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Das Resultat zu ziehen aus der speziell toskanischen Palastbaukunst, war indes nicht den Bauherren von Siena, sondern dem Florentiner Benedetto da Majano bestimmt. Nach seinem Entwurf (ob noch bei seinen Lebzeiten, ist ungewiß) begann 1489 der Bau des Palazzo Strozzi. Mit Ausnahme des außer aller Linie stehenden Pal. Pitti ist dieses majestätische Gebäude die letzte und höchste Form, welche ein Steinhaus ohne verbindende und überleitende Glieder durch den bloßen Kontrast in der Flächenbehandlung erreichen kann. Dieser Kontrast ist hier ohne Vergleich glücklicher gehandhabt und die Fenster zu den Flächen besser verteilt als am Pal. Riccardi; das weltberühmte Kranzgesimse (nur an der hintern Seite und an einem Teil der Nebenfassaden ganz ausgeführt) und der bei aller Enge und Tiefe doch schöne Hof wurden später nach Cronacas Entwurf hinzugefügt.
Es folgt das ältere Brüderpaar Giuliano und Antonio da San Gallo, deren Ruhm durch die ausgebreitetem Tätigkeit ihres Neffen, des Jüngern Antonio, mit Unrecht etwas in den Schatten gerät. Dem Giuliano werden wir in Rom wieder begegnen; Florenz besitzt von ihm den noch in seiner Vermauerung reizenden Klosterhof von S. Maria Maddalena de' Pazzi (wunderlich ionischNach Maßgabe eines in Fiesole gefundenen antiken Kapitells. mit geradem Gebälk, die rundbogigen Haupteingänge ausgenommen) und den Pal. Gondi (Piazza S. Firenze). Die Fassade desselben gibt das florentinische Prinzip in anspruchloser Gestalt wieder; das Erdgeschoß hat starke, das mittlere schwache, das oberste keine Rustika; die Fenster sind einfach rundbogig und lassen bis zu den Gesimsen einen weiten und bedeutend wirkenden Raum übrig. Der Hof mit seinem Springbrunnen und der zierlichen Treppe ist vielleicht der eleganteste dieses Stiles; die Kapitelle sind von reicher, wechselnder Bildung und die Gesimse fein profiliert. Ungleich einfacher und nur durch Vermutung dem Giuliano zugeschrieben: Pal. Antinori. – In Prato erbaute Giuliano die kleine Madonna delle Carceri, welche allein schon den Ausflug dahin reichlich lohnen würde; ein griechisches Kreuz, außen nur einfach (und sehr unvollständig) mit Marmor inkrustiert; in der Mitte eine niedrige Kuppel mit zwölf Rundfenstern; die vier Arme mit Tonnengewölben; das innen ringsherumgehende Hauptgesimse hat einen glasierten Fries, weiße Festons und Kandelaber auf blauem Grunde; die Wände mit zierlichen Eckpilastern. – (Die mediceische Villa Poggio a Cajano soll ebenfalls noch erhalten sein.) In Giul. da San Gallos Stil scheint mir auch der Hof des Pal. Fossi in Florenz (Via del Fosso, N. 8020) mit seinen ebenfalls abwechselnden und sehr zierlichen Kapitellen entworfen zu sein; doch ist kein Grund vorhanden, denselben dem Meister selbst beizulegen.
Der ältere Antonio da San Gallo lebte weit in das 16. Jahrhundert hinein, und sein einziges Hauptgebäude, die Madonna in Monte Pulciano, gehört schon dem ganz entwickelten Stil an. Es ist die Madonna delle carceri seines Bruders auf einer erhöhten Stufe; mit sehr erhöhter Kuppel; in den vordern Ecken des griechischen Kreuzes erbeben sich zwei Türme (nur der eine ganz ausgeführt), und zwar getrennt von der Kirche; sie sollten dieselbe nicht beherrschen, sondern nur den Eindruck verstärken; ihre Höhe ist derjenigen der Kuppellaterne nicht ganz gleich; ihr Organismus besteht aus scharf vortretenden Pilastern an den Ecken und Säulenstellungen an den Wänden; das Äußere der Kirche selbst hat bloß Eckpilaster. Innen: Tonnengewölbe mit Rosettenbändern, die Kuppel durch eine sehr schlanke und enge Stellung korinthischer Säulen im Zylinder vorbereitet. Ein halbrunder Ausbau am hintern Kreuzarm enthält die (ovale) Sakristei. – In derselben Stadt soll auch der Palast des Kardinals del Monte, in San Sovino (wo Antonio später lebte) der Palast des Kardinals von Santa Prassede und mehr als eine Kirche von Antonios Erfindung sein. In Cortona wird ihm, wenn ich nicht irre, der DomNach andern wäre mit der »Madonnenkirche«, die er für Cortona entworfen, nicht der Dom, sondern die kleine Madonna del Calcinajo gemeint, und auch diese wäre nicht nach seinem Entwurf ausgeführt, sondern das jetzige Gebäude (am Fußpfad von Camugia nach Cortona hinauf) wäre doch das 1485 von Francesco di Giorgio begonnene. Es sieht indes mehr dem 16. Jahrhundert ähnlich. zugeschrieben, eine einfach-edle Basilika, welche ihr Tonnengewölbe über dem Mittelschiff wohl erst in späterer Zeit erhalten hat. – Wenn in Arezzo die Kirche dell' Annunziata dieselbe ist, welche bei Kunsthistorikern Madonna delle lagrime heißt, so rührt auch diese herrliche Kirche großenteils von Antonio her, und zwar in diesem Fall aus seiner frühern Zeit. Das Äußere ist Rohbau geblieben; im Innern scheidet sich ein von Säulen getragener Vorraum höchst malerisch aus; dann folgt die dreischiffige Pfeilerkirche mit lauter Tonnen- und Kuppelgewölben; endlich über dem Kreuz die niedrige Kuppel. Die Kapitelle an den Pfeilern sehr zierlich mit Delphinen und Masken; alles übrige Detail einfach.
