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Die Teufel.

Aus den Archiven der Pfarrei Illfurt.

In jedem Knaben hausten mindestens zwei höllische Geister. Sie verschwiegen ihre Namen solange sie konnten. Von Pater Souquat in Jesu Namen aufgefordert, rückten sie doch mit der Sprache heraus. Der ältere Knabe, Theobald, war von den Teufeln Orobas und Ypès besessen. Letzterer nannte sich einen höllischen Grafen, der über 71 Legionen herrschte. Einer der Teufel, der im jüngeren Knaben, Joseph, hauste, nannte sich Solalethiel, vom anderen hat man den Namen nicht in Erfahrung bringen können. Dieser Solalethiel war verschmitzter und grausamer als die Teufel im älteren Bruder. Ypès dagegen war mit Taubheit geschlagen, denn solange er den Knaben beherrschte, war dieser vollständig des Gehöres beraubt, und zwar so, dass er auf eine dicht neben dem Ohre abgeschossene Pistole auf keine Weise reagierte. Erst im Augenblick seiner Befreiung erhielt Theobald das Gehör wieder.

Eines Tages fragte Herr Martinot den Besessenen auf lateinisch: »Unde venis?« – Wo kommst du her?

Dieser machte eine Gebärde der Verachtung und sprach: »Tu es diabolus!« – Du bist ein Teufel!

»Du auch,« erwiederte Herr Martinot.

Noch zweimal nannte der Besessene ihn Satan und Teufel, ebenso den anwesenden Herrn Spies.

»Ich bin kein Teufel,« protestierte Herr Martinot, »du selbst bist einer, und vielleicht ein Chef der Teufel.«

Dieser Gedanke schmeichelte seinem Stolz. »Jawohl«, rief er, »ich bin Chef über 71 Legionen«.

»Nur über 70 Legionen bist du Chef,« erklärte der Angeredete.

»Ueber 71 Legionen,« wiederholte der Satan.

»Nun gut, über 71 Legionen, und du armer Chef, du solltest dich deiner Unwissenheit schämen. Du kennst weder deinen noch meinen Namen.«

»Doch, doch, ich kenne meinen und deinen Namen so gut wie du, aber ich sage ihn dir nicht. Wärest du ein Jude,« setzte er hinzu, »so würde ich dir in allen Sprachen antworten.«

Er sagte die Wahrheit, denn wenn er wollte, antwortete er in den verschiedensten Sprachen, besonders in Englisch und Französisch. Am selben Tage unterhielt sich Theobald eine halbe Stunde lang in tadellosem Französisch, ebenso Joseph, er, der noch kaum lesen konnte. Ja, als sie einmal allein waren, und nur eine Nachbarin die Kinder beaufsichtigte, unterhielten sie sich den ganzen Tag in französischer Sprache.

Die bischöfliche Behörde beorderte zwei Niederbronner Schwestern, Severa und Methula, mit der Beaufsichtigung der armen Kinder. Als sie in Illfurt ankamen, waren der Bürgermeister und mehrere Notabeln der Gemeinde am Bahnhof um sie zu empfangen und sie zu den Kindern zu führen. Diese, obschon sie die Schwestern noch nie gesehen oder gekannt hatten, nannten sie sofort bei ihrem Klosternamen und duzten sie. Der Schwester Severa, einer Bayerin, nannten sie die Zahl ihrer Geschwister und verkündigten ihr die Art ihrer Beschäftigung und enthüllten ihr mehrere Familiengeheimnisse. Die Schwestern kamen aus dem Erstaunen nicht mehr heraus.

Plötzlich sagte Joseph zu ihr:

»Du würdest mir Freude machen, wenn du mir das blaue Fläschchen schenktest, das du in deinem Koffer hast.«

Dieser Koffer stand noch am Bahnhof. Der Bürgermeister ließ ihn holen. Unterdessen fragte er die Schwester, was es mit dem blauen Fläschchen für eine Bewandtnis habe.

»Jawohl,« antwortete die Schwester, »ich habe in meinem Koffer ein blaues Fläschchen mit Aether zu meinem persönlichen Gebrauch.«

Alle Anwesenden staunten, nur Herr Miclo, der Lehrer, nicht, der weder an Gott noch an den Teufel glaubte.

Kurz darauf kamen zwei Niederbronner Schwestern, die in Altkirch amtierten, auf Besuch zu ihren Mitschwestern. Sie unterhielten sich leise miteinander über die Besessenen und die sonderbaren Erscheinungen, die da vorkamen. Theobald, der ganz taub war und das Gespräch also weder hören noch verstehen konnte, lag auf dem Bette. Eine der Schwestern war jedoch von der Besessenheit nicht überzeugt; sie sprach von einer Nervenkrankheit. Da trat der Herr Pfarrer herein als eben die Altkirchner Schwestern sich verabschieden wollten. Theobald erzählte nun dem Herrn Pfarrer alles was die Schwestern gesagt hatten und fügte hinzu: »'s Prahlmadamle vo Altkirch glaubt's nit.«

Die Höllengeister hatten auch wieder ihre Vorgesetzten, ihre Meister, vor denen sie zitterten. Ab und zu bekamen sie Besuch, der ihnen nicht sehr willkommen war. Einmal rief der eine der Knaben im Delirium: »Aha, jetzt kommt der Meister!« – »Welcher Meister?« fragte man ihn. – »Eh! unser Meister!« –» Ist er stärker als du?« – »Ja«. – »Wie sieht er aus?« – »Er hat zwei Füße, den Körper mit Federn bedeckt, einen langen Hals, einen Entenschnabel, die Hände sind wie Katzenkrallen, die er hervorstreckt.« – Gleich darauf schrie der Knabe: »Da ist er! Da ist er!«

Mit dem Meister kamen auch noch andere Höllengeister, seine Trabanten. »Wir sind ihrer viele,« meldete dann der Besessene. Ab und zu erschien der Meister in Gestalt eines wilden Menschen oder eines Hundes, oder auch einer Schlange. Aus den Aufzeichnungen des Herrn Professors Lachemann.


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