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2.
Allerlei Wunder

Wenn Fritz in den kommenden Wochen und Monaten an seinen Besuch im Schloß, bei der Leinwandmeisterin, dachte, konnte er nicht umhin, insgeheim und ein wenig spöttisch zu lächeln. An der Seite seiner Mutter war er ganz brav durch die stillen Gassen der kleinen Stadt Schleiz gewandelt und hatte sich nicht anmerken lassen, daß er diesen Besuch langweilig fand, und daß. er viel lieber mit Peter gespielt oder gerauft hätte, statt sich vor ein Porzellanservice hinzustellen, das ihn gar nichts anging. Aber er wollte keine Schelte bekommen, und so verbarg er seinen Unmut und hörte still die Ermahnungen an, die Frau Marie ihm gab, denn sie wollte ihn heute als tadellos erzogenen Knaben zeigen. Er dachte bei sich: »Nun ja, ich will mich schon ordentlich benehmen, schon deshalb, weil Mutter sich sonst wieder so beschämt neben der hochnäsigen Leinwandmeisterin vorkommt, obschon Mutter doch zehnmal schöner und lieber und feiner ist, als sie! Aber ihr Porzellan ist mir gänzlich gleichgültig! Porzellan – was kann das besonderes sein?! Doch nur etwas ähnliches wie Mutters Töpfe in der Küche, von denen alle Augenblicke einer zerbricht, hauptsächlich wenn die dicke Scheuerfrau da war! Brrr, Küchensachen sind nichts für Jungens, und wenn ich mir getraute, liefe ich am liebsten davon … Aber Mutter würde es Vater sagen, und dann – – – Also muß ich wohl oder übel mitgehen und obendrein so manierlich sein, als ob mir die Sache Spaß machte! Aber das nehme ich mir schon heute vor: meine Kinder brauchen einmal kein Porzellan anzusehen!«

Unter solchen Selbstgesprächen waren sie am Schloß angelangt, und nun wurde ihm doch ein wenig beklommen zumute. Das hohe Steintor … die Wachen davor … das bunte Gewimmel der Diener in den weiten Höfen … die kriegerischen Gesichter der Schloßwache … dies alles war so fremd, so einschüchternd, daß er doch aufatmete, als gleich die Leinwandmeisterin erschien und an der Wache gelassen vorbeischreitend, als wäre sie hochgräfliche Gnaden selbst, ihre Besucher zunächst in ihr eigenes Zimmer führte, wo ihrer ein köstlicher Imbiß – Rosenküchlein in Schmalz gebacken mit einer Weinsoße, in der Rosinen schwammen – wartete, der Fritz bedeutend milder gegen die Leinwandmeisterin stimmte. Im übrigen war sie heute in einem feierlichen schwarzen Kleid mit weißem Spitzenkragen und weißer Haube noch würdevoller als sonst, und ganz von selbst benahm sich Fritz so tadellos, daß sie seiner Mutter ein paarmal beifällig zunickte.

Nach dem Imbiß sagte sie:

»So! Nun werde ich euch das Porzellanzimmer zeigen!«

Sie erhob sich und ging voran, gefolgt von Frau Marie, hinter der sich Fritz ziemlich mißvergnügt trollte, denn er wäre lieber noch bei den Rosenküchlein geblieben. Außerdem fiel ihm das Gehen auf dem eisblank gebohnten Parkettboden schwer, denn zu Hause war der Estrich aus weißem Holz, über das feiner Sand gestreut wurde. Hier aber glitt man bei jedem Schritt aus, als ob man wirklich auf Eis ginge, und dabei durfte man nicht einmal schlittern, obwohl das hier herrlich gegangen wäre! Fritz hätte gerne gewußt, ob die hochgräflichen Kinder hier nie schlitterten, aber er wagte die Frage nicht und mußte auch zu sehr acht geben, um nicht lang hinzuschlagen. Das wollte er aber durchaus vermeiden, denn er mochte sich vor der Leinwandmeisterin nicht blamieren …

Dann stand man im Porzellanzimmer, das seinen Namen zu Recht trug, denn nichts anderes war hier zu sehen, als hohe Glasschränke, die von oben bis unten mit seltenstem Porzellan angefüllt waren. Die Leinwandmeisterin, als Vertrauensperson der Frau Gräfin, besaß die Schlüssel zu all den Kostbarkeiten und sorgsam hob sie ein Stück nach dem anderen der Tassen und Teller und Figuren heraus und zeigte es stolz, als wäre es ihr eigenes Werk.

