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2. Kapitel.
Im Forsthaus


Da nun eine Pause im Gespräch der Kinder eingetreten war, trat der König zwischen den Bäumen hervor auf die Kinder zu.

Sie blickten beide erstaunt auf, denn bis hierher verirrte sich selten einmal ein Spaziergänger. Nicht die leiseste Ahnung kam ihnen, welch ein hoher Herr der schlichte Wandersmann war.

Sepperl war ein wenig verlegen und wußte nicht, wie er sich dem Fremden gegenüber benehmen sollte, dessen Ankunft ihn sichtbar störte.

So rutschte er langsam von der Bank herab und stieß Burgerl heimlich in die Seite, als wollte er sagen:

»Was will denn der? Ich hab' keine Lust, mich mit ihm abzugeben, komm, wir lassen ihn stehen!«

Und er trollte sich davon.

Burgerl aber sah zutraulich und freundlich zu dem Fremden auf, ohne Sepperls heimlicher Aufforderung nachzukommen. Sie ahnte nicht, daß eben ihr großer Herzenswunsch, den König einmal sehen zu können, in Erfüllung ging.

Auch sie erhob sich von der Bank und trat mit einem artigen Knickserl vor den König hin.

»Grüß' Gott, gnädiger Herr! Willst 'leicht das Vaterl sprechen? Er is net daheim!«

Freundlich sahen die dunklen Augen des jungen Königs in das hübsche, unschuldsvolle Kindergesicht, und er sagte lächelnd:

»Nein, kleine Burgerl, ich hab' mich nur im Walde verirrt und bin müde und durstig!«

Burgerl wischte gastlich und hausfraulich über die Bank.

»So komm, hier kannst Du rasten, wenn Du müd' bist!«

»Ich danke Dir, mein Kind. Und nun kannst Du wohl ins Haus gehen zu Deiner Mutter und sie um ein Glas Milch für mich bitten!«

Burgerl strich ihr Röckchen glatt.

»Ach schau, mei Mutterl is net daheim, die is mit dem Tonerl, meinem Schwesterl, dem Vaterl entgegen g'gangen. Gleich werden sie alle hier sein. Derweilen kann i Dir aber selber ein Glaserl Milch herbeischaffen. Schön kühl sollst sie haben, gnäd'ger Herr, wart' nur a wengerl, gleich bin i wieder da!«

Und eilfertig sprang sie ins Haus.

Der König ließ sich aufatmend auf der Bank nieder und lehnte sich erschöpft zurück. Er bemerkte nicht, daß der Sepperl um die Hausecke herum nach ihm hinüberblinzelte.

Gleich darauf kam Burgerl mit einem Glas gekühlter Milch zurück. Sorglich strich sie die Tischdecke glatt, ehe sie die Erfrischung vor den Gast hinstellte.

»Wohl bekomm's, gnädiger Herr!« sagte sie herzig, ihm freundlich zunickend.

»Ich danke Dir, kleine Burgerl!« sagte der König und tat einen tiefen Zug aus dem Glase.

»Gelt, die schmeckt gut, unsere Milch?« fragte Burgerl lachend.

»Sehr gut!« antwortete der König, und auf der Bank zur Seite rückend, fuhr er fort: »Komm, setz' Dich zu mir und plaudere ein wenig mit mir!«

Burgerl sah unschlüssig aus.

»Weißt, i kann Dir nix G'scheites verzählen, gnädiger Herr!« sagte sie, nahm aber doch neben ihm Platz und ließ ihre Beinchen wieder tanzen.

Er sah sie lange an. Da wurde ihr so eigen zumute, wie noch nie in ihrem Leben. Das Herz klopfte ihr schnell und laut, und ihr Atem ging unruhig.

»Wo is nur der Sepperl hin?« stieß sie fast ängstlich hervor.

Der König lächelte. Nicht zum ersten Male hatte er die Macht seines Blickes erprobt. Fast auf jeden Menschen übten seine Augen einen seltsamen Einfluß aus, wenn er ihn forschend ansah.

»Ja, wo mag der Sepperl sein?« sagte auch er nun scherzend.

Wie er nun so lächelnd um sich blickte, wurde sie wieder ganz zutraulich und unbefangen.

»Ach, weißt, er wird im Hof beim Schnauzerl sein. No, dann wird er schon wiederkommen!« lachte sie vergnügt.

Und dann plauderte sie herzig und lebhaft drauf los.

