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Die katholische Kirche lehrt ausdrücklich, daß es Teufel oder böse Geister gibt. Es sind dies persönliche Wesen, körperlose Geister, die einst als gute Engel im Stande der heiligmachenden Gnade von Gott erschaffen und zu hoher Herrlichkeit im Himmel bestimmt wurden. Gott aber, welcher niemanden krönt, der nicht zuerst gekämpft hat (II Tim., II 5), unterwarf alle Engel einer Prüfung, damit sie sich die ewige Seligkeit als Belohnung verdienten; doch sind in dieser Prüfung viele Engel gefallen. Sie wollten Gott gleich sein und haben durch ihren Stolz den Heiligen Geist und die heiligmachende Gnade verloren. Ihre Sünde war ausgesprochene Auflehnung gegen Gott, förmlicher Bruch des Geschöpfes mit seinem Schöpfer. Sie war mit der Geisteskraft und Willensenergie eines Engels begangen, mit der Absicht unwiderruflichen Festhaltens an ihrer Empörung, die nicht durch Unwissenheit und Schwachheit entschuldbar war, eine Sünde der reinsten Bosheit. Darum wurden sie auch von Gott sofort verworfen ohne Möglichkeit der Buße. Ihr ganzes geistiges Leben wurde verkehrt durch Verfinsterung des Verstandes und Verhärtung des Willens. Dazu kam der Verlust der ewigen Seligkeit und die Verdammung zu ewiger Höllenpein. »Gott hat der Engel, welche sündigten, nicht geschont, sondern mit Ketten der Hölle sie in den Abgrund gezogen und der Qual übergeben,« schreibt der hl. Apostel Petrus (II Petr., II 4).
Die bösen Geister sind unsere Feinde. Sie beneiden uns, die wir nach der Lehre des hl. Thomas ihre Plätze in der himmlischen Glückseligkeit einst einnehmen sollen. Weil sie nun aber gegen Gott selbst nichts vermögen, suchen sie uns in Versuchung und Sünde zu stürzen und uns von Gott zeitlich und ewig zu trennen.
Mit den ersten Stammeltern haben sie den Anfang gemacht, und sie zum Ungehorsam gegen Gott gebracht. Durch diese Sünde fielen sie und alle ihre Nachkommen, mit alleiniger Ausnahme der allerseligsten Jungfrau Maria, in die Gewalt und Knechtschaft des Teufels, bis der Welterlöser, Jesus Christus, Gottes Sohn, auf Erden erschien und durch seine Menschwerdung und seinen Tod am Kreuze die Werke des Satans zerstörte, seine Gewalt brach und die gefallenen Menschen aus seiner Knechtschaft befreite. Nun ist es dem Menschen möglich, mit der Gnade Gottes alle Versuchungen des Satans zu überwinden und die ewige Seligkeit zu erlangen.
Der Glaube an die Teufel ist so alt und so verbreitet wie das menschliche Geschlecht. Selbst die Heiden glaubten an die Existenz böser Geister, wenn sie auch diese Wahrheit verunstalteten und ihnen zumeist aus Furcht göttliche Ehre erwiesen. In der biblischen Geschichte des alten Testaments werden die Geister der Hölle sehr oft erwähnt, ihr verderblichster Einfluß auf die Menschen geschildert und ihre Bosheit gebrandmarkt. Wer denkt da nicht in erster Linie an die Geschichte des geduldigen Job und an die furchtbaren Uebel, die der Satan durch Zulassung Gottes ihm zufügte.
Zur Zeit Christi war der Glaube des jüdischen Volkes an das Dasein des Teufels und seines verderblichen Wirkens allgemein. Jesus Christus und seine Apostel bekräftigten diesen Glauben durch Wort und Tat. Sie lehrten, wie man den Versuchungen der bösen Geister widerstehen solle und trieben die Teufel aus den besessenen Menschen aus. Die katholische Kirche, die da eine Säule und Grundfeste der Wahrheit ist, handelt ebenso. Sie verlangt von den Gläubigen den Glauben an das Dasein dieser gefallenen Engel. Zu ihrem Schutze gibt sie ihnen eigene Waffen: das heilige Kreuzzeichen, das Weihwasser u. a. m.; sie ordnet Beschwörungsformeln gegen die Besessenheit an und gibt ihren Priestern die Vollmacht, die Gewalt der bösen Geister zu vernichten und sie aus den Leibern besessener Menschen zu vertreiben.