Da waren Tassen, weißer als frischgefallener Schnee, auf denen ein Paradiesvogel oder irgend ein fabelhaftes Getier den farbenprächtigen Schweif ausbreitete, und Teller, die in zarten Tönen ein köstliches Arabeskenmuster deckte, und noch andere, auf denen purpurfarben Ornamente leuchteten, über denen es golden schimmerte. Und seltsame Figuren kamen aus den Glasschränken: schlitzäugige Chinesen mit langem Zopf und überschlanken Händen, und Drachen, die den Schwanz ringelten und einen greulichen Rachen aufsperrten, und noch vieles andere, was Fritz noch nie gesehen hatte, und was ihn jetzt doch in Erstaunen setzte.

Die Leinwandmeisterin hob Tassen und Teller gegen das Licht; da schimmerten sie in zarter Rosenfarbe, wie das Blut in einer Menschenhand schimmert, wenn man sie gegen das Licht hält …

Frau Marie konnte nicht genug staunen und laut bewundern.

»Wirklich wie Blumenblätter sind sie anzuschauen, und die Henkel sind feiner als eine Rosenranke! Lassen Sie nur ja keine fallen, Frau Base, denn das wäre ein Unglück, nicht auszudenken! Und aus solcher Pracht trinken hochgräfliche Gnaden alle Tage, auch an gemeinen Wochentagen?«

»Für hochgräfliche Gnaden gibt es keinen gemeinen Wochentag«, sagte die Leinwandmeisterin belehrend. »Aber trotzdem trinkt hochgräfliche Gnaden ihre Morgenschokolade nicht aus diesen überaus kostbaren Tassen, sondern bedient sich dazu einer besonderen Frühstückstasse! … Nun aber, liebe Marie, will ich dir das neue Service zeigen!«

Sie ging an den letzten und größten der Glasschränke und öffnete ihn. Was Frau Marie da erblickte, raubte ihr Atem und Sprache. Da standen Stöße von Tellern, große und kleinere Platten, runde und eckige Schüsseln und ein mächtiger Suppennapf mit kunstvoll geziertem Deckelknauf. Alles war wieder weißer als frischgefallener Schnee und nur mit einem einfachen blauen Bandmuster verziert; aber welch ein Blau! So leuchtend blau mochte der sommerliche Himmel sein oder die Glockenblumen im August, aber blauer waren auch sie sicher nicht! Fritz meinte niemals ein so tiefes, heißes, prangendes Blau gesehen zu haben. Es verdroß ihn, als die Leinwandmeisterin nun wieder mit ihren Kenntnissen zu prunken begann, langatmig auseinandersetzte, daß diese schöne blaue Farbe nur in holländischen Farbmühlen hergestellt werden könne und er horchte erst auf, als sie sagte:

»Wißt ihr auch, wie man diese Porzellansachen wegen ihrer herrlichen Farbe nennt? ›Das blaue Wunder‹ werden sie genannt, und mir scheint, daß sie diesen Namen mit Recht tragen!«

»Das blaue Wunder« – Fritz meinte nie einen schöneren Namen gehört zu haben. Er paßte zu diesem himmlisch-leuchtenden Blau, und noch lange, nachdem sie das Schloß verlassen hatten, klang es ihm immer noch in den Ohren: »Das blaue Wunder! Das blaue Wunder!«