Der König hörte ihr mit einem friedlichen Behagen zu und trank dabei die gute, kühle Milch. Ihm war so traumhaft friedlich zumute, wie seit langem nicht. Er hätte lange so sitzen und Burgerls drolligen Worten lauschen mögen, die ihn erfrischten, wie ein köstlicher Trunk aus einem Bergquell.

Zuweilen warf er auch einige Worte ein, um Burgerl immer von neuem zum Plaudern anzuregen.

Nach einer Weile aber erhob sich das Kind.

»Jetzt muß i erst mal nach dem Herd schauen, wegen der Abendsuppen, gnäd'ger Herr. Wenn Vaterl und Mutterl mit dem Tonerl heimkommen, is Zeit zum Nachtmahl!« sagte sie freundlich.

Der König seufzte auf, als täte es ihm leid, daß das frohe Geplauder verstummte.

»Wirst Du wieder herauskommen, kleine Burgerl?« fragte er.

Burgerl nickte lebhaft:

»Aber ja! Gleich komm i wieder, wenn i mei Sach' g'richtet hab', gnäd'ger Herr. Es dauert nimmer lang!«

Damit lief das kleine Hausmütterchen eilig davon und verschwand in dem sauberen Häuschen.

Der König atmete tief die würzige Waldluft und schaute sinnend vor sich hin.

Eine Weile lag noch der Abglanz des Lächelns, welches Burgerls Geplauder hervorgerufen hatte, auf seinem Gesicht. Dies Lächeln verlieh seinen schönen, edlen Zügen einen seltenen Zauber.

Sepperl erschien wieder verstohlen an der Hausecke und lugte, ob der Fremde noch nicht weitergegangen war. Als er ihn noch sitzen sah, verschwand er wieder lautlos im Hofe. –

So saß der junge König ganz allein in der Waldesstille. Und je länger er saß, je trauriger und düsterer wurde sein Gesicht wieder.

Als Burgerl nach einiger Zeit wieder zu ihm heraustrat, saß er ganz melancholisch in sich zusammengesunken da, den Kopf in die Hand gestützt und den Blick schwermütig in die Ferne gerichtet.

Burgerl sah ihn betroffen an. Er schien sie gar nicht zu bemerken. Sein Anblick ergriff seltsam ihr junges Herz.

Zugleich empfand sie einen Schauer der Ehrfurcht. Die Majestät des Schmerzes auf dem königlichen Antlitz übte einen ungeahnten Eindruck auf sie aus. Sie wußte nicht, was sie empfand, denn sie war zu klein, um sich darüber klar zu werden.

Nur eins wußte sie, daß sie inniges Mitleid empfand mit dem Fremden, und daß es sie drängte, ihm etwas Gutes zu tun.

Schnell trat sie an seine Seite, und leise und lind mit ihrer kleinen, braunen Kinderhand über seine Wange und seine Stirn streichelnd, sagte sie herzlich, mit weicher Innigkeit:

»Net traurig sein, ach, lieber, guter Herr, net traurig sein. Schau doch, wie schön goldig die Sonne hinter den Bergen versinkt. Schau, wie gar schön sie der liebe Herrgott derschaffen hat, die liebe Sonne. Alle Menschen müssen doch ihre Freud' d'ran haben, gelt? Und morgen in der Früh, dann steigt sie wieder über die Berge auf; Du, das ist eine Pracht. Wie lauter Gold! Gelt, Du freust Dich auch a wengerl dran, a ganz kleines wengerl. Und gleich machst wieder ein frohes G'schau wie zuvor, gelt?«

Der König war unter der Berührung der warmen Kinderhand zusammengezuckt. Nun ergriff er diese kleine Hand, lächelnd dem Geplauder lauschend, und betrachtete sie aufmerksam.

»Diese Hand ist noch so jung und klein,« dachte er, »und zeigt doch schon Spuren harter Arbeit. Diese Hand hat einem König wohlgetan und ihm für eine Weile die Sorgen von der Stirn gestreift, sie soll hinfort nicht mehr in grober Arbeit verhärten. Weich und lind strich sie über meine Stirn, so will ich dafür sorgen zum Dank, daß sie weich und ohne Schwielen bleibt!«

Mit einem freundlichen, gütigen Blick sah der dankbare junge König in Burgerls klare, mitleidige Augen und sagte leise:

»Liebe, kleine Burgerl!«

Das Kind sah zu ihm auf und holte tief Atem.