Endlich gilt als sicherer Bau Antonios die erhaben über dem Abgrund thronende Veste von Cività Castellana.
Hier muß eine ganz eigentümliche Erscheinung eingeschaltet werden. Als sich die Renaissance von dem alten, rituellen Langbau nicht mehr gebunden hielt und sich ihrem freien Schönheitssinn überließ, als man von dem Kirchenbaumeister vor allem ein schönes und phantasievolles Gebäude verlangte, da schuf (um 1509) ein sonst wenig bekannter Architekt in Pistoja, Ventura Vitoni, die Kirche Madonna dell' Umiltà. Das Achteck, welches gleichzeitig Cronaca und Bramante nicht mehr für Baptisterien, sondern für Sakristeien anwandten, ist hier in bedeutender Größe, mit einer eleganten Innenbekleidung korinthischer Pilaster und zierlicher Fenster, zum Hauptraum einer Kirche geworden, die nur leider erst in später Zeit (durch Vasari) ihre Kuppel erhalten hat, dunkel wie die florentinische. (Vitonis Kuppel hätte vielleicht derjenigen von S. Maria delle Grazie zu Mailand ähnlich werden sollen.) Außerordentlich fein und edel ist besonders die Vorhalle gedacht, zwei Tonnengewölbe und in der Mitte eine kleine Kuppel, über einer Pilasterarchitektur, unten herum Sockel und Sitze von Marmor. Die äußere Inkrustation fehlt oder ist ärmlich modern. – Von demselben Baumeister das einfach niedliche Kirchlein S. Giovanni della Monache in Pistoja.
Den Beschluß der toskanischen Frührenaissance macht der schon öfter genannte Cronaca (1454–1509). Die Vollendung des Pal. Strozzi durch das schöne Gesimse, dessen Formen er nach einem in Rom gefundenen Fragment in vergrößertem Maßstab bildete, war in doppelter Beziehung ein Ereignis: in Beziehung auf die Form, die hier zum erstenmal das römische Vorbild mit ganzem, vollem Ernst nachahmte; sodann in Beziehung auf die Verhältnisse. Hatte man bisher geschwankt, ob das Kranzgesimse bloß im Verhältnis zum obersten Stockwerk oder zum ganzen Gebäude zu bilden sei, hatten viele florentinische Paläste durch das weit vorragende Dach mit seinen konsolenartig abgestuften Balken das Kranzgesimse geradezu ersetzt oder gleichsam für unnötig erklärt, so wurde hier ein Muster hingestellt, dessen grandioser und wohltuender Wirkung sich kein Auge entziehen konnte. Sein Verhältnis zur Höhe und Form des Baues ist an sich ein rein willkürliches, weil seine Bildung das Resultat eines ganz andern Ensemble ist, nämlich irgendeiner altrömischen Säulenhalle, die zu diesem Gesimse bei weitem nicht so hoch sein dürfte als der Palast Strozzi; gleichwohl wirkt es schön und richtig zu dieser Art von Wandfläche.
Cronaca behandelte aber auch andere Gattungen von Gebäuden mit feinem Sinn. So sollte Pal. Guadagni (Piazza S. Spirito N. 2086) nur ein stattliches florentinisches Haus werden und erhielt diesen Charakter rein und vollständig. Der Quaderbau beschränkt sich auf das Erdgeschoß, die Ecken und die Fenstereinfassungen; mit bescheidenen Mitteln ist die Abstufung der Stockwerke trefflich durchgeführt; das oberste ist eine offene Säulenhalle, welche das weit vorgeschrägte Dach trägt. – Der Hof trefflich in der Art des Giul. da S. Gallo; an der Treppe schon der strengere Organismus, wie wir ihn bei Baccio d'Agnolo werden ausgebildet finden. – Die Sakristei von S. Spirito ist ein höchst reizender Zierbau, achteckig, unten mit Nischen, die Wände mit Pilastern eingefaßt (doch so, daß die Ecken selbst freibleiben); viereckige Fenster an den Oberwänden, runde in den Lünetten, über welchen die einzelnen Kappen der Kuppel beginnen. – Wiederum von einer ganz andern Seite zeigt sich Cronaca in der Kirche San Francesco al Monte (vor Porta S. Miniato), welche Michelangelo »das schöne Landmädchen« zu nennen pflegte. Es ist die einfachste Bettelordenskirche, deren Dachstuhl selbst bis ins Chor hinein sichtbar ist; schlichte Pilaster trennen unten die Kapellen, oben die Wandflächen um die Fenster, – allein gerade in dieser absoluten Schmucklosigkeit treten die reinen Verhältnisse ernst und bedeutend hervor. – Ob zu dem Umbau des Klosters der Annunziata, welcher diesem Meister zugeschrieben wird, auch der vordere Kreuzgang und die Sakristei gehört, weiß ich nicht anzugeben; beide bieten keine Formen dar, die nicht schon seit Michelozzo vorkämen.
