besser! Du bist . . . doch wozu dir wiederholen, was dir schon allzuviele Weiber gesagt haben? Übrigens gibt es noch Höheres als den schlichten Reif eines Germanenkönigs!«
Sie schwieg eine Weile und sah zur Erde: dann schlug sie die dunkelblauen Augen weit auf: »also jetzt gibt es Krieg mit Byzanz?«
»Ja, dank Alarich und dem Himmel. Und diesmal soll er Ernst verspüren, der Jammerkaiser . . . vergib, er ist dein . . . –«
»Bitte, tu' dir keinen Zwang an. Ich verachte ihn tiefer, denn ich kenne ihn besser als du. Wo wird der Krieg enden?« – »Hoffentlich in dem Saal, in dem – bisher! sein Thron stand!«
Nun setzte sie sich aufrecht: »und dieser leere Thron, – was wirst du damit anfangen?«
»Ich meine,« lächelte er, »ich werf' ihn ins Meer.«
»Nein!« rief sie und stand auf: sie reichte ihm bis an die Stirn: »Besteigen sollst du ihn! Und dies goldne Ding da setze auf: es ist ein Kaiserdiadem: – und dann, Imperator des Orients, denke daran, wer dir jene Krone gab und – diesen Gedanken!«
Und bevor der Staunende sich selbst wieder gefunden, rauschte die hohe Gestalt an ihm vorbei: sie war durch die geheime Tür des Schlafgemachs verschwunden: laut hörte er drinnen einen Riegel vorschieben. Er sah ihr nach wie betäubt, dann auf das Diadem in seiner Hand: nun faßte er betroffen an die heiß erglühende Stirn, und stürmte dann hinaus in den Empfangsaal: »zu Alarich!« rief er.