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Lord Byron.

Von Rogers.

Er hatte viel erlebt,
Seit wir zuletzt uns sah'n. Fünf kurze Jahre,
Viel hatten sie gethan. Die dicken Locken
Grau, keine Spur von jenem Jüngling mehr,
Der nach Abydos schwamm von Sestos. Aber
Noch süß klang seine Stimm', und wie ein Blitz
Zückt' aus den Augen der Gedank' ihm, harrend
Auf Worte nicht. So saßen wir und sprachen
Tief in die Nacht hinein – willkommne Stunde,
Die uns vereint! – und mit der Morgenröthe
Erklommen wir den rauhen Appenin.

Noch seh' ich's vor mir, wie die gold'ne Sonne
Mit ihrem Strahl die tiefen Schlünde füllte
An unserm Weg, und wie den Berg entlang
Durch Cistus, welsche Eichen, wilde Feigen
Sein bunt Gefolge zog. Der ersten einer
Battist, der auf der mondbeglänzten See
Venedigs ihm so eifrig, so geschickt
Gedient hatt' und sein Ruder weggeworfen,
Ihm durch die Welt zu folgen; der so lange
Das Ehrenzeichen eines Gondoliers
Im Hause eines Nobile getragen,
Werth unbegrenzten Zutrauns. Dann auch du,
Wenn schon nicht mehr in voller Kraft und Schönheit,
Getreuer Mohr, du bis zur letzten Stunde
Der Wächter seiner Kammerthür, und nun
Durch Missolunghi's öde, finst're Gassen
Heulend vor Schmerz!

Verlassen hatt' er eben
Die Stadt des alten Ruhms am Meeresstrand,
Ravenna, wo von Dante's heil'gem Grabe
So oft er, wie es mancher Vers bezeugt,
Begeist'rung eingesogen, wo im Zwielicht
Mit schlaffem Zügel durch den Pinienwald
Er ritt und sich verlor; da sah er oft –
Denn was sieht eines Dichters Auge nicht? –
Des Ritters Geist, der Höllenhunde Jagd,
Die Beute, die Zerfleischung und die Festlust
In Graun verwandelt. Dieses Thema liebt' er,
Doch And're traf die Reihe. Mancher Thurm,
Zertrümmert von den Felsen weggerissen,
Einst eines Heldenalters Stolz und Hort,
Erschien und schwand, und manch ein Stier gejocht
Und ungejocht, indeß sein Geist hinaus
In schön're Tage schweifte. Alles Freude,
Vergangenheit vergessen, wolkenlos
Die Gegenwart und Zukunft!

Und nun ruht er.
Und Preis und Tadel fällt ihm gleich in's Ohr,
Das taub im Tode. Byron, ja du bist
Dahingegangen, wie ein Stern am Himmel
Herabschießt und versinkt, in seinem Sturze
Verblendend und verwirrend. Doch dein Herz
War groß und edel – edel in dem Hohn
Der kleinen niedern Dinge; nichts in ihm
Gemein und knechtisch. Wenn die Einbildung
Erlitt'ner Unbill dich verfolgt' und drang
Zu thun, was lange ward von dir bereut,
Wer weiß nicht – Keiner so wie ich – wie gern
Auf leichtem Grund dein dankbar Herz gebaut?
Im Leben glücklich nicht, bist du's im Tode!
Du hast's erreicht, bist in dem Land gestorben,
Wo einst entzündet ward dein junger Geist,
In Hellas, und in wie glorreicher Sache! –
Ach, Keiner des Gefolges um dich her
Gedachte damals, daß sobald sie säßen
In Trauer bei dir und ein Volk in Trauer
Um dich sein Freudenfest in Leichenjammer
Verwandelte, und des Geschützes Donner
Am Morgen, der beschien, was Irdisches
Von dir geblieben, über See und Land
Ausspräch' die Zahl der Jahre deiner Freuden
Und Leiden!

Ja, du bist dahingegangen!
Laßt ruhen ihn und greifet ihn nicht an
Im Grabe! denn wer von uns Allen, wer
Versucht wie er schon in den ersten Jahren,
Als er, ein unverdorb'ner Hochlandsknabe
Umherzog, wer, wie er, ein Feuergeist,
Dem ihren Zauberbecher an die Lippen
Die Lust gedrückt, als Flaum sein Kinn noch deckte,
Wer von uns Allen mag von sich wol sagen,
Er hätte nicht so viel geirrt? – und mehr?

W. Müller.

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