Ja, das war damals gewesen, als ihm die geheimnisvolle eiserne Türe noch verschlossen gewesen! Damals war ihm ein Porzellanteller wirklich noch wie eine Kostbarkeit erschienen, und ein Wort wie »Das blaue Wunder« hatte noch tiefen Eindruck auf ihn machen können! Doch seit sein Vater ihm das Laboratorium erschlossen hatte, war alles anders geworden, war Fritz ein anderer geworden, und darum mußte er jetzt insgeheim und spöttisch lächeln, wenn er an den Porzellan-Nachmittag dachte … Wenn sie beide, Vater und er, erst Gold machen konnten, dann konnten sie ja ganze Schiffe voll Porzellan kaufen, und die dicke Scheuerfrau mochte alle Sonnabend ein Dutzend Teller oder Tassen zerschlagen, seine Mutter würde kein Wort darüber zu verlieren brauchen … Sein Vater hätte ihm solchen Gedanken freilich wieder als selbstisch verwiesen, aber Fritz dachte ihn auch nur so nebenhin und war ohne Eigennutz mit Leib und Seele bei dem Werke, an dem er jetzt mithelfen durfte, und auf das er unsäglich stolz war.

Der Münzkassierer hatte mit Freude erkannt, daß sein Sohn Begabung und Interesse für Chemie von ihm geerbt hatte, und so gestattete er ihm gerne, Gehilfendienste im Laboratorium zu leisten, soweit andere Pflichten nicht darunter litten. Denn die Schule durfte natürlich nicht vernachlässigt werden und ebensowenig durfte er die Kameradschaft mit Peter und anderen Knaben vernachlässigen, denn niemand sollte von der eisernen Türe und ihrem Geheimnis wissen. Fritz hatte seinem Vater in die Hand geloben müssen, gegen jedermann darüber zu schweigen, so hart es ihm auch wurde, denn er hätte natürlich gegenüber den Spielkameraden gar zu gerne mit seiner wichtigen Tätigkeit geprahlt. Aber er hielt das Wort, das er dem Vater gegeben hatte, und war auch bald so glücklich in seiner neuen Tätigkeit, daß es ihm auf die Prahlerei gar nicht mehr ankam. Konnte man sich denn etwas Schöneres denken, als dies Herumwirtschaften mit Essenzen, Pulvern und Mixturen? Gab es etwas Entzückenderes als die blauen Flämmchen unter den Schmelztiegeln und das geheimnisvolle Prasseln, mit dem die sorgfältig gemischten Arkana zerschmolzen?! Wundervoll war die täglich sich erneuernde Erwartung, ob nicht endlich statt Blei Gold im Tiegel läge, und wenn die Erwartung auch schon hundertmal getäuscht worden war, so wurden Vater und Sohn doch nicht müde, immer aufs Neue zu hoffen, zu versuchen und zu glauben … Und obwohl sie bis jetzt nichts erreicht hatten, als immer erneute Enttäuschung, so kam Fritz doch alles so wunderbar vor, daß ihm der so hochgepriesene Porzellanschatz im Schlosse daneben wie armseliger Bettel erschien, und er insgeheim darüber lächeln mußte. Ja, selbst »Das blaue Wunder« kam ihm nüchtern vor neben den dunklen alchimistischen Formeln, die sein Vater für die verschiedenen Mixturen oder ihren Schmelzgrad anwandte: »Der schwarze Adler«, »Der Goldene Mantel«, »Der grüne Drache«, »Der silberne Löwe« … Mit einem Wort, Fritz war glückselig als der kleine und geschickte Gehilfe seines Vaters, der wiederum mit dem Sohne zufrieden war, und wenn es möglich gewesen wäre, die Liebe, die sie für einander hegten, noch zu steigern, so wäre es durch diese gemeinsame Arbeit geschehen. In ganz Schleiz konnte es keine glücklichere Familie geben als die des Münzkassierers, und dennoch ruhten Frau Mariens Augen jetzt öfter als sonst mit angstvoller Liebe auf dem Gesicht des Mannes, denn er wurde immer blässer, und sie merkte, daß er schwerer atmete als früher und wohl auch zuweilen nach seinem Herzen griff, als ob es schmerzte. Sie bat ihn, sich doch einem Arzt, vielleicht dem gräflichen Hofmedikus anzuvertrauen, er aber wollte nicht, arbeitete nur um so eifriger die Nächte durch, als ob einer hinter ihm stünde, der ihn drängte.

