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In einem seiner Briefe erzählte Herr Martinot, wie der Bürgermeister von Illfurt einen der Besessenen genötigt habe, ihm zu bekennen, welches die wahre Religion sei. Der Knabe rief: »Daß du es weißt, die deinige ist allein die wahre, alle andern sind falsch.« – »Aber wie kommt es,« fragte Herr Tresch weiter, »daß du ein solches Bekenntnis machst?«
»Ich bin dazu gezwungen,« erwiderte der Besessene, »und zwar durch die drei da oben. Ich muß dir ebenfalls mitteilen, daß wir keinerlei Macht haben über diejenigen, die denken und handeln wie du. Wir können nichts gegen die, welche würdig beichten und kommunizieren und der großen Dame dienen und sie anrufen, die an unserem Unglücke auch schuld ist. Wir können denen nichts anhaben, die aufrichtig die Lehren dessen befolgen, den wir hassen, die dem Vater aller Hunde (Papst) treu und ergeben und dem großen Schweinestall (Kirche) Untertan sind.«
Herr Martinot fragte sodann, wie er heiße: »Ich kenne meinen Namen und den deinen so gut wie du; aber ich sage ihn dir nicht. Ich habe meine Gründe.«
Tags darauf fragte ihn Herr Tresch, warum er am Vorabend so eigensinnig und grob gegen die beiden Herren von Schlettstadt gewesen wäre. – »Ich kann den ›Spitz‹ nicht leiden,« antwortete er, ebensowenig als den andern. Dieser, der in Schlettstadt wohnt, aber nicht von dort ist (Herr Martinot stammte vom Departement de la Meurthe), betet zu viel. Er betet so viel er kann. Was er hat, gibt er den Armen; er behält für sich kaum einige Fetzen. Er geht sogar zu den Reichen, um für die Armen zu betteln. Ich kann ihn nicht leiden. Sprich mir nicht mehr von ihm.«
Mit Herrn Tresch war der Satan keineswegs galanter. Er nannte ihn einmal »den großen Zweig, der sich weithin erstreckt«, und fügte dann hinzu: »Du bist ein Geizkragen, ein Hungerleider, du gibst mir nichts, nicht einmal die Kartoffelschalen. Du gibst alles der großen Dame und ihrem Hund. Selbst in deinem Hause hast du die große Dame mit dem Hündlein auf dem Schoß.« Herr Tresch fragte ihn hierauf: »Wo steht denn die große Dame?« – »Ueber der Türe.« – »Das ist aber nicht die, welche du fürchtest?« – »Nein, aber die, welche du in deinem kleinen Schranke hast und die das Hündlein auf dem Schoße trägt.« – Dieses Bild, eine »Pieta«, hatte der Bürgermeister von seiner Tante von St. Pilt erhalten und verehrte sie sehr.
An einem Sonntag morgen, während die Glocke das Zeichen für die heilige Wandlung gab, geriet der Teufel in große Wut. Da sprach die wachhabende Schwester zu ihm: »Wart nur, du wirst bald gezwungen werden, Reißaus zu nehmen. Kann ich dich nicht selbst verjagen?« – »Deine Nase ist zu kurz dazu,« spottete der Teufel. – »Wer kann dich denn vertreiben?« – »Charles Brey,« antwortete er.
Ebenso verkündete der Teufel des älteren Knaben, daß er in Gegenwart von 12 Personen werde weichen müssen und daß dann das Hündlein (Theobald) das Gehör wieder erlangen würde. »Aber,« fügte er hinzu, »ich werde mich zur Wehr setzen.« – Wir werden später sehen, welchen ganz gewaltigen Widerstand er dem Exorzisten entgegensetzte, der ihn in Gegenwart von 12 Personen austrieb.
Aufzeichnungen des Herrn Aumônier Hausser: Ein frommer Priester, früher Aumônier in Saint-Charles, kam extra nach Schiltigheim, um den besessenen Knaben zu besuchen. Als er in die Stube trat, grüßte er mit den Worten: »In nomine Jesu omne genu flectatur« (Im Namen Jesu beuge sich jedes Knie im Himmel auf Erden und unter der Erde). Kaum hatte er dieses gesagt, so fiel der Knabe wie eine Masse zusammen; dann begann er zu jammern und zu heulen und verkroch sich heulend unter das Bett. Der Geistliche wiederholte dieselben Worte und befahl dem Knaben, näher zu kommen. Als sich dieser weigerte, sprengte er Weihwasser unter die Bettstelle. Da kroch der Besessene auf allen Vieren hervor und drehte sich winselnd am Boden und flüchtete sich in eine Ecke, so weit als möglich vom Priester entfernt.