Hier müssen wir auch den großen Bildhauer Andrea (Contucci da Monte) Sansovino († 1529) anschließen, wegen eines köstlichen kleinen Baues, der dem Charakter nach eher noch dem 15. Jahrhundert angehört als dem sechzehnten, in welchem er errichtet wurde. Es ist dies der oblonge Durchgang zwischen der Kirche und der Sakristei von S. Spirito in Florenz; sechs Säulen auf jeder Seite, vor der Wand stehend, tragen ein Tonnengewölbe; daß sie der (sehr reichen) Kassettierung desselben nicht entsprechen, benimmt dem Gebäude seinen wesentlich malerischen Wert nicht. – Was in Monte Sansovino noch von Andrea vorhanden sein mag, ist mir nicht näher bekannt. Wir werden ihm als Dekorator wieder begegnen.
In Pisa ist der Hof der Universität ein einfach-schöner Klosterhof der frühern Renaissance, in der Art des Brunellesco; unten Bogenhallen, oben Säulen mit Holzgebälk, die nur ihre ehemaligen Konsolen nicht mehr über sich haben. Beide Ordnungen ionisch; das mittlere Gesimse sehr zart. Daß Pisa, beiläufig gesagt, von da an im Gefolge von Florenz mitgeht, hat seinen Grund in der politischen Abhängigkeit seit Anfang des 15. Jahrhunderts. Die politische und die geistige Hegemonie der Florentiner setzte sich zu gleicher Zeit durch.
Die Trovatelli, auf dem Wege nach dem Dom; wenige, aber schöne und originelle Fenster und eine zierliche Rundbogentür, Mitte des 15. Jahrhunderts.
Der Hof des erzbischöflichen Palastes, etwa vom Ende des 15. Jahrhunderts, zeigt eine Übertragung des Klosterhofbaues Brunellescos in den weißen Marmor und in größere Verhältnisse. Die obere Ordnung hatte indes ehemals gewiß Konsolen und Gebälk von Holz; erst später wurden die Säulen mit Marmorpfeilern eingefaßt, mit einem Marmorgebälk bedeckt und ihre Zwischenräume mit Fenstermauern geschlossen. (Der Außenbau tüchtig modern.)
Die beiden Klosterhöfe von S. Francesco sind von der stattlichen Art dieser Zeit.
Ein Privatgebäude (Casa Toscanelli) in der mit Hallen versehenen Straße Borgo wird wenigstens den Architekten von selbst in die Augen fallen. Auf einer Bogenhalle von fünf Säulen ruhen zwei Stockwerke in Backstein mit Fenstern im Halbrund. Die Gesimse, Archivolten usw. einfach und zart; es ist nicht möglich, mit Wenigerem einen so bedeutenden Eindruck hervorzubringen, als hier geschieht. Allerdings ist Raum und Stoff nicht gespart.
In Lucca ist der Palazzo pretorio ein schönes derbes Gebäude – unten mit einer Säulenhalle, welche sich an den geschlossenen Teilen als Pilasterreihe mit Bogen fortsetzt. Wenn die obern Fenster nicht unzweckmäßig verzierte Einfassungen hätten, so wäre man versucht, den Palast dem Cecco di Giorgio zuzuschreiben.
Noch eine kleine Nachlese auf den Straßen über Perugia und über Siena nach Rom.
An das gotische Karmeliterkirchlein S. Maria bei Arezzo (vor Porta Romana eine Viertelstunde links) ist eine große Vorhalle im florentinischen Stil angebaut, welche zum ganz Malerischen in dieser Art gehört; sieben Bogen vorn, zwei auf jeder Seite und zwei rechts und links an die Fassade anschließend; das Kranzgesimse allerdings etwas willkürlich gebildet mit einem vorspringenden steinernen Dachrand von lauter Rosetten; die Bogenfüllungen mit gemalten Verzierungen ausgefüllt. (Laut Vasari von Benedetto da Majano.)
In Cortona einige sehr mäßige Fassaden. Wichtiger scheint das nahe Montepulciano durch die genannten Bauten. In Monte Fiascone und in dem zierlichen Viterbo, sowie auch in Orvieto habe ich bei flüchtigem Besuche keine bedeutendern Renaissancebauten bemerktDie Kirche della Quercia in Viterbo soll nach der Zeichnung Bramantes erbaut sein. . Das oben genannte Pienza muß den Beschreibungen nach all die eben genannten Städte in dieser Beziehung übertreffen.