»Wie Du mit eins gar seltsam ausschaust, gnäd'ger Herr!« rief sie beklommen.

»Wie denn, Burgerl?« fragte der König lächelnd.

»I weiß net!« antwortete sie, ihn immerfort anschauend. »Gar so arg vornehm und stolz tust ausschauen. Weißt, so a wengerl, wie unser lieber, guter Herr König, ja, so schaust aus. Bloß so ein schönes G'wand hast net an, wie er, und keine Krone hast auch net und – ach, i weiß net recht, aber glauben kannst es mir!«

Der König wollte sich aber nicht zu erkennen geben. Er liebte es, unerkannt die Meinung der Leute über sich zu erforschen. So suchte er Burgerl abzulenken.

Aber sie war nun wieder bei ihrem Lieblingsthema und erzählte ihm, wie sehr sie sich danach sehnte, den König einmal zu sehen.

Lächelnd hörte er ihrem kindlichen Geplauder zu, das ihn von seinen düsteren Gedanken ablenkte. Und dabei nahm er sich vor, die Kinder demnächst einmal nach Schloß Hohenschwangau holen zu lassen und sich ihnen dort als König zu erkennen zu geben. –

Sepperl wurde die Zeit lang. Wieder und wieder lugte er verstohlen um die Hausecke und suchte sich Burgerl durch allerlei Zeichen bemerkbar zu machen.

Aber sie war voll und ganz mit dem Fremden beschäftigt, daß sie gar nicht mehr an Sepperl dachte.

Verdrießlich schlenderte Sepperl wieder nach dem Hofe, neckte sich mit Schnauzerl und pfiff leise vor sich hin.

Eine ganze Weile war vergangen.

Burgerl und der König plauderten noch immer miteinander, und der König hatte inniges Vergnügen an der reichen Phantasie des kleinen Förstertöchterchens.

Da tönte plötzlich ein lauter Jodler durch den Wald.

Burgerl sprang mit strahlendem Gesicht empor und ließ nun auch ihre helle, frische Stimme in einem lauten Jodler ausklingen.

Nun tönte ein Doppeljodler zurück von einer Männer- und einer Frauenstimme.

»Hörst, gnäd'ger Herr? Vaterl und Mutterl kommen mit dem Tonerl heim!« verkündete Burgerl fröhlich dem König.

Dieser sah nun dem heimkehrenden Försterpaar erwartungsvoll entgegen.

Und bald darauf trat der Förster mit seinem Weib und dem jüngsten Töchterchen, das er auf dem Arm trug, zwischen den Bäumen hervor.

Es waren zwei gesunde, kraftstrotzende Gestalten. Der Förster hatte dunkles Haar und dunkle Augen. Sein von Wind und Wetter gebräuntes Gesicht sah aus, als ob es von Bronze sei. Es hatte scharfe, kühne Züge, und wenn die Augen nicht so gutmütig und bieder aus dem Gesicht gesehen hätten, konnte man vor dieser mächtigen Erscheinung wohl bange werden.

Die Försterin war auch groß und stattlich. Wie bei Burgerl, legten sich auch bei ihr goldbraune Zöpfe um den Kopf, und das hübsche, gebräunte Gesicht war dem Burgerls sehr ähnlich, nur waren des Kindes Züge feiner noch und lieblicher geschnitten.

Das kleine Tonerl war ein dunkler Krauskopf mit des Vaters dunklen Augen, die munter wie blanke, schwarze Kirschen aus dem kindlichen Gesicht leuchteten.

Mit Wohlgefallen hing des Königs Blick an diesen drei schönen Gestalten. Es war, als seien sie aus einem Defreggerbild herausgeschnitten.

Burgerl war ihnen jauchzend entgegengelaufen und umfaßte Vater und Mutter zugleich. Und dann erzählte sie in ihrer lebhaften Art von dem fremden Herrn, der so arg müde sei und dem sie ein Glas Milch gebracht habe.

Die Mutter lobte sie und strich ihr liebevoll das Haar aus der Stirn.

Tonerl verlangte von des Vaters Arm herab nach der Schwester. Der Förster setzte sie nieder und ging dann mit seiner Frau auf den Fremden zu.

Freundlich und herzlich begrüßten sie ihren Gast. In den Bergen ist man sehr gastfreundlich und fragt nicht lange erst nach woher und wohin. Es genügte den braven Leuten, daß ein müder Wanderer bei ihnen Rast halten wollte, um ihn willkommen zu heißen.

