C. Cornelius Tacitus
Die Germania
C. Cornelius Tacitus

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Der Nordosten.

Auf der Rückseite schließen sich die Marsigner, Gotinen, Osen und Buren an die Markomanen und Quaden. Unter ihnen kennzeichnet Sprache und Sitte die Marsigner und Buren als Sueven; die Gotinen verräth ihre gallische, die Osen ihre pannonische Mundart als ungermanisch; nicht minder die Tribute welche sie sich gefallen lassen. Solche haben sie, als fremde Stämme, theils den Sarmaten, theils den Quaden zu entrichten. Um die Schmach voll zu machen, betreiben die Gotinen Bergbau auf Eisen. All diese Stämme bewohnen ein Gebiet, das nur wenige Ebenen, sonst lauter Hochwald, Berggipfel und Höhenzüge bietet. Mitten durch das Suevenland nemlich zieht als ununterbrochene Scheidemauer ein Gebirgskamm, und in dessen Norden haust noch eine ganze Reihe von Völkern. Am weitesten unter diesen erstreckt sich das Volk der Lygier, ein Name der wieder mehrere Stämme umfaßt. Von letzteren mögen nur die bedeutendsten genannt sein, die Harier, Helvekonen, Manimer, Elisier und Nahanarvaler. Im Lande der Nahanarvaler wird ein altverehrter heiliger Hain gezeigt. Oberhaupt ist ein Priester in weiblicher Tracht, die Götter aber welche man nennt entsprechen den römischen Castor und Pollux. Damit ist das Wesen dieser Gottheit bezeichnet; ihr einheimischer Name ist Alci. Keine bildliche Darstellung, keine Spur von ausländischem Cultus, aber als Brüder, als Jünglinge werden sie verehrt.

Die Harier, den eben aufgezählten Stämmen ohnehin überlegen, sind doppelt furchtbar, weil zur natürlichen Wildheit noch raffinirte Kunst und Berechnung tritt. Die Schilde schwarz, die Körper bemalt ersehen sie sich die dunkle Nacht zum Kampfe. Schon das Gespenstige und Schattenhafte dieser höllischen Heerschar wirft Entsetzen in den Feind und keiner vermag der überraschenden, wie aus der Unterwelt gestiegenen Erscheinung zu stehen; denn in der Schlacht ist es immer das Auge das zuerst sich überwältigen läßt.

Ueber die Lygier hinaus wohnt das Volk der Gothonen, von Königen und zwar schon etwas straffer beherrscht als die andern germanischen Stämme, doch aber noch nicht außerhalb der Linie freier Verfassung.

Weiterhin sodann, dem Ocean zu, die Rugier und Lemovier. Gemeinschaftliche Eigenthümlichkeit dieser Stämme ist der runde Schild, das kurze Schwert und – Gehorsam dem König.

Caput XLIII.

Retro Marsigni, Gotini, Osi, Buri terga Marcomanorum Quadorumque claudunt; e quibus Marsigni et Buri sermone cultuque Suevos referunt; Gotinos Gallica, Osos Pannonica lingua coarguit non esse Germanos, et quod tributa patiuntur; partem tributorum Sarmatae, partem Quadi ut alienigenis imponunt. Gotini, quo magis pudeat, et ferrum effodiunt. Omnesque hi populi pauca campestrium, ceterum saltus et vertices montium iugumque insederunt; dirimit enim scinditque Sueviam continuum montium iugum. Ultra quod plurimae gentes agunt; ex quibus latissime patet Lygiorum nomen, in plures civitates diffusum. Valentissimas nominasse sufficiet, Harios, Helveconas, Manimos, Elisios, Nahanarvalos. Apud Nahanarvalos antiquae religionis lucus ostenditur; praesidet sacerdos muliebri ornatu; sed deos interpretatione Romana Castorem Pollucemque memorant; ea vis numini, nomen Alcis. Nulla simulacra, nullum peregrinae superstitionis vestigium; ut fratres tamen, ut iuvenes venerantur. Ceterum Harii super vires, quibus enumeratos paulo ante populos antecedunt, truces insitae feritati arte ac tempore lenocinantur: nigra scuta, tincta corpora, atras ad praelia noctes legunt, ipsaque formidine atque umbra feralis exercitus terrorem inferunt, nullo hostium sustinente novum ac velut infernum aspectum; nam primi in omnibus praeliis oculi vincuntur. Trans Lygios Gothones regnantur, paulo iam adductius quam ceterae Germanorum gentes; nondum tamen supra libertatem. Protinus deinde ab Oceano Rugii et Lemovii. Omniumque harum gentium insigne rotunda scuta, breves gladii, et erga reges obsequium.


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