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Wunderbar erfrischt und gestärkt erhob sich König Ludwig und kleidete sich an.
Unten wartete schon ein sauber und appetitlich gedeckter Frühstückstisch auf ihn.
Burgerl sprang ihm fröhlich entgegen.
»Grüß' Gott, gnäd'ger Herr, hast Du gut g'schlafen? Gelt, Du hast! I hab' ja gestern abend den lieben Herrgott schön drum g'beten. Gelt, Du hast gut ausg'schlafen?« fragte sie eifrig.
Der König streichelte über ihr frisch geflochtenes Haar, aus dem sich jetzt am Morgen nur wenig goldene Ringlein stahlen.
»Also Du hast für meine Nachtruhe gebetet, Burgerl? Nun weiß ich doch, warum ich gar so gut geschlafen habe!« antwortete er lächelnd.
Sie klatschte erfreut in die Hände.
»Da, setz' Dich her. Mei Mutterl bringt Dir gleich das Frühstück. Gelt, Hunger hast nun auch?«
Der König nickte.
»Ja, Hunger hab' ich auch!«
»No, wart' nur a wengerl. Mutterl weiß schon, daß Du unten bist. Vaterl is schon längst in Wald g'gangen, er laßt Dich schön grüßen und sollst uns bald mal wieder besuchen, wenn Dein Weg da vorübergeht!« plauderte Burgerl munter.
Der König strich ihr wieder über das Köpfchen.
»Waldvöglein, Sonnenscheinchen, was bist Du für ein liebes Ding!« sagte er bewegt.
Nun kam die Försterin. Mit einem freundlichen »Grüß' Gott« nötigte sie ihren Gast zum Frühstück.
Als er es zu sich genommen und sie nach dem Wege fragte, sagte sie ihm, daß eins der Kinder ihn aus dem Walde nach der Straße führen würde.
Burgerl erbot sich sofort dazu, und da Sepperl ohnedies nicht zu finden war, willigte die Försterin ein, obwohl ihr Burgerl im Haushalt helfen sollte.
Vergnügt plaudernd, hüpfte Burgerl neben dem König her, nachdem sich dieser von der Försterin verabschiedet hatte. Eine Entlohnung für die gebotene Gastfreundschaft hatte diese freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen.
»Was wir haben, dös haben wir gern 'geben, gnäd'ger Herr, und wenn Ihr wieder mal des Weges kommt, sollt Ihr uns willkommen sein!«
So hatte sie gesagt.
Der König hatte nicht weiter in sie gedrungen. Seine Dankbarkeit wollte er auf andere Weise besser bezeugen.
Nun schritt er rüstig neben Burgerl her. Und da brachte er dann selbst noch einmal die Rede auf den König.
»Du möchtest den König wohl gar zu gern einmal sehen, Burgerl?« fragte er lächelnd.
Sie nickte energisch.
»No, dös kannst glauben; ich hab keine Ruhe net, als bis mir's dem Sepperl sei Vaterl derlauben tut, daß i ihn mir anschau!« sagte sie tief aufatmend.
»Nun, ich werde dafür Sorge tragen, Burgerl, daß es bald geschieht. Du sollst den König sehen, verlaß Dich darauf!«
Da blickte sie erstaunt zu ihm auf.
»Geh', g'hörst 'leicht Du zu seinen Hofleuten? Gar noblig schaust schon aus!« sagte sie ehrfurchtsvoll.
Er lachte.
»Vielleicht gehöre ich zu seinem Hofstaat, kann schon sein. Aber sag' mir mal, Burgerl, warum hast Du denn den König so lieb?«
Burgerl schlug die Hände zusammen.
»O lieber Gott, wie Du so fragen kannst! Weil er halt unser lieber, guter Herr König is und gar ein so guter, lieber Herr. Sollst nur hören, was Vaterl und Mutterl uns erzählen tun, wie gar gut und lieb er is. O nein, das kannst Dir 'leicht net ausdenken. Nur wissen möcht' i, wie er ausschaut. Weißt, der Sepperl red' so dumm daher. Uijegerl, 'leicht hast Du ihn schon g'sehen, den Herrn König, hm?«
Sie sah dabei gespannt fragend zu ihm auf.
»Ja!« sagte der König darauf.