Der liebe Gott läßt es nämlich aus unerforschten Gründen zu, daß der böse Geist den Menschen durch gewaltsames, quälendes Eingreifen in die menschlichen Tätigkeiten schädige oder plage, oder ihn an seinen zeitlichen Gütern schade (obsessio), wie beim geduldigen Job, St. Antonius (Einsiedler), hl. Theresia, heiligen Pfarrer von Ars, Maria von Mörl, Kreszentia von Kaufbeuren u. a. m. Ja, es geschieht zuweilen, daß Gott ihm erlaubt in den Leib eines Menschen einzudringen, mit demselben sich zu vereinigen und über dessen Sinne, Organe und Glieder eine tyrannische Gewalt auszuüben. Vermöge dieser geheimnisvollen Innewohnung und tyrannischen Gewalt ist es ihm möglich, die Sinne des Menschen zu seinen Absichten zu gebrauchen und die geistigen Handlungen der Seele zu verwirren, sodaß er die seltsamsten und wunderlichsten Wirkungen in demselben hervorzubringen vermag (possessio).
Die Kennzeichen wahrer Besessenheit sind folgende:
Daß die Besessenheit besonders in früheren Zeiten sehr oft vorkam, lehrt uns die heilige Schrift und die Kirchengeschichte. Wie oftmals hat der göttliche Heiland Menschen von ihren bösen Geistern befreit. »Er trieb viele Teufel aus und gestattete nicht, daß sie redeten« (Mark. I, 34). – »Es fuhren aber die Teufel aus vielen, rufend und sagend: Du bist der Sohn Gottes« (Luc. IV, 41). Bekannt ist auch die Geschichte der zwei Besessenen von Gerasa (Luk. VIII, 31) und des besessenen Knaben am Fuße des Berges Tabor (Math. IX. 33). Auch seinen Aposteln hat der göttliche Meister die Gewalt gegeben, die Teufel auszutreiben (Math. X, 1). Die Kirche, in Uebereinstimmung mit den apostolischen Vätern und Kirchenlehrern aller Zeiten, hat den Glauben an ihre Macht über die besessenen Menschen deutlich bewiesen durch den Exorzismus – die Beschwörung – d. h. eine feierliche Aufforderung an den Teufel, in den heiligsten Namen Jesu und Maria den besessenen Menschen zu verlassen oder sich aller Anfeindungen gegen die Menschen zu enthalten. Sie hat einen eigenen Stand der Kleriker eingesetzt, mit eigener Weihe – ordo exorcistatus –, um die Beschwörungen an den bedauernswürdigen Menschen vorzunehmen.
Die Besessenheit kommt seit dem Kreuztode Christi in den christlichen Ländern nur mehr selten vor, ist jedoch unter den Heiden auch jetzt noch ziemlich häufig, wie die Missionäre uns erzählen. Wenn auch selten, so geschieht es doch zuweilen, daß unser Herrgott dem höllischen Feind erlaubt, in den Leib des Menschen zu fahren und darin sein Unwesen zu treiben. Noch sind zahlreiche Leute am Leben, die den Fall der beiden Kinder von Illfurt mit angesehen haben und die Wahrheit der verschiedenen Ereignisse heute noch bezeugen können; denn solche grausige Dinge entschwinden dem Gedächtnisse nie mehr.
