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Auszug aus Lucians Nachrichten vom Tode des Peregrinus
Veranlassung dieser Unterredungen zwischen Peregrin und Lucian. Etwas über das Recht oder Unrecht, Schwärmerey und Thorheit durch Spott heilen zu wollen. Peregrin nimmt davon Gelegenheit, sich gegen die harten Urtheile, welche Lucian in seiner Schrift von Peregrins Tode über ihn gefällt, und besonders gegen die Beschuldigungen eines darin redend eingeführten Ungenannten so zu vertheidigen, daß Lucians Wahrheitsliebe und Redlichkeit dabey ins Gedränge kommt. Da er indessen nicht zu läugnen begehrt, daß der Schein und zum Theil die auf bloßen Gerüchten und Verleumdungen beruhende öffentliche Meinung gegen ihn war, so wünscht er seinen neuen Freund durch eine reine offenherzige Beichte seines ganzen ehemahligen Lebens in den Stand zu setzen, ein richtigeres Urtheil von ihm zu fällen, hauptsächlich aber die zweydeutigen und räthselhaften Stellen seiner Geschichte in ihr wahres Licht zu setzen. Lucian zeigt sich geneigt ihn anzuhören, und so beginnt Peregrin, im
seine Erzählung mit einer kurzen Nachricht von seiner Vaterstadt und Familie, um sogleich zur Schilderung der Lebensweise und des Karakters seines Großvaters Proteus, von welchem er erzogen wurde, überzugehen, und zu zeigen, wie theils durch diese Erziehung, theils durch zufällige Umstände schon in seinen frühesten Jahren der Grund zu seinem ganzen Karakter und zu den seltsamen Verirrungen seiner frühzeitig erhitzten und exaltierten Einbildungskraft gelegt worden. Wie er schon im ersten Jünglingsalter dazu gekommen, etwas dämonisches in sich zu erkennen, und welchen Einfluß diese Entdeckung auf seine Ideen von seiner Bestimmung und dem, was für ihn das höchste Gut sey, gehabt habe. – Tod seines Großvaters, dessen Erbe er wird. Wahre Erzählung seines ersten Liebesabenteuers mit der schönen Kallippe, wodurch die schiefe und in wesentlichen Umständen verfälschte Art, wie der Ungenannte zu Elis davon spricht, berichtiget wird. Peregrin geht von Parium nach Athen. Ursachen der sonderbaren Lebensart, die er daselbst führt. Zweytes unglückliches Abenteuer, welches ihm mit einem schönen Knaben zu Athen begegnet, und ihn schleunig nach Smyrna abzureisen bestimmt.
Gemüthszustand, worin Peregrin Athen verläßt. Wie sich sein Ideal von Glückseligkeit (Eudämonie) in ihm entwickelt, und durch eine natürliche Folge ein heftiges Verlangen daraus entsteht, vermittelst einer vermeinten erhabenen Art von Magie in die Gemeinschaft höherer Wesen zu kommen, und von einer Stufe dieses geistigen Lebens zur andern endlich zum unmittelbaren Anschauen und Genuß der höchsten Urschönheit zu gelangen. Er wird zu Smyrna mit einem gewissen Menippus, und durch diesen mit dem Karakter und der Geschichte des Apollonius von Tyana, bekannt; auch erhält er von ihm die erste Nachricht von einer in der Gegend von Halikarnaß sich aufhaltenden vermeintlichen Tochter des Apollonius, welche sich unter dem Nahmen Dioklea in den Ruf gesetzt habe, im Besitz der höchsten Geheimnisse der theurgischen Magie zu seyn. Peregrin beschließt diese wundervolle Person durch sich selbst kennen zu lernen, geht nach Halikarnassus ab, und wird von Dioklea, einem von Apollonius im Traum erhaltnen Befehle zu Folge, als ein zu hohen Dingen bestimmter Günstling der Venus Urania, deren Priesterin sie ist, aufgenommen. Sein Aufenthalt in Diokleens Felsenwohnung. Wunderbarer Anfang und Fortgang seiner Liebe zu dieser Göttin. Erste Theofanie, die ihm in ihrem Tempel widerfährt, mit ihren Folgen.