Eines Nachmittags, als die Mutter mit Fritz über Feld gegangen war und erst in später Dämmerung heimkehrte, kam ihnen Peter schreckensbleich entgegen gelaufen: »Ach, Frau Böttger, nur gut, daß Sie endlich kommen –«

Angstbebend unterbrach ihn Frau Marie: »Um Himmels willen, was ist geschehen?«

Peter stammelte: »O, der Herr Kassierer –«

Frau Marie fragte nicht weiter, stürzte ins Haus, die Treppe hinan in das Schlafgemach. Da lag ihr Mann, lang ausgestreckt und nur halb entkleidet auf seinem Bett, und der Bader, den hilfreiche Nachbarn herbeigerufen hatten, war um ihn beschäftigt, während ein Mädchen aus der Nachbarschaft eben eine Schüssel voll dunklen Blutes wegtrug, denn in jener Zeit war der Aderlaß das Allheilmittel für jede Krankheit, mochte sie heißen, wie immer sie wollte. Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen, unfähig, auch nur einen einzigen Laut auszustoßen, sank Frau Marie neben dem Bett ihres Mannes in die Kniee. Sie faßte die Hand, die bleich und kühl über den Bettrand herabhing.

Ihre vor Angst dunkel gewordenen Augen fragten das schreckliche Wort, das ihre Lippen nicht auszusprechen wagten.

»Tot?« Der Bader schüttelte verneinend den Kopf.

»Nein, Frau Böttger, er lebt! Mein Aderlaß hat geholfen,« – er sprach es mit einiger Eitelkeit –, »das ungesunde Blut hat den Körper verlassen. Wenn es nötig sein sollte, machen wir einen zweiten –«

Unter unsäglicher Angst vergingen die nächsten Tage, dann schien es, als ob das Glück wieder in das Haus einkehren wollte. Herr Böttger erwachte aus der halben Bewußtlosigkeit, die ihn bis zur Stunde umbreitet hatte, sah mit klaren Augen um sich, aß ein wenig Hühnersuppe, schien sich an den folgenden Tagen langsam aber zusehends zu erholen. Strahlenden Antlitzes ging Frau Marie umher, und Fritz, dem alles wie ein entsetzlicher Traum erschienen war, lief vergnügt in den Garten hinaus, um die letzten Herbstblumen zu pflücken und an das Krankenbett zu tragen. Aber am siebenten Tage erlitt Herr Böttger einen neuerlichen Herzanfall, und am neunten ließ er nach langer Ohnmacht seine Frau und sein Kind an sein Bett rufen und sagte ihnen mit matter, aber klarer Stimme, daß er sein Ende nahen fühle. Frau Marie weinte und wollte ihm so schwarze Gedanken ausreden, er aber schüttelte leise den Kopf: »Doch, liebste Frau, es muß geschieden sein! Laß uns tapfer sein, wie wir es allzeit gewesen sind! Ich sterbe mit ruhigem Gewissen, denn ich habe mit Wissen niemals Böses getan und denke, daß mir Gottes Güte die Sünden, die ich unwissentlich begangen habe, wohl verzeihen wird. So könnte ich ruhig dahin gehen, wohin wir alle eines Tages gehen, wenn mich die Sorge um dich nicht quälte, meine gute Marie, und um unseren Fritz – –«

Fritz stand blaß bis in die Lippen neben dem Bette. Die Tränen liefen ihm stromweis über die Wangen, und er konnte es nicht fassen noch glauben, daß sein Vater, sein angebeteter Vater, binnen kurzem nicht mehr sein sollte.

