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Wenn du einmal, mein lieber Leser, Illfurt besuchst, wirst du am Platze, in einem Garten, gegenüber dem früheren Burnerschen Hause, ein schönes Denkmal erblicken, das Bild der Unbefleckten Empfängnis in vergoldetem Gußeisen auf hoher, steinerner Säule. Das Denkmal ist zehn Meter hoch und überragt alle umliegenden Gebäude. Am Sockel liest du die Worte: In memoriam perpetuam liberationis duorum possessorum Theobaldi et Josephi Burner obtentae per intercessionem Beatae Mariae Virginis Immaculatae. Anno Domini 1869. Zu deutsch: Zum ewigen Andenken an die Befreiung der zwei Besessenen, Theobald und Joseph Burner, erlangt durch die Fürbitte Maria, der Unbefleckt Empfangenen Jungfrau, im Jahre 1869.
Herr Pfarrer Brey hatte es sich nicht nehmen lassen, diesen Tribut der Dankbarkeit der Himmelsmutter zu zollen, und die Pfarrkinder, sowie auch andere Muttergottesverehrer hatten gern ihr Scherflein beigesteuert zu diesem edlen Werke. War es doch ganz auffallend, daß gerade die Unbefleckt Empfangene sowohl in Schiltigheim als auch in Illfurt den höllischen Drachen überwunden und ihm den Kopf zertreten hat. Waren doch alle anderen stundenlangen Exorzismen erfolglos, bis der Satan der Macht der »großen Dame« weichen mußte. In ihre Hand hat der allmächtige Gott den Sieg gelegt, wie er ihn einst beim ersten großen Kampfe dem Erzengel Michael verliehen. Maria ist das starke Weib, der Schrecken der Hölle; vor ihr muß alle Macht der Finsternis weichen. Ihr sei Ehre und Ruhm und Dank in alle Ewigkeit!
Und nun fragst du vielleicht: »Warum diese furchtbare Besessenheit dieser bedauernswerten Kinder? Wer hat da gesündigt? Die Eltern oder sie selbst?« – Lies einmal das Kapitel IX vom heiligen Johannesevangelium, wo von der Heilung des Blindgeborenen die Rede ist. Dort wirst du die Lösung finden. Unser Herrgott hat auch diese Prüfung zugelassen, damit seine Werke offenbar werden, und damit er uns an die über alles große Wohltat der Erlösung erinnere. Vor der Ankunft des Welterlösers war der Satan auf Erden schier allmächtiger Herr und Meister, und er hat sein Reich fast allenthalben aufgerichtet, das Reich des Unglaubens und der törichten Abgötterei. Darum galt er auch als »der Fürst dieser Welt.«
So hat ihn der Erlöser selbst geheißen. Bevor er für uns am Kreuze starb, hat er gesagt: »Jetzt ergeht das Gericht über die Welt, jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgestoßen, und ich, wenn ich von der Erde erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen.« (Joh. XII, 31.), d. h. durch den Glauben an Christus, seinen Tod und seine Auferstehung, werden alle Menschen, die guten Willens sind, von der Herrschaft des Teufels befreit und mit ihrem Heiland vereint, hier in der Liebe und einst droben in der Seligkeit.
Er selbst hat, als er noch auf Erden wandelte, seine Macht über den Satan in sichtbarer Weise gezeigt, indem er überall die Besessenen, denen er begegnete, vom Teufel befreite, und diese nämliche Macht hat er seiner Kirche und seinen Aposteln gegeben; »In meinem Namen werden sie Teufel austreiben.« (Marc. XVI, 17.)
Die Apostel haben es in Jesu Namen probiert und es ist ihnen gelungen, und auch die Kirche hat bis auf den heutigen Tag dieselbe Macht über die Geister der Hölle in den Besessenen ausgeübt, stets mit demselben Erfolg wie in Schiltigheim und Illfurt. Kein Fürst hat solche Macht und kein noch so mächtiger Potentat, aber der katholische Priester hat sie. Nur ihm hat der göttliche Heiland die wunderbare Gewalt gegeben über die Geister der Finsternis. Ein Wort von ihm verjagt sie sowohl aus den Leibern, als auch aus den Seelen der Menschen. Und wenn auch die körperliche Besessenheit zu unseren Zeiten nur eine recht seltene Erscheinung ist, so ist dafür die seelische Besessenheit, der Stand der Todsünde, um so häufiger.
Der Teufel hat nämlich allen Grund, sich nicht allzuhäufig zu offenbaren; denn diese Offenbarung ist so abscheulich, daß sich die Menschen mit Ekel von ihm abwenden und sich oft bekehren, wie es in Illfurt droben der Fall war. Er zieht es vor, in aller Heimlichkeit und Stille durch die Todsünde in das Menschenherz einzuziehen und daselbst seine Wohnung aufzuschlagen. Oh, was gibt er sich Mühe, unverdrossen, ohne Ruh' und ohne Rast, durch List und allerlei Versuchung und Verführung ins Herz hineinzugelangen, um es von Gott zu trennen mit der Absicht, den ganzen Menschen mit sich ins ewige Elend hinabzuziehen. Ist es ihm einmal gelungen, das Herz zu besitzen, so raubt er ihm seine Ruhe, seinen Frieden, seine Verdienste der guten Werke, seinen Gott, ja, oft noch sein ganzes ewiges Glück.
Sag' 'mal, mein Christ, wenn du damals in Illfurt gewesen wärst, und dem haarsträubenden Treiben des höllischen Feindes hättest zuschauen können, wie so viele Tausende von Zeugen dies beobachtet haben, sag' 'mal, möchtest du einen so häßlichen tyrannischen Geist in deinem Herzen beherbergen, wenn du es verhindern könntest? Möchtest du freiwillig auch nur eine halbe Stunde zusammenleben mit einem so entsetzlichen Ungeheuer? Und doch tust du es, wenn du freiwillig in eine schwere Sünde einwilligst und du hast einen oder mehrere dieser schrecklichen Höllengeister in deiner Seele wohnen, bis du deine Sünde aufrichtig bereust, und der Priester durch sein Machtwort die Unholde wieder aus dir vertreibt. Jetzt ist ja diese Besessenheit der Seele dem Menschen nicht besonders auffällig oder beschwerlich, und sehr viele Menschen leben in diesem Zustande wochenlang, ja jahrelang. Aber einmal wird die Hülle der Seele fallen, dann wird das namenlose Elend zutage treten.
Wenn der Satan schon auf Erden mit unschuldigen Kindern so furchtbar umgeht, wie wird er erst mit den Verdammten umgehen, die der Zorn Gottes seiner Gewalt ganz übergeben hat, da sie sich im Leben freiwillig in seine Gewalt gegeben! Wie muß es über alle Maßen entsetzlich sein, das Zusammenleben mit so häßlichen, verruchten, gottlosen und boshaften Geistern! Wie haben wir Ursache, mit dem frommen Psalmisten zu beten: »O Herr, übergib nicht den Bestien die Seelen, die auf dich vertrauen.« (Ps. 73, 19.) Wie sollen wir oft und andächtig die Bitte wiederholen: »Von den Nachstellungen des Teufels erlöse uns, o Herr.« Bleiben wir getreu im Glauben, bewahren wir im Herzen die Gnade, und der Satan wird uns nicht schaden können, nicht im Leben und nicht in der Ewigkeit.