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Liebe Bettine!
Und immer noch von dieser de Gachet, aber Gott weiß, es jagt mich wieder aus dem Bette heraus, ich muß Dir noch einmal von ihr sprechen, denn es kann bei ihr viel zu gewinnen und zu verlieren sein, und ich könnte keine Minute ruhen, wenn ich nicht wüßte, daß Du sicher wärst. Ich weiß von dieser Frau nichts, als daß sie mit einem der geistreichsten Menschen, einem Freunde von mir, genau verbunden ist, daß sie jetzt die einzige Französin ist, die auf der Höhe der deutschen Wissenschaft steht, das ist ungeheuer viel, aber um dies zu erringen, was hat sie vielleicht erfahren müssen, und wieviel zarten Sinn haben ihr diese widerspenstigen Wissenschaften wie kostbaren Hausrat erst zerschlagen, eh sie sich besiegt gaben. Sie ist voll Enthusiasmus, und es ist ihr in allem Ernst auf Leben und Tod, auch hat sie die Mittel dazu, Du wirst Dir leicht denken können, der Mensch sei ein Turm, der in der Erde wurzle und in den Himmel rage und in dessen Mitte eigentlich das schöne liebe Menschenleben zwischen Himmel und Erde ist, viele Menschen steigen in die Tiefe und kehren nicht zurück und vergessen der Mitte, die allein lebendig ist, viele steigen in den Himmel und vergessen diese Mitte, in der doch Himmel und Erde sich umarmen, und diese sind zwar große Menschen, aber nach meiner Ansicht werden sie doch nur als Mittel von Gott gebraucht, er belohnt sie mit berauschendem Stolze für ihre Mühe mit den Wissenschaften und lehrt sie die schöne Mitte verachten, um sie zu verführen, nicht zurückzukehren. Ich bitte Dich, bleibe in dieser Mitte und steige nur in die Höhe, um zu beten, sonst wird das Gebet ein Handwerk. Da ich der de Gachet von Dir erzählte, war es ihr sogleich so ernst mit Dir, daß sie vielleicht gar nach Offenbach ziehen wollte, wenn Du ihr gefielst, um mit Dir umzugehen, es wäre schön, wenn Du etwas Chemie von ihr lernen könntest und durch ihre herrlichen Gedanken Deinen Geist erweitern, überhaupt durch sie einen Begriff von vielem erhalten, doch bitte ich Dich recht herzlich, es nur zu tun, wenn es der Zufall erlauben sollte. Ich bereue es sehr, und es ist eine Übereilung, daß ich ihr den Brief an Dich gab, ich kenne sie doch zu wenig dazu, doch hoffte ich, Du wirst beide morgen schon haben, und eher als ihren, und darum durch jenen heftigen nicht verwundert werden, den sie Dir bringt, Du kannst alles, was drinne steht, solltest Du sie näher kennenlernen, an ihr erproben, ob es so ist, das meiste ist vermutlich so, aber ich will mir nicht, daß Du sie gar für unsern Herrgott hältst, ich habe es unstreitig zu arg gemacht, daher, meine liebe Schwester, werfe Dich ihr weder zu Füßen noch um den Hals, sondern ästimiere sie und profitiere von ihr, ich will, Du sollst mir sogleich umständlich schreiben wenn Du sie zum erstenmal sahst, wie's darbei herging, alles was an ihr wissenschaftlich ist, mag vortrefflich sein, aber ihre Grundsätze, da glaube ich, brauchen wir zwei keine andre als unsre. Lieb gut Kind, ich habe Dir da eine rechte Seelenschererei mit meinem hitzigen guten Willen gemacht, so geht es, wenn der Bruder ein Poet ist. Du sollst Deine Singstunde immer in Gegenwart eines Dritten oder der Tante nehmen, denn Koch ist doch etwas gemein, setze alle Deine Arbeiten fleißig fort und behalte mich lieb. Du kannst die de Gachet etwas fragen, was Du wohl lesen sollest, aber schreibe mir alles, was sie zu Dir sagt und Du zu ihr, so viel als möglich. – Adies – Adies – die großen dummen breiten Ausdrücke in meinem Briefe, den die de Gachet bringt, kommen mir jetzt so komisch vor, ich glaube und schäme mich drüber, ich wollte ihr damit schmeicheln, sehe selbst zu, wie sie Dir gefällt.
Clemens.
Adresse Jena bei Friedr. Schlegel, schreibe bald.