Weder dem Förster noch seiner Frau kam eine Ahnung, wer der schlicht gekleidete Fremde war. Hatten sie doch beide noch nicht den König von Angesicht gesehen, und das Bild drinnen in der Wohnstube war ein sehr mittelmäßiger Oeldruck und gab kein wirkliches Abbild des Königs, zumal er auf diesem Bilde im Krönungsornat abgebildet war.

Der König fühlte sich sehr angenehm berührt durch die biedere, schlichte Art der Förstersleute. Er sagte ihnen nun, daß er sich verirrt habe und sehr müde und hungrig sei.

Sofort wurde er herzlich eingeladen, am einfachen Abendessen teilzunehmen und im Försterhäuschen zu übernachten.

»Wir können Euch freili' nur ein winzig kleines Stüberl für die Nacht richten, gnäd'ger Herr, es is das Giebelstüberl da oben. Aber sauber is, und von Herzen gern sollt Ihr's haben, wenn Ihr damit fürlieb nehmen wollt!« sagte die Försterin freundlich.

Der König folgte mit den Augen ihrer zeigenden Hand.

Das Fenster zu dem Giebelstübchen war freilich noch ein wenig kleiner als die anderen. Aber auch hier hingen blütenweiße Gardinen, und rote Geranien blühten davor.

Das sah für den müden Wanderer recht verlockend aus, und er nahm die gebotene Gastfreundschaft dankend an. Erstens war er wirklich zu erschöpft, um noch nach Schloß Hohenschwangau zurückkehren zu können, und dann sank auch schon der Abend herab.

Außerdem aber erfüllte seine gequälte Seele in der Umgebung der schlichten, treuherzigen Menschen, die ihm so freundlich entgegenkamen, eine friedliche Ruhe. Ihm war zumute, als habe er nach langer Wanderung in einer trostlosen Wüste eine friedliche Oase gefunden.

Vor allem aber hatte es ihm Burgerl angetan. Ihr quellfrisches Geplauder war ihm eine große Wohltat.

Es gibt Menschen, die uns auf den ersten Blick so sympathisch sind, daß man sich zu ihnen hingezogen fühlt und ihr Wesen uns wohltuend berührt. Sie scheinen uns gleich bekannt und vertraut, und wir müssen sie lieb haben, ob wir wollen oder nicht.

So war es zwischen dem König und Burgerl. Trotz des verschiedenen Alters und der verschiedenen Lebensstellung fühlten sich ihre Herzen zueinander hingezogen.

Alle, außer der Försterin, setzten sich nun um dem Tisch vor dem Hause. Es war noch zu schön, um schon hineinzugehen. Der Abend war warm und lind.

Die Försterin ging ins Haus, um das Abendessen fertigzumachen.

Nun kam endlich auch der Sepperl wieder zum Vorschein. Der König sah ihn lächelnd an und fragte:

»Nun, Sepperl, Du weißt wohl, daß jetzt Essenszeit ist? Hast gewiß eine Uhr bei Dir, die recht genau geht!«

Er meinte damit Sepperls Magen, der die richtige Zeit angab.

Sepperl verstand das aber nicht. Er lachte über das ganze Gesicht.

»Eine Uhr hab i net, gnäd'ger Herr, aber mei Vaterl, hm, der hat eine gar feine Uhr, jawohl, die hat er halt g'schenkt kriegt vom König Ludwig. Weißt, so eine Uhr, dös is halt was, verstehst, die hat net a jeder!«

Der König lachte amüsiert.

»So, so, also ganz etwas Rares ist solch eine Uhr vom König? Gelt, da möchtest Du wohl auch eine haben?«

Sepperl rutschte auf der Bank hin und her und schüttelte verlegen den Kopf.

»Ah na, wo denkst hin, gnäd'ger Herr! Mein Vaterl hat sie kriegt, weil er den Herrn König in dunkler Nacht, wie's g'wittert und g'stürmt hat, sicher an einer Schlucht lang heimg'fahren hat. Dermalen is es auf Tod und Leben g'gangen!« sagte er mit verlegenem Stolz.

Der König dachte eine Weile nach, welchen von seinen Kutschern er auf diese Weise belohnt hatte. Er fand es auch bald heraus und wußte nun ganz genau, wer Sepperls Vater war.

»Nun, da bist Du wohl sehr stolz auf diese Uhr?« fragte er lächelnd.

Sepperl nickte hastig.