In Perugia ist die Fassade der Confraternita von S. Bernardino (bei S. Francesco) als vorherrschend figuriertes Werk hier nur vorläufig zu nennen. Von sehr schöner Frührenaissance (angeblich von Agostino della Robbia und Polidoro di Stefano): Die stattliche Porta S. Pietro. (Das Hauptgesimse fehlt.)
Am Dom von Narni, jener wunderlichen Basilika mit Flachbogen, ist ein artiger Portikus vom Jahr 1497 angebracht. Viel prächtiger ist die Vorhalle am Dom von Spoleto: fünf Bogen auf Pfeilern, die mit schlanken Säulen bekleidet sind, an beiden Enden noch besondere Kanzeln zum Vorzeigen von Reliquien und zur Predigt; Gebälk und Balustrade reich und zierlich; die Bogen des Gewölbes innen auf Konsolen ruhend. (Angeblich von Bramante.)
In Rom, zu der Zeit als Brunellesco die dortigen Altertümer zeichnete, existierte kaum ein einheimisches Kunstleben. Der päpstliche Stuhl, der nach langer Kirchentrennung einmal wieder seine unbestrittene Stelle an der Tiber einnahm, fand keine gewerbreiche und kunstliebende Bürgerschaft, sondern ein verwildertes und verkommenes Volk vor, und alle geistigen Bestrebungen, die das neubefestigte Papsttum schützt und begünstigt, tragen einstweilen den Charakter einer unstäten Kolonie, eines beständigen Wechsels.
So ist es denn auch unleugbar, daß die neue Bauweise zuerst durch fremde, und zwar florentinische Künstler durchgesetzt wurde. Unter Eugen IV. erschien Antonio Filarete, der mit Donatellos Bruder Simon die ehernen Pforten von S. Peter goß. Dann kam Giuliano da Majano, der Erbauer des Palazzo di Venezia und der Vorhalle von S. Marco. Das Äußere des Palastes, für welches dem Künstler der Quaderbau versagt gewesen sein muß, ist nicht maßgebend, obwohl die Verhältnisse der Stockwerke zueinander immerhin bedeutend wirken. Allein der ausgeführte Teil der Halle um den größern Hof und die analog gebildete Vorhalle von S. Marco (mit einer sehr schönen Innentür) bezeichnen eine wichtige Neuerung; es sind die ersten konsequent durchgeführten Pfeilerhallen mit Halbsäulen, unten dorisch-toskanisch, oben korinthisch. Ohne Schwierigkeit wird man darin die ins Hohe und Schmale gezogenen Formen des Kolosseums wieder erkennen, von dem auch die Steine entlehnt sein sollen; nur hat Giuliano die Attiken der verschiedenen Stockwerke dieses Gebäudes für Basamente angesehen und deshalb hier auch der untern Ordnung Piedestale gegeben. Ganz ausgeführt, wäre dieser Hof eine der größten Zierden von Rom. (Der kleinere Hof, unten mit achteckigen, oben mit runden Säulen, in der Richtung gegen Piazza Trajana hin, ist vielleicht eher von Baccio Pintelli.) – Von Leon Battista Albertis und Bernardo Rosellinos Tätigkeit sind in Rom keine bleibenden Spuren mehr erhalten; es war dem Florentiner Baccio Pintelli bestimmt, fast alles das zu bauen oder zu entwerfen, was aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Rom auf unsere Zeit kommen sollteAn S. Giacomo degli Spagnuoli (1450) ist nur noch das reiche Portal bemerkenswert, bei S. Salvatore in Lauro der aus derselben Zeit stammende graziöse Klosterhof, beides anonyme Werke. .