Peregrin wird mit einer zweyten Theofanie beglückt, und gelangt zur unmittelbaren Vereinigung mit der vermeinten Göttin. Wie er in ihrer Wohnung aufgenommen und durch welche Mittel er eine kurze Zeit in der seltsamsten aller Selbsttäuschungen unterhalten wird. Die Göttin verwandelt sich endlich in die Römerin Mamilia Quintilla, und macht unvermerkt ihrer ehemahligen Priesterin Platz, die sich Peregrinen in einem ganz neuen Lichte zeigt, ihm den Schlüssel zu allen zeither mit ihm vorgenommenen Mystifikazionen mittheilt, und sich mit abwechselndem Erfolg alle mögliche Mühe giebt, ihn von seiner Schwärmerey zu heilen und mit seiner gegenwärtigen Lage auszusöhnen. Nach mehr als Einem Rückfall versinkt Peregrin in eine peinvolle Schwermuth. Er erhält neue seine Eitelkeit nicht wenig kränkende Aufschlüsse über den Karakter und die Lebensgeschichte der Dioklea: aber die Entdeckung eines neuen Talents an der letztern wirft ihn in die vorige Bezauberung zurück; bis endlich der schmähliche Ausgang eines von Mamilien veranstalteten Bacchanals ihn plötzlich auf die Entschließung bringt, sich der Gewalt dieser ihm zu mächtigen Zaubrerinnen durch eine heimliche Flucht zu entziehen, die er auch glücklich bewerkstelligt.
Psychologische Darstellung der Gemüthsverfassung, worin Peregrin nach Smyrna zurück kam. Schwermuth und Verfinsterung, worein ihn das Gefühl der Leerheit stürzt, welche das Verschwinden der Bezauberungen, deren Spiel er gewesen war, in seiner Seele zurück läßt. Er wird zufälliger Weise (wie er glaubt) durch die Erscheinung eines unerklärbaren aber sehr interessanten Unbekannten aus diesem Zustand aufgerüttelt und in neue Erwartungen gesetzt, wohnt, ohne zu wissen wie es zugeht, einer Versammlung von Christianern zu Pergamus bey, und ein neues mystisches Leben beginnt von dieser Stunde an in ihm. Der Unbekannte fährt fort mächtig auf sein Gemüth zu wirken, spannt seine Erwartungen in dem magischen Helldunkel, worein er ihn einhüllt, immer höher, befiehlt ihm aber nach Parium zurückzukehren, wohin sein Vater ihn gerufen hatte, und daselbst ruhig auf denjenigen zu warten, der ihm zum Führer auf den rechten Weg zugeschickt werden sollte.
Die Unbekannten, in deren Händen Peregrin ohne sein Wissen sich befindet, fahren fort, ihn durch klüglich berechnete Umwege, Schritt für Schritt, dahin zu leiten, wo sie ihn haben wollen. Durch eine Veranstaltung dieser Art, die er für bloßen Zufall hält, findet er die erste Nachtherberge auf seiner Reise bey einer einsam auf dem Lande lebenden Familie von Christianern, deren Liebenswürdigkeit, Eintracht, Gemüthsruhe, Einfalt der Seele und Unschuld der Sitten einen so tiefen Eindruck auf ihn macht, daß der Wunsch mit solchen Menschen zu leben von nun an das Ziel aller seiner Bestrebungen ist, zumahl da dieser Eindruck durch die Erzählung seines Wirthes von dem Tode des Apostels Johannes (zu dessen Gemeine er gehörte) und durch die Schilderung, die ihm sein Wegweiser von dem Karakter des erhabenen Wesens macht, nach welchem sie sich nannten, verstärkt wird. Peregrin kommt in das väterliche Haus zurück und übernimmt die Besorgung der Handelsgeschäfte seines Vaters. Bald darauf entdeckt sich ihm in der Person seines ehemahligen Wegweisers Hegesias, ein Kaufmann von Ägina, und einer der thätigsten Agenten des Unbekannten. Hegesias erwirbt sich durch seine Kenntnisse und Handelsverbindungen das Vertrauen des Vaters, welchem er seine Gemeinschaft mit den Christianern verbirgt, um desto ungestörter an dem Sohne das von dem Unbekannten und ihm selbst angefangene Bekehrungswerk betreiben zu können. Peregrin erhält den ersten Grad der Weihe von ihm. Karakter des Hegesias, mit einer Digression über den Unterschied zwischen den damahligen Christianischen Brüdergemeinen und den Christianern unter den Konstantinen und Theodosiern. Der Unbekannte, welcher fortan Kerinthus heißen wird, offenbart sich nun dem hinlänglich geprüften Peregrin etwas näher, und ertheilt ihm den zweyten Grad der Weihe, hüllt sich aber gar bald wieder in das heilige Dunkel ein, worin er ihm bisher immer erschienen war. Peregrin entdeckt, daß er erst in den zweyten Vorhof des Heiligthums vorgeschritten sey, und diese Entdeckung verdoppelt seinen brennenden Eifer, sich der höhern Grade, die er noch zu ersteigen hat, durch die willigste Unterwerfung unter jede Prüfung, Vorbereitung und Aufopferung würdig zu machen. Er kehrt aus Gehorsam zu seinen Geschäften nach Parium zurück, und macht den Brüdern ein voreiliges Geschenk von seinem ganzen Vermögen. Sonderbares aber schlaues Benehmen des Hegesias bey dieser Gelegenheit, welches zu einigen der Entwicklung der Geschichte zuvorkommenden Anmerkungen über die schon damahls immer sichtbarer werdende Abweichung der Christianer von dem Geist und Vorbild ihres Meisters Anlaß giebt.