»Freili, gnäd'ger Herr, und mei Vaterl hat g'sagt, die Uhr soll ich später von ihm kriegen, weißt, wann er mal sterben tut!«

Da mußte der König wieder lachen.

»Hoffentlich lebt Dein Vater noch recht lange, Sepperl, und dann mußt Du arg lange auf die Uhr warten!« sagte er freundlich.

»Ach, der Bub' weiß ohnedies, was die Glocke g'schlagen hat!« sagte der Förster, mit der Hand über Sepperls kurzgeschorenen Blondkopf fahrend.

Der König unterhielt sich nun mit dem Förster. Dazwischen plauderte er immer wieder mit Burgerl, die ab und zu lief und den Tisch für das Abendessen deckte.

Bald darauf kam die Försterin mit der Abendsuppe.

Der König bekam, gleich den anderen, einen guten Teller voll der kräftigen Kräutersuppe. Danach gab es noch Kartoffeln in der Schale mit Speckwürfeln und für den Gast noch extra ein Stück frische Butter.

So gut hatte es dem König lange nicht geschmeckt.

Weil er sich nun beim Schälen der Kartoffeln arg ungeschickt anstellte, schälte ihm Burgerl flink und behende ein ganze Portion und lachte fröhlich über seine Ungeschicklichkeit.

Der König sah lächelnd und gerührt auf die flinken Kinderhände herab. Wie selbstlos sie sich mühten für den fremden Gast. Und wieder stieg der Wunsch in ihm auf, der kleinen Burgerl ein freundliches Geschick zu bereiten.

»Diese Hände sollen gesegnet sein!« dachte er bewegt. »Sie haben mir wohlgetan, haben sich für mich gemüht, ohne darum zu fragen, ob ich's ihnen lohne. Das will ich nie, niemals vergessen; ein König darf sich nicht beschämen lassen!«

Fröhlich und behaglich saß die kleine Gesellschaft bei Tisch.

Nach dem Essen räumten die Försterin und Burgerl schnell den Tisch ab und stellten noch eine Kanne leichtes Bier und zwei Gläser vor die Männer hin.

Der Förster stopfte sich ein Pfeifchen, und Burgerl und Sepperl sangen zusammen ein hübsches Abendlied.

Hell und rein klang Burgerls frische Stimme durch den Wald. Sepperl sang die zweite Stimme dazu, und schließlich brummte auch der Förster den Baß mit.

Da saß der König wie in friedliches Behagen eingesponnen und lauschte voll Andacht, als sei er in einer Kirche.

Nun wurde zuerst das Tonerl zu Bett gebracht. Burgerl und Sepperl durften noch ein Weilchen mit aufbleiben. Die Försterin richtete inzwischen für ihren Gast das Giebelstübchen.

Später führte dann der Förster den König hinauf in das vor Sauberkeit leuchtende Zimmerchen.

Es war sehr einfach eingerichtet. Ein eisernes Bettgestell, ein Kleiderschrank, ein schmales Waschtischchen, ein Tisch und zwei Stühle, das war alles. Aber das Bett war mit dem besten weißen Linnen überzogen, das die Försterin in ihrem Wäscheschrank hatte.

Es duftete nach frischen Waldveilchen. Die suchten die Kinder jedes Jahr im Walde und parfümierten auf diese natürliche und angenehme Weise den Wäscheschrank.

Noch eine ganze Weile stand der König, als er allein war, an dem kleinen, geöffneten Fenster und blickte in den schweigenden Wald hinaus.

Der Mond war aufgegangen und schaute mild und klar herab auf den jungen König. Wie herrlich und köstlich war dieser Waldesfrieden!

Ein Gefühl inniger Dankbarkeit erfüllte des Königs Herz. So wohl und leicht war ihm schon lange nicht ums Herz gewesen, wie in diesem schlichten Hause.

Er dachte gar nicht daran, daß ihn daheim in seinem Schlosse die Dienerschaft vermissen und wohl nach ihm suchen würde. Die Welt da draußen mit allem Glanze und aller Qual war vergessen. An diesem friedlichen Abend war er nichts als ein Mensch, der mit Wonne die himmlische Ruhe genoß.

Als er sich dann niederlegte, schlief er schnell ein. Das geschah ihm selten. Und noch seltener geschah es, daß er ruhig und friedlich, wie heute, bis zum hellen Morgen schlief. Er erwachte erst, als er Burgerls Stimme unter seinem Fenster erklingen hörte.

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