Das Auge des Sterbenden, das bislang nur auf dem betränten Antlitz der Frau geruht hatte, wandte sich jetzt dem Sohne zu. Ein magischer Glanz verklärte den Blick, als ob er in weiter Ferne etwas Wunderbares sähe, das sich nur ihm, dem Abscheidenden, offenbarte.

Von Frau Marie unterstützt, richtete er sich in den Kissen aus, legte die Hand auf Fritzens Scheitel und sprach mit einem Ton, in dem es feierlich wie die Stimme eines Propheten klang: »Mein geliebter Sohn, in dieser meiner letzten Stunde schaue ich die Zukunft und sage dir: du wirst größer sein als ich. Dir wird gelingen, was mir versagt geblieben ist. Du wirst reicher sein, als Könige, denn deine Hand wird Könige und ihre Länder reich machen!«

Frau Marie meinte, der Kranke spräche Fieberphantasien, aber Fritz merkte wohl, daß sein Vater bei Bewußtsein war, und wie unter einer geheimnisvollen Eingebung stand.

Der Sterbende aber fuhr fort: »Ja, reicher als Könige wirst du sein, aber gedenke immer, daß nur ein reines Herz das Werk vollenden darf, zu dem du berufen bist, daß keine Lüge es trüben darf! Versprich mir, Fritz, in dieser meiner letzten Stunde, daß du immer wahrhaftig und treu sein willst, auch wenn die Versuchung an dich herantritt – –«

Bitterlich weinend kniete Fritz neben dem Vater nieder und gelobte aus aufrichtigem Herzen Wahrhaftigkeit und Treue.

Beruhigt ließ sich der Sterbende in die Kissen zurücksinken. Eine Weile lag er stumm, denn das Sprechen hatte ihn erschöpft. Dann richtete er sich wieder ein wenig auf und sagte leise und mit einem wehmütig-zärtlichen Ton: »Halte unsere Goldküche allzeit in Ehren, denn aus ihr wird alles Künftige hervorgehen!«

Wieder eine tiefe, traurige Stille. Er mußte Kräfte sammeln für das, was er seiner Frau noch zu sagen hatte. Er schickte Fritz hinaus, zog sie liebevoll an sich und dankte ihr in bewegten Worten für alles, was sie ihm je gewesen war.

»Ich hätte mir keine bessere Frau und unserem Fritz keine bessere Mutter wünschen können als dich! Und eben weil ich weiß, daß du für Fritz alles tun wirst, was zu seinem Besten ist, mußt du mir versprechen, daß – –« Er holte tief Atem: »Daß du nicht nein sagen wirst, wenn nach meinem Tode ein anderer braver Mann um dich freit!«

Frau Marie wollte aufschreien, er aber hob beschwichtigend die Hand: »Ja, heute scheint dir dies unmöglich, aber wir haben ein Kind, Marie, und für dies Kind mußt du nun allein sorgen. Unser Fritz hat gute Anlagen, aber auch gefährliche, und wenn nicht eine strenge Hand ihn faßt und führt, wird er straucheln und am Ende zugrunde gehen. Solche Hand hast du nicht, denn du bist zu weich und zu gut, wie alle Mütter sind. Ein Junge aber braucht straffere Zucht, besonders einer wie Fritz, gerade weil ihm Gott so reiche Begabung verliehen hat!«

Frau Marie konnte vor Ergriffenheit kein Wort hervorbringen. Stumm nahm sie die Hände des Sterbenden in die ihren, und die Blicke der zwei Menschen tauchten tief ineinander, sagten nichts mehr als Liebe und Dank, immer wieder Liebe und Dank. Allmählich wurden die Augen des Mannes müder, ein leiser Schleier schien sich über sie zu breiten, langsam schlossen sich seine Lider und eine Weile lag er regungslos … Dann ging ein kleiner Ruck durch seinen Körper …

Nun knieten Frau Marie und Fritz schluchzend neben dem Bette, dachten nicht an Vergangenheit oder Zukunft, sondern nur, daß ihnen der teuerste Mensch gestorben war.

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