Peregrin wird durch den Tod seines Vaters Besitzer eines großen Vermögens, und seine Obern lassen sich endlich gefallen, den größten Theil davon, als ein zum Bau des Reichs Gottes beygetragenes Scherflein, zu ihren Handen zu nehmen. Er wird nach Nikomedien berufen, erhält zur Belohnung der Treue, welche er bisher in dem angefangenen Werke seiner Heiligung bewiesen, das Versprechen, daß er nun ohne weiters zum Anschauen der höchsten Geheimnisse des Reichs des Lichts zugelassen werde, und empfängt von Hegesias, als dem dazu von Kerinthus verordneten Mystagogen, den wirklichen Unterricht in der erhabenen Gnosis, hinter deren emblematischen und allegorischen Bildern Kerinthus das wahre Geheimniß seines weitgrenzenden politischen Plans verbarg. Peregrin, dessen unheilbare Fantasie in dieser aus magischen und kabbalistischen Quellen geschöpften Gnosis die nahe Befriedigung seiner höchsten Wünsche ahndet, nimmt die Bilder für die Sache selbst, und bestärkt dadurch seine Obern in dem Urtheil, daß er ihrem Orden bloß als Werkzeug, aber als solches durch seinen Eifer für ihre Sache, die ihm die Sache Gottes war, und durch die unbedingten Aufopferungen, wozu sie ihn immer bereit sahen, desto größere Dienste thun könne. Anstatt also die Decke von seinen Augen wegzunehmen, unterhalten sie ihn vielmehr in seiner schwärmerischen Vorstellungsart, und bestimmen ihn endlich, nach einer neuen strengen Vorbereitung, in den Missionen zu arbeiten, durch welche der Orden die in Asien zerstreuten Brüdergemeinen nach und nach mit sich zu vereinigen suchte. Peregrin wird zu diesem Ende in eine Pflanzschule der Kerinthischen Sekte nach Ikonium, und von da nach Syrien abgeschickt. Der glückliche Fortgang seiner Arbeiten wird durch eine von Parium aus gegen ihn gerichtete Kabale unterbrochen – er wird vor dem Statthalter von Syrien angeklagt und kraft des bekannten Trajanischen Edikts ins Gefängniß geworfen. Berichtigung der Erzählung des Lucianischen Ungenannten. Peregrins Gemüthszustand bey der Fortdauer seiner Einkerkerung.
Unverhoffter nächtlicher Besuch, den er von Diokleen im Gefängniß erhält. Sie entdeckt sich ihm als die Schwester des Kerinthus, macht ihn mit der geheimen Geschichte ihres Bruders und mit dem Innern seines großen Plans bekannt, und öffnet ihm dadurch auf einmahl die Augen über die ganze Kette von Täuschungen, wodurch er von Kerinthus und Hegesias bisher zum blinden Werkzeug ihrer politischen Absichten gemacht worden war. Peregrin erhält durch ihre Vermittlung seine Freyheit wieder, unter der Bedingung Syrien sogleich zu verlassen. Er stellt sich als ob er in alle ihre Absichten mit ihm eingehe, verläßt sie aber bald darauf heimlich, und entflieht nach Laodicea, fest entschlossen, alle Gemeinschaft mit Kerinthus und seinem Anhang auf immer abzubrechen.