Baccio war vielleicht ein geübter Techniker, allein keiner von denjenigen Künstlern, welche die neue Formenfreiheit genial und schön zu handhaben wußten. Sein wichtigstes Werk, die Kirche S. Agostino, ist in betreff des Innern ein ziemlich nüchterner Versuch hohen Gewölbebaues auf Pfeilern mit kleiner Kuppel, wobei er wie Brunellesco die untern Wände in Nischen auflöste. Mit der phantasievollen Annunziata von Arezzo könnte dieses (überdies unangenehm beleuchtete) Gebäude keinen Vergleich aushalten. An der Fassade macht sich jene bei Alberti zuerst bemerkte Verbindung des obern Stockwerkes mit den hervorragenden Teilen des untern auf eine recht üble Weise bemerklich; die beiden Voluten haben nämlich die Gestalt eines kolossal vergrößerten Winkelblattes des ionischen Kapitells. – An S. Maria del Popolo ist die Fassade oben umgebaut, sonst aber schlicht und gut; das Innere, hier ein Pfeilerbau mit Halbsäulen, von jeher etwas gedrückt, hat durch moderne Verkleisterung allen höhern baulichen Reiz verloren, und die achteckige Kuppel kann gegen die sonstige breite Masse nicht mehr aufkommen. – Einer kleinern Aufgabe, wie S. Pietro in Montorio, genügte Baccio recht wohl; dieses Kirchlein, einschiffig gewölbt, mit Querschiff, Kapellen als Wandnischen und polygonem Chorabschluß, bildet ein sehr tüchtiges Ganzes und würde mit der ursprünglichen Dekoration einen trefflichen Effekt machen. – Beim Bau der Sixtinischen Kapelle lag vielleicht ein bindendes Programm und die Rücksicht auf die schon vorhandenen vatikanischen Bauten vor; sonst ließe sich schwer denken, daß für die päpstliche Hauskirche eine so absolut schlichte Form gewählt worden wäre. – Mehrere ältere Kirchen sind von Baccio mit Fassaden versehen worden; so S. Pietro in Vincoli, SS. Apostoli. Er berief sich vielleicht auf die mittelalterliche Kirche S. Saba oder auf das frische Beispiel von S. Marco und legte eine gewölbte Doppelhalle vor die Kirche, mit weitgespannten Rundbogen, unten auf achteckigen Pfeilern, oben auf Säulen. Dies macht zwar keinen kirchlichen, aber immerhin einen heitern und angenehmen Eindruck. – Sonst erbaute Baccio auch den Ponte Sisto und hatte Anteil an dem Hospital von S. Spirito (die Kuppel beim mittlern Eingang? Der Glockenturm der Kirche? welcher der erste und vielleicht der beste des neuen Stiles in Rom ist; vgl. S. 82, f). Bloß durch Vermutung wird ihm auch das kleine Schiff und der achteckige Kuppelraum von S. Maria della Pace zugeschrieben, alles mit Kapellennischen. Pietro da Cortona hat später dem Äußern einen ganz neuen Sinn gegeben.
Die achteckigen Pfeiler, von welchen die Rede war, sind in dieser Zeit das Zeugnis für das gänzliche Ausgehen der bequem und für jedermann zur Hand liegenden antiken Säulen; über die noch verfügbaren begann damals schon eine höhere Aufsicht, sei es, daß sie erhalten oder vernutzt werden sollten. Der unverjüngte achteckige Pfeiler kann in jeder Steinhütte geliefert werden, und die toskanische Baukunst hatte ihn m der gotischen Zeit und schon früher auf alle Weise angewandt. In Rom ist vielleicht eines der frühesten Beispiele der Hof des Governo vecchio, malerisch unregelmäßig, von mehreren Stockwerken, etwa aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. – Etwas später: der Hof von Pal. Sforza-Cesarini (unweit der Chiesa nuova). – Wiederum später und sehr hübsch: der Hof des Hospitals S. Giovanni de' Genovesi (im Trastevere).
Im Jahre 1500 begann der Bau von S. Maria dell' Anima. Das Innere ist dergestalt durch moderne Struktur verändert, daß nur die halbrunden Wandnischen sich noch deutlich als florentinisches Eigentum zu erkennen geben. Die Fassade wird dem einen ältern San Gallo, Giuliano, zugeschrieben; die Verbindung von Backsteinflächen und drei Ordnungen korinthischer Pilaster übereinander, obwohl rein dekorativer Natur, wirkt doch edel; bei der bescheidenen Bildung der Pilaster und Gesimse kann die schöne Mitteltür kräftig heraustreten. Für eine schmale Straße und für beschränkte Mittel ist hier das Mögliche geleistet; eine spätere Zeit hat bei ähnlichen Aufgaben mit den dreifachen Kosten ganze Säulen nebst einer Begleitung vielfach abgestufter Wandpilaster dahinter und weit vortretenden Gebälken darüber aufgewandt und einen Schattenwurf erreicht, der diesem Gebäude fehlt; allein hier stehen die Ziermittel gerade im richtigen Verhältnis zu der harmlosen Komposition des Ganzen. Von Giuliano da San Gallo ist auch der schöne, weitbogige Klosterhof in S. Pietro in Vincoli (der Brunnen später) ; als Dekorator im Sinne der edelsten Renaissance lernt man ihn kennen durch die herrliche Flachdecke von S. Maria maggiore, die er im Auftrag Alexanders VI. entwarf.
Vielleicht noch aus dem 15. Jahrhundert, jedenfalls aus nicht viel späterer Zeit stammen die alten Teile in den Höfen der Paläste Strozzi (bei der Kirche delle Stimmate) und della Valle (von Lorenzetto) ; letzterer Hof ist noch in seiner Vernachlässigung einer der schönern der Frührenaissance.
In den Abruzzen soll Aquila ein vorzügliches Gebäude der Renaissance besitzen an der Fassade von S. Bernardino, von Cola della Matrice, 1525. (In der Kirche selbst, wie ich durch Mitteilung eines Freundes vernehme, ein großes Altarwerk von Robbia.)