An Hand von authentischen Dokumenten, welche von ganz vertrauenswürdigen Augen- und Ohrenzeugen, die als Sachverständige zur Untersuchung des Falles berufen worden waren, aufgezeichnet wurden, wollen wir die tragische, aber äußerst interessante Leidensgeschichte jener zwei Illfurter Knaben des Näheren beleuchten. Diese Dokumente entstammen teils dem Illfurter Pfarrarchiv – teils den an Ort und Stelle niedergeschriebenen Berichten des Herrn Altbürgermeisters und Reichstagsabgeordneten Ignace Spies-Schlettstadt, sowie des Herrn Professors Lachemann, die beide den Fall aufs gründlichste und gewissenhafteste studierten –, teils den Aufzeichnungen des am 2. Nov. 1921 † Herrn Rektors Hausser, ehem. Aumôniers von Saint-Charles, und des Herrn André-Rappoltsweiler, dessen Obhut der älteste Knabe in den letzen Wochen anvertraut war. Ebenso wurde eine Artikelserie der »Revue catholique d'Alsace« vom Jahre 1860 und die von Herrn Pfarrer Brey-Illfurt verfasste kurze Geschichte des Falles zu Rate gezogen. Selbstverständlich handelt es sich in dieser Abhandlung um rein geschichtliche Tatsachen, die keine doktrinäre, sondern nur eine rein menschliche Glaubwürdigkeit beanspruchen.
Nachdem die erste Auflage des Büchleins in kurzer Zeit vergriffen war, mußte an eine zweite Auflage gedacht werden. Sie ist um eine Reihe von Einzelheiten vermehrt worden. Allenthalben hat die tragische und äusserst spannende Geschichte des unglücklichen Bruderpaares von Illfurt das grösste Aufsehen und das lebhafteste Interesse erweckt. Welt- und Ordensgeistliche haben die einzelnen Kundgebungen der Besessenen mit bestem Erfolg in ihren Predigten und Unterrichten verwendet und im Herzen mancher Sünder heilsame Ewigkeitsgedanken wachgerufen.
Wahrlich in unserm materialistischen Zeitalter ist kaum eine Lektüre so geeignet, den Glauben an die Existenz und das unheimliche Wirken der Höllengeister mehr zu kräftigen und einen heilsamen Schrecken vor Sünde und Satan einzuflößen, als die schlichte, wahrheitsgetreue Erzählung der schauerlichen Szenen teuflischer Bosheit in unschuldigen Kindern.
Möge auch diese 2. Auflage in den katholischen Familien eindringen und in den Herzen der Leser heilsame Früchte hervorbringen, einzig Gott zur Ehre und zum Heil der unsterblichen Seelen.
Eichhofen, den 1. November 1921.
Der Verfasser.
Die überaus tragische Geschichte, der beiden Kinder von Illfurt hat im Laufe der zwei vergangenen Jahre eine ungeahnte Verbreitung bis in die entferntesten Länder der Erde gefunden. Sehr zahlreiche Zeitungen, Zeitschriften und Diözesanblätter haben das Büchlein erwähnt und recht lobend besprochen. Viele Bischöfe und andere hochgestellte Geistliche und Laien, besonders auch der berühmte Herz-Jesu-Apostel Pater Mateo haben das Werk in Wort und Schrift sehr warm empfohlen.
Außer mehreren deutschen und französischen Ausgaben ist bereits eine englische, italienische, spanische, portugiesische, ungarische, brasilianische und indische Ausgabe erschienen. In Vorbereitung sind zurzeit Ausgaben für die Vereinigten Staaten, Polen, Croatien und Slowenien.
Dieser seltene Erfolg beweist die Nützlichkeit und hohe Volkstümlichkeit dieser Schrift. Wie einst zu Lebzeiten Jesu der Satan von der Allmacht des Weltheilandes bezwungen, bei mancher Gelegenheit der Wahrheit die Ehre geben mußte, so muß auch die entsetzliche Tyrannei, welche er an seinen zwei unschuldigen Opfern ausübte, dazu mithelfen, die Seelen mit heilsamer Furcht vor der Sünde und mächtigem Vertrauen auf Gott und seine unbefleckte Mutter zu erfüllen.
Wickerschwihr, den 25. Mai 1927.
Der Verfasser.