Der schwärmerische Hang zur theurgischen Magie, von welchem Peregrin bisher beherrscht und unter mancherley Gestalten getäuscht wurde, macht nun allmählich einer andern Art von Schwärmerey Platz, deren erste Wirkung sein plötzlicher Entschluß ist, sich für sein übriges Leben mit der liebenswürdigen Familie von Johanniten zu vereinigen, welche ihn bald nach seiner ersten Bekanntschaft mit Kerinthus, auf seiner Reise von Pergamus nach Pitane, so freundlich aufgenommen hatte. Dieses Vorhaben wird durch das unvermutete Zusammentreffen mit einem gewissen Dionysius von Sinope vereitelt, mit welchem er vor etlichen Jahren zu Ikonium bekannt worden war. Beide theilen einander die Geschichte ihrer ehemahligen Verbindung mit Kerinthus und die während derselben gemachten Beobachtungen und Erfahrungen mit. Gründe, warum Dionysius Peregrins Trennung von Kerinthus und Diokleen eher mißbilligt als gut heißt, nun aber, da dieser Schritt einmahl geschehen war, und Peregrin seinen unüberwindlichen Abscheu, an dem Plan dieser gefährlichen Geschwister Antheil zu nehmen, erklärt, darauf besteht, daß er alle Gemeinschaft mit den Christianern, von welcher Sekte sie seyn möchten, gänzlich aufheben müsse. Merkwürdige Äußerungen des Dionysius über die Tendenz des damahligen Christianismus, und über Hierarchie und Theokratie überhaupt. Peregrin, bey welchem sich inzwischen aus den Trümmern seines ehemahligen Platonisch-magischen Systems eine neue, wiewohl nicht weniger schwärmerische Vorstellungsart entwickelt hat, entschließt sich, die Eudämonie (das ewige Ziel seiner Wünsche) zwar auf einem andern, aber seinem zeitherigen sehr nahe liegenden Wege zu suchen, und das höchste Ideal eines vollkommnen Cynikers zum Zweck und Vorbild seines übrigen Lebens zu machen. Er trennt sich von seinem Freunde Dionysius, der ihm vergebens anbietet sein unscheinbares aber sicheres Glück mit ihm zu theilen, und kehrt im Kostum eines Cynikers nach Parium zurück, um die Überbleibsel seines, größten Theils dem Kerinthus aufgeopferten, Vermögens in Sicherheit zu bringen. Seine Verwandten verursachen ihm neue Ungelegenheiten und Kränkungen, welchen er sich durch den raschen Entschluß, dem Volk von Parium ein Geschenk mit dem Rest seines Erbgutes zu machen, auf einmahl entzieht. Er begiebt sich nun nach Alexandrien in Ägypten, um die Schule des Filosofen Agathobulus zu besuchen, nachdem er sich von dem Ertrag eines kleinen Meierhofes (dem einzigen, was er sich bey Verschenkung seines Vermögens an die Parianer mentaliter vorbehielt) ein zur höchsten Nothdurft eines Cynikers ungefähr hinreichendes Einkommen versichert zu haben glaubte, welches ihm zwar in der Folge durch die Bemühungen seiner Feinde wieder entzogen, durch einen unverhofften Zufall aber reichlich ersetzt wird. Er findet zu Alexandrien nicht was er suchte, und bestärkt sich dadurch in dem Vorsatz, die Austerität der Heroen des cynischen Ordens in seinen Maximen, Reden und Handlungen aufs äußerste zu treiben. Karakter seiner Misanthropie, und seltsame Leibesübungen und Selbstpeinigungen, wodurch er die Gewalt über seinen thierischen Theil bis zur völligen Apathie zu treiben sucht. Der große, wiewohl zweydeutige Ruf, in welchen er sich durch dieß alles setzt, zieht ihm die Aufmerksamkeit eines vornehmen jungen Römers zu, von welchem er sich bereden läßt, ihn in der Eigenschaft eines Freundes und Hausgenossen nach Rom zu begleiten. Peregrin tritt seine Reise nach der Hauptstadt der Welt mit dem ganzen Enthusiasmus eines Menschen an, der dem glorreichsten Werke, das ein moralischer Herkules unternehmen konnte, der Sittenverbesserung dieser zur tiefsten Unsittlichkeit und Verderbniß herab gesunkenen Stadt, entgegen geht, und findet sich, zu seinem Erstaunen, abermahls in all seinen Erwartungen betrogen. Er verläßt das Haus des jungen Römers; der Unmuth versäuert und erbittert seine Sinnesart immer mehr, und er benutzt die Freyheit, welche der Schutz Mark-Aurels damahls allen Griechischen Filosofen zu Rom gewährte, seiner bösen Laune durch die heftigsten Satiren und die schonungsloseste Züchtigung des Lasters und der Lasterhaften Luft zu machen.