In Neapel trat mit den aragonesischen Königen die Renaissance an die Stelle der vom Haus Anjou gepflegten gotischen Bauweise. Die Anregung kam ohne Zweifel von außen; Alfons von Aragonien berief den Florentiner Giuliano da Majano nach Neapel. Leider ist der schöne luftige Sommerpalast Poggio Reale, den man unter anderm aus Serlios Abbildung und Plan kennt, von der Erde verschwunden; man lernt Giuliano nur noch als großen Dekorator kennen, zunächst im Triumphbogen des Alfons. Die Einrahmung dieses hohen weißen Marmorbaues zwischen zwei dunkle Türme des Castello nuovoGegenwärtig ist das Kastell nur mit besonderer Erlaubnis zugänglich. – Galanti nennt als Urheber des Bogens einen Pietro di Martino aus Mailand. wirkt schon an sich sehr bedeutend; die Ornamente sind prächtig und selbst edel; die Komposition aber, unorganisch und spielend, läßt das frühe Jugendalter dieses Stiles nicht verkennen. Jahrzehnte später baute Giuliano die Porta Capuana; ein Bogen mit Säulen eingefaßt, ebenfalls zwischen zwei Türmen, mit hohem Fries und Attika, vielleicht das schönste Tor der Renaissance.
Zu derselben Zeit nahm auch ein einheimischer Künstler, Andrea Ciccione, der bisher gotisch gebaut (wie unter anderm sein Grabmal für König Ladislaus beweist) die neue Bauweise an. Von ihm einfache ehemalige Klosterhöfe bei Monte Oliveto und S. Severino (derjenige mit den Fresken des Zingaro), auch die Kirche Monteoliveto selbst, unter deren Anbauten sich zwei einfach-schöne Kapellen (rechts und links vom Portal)Vielleicht von Antonio Rosellino, der für die eine derselben die wichtigen Skulpturen schuf. Sie entsprechen so ziemlich der von ihm erbauten Kapelle in S. Miniato bei Florenz. und eine Sakristei (links hinten) von florentinischem Stil befinden. Das artige viereckige Kirchlein des Pontanus, an der Strada de' Tribunali, soll lange nach Cicciones Tode, erst 1492, nach seiner Zeichnung errichtet sein; über kräftigem Sockel Compositapilaster und schlichte Fenster; der Aufsatz unvollendet, das Innere glatt.
Zaghaft und selbst ungeschickt tritt der florentinische Palastbau mit Rustika auf in dem von 1466 datierten Pal. Colobrano, Strada S. Trinità. (Ehemals Pal. Diomede Carafa, jetzt Wohnung des Ministers.) – Aber noch vor dem Ende des 15. Jahrhunderts erbaute der Neapolitaner Gabriele d'Agnolo den Palast Gravina, dessen ehemalige, durch den jetzigen Umbau in ihren letzten Resten bedrohte Anlage von größter Schönheit war: das Erdgeschoß gewaltige Rustika, das obere Stockwerk glatte Wände mit korinthischen Pilastern; über den kräftig eingerahmten Fenstern Medaillons mit Büsten, dann das Hauptgesimse. (Das jetzige kaum das ursprüngliche.) Durch die Vermehrung der Stockwerke und das Herausbrechen neuer Fenster geht der ganze Sinn des Baues verloren. – Von Gianfrancesco Mormandi, um welchen sich Florenz und Neapel streiten, ist der Pal. della Rocca, Strada S. Trinità; wenigstens die einfachen untern Stockwerke des Hofes, Bogen auf Pfeilern, mit der mächtigen gewölbten Einfahrt, die schon damals und seither immer für das prunkliebende Neapel bezeichnend war. An der Kirche S. Severino ist von Mormandis Bau (1490) noch die einfache florentinisch schöne Außenseite links erhalten. – Gut erhalten ist aus derselben Zeit der niedliche Palast Alice, Strada S. Trinità, dessen Urheber ich nicht anzugeben weiß.
Von den zeitlich spätern Renaissancekirchen (die doch noch dem Stil des 15. Jahrhunderts folgen) verdient S. Caterina a Formello, 1523 von Antonio Fiorentino (aus la Cava) erbaut, auch S. Maria la nuova (gleichzeitig, obwohl das Datum der Vollendung später lautet) wenigstens einen Blick. Merkwürdiger als beide ist S. Maria delle Grazie, bei den Incurabili, erbaut 1500 (eher später) von Giacomo de' Santi, welcher noch Cicciones Schüler gewesen sein soll; die Kapelleneingänge zu beiden Seiten des Schiffes haben nämlich die Gestalt antiker Triumphbogen und sind fast über und über mit reichen und schon ziemlich schwülen Zieraten bedeckt. Die obern Mauern usw. gehören einem Umbau an.
Die wenigen Türme dieses Stiles, z. B. der von S. Lorenzo (datiert 1487) sind höchst einfach; glatte Wände, an den Ecken Pilaster, die Entwicklung nach oben fast null. Die obern Teile des Turmes von S. Chiara, aus welchen die Neapolitaner ihre Priorität in der Renaissance beweisen wollten, sind nicht vom jüngern Masuccio – 14. Jahrhundert –, sondern frühstens aus dem 16. Jahrhundert.
In Genua nehmen die Bauten des 15. Jahrhunderts überhaupt keine bedeutende Stelle ein; was man davon sieht, ist überdies nicht frei von lange nachwirkender Gotik, wie z. B. die Kapelle Johannis d. T. im Dom beweist, ein Werk der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. – Ein artiger Säulenhof der Frührenaissance in Pal. Centurione (unweit links von S. Matteo, N. 138).