Da faßte sie erregt nach seiner Hand.
»No, dann erzähl' mir g'schwind, wie er ausschaut, gelt. Du erzählst es mir?« bettelte sie.
Er schüttelte aber lächelnd den Kopf.
»Nein, Burgerl, warte nur noch kurze Zeit, dann sollst Du ihn selbst sehen!«
»Machst auch keine Spasetteln? Is es g'wiß wahr?« fragte sie dringend.
»Ganz gewiß wahr!« beteuerte der König.
Burgerl sprang vor Freude hoch empor.
»O, dann dank' i Dir auch gar schön. Hm! Mei Vater! hat's eh gleich g'merkt, daß Du ein gar guter Herr bist. Weißt, was er heut' in der Früh, als er zum Dienst g'gangen is, g'sagt hat zum Mutterl?«
»Nun?« fragte der König.
Burgerl machte ein drollig wichtiges Gesicht, und den Vater nachahmend, sagte sie mit verstellter, tiefer Stimme:
»Lonerl, i muß jetzt 'naus in den Wald. Geh, mach's unserm Gast noch recht b'haglich: i glaub', er kann a wengerl Lieb' und Güt' recht nötig brauchen!«
Und lachend wieder ihre richtige Stimme annehmend, fuhr sie fort:
»Weißt, Lonerl heißt mei Mutterl. Und daß Du's nur gleich weißt, ich hab' Dich gar lieb g'wonnen, und 'leicht kommst bald mal wieder ins Försterhäusel, gelt? I tu mich drauf freuen!«
Der König kämpfte mit seiner Rührung.
»Waldvöglein, kleiner, lieber Sonnenschein!« murmelte er vor sich hin.
»Was sagst, gnäd'ger Herr?« fragte Burgerl.
»Ja, Kind, ich komme wieder, sobald ich wieder einmal Zeit habe, besuche ich Euch!« antwortete er.
Darüber freute sich Burgerl sehr.
So gingen sie weiter, der stolze, mächtige König und das schlichte Försterkind. Und sie plauderten miteinander, als gäbe es keinen Standesunterschied auf der Welt. Sie waren ja auch allein mit dem lieben Gott, und vor dem sind alle Menschen gleich. Als sie die größte Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, kam ihnen eine Anzahl Diener aus dem Schlosse entgegen.
Man hatte bereits voll Unruhe nach dem König geforscht, als der Kammerdiener gemeldet hatte, daß der König zur Nacht nicht heimgekehrt sei.
Nun sahen sie ihn erstaunt mit dem kleinen Mädchen im roten Röckchen daherkommen.
Der König winkte ihnen aber gebieterisch zu, sich zurückzuziehen und ihn nicht zu stören. Aber an der nächsten Wegscheide verabschiedete er sich mit herzlicher Freundlichkeit von Burgerl und schickte sie nach Hause.
»Gelt, Du vergißt net drauf, daß Du wiederkommst und daß ich den Herrn König anschaun darf!« erinnerte ihn Burgerl noch einmal.
»Ich vergesse es gewiß nicht. Leb' wohl, Waldvöglein!« sagte der König herzlich.
Da sprang Burgerl vergnügt davon und winkte ihm noch einmal zu. Erst als sie verschwunden war, rief der König seine Diener herbei und erklärte ihnen kurz, daß er sich gestern abend im Walde verirrt und im Hause des Försters Malwinger übernachtet habe.
Burgerl aber erzählte daheim aufgeregt der Mutter und dem inzwischen heimgekehrten Vater, welches Versprechen ihr der Gast noch gemacht habe. Die Eltern sahen sich überrascht an und der Förster sagte überzeugt:
»Weißt, Lonerl, es wird wohl einer der Herren vom Hofstaat des Königs g'wesen sein. Der König soll ja jetzt wieder in Hohenschwangau wohnen.
Die Försterin war ganz stolz.
»Jegerl,« sagte sie erregt, »wenn's ihm nur net zu g'ring g'wesen is bei uns im Giebelstüberl!«
Der Förster klopfte lachend ihre Schulter.
»Geh', Lonerl, ein Schelm gibt mehr als er hat. Daß wir arme Förstersleut' sind, hat er halt schon g'merkt. Mach' Dir d'rum keine Kopfschmerzen!«