Peregrin setzt sich durch sein Betragen in Rom in den Ruf eines erklärten Weiberhassers, und behauptet diesen Ruf bey verschiedenen Proben, auf welche er gestellt wird. Dieß giebt Gelegenheit, daß auch bey der jungen Faustina von ihm gesprochen wird, und diese Prinzessin (in deren Karakter leichter Frohsinn und arglose Gutherzigkeit die Hauptzüge waren) kommt auf den Einfall, den cynischen Weiberfeind von Person kennen zu lernen. Peregrin wird ihr vorgestellt, und benimmt sich auf eine so linkische Art, daß Faustina in einem Anstoß von muthwilliger Fröhlichkeit Lust bekommt, den Versuch selbst zu machen, ob die Apathie dieses seltsamen Sonderlings gegen die feineren Verführungskünste, die sie gegen ihn anzuwenden gedenkt, aushalten werde. Sie geht darüber mit einer andern Römischen Dame eine Wette ein, und weiß, ohne ihrer eigenen Würde etwas zu vergeben, die bald von ihr ausfindig gemachte schwache Seite des unheilbaren Schwärmers so geschickt anzugreifen, daß sie endlich einen Triumf über seine Misogynie erhält, der ihr selbst zwar den Preis der Wette verschafft, aber den armen Peregrin zur Fabel des Hofes und der Stadt macht. Der Unwille über diesen, seinem nichts arges besorgenden Herzen gespielten Streich treibt jetzt seinen cynischen Menschenhaß so weit, daß er alle Grenzen der Klugheit überspringt, und nicht nur Faustinen und ihre Freundinnen, sondern auch ihren Gemahl und den Kaiser ihren Vater selbst in seinen Deklamazionen nicht verschont. Faustina, die sich zu einer billigen Entschädigung gegen Peregrin verbunden glaubt, wird mit allem, was sie für ihn thun will, auf eine so beleidigende Art abgewiesen, daß Peregrin am nächsten Morgen vom Präfekt der Stadt Rom den Rath erhält, die Stadt ohne Aufschub zu verlassen. Er gehorcht, und kehrt nach Griechenland mit dem Vorsatze zurück, der Menschen weniger als jemahls zu schonen, und, da er sie nicht besser machen könne, sie durch den ungefälligen Spiegel, in welchen er sie zu sehen zwingen wollte, wenigstens zu demüthigen und zu beschämen. Das gegenseitige unangenehme Verhältniß, das zwischen ihm und der Welt daraus entsteht, nöthigt ihn, sich unweit von Athen in die einsamste Abgeschiedenheit zurückzuziehen, wo der Cyniker Theagenes, wiewohl wegen seiner plumpen Rohheit zu einer engern Verbindung mit Peregrin unfähig, beynahe der einzige Mensch ist, der sich ihm durch seine Anhänglichkeit erträglich macht. Endlich fühlt sich Peregrin von einem Lebensüberdruß und von einer Lust zu sterben ergriffen, die mit jedem Tage zunehmen, und die für ihn anständigste Art, sein Leben freiwillig zu endigen, zum Hauptgegenstand seiner Gedanken machen. So wie seine ganze Art zu seyn, seine strenge Enthaltsamkeit, und, mehr als alles andere, seine Erfahrungen, die dünnen Fäden, wodurch er noch am Leben hängt, einen nach dem andern abreißen, erwacht hingegen das alte, nie ganz erloschne Gefühl seiner dämonischen Natur wieder in seiner ganzen Stärke und in eben demselben Verhältniß, wie der natürliche Trieb zum Leben die seinige verliert. Er sehnt sich immer ungeduldiger nach jenem höhern Leben der Wesen seiner Gattung; er fühlt, daß er den Menschen nur noch durch seinen Tod nützen kann, und beschließt zu sterben. Gründe, die ihn bewegen, die Todesart des Herkules allen andern vorzuziehen, und vier Jahre zuvor öffentlich anzukündigen. Erwähnung der Zirkelbriefe, die er unmittelbar vor seinem Tod an alle Griechischen Städte abgehen ließ, in der schwärmerischen Erwartung, daß sie, als der letzte Wille eines zur Bestätigung seiner Lehre sterbenden Weisen, gewaltig auf die Gemüther wirken, und ihn noch im Tode selbst zum Wohlthäter der ganzen Hellas machen würden. Peregrin beschließt damit seine nicht selten auf Unkosten seines Verstandes aufrichtigen Bekenntnisse, indem er sich, wie es scheint, mit der Hoffnung tröstet, seinen neuen Freund überzeugt zu haben, daß er in seinem Erdeleben, wenn auch ein Schwärmer, wenigstens (was ziemlich selten ist) ein ehrlicher Schwärmer gewesen sey.