Von Kirchen zeigt S. Teodoro die verkleisterten Anfänge einer gutgemeinten Innendekoration (links vom Eingang); S. Caterina am Hospital Pammatone, vorn Jahr 1520, könnte sogar vor der Vergipsung eine hübsche Kirche dieses Stiles gewesen sein; das Portal mit schönen Medaillonköpfen ist von einfacher lombardischer Renaissance.
Von kleinern Privathäusern ist noch eine recht ansehnliche Zahl in den ältern Stadtteilen erhalten. Es wäre fruchtlos, in dem Gewirr von Gäßchen Straßennamen anzugeben, die kein Plan enthält und die nur der Nachbar weiß; selbst die Hausnummern sind zum Teil am Erlöschen, als gingen sie einer baldigen Erneuerung entgegen. Ich kann dem Architekten nur raten, die ganze Umgebung von 1. Madonna delle Vigne, 2. S. Giorgio zu durchstreifen; die Stunde, die er darauf verwendet, wird ihn nicht reuen. Man kennt die betreffenden Häuser durchgängig an ihren oft höchst zierlichen Portalen im Stil der lombardischen Renaissance, welche freilich nur zu oft das Einzige daran sind, was sich erhalten hat. Innen eine insgemein nur kleine Vorhalle, die aber mit ihrer einfach stukkierten Wölbung und mit der seitwärts angelegten Treppe und deren Säulchen einen oft ganz malerischen Raum ausmacht. (Unweit S. Giorgio, N. 1393, auch N. 1372; unweit der Vigne, auf Piazza Cambiaso, N. 396 ein artiges Höfchen mit Treppe, vom Anfang des 16. Jahrhunderts; das bedeutendste dieser Art N. 487 Strada della Posta vecchia, kenntlich an dem Türrelief eines Trionfo in paduanischer Manier; der kleine Hof wenigstens teilweise erhalten, die Säulentreppe fast ganz, mit ihren Kreuzgewölben – statt der florentinischen Tonnengewölbe –, ihren kleinen Madonnennischen, und der untern Belegung der Mauer mit buntglasierten Backsteinplatten, welche die schönsten Teppichmuster enthalten. Dies ist eines der wenigen noch kenntlichen moresken Elemente im genuesischen Häuserbau; vielleicht bot die Stadt in jener Zeit noch mehr dergleichen dar, aber die alten Höfe der bedeutendern Familienpaläste sind alle verschwunden.)
Ein etwas größeres Gebäude dieses Stiles, wie er sich in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts hinein mag gehalten haben, ist Pal. Bruso, rechts neben S. Pancrazio N. 653.
Eine Ableitung der oberitalienischen Renaissance aus ihren wahren Quellen ist der Verfasser nicht imstande zu geben. Allem Anschein nach hätte die westliche Lombardei die Priorität für sich; Lombarden, die man nach dieser ihrer Heimat benannte, brachten den Stil bald nach 1450 halbfertig nach Venedig. Demnach ist mit den Bauten des alten Herzogtums Mailand unbedingt der Anfang zu machen. Wir gestehen jedoch, daß uns hier eher die Bequemlichkeit der topographischen Aufzählung bestimmt, indem wir, wie gesagt, eine Entwicklungsgeschichte des betreffenden Stiles in diesen Gegenden doch nicht liefern könnten. Wir beginnen mit Mailand und der Umgegend, verfolgen dann die Via Emilia von Piacenza bis Bologna, wenden uns über Ferrara nach Venedig und schließen mit den Bauten der alten venezianischen Terraferma, bis Bergamo gerechnet. Unendlich vieles, zum Teil von großem Werte, liegt abseits in Landstädten; wir geben, was wir gesehen haben.
Wie zunächst in Mailand die Renaissance begann, ist nach den starken Umbauten der folgenden Jahrhunderte schwer zu ermitteln. Einzelne florentinische Einflüsse sind wohl nachweisbar; so baute z. B. Antonio Filarete das Ospedale maggiore in Mailand, allein wie wir sahen, noch in einem vorherrschend gotischen Dekorationsstil; von Michelozzo dagegen existiert hinten an S. Eustorgio eine Kapelle eleganten florentinischen Stiles in der Art Brunellescos; was er an S. Pietro in Gessate beigefügt hat (Chor, Sakristei und Kapitelhaus), hat Verfasser dieses nicht gesehen. Jedenfalls beginnt die fortlaufende Reihe größerer Bauten erst mit den Sforzas, und das Bedeutendste entsteht erst unter Lodovico Moro. Und zwar hält man fast die sämtlichen Bauten aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts für frühere Arbeiten des großen Bramante von Urbino, dessen Name in diesen Gegenden allerdings ein Gattungsbegriff zu werden scheint. (Bramante wurde geboren in Brunellescos Todesjahr 1444, kam nach Mailand als Ingenieur unter Giangaleazzo Sforza 1476, ging nach Rom vor 1500 und starb daselbst 1514; er war bekanntlich Oheim oder Verwandter Raffaels.) Ohne entscheiden zu können, wie vieles ihm wirklich angehört, stellen wir die ihm zugeschriebene Gruppe von Bauten hier zusammen; mehrere darunter offenbaren schon die freie Großartigkeit seiner spätern römischen Schöpfungen; andere sind noch befangener. Jedenfalls ist sein früherer Stil (diese Gebäude als die seinigen angenommen) bedingt von derjenigen reichen und üppigen Renaissance, wie sie an der Certosa von Pavia (die Fassade 1473) ihren Triumph feiert; zugleich aber muß auch der schöne und sorgfältige Backsteinbau der Lombarden (S. 145 ff.) einen großen Eindruck auf ihn gemacht haben.
Beides findet sich vereinigt in Chor, Kuppel und Querbau von S. Maria delle Grazie zu MailandIn den umliegenden Städten und Flecken gelten unter anderm als von Bramante entworfen oder erbaut: in Busto Arsizio: eine Rotunde; – in Legnano: die Hauptkirche; – in Canobbio am Lago maggiore: eine Kirche; – in Lodi: die Incoronata; – in Pavia: die ehemalige Klosterkirche Canepanova und der (doch nur von ihm fundamentierte) Dom. – Weiter nach Südosten: der Dom zu Carpi, von andern dem Peruzzi zugeschrieben. . Das Innere hat eine moderne Mörtelbekleidung und wirkt nur noch durch das allgemeine der Raumschönheit; im wohlerhaltenen Äußern dagegen spricht sich der echte Geist der Frührenaissance mit seiner ganzen anmutigen Kühnheit aus. Auf engem Unterbau (so daß der südliche Querarm nicht in die Straße hinaustreten durfte) wollte Bramante eine bedeutende polygone Flachkuppel mit leichter offener Galerie errichten; in schöner und geistvoller Weise bereitet er das Auge darauf vor. Elegant abgestufte Einrahmungen teilen den Unterbau – Chor und Querarme mit runden Abschlüssen, hinter welchen noch gerade Obermauern emporragen – in schlank scheinende Stockwerke; Pilaster, Wandkandelaber, Gesimse und Medaillons großenteils von Stein, die Füllungen von Backstein. Die genannten runden Abschlüsse der Querarme sind für die Lombardei eine traditionelle Form, die schon mit alten Beispielen wie S. Lorenzo in Mailand, S. Fedele in Como usw. zu belegen ist; der Meister, welcher sich hier vielleicht zum erstenmal darauf einläßt, sollte später dieselbe Anlage in viel höherem Sinne an der Consolazione zu Todi und an S. Peter in Rom wiedergeben.
Ebenfalls früh ist S. Satiro in Mailand; die Kirche nicht ohne verwirrende neuere Ausschmückung, die achteckige Sakristei dagegen (unten mit Nischen, oben mit einer Galerie, im mittlern Fries Putten und Medaillons) ein köstlicher wohlerhaltener Bau, der Cronacas berühmter Sakristei (S. 180, b) zwar nicht an reiner Eleganz des Details gleichkommt, sie aber an Strenge und Bedeutung übertrifft. An S. Eustorgio wird die Kuppel einer Kapelle (ich weiß nicht, welcher) dem Bramante zugeschrieben, im großen Hospital der Hof rechts vom Haupthof, im Ospedale militare das alte Gebäude überhaupt, im Kloster von S. Ambrogio einer der Seitenhöfe. Die betreffenden Gebäude sind zum Teil als Kasernen schwer zugänglich; an S. Ambrogio habe ich nur das sehr schöne Fragment einer schlanken Hofhalle links neben der Kirche im Gedächtnis; den Abbildungen zufolge müßten rechts zwei prachtvolle Renaissancehöfe vorhanden sein. Von den Klosterhöfen bei S. Simpliciano soll wenigstens ein Teil Bramantes Werk sein; das bekannte Lazarett vor Porta orientale wird ihm nur durch Vermutung zugeschrieben; das für seinen Zweck hübsch gedachte Kapellchen in der Mitte des Hofes ist wohl bestimmt neuer.
Den Schritt in das Einfache würde die herrliche Kirche S. Maria presso S. Celso in Mailand bezeichnen, wenn sie dem Bramante sicher beizulegen wäre. Den edeln Eindruck des Backsteinvorhofes mit seinen Pfeilern kann selbst die bombastische Marmorfassade des Galeazzo Alessi nicht total stören; das Innere ist eine dreischiffige Pfeilerkirche mit Chorumgang und kassettiertem Tonnengewölbe; der Charakter ist der einer einfachen Pracht.
Von einem mailändischen Schüler Bramantes, Giov. Dolcebuono, rührt das einfache Innere von S. Maurizio oder Monastero maggiore her, welches man hauptsächlich wegen der Fresken Luinis aufsucht. – S. Nazaro hat noch seinen wunderlichen achteckigen Vorbau vom Jahr 1518 mit den Sarkophagen der Familie Trivulzi in den oben herumgehenden Nischen; eine Konstruktion, zu welcher offenbar die Sakristei von S. Satiro Anlaß gab.