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Das Interesse, das die erste Anlegung der verschiedenen europäischen Kolonien in Amerika und Westindien veranlaßte, war nicht ganz so klar und einfach als das, welches die alten Griechen und Römer zur Anlegung der ihrigen bewog.
Jeder der verschiedenen Staaten des alten Griechenlands besaß nur ein sehr kleines Gebiet, und wenn die Bevölkerung in einem derselben so groß wurde, daß das Gebiet sie nicht wohl mehr ernähren konnte, so wurde ein Teil davon ausgeschickt, um sich in einer weit entfernten Weltgegend einen neuen Wohnsitz zu suchen: denn die kriegerischen Nachbarn, die sie auf allen Seiten umgeben, machten es für jeden dieser Staaten schwierig, sein Gebiet daheim beträchtlich zu erweitern. Die Kolonien der Dorier zogen sich hauptsächlich nach Italien und Sizilien, die vor der Erbauung Roms von rohen barbarischen Völkerschaften bewohnt waren; die Kolonien der Jonier und Aeolier, der beiden anderen griechischen Hauptstämme, gingen nach Kleinasien und den Inseln des ägeischen Meeres, deren damalige Bewohner sich so ziemlich in demselben Zustande befunden zu haben scheinen, wie die Sizilianer und Italiener. Die Mutterstadt betrachtete zwar die Kolonie als ein Kind, das jederzeit auf große Begünstigung und allen möglichen Beistand Anspruch hatte, wogegen es Dankbarkeit und Achtung schuldig war, aber sie betrachtete es als ein emanzipiertes Kind, über das sie keine unmittelbare Herrschaft oder Gerichtsbarkeit geltend machen wollte. Die Kolonie schuf sich ihre eigene Regierungsform, erließ ihre eigenen Gesetze, wählte ihre eigenen Beamten und machte als unabhängiger Staat, der keinen Anlaß hatte, die Billigung und Einwilligung der Mutterstadt einzuholen, mit ihren Nachbarn Krieg oder Frieden. Nichts kann einfacher und klarer sein, als das Interesse, das jede solche Kolonisation leitete.
Rom war, wie die meisten anderen alten Republiken, ursprünglich auf ein agrarisches Gesetz gegründet, daß das Staatsgebiet in einem gewissen Verhältnisse unter die verschiedenen Bürger, die den Staat bildeten, verteilte. Der Lauf der menschlichen Dinge störte natürlich durch Heiraten, Erbfolge und Veräußerungen diese ursprüngliche Verteilung und brachte oft die Ländereien, die zum Unterhalt mehrerer Familien angewiesen waren, in den Besitz einer einzelnen Person. Um dieser Unordnung, denn dafür wurde es angesehen, abzuhelfen, machte man ein Gesetz, das die Menge Landes, die ein Bürger besitzen durfte, auf fünfhundert Jugera, etwa dreihundert und fünfzig englische Acres, beschränkte. Doch wurde dies Gesetz, obgleich es, wie wir lesen, in ein oder zwei Fällen in Anwendung kam, entweder unbeachtet gelassen oder umgangen, und die Ungleichheit des Vermögens nahm fortwährend zu. Der größere Teil der Bürger hatte kein Land, und ohne dieses war es bei den damaligen Sitten und Gewohnheiten für einen freien Mann schwer, seine Unabhängigkeit zu behaupten. Wenn heutigen Tages ein armer Mann auch gar kein eigenes Land hat, so kann er doch, falls er nur einen kleinen Vorrat besitzt, entweder von einem anderen Land pachten oder einen kleinen Handel treiben, und falls er gar keinen Vorrat besitzt, so findet er immer noch als Arbeiter auf dem Lande oder als Handwerker Beschäftigung. Bei den alten Römern wurden hingegen alle Ländereien der Reichen von Sklaven bebaut, die unter einem Aufseher, der gleichfalls ein Sklave war, arbeiteten, so daß ein armer freier Mann wenig Aussicht hatte, als Pächter oder Arbeiter auf dem Lande unterzukommen. Auch wurde aller Handel und wurden alle Manufakturen, sogar der Handel im kleinen, von den Sklaven der Reichen zum Vorteil ihrer Herren betrieben, deren Reichtum, Ansehen und Schutz es für den armen freien Mann schwer machten, die Konkurrenz gegen sie auszuhalten. Daher hatten die Bürger, welche kein Land besaßen, kaum andere Unterhaltsmittel als die Geschenke der Kandidaten bei den jährlichen Wahlen. Wenn die Tribunen das Volk gegen die Reichen und Großen aufreizen wollten, so erinnerten sie es an die alte Verteilung der Ländereien, und stellten ihm das Gesetz, daß diese Art von Privateigentum beschränkte, als das Grundgesetz der Republik vor. Das Volk schrie nun nach Land, und die Reichen und Großen waren, wie man sich denken kann, ganz entschlossen, ihm Nichts von dem ihrigen abzutreten. Um es daher einigermaßen zu befriedigen, brachten sie oft die Aussendung einer neuen Kolonie in Vorschlag. Indes hatte das Eroberungen machende Rom auch in solchen Fällen nicht nötig, seine Bürger sozusagen auf gut Glück in die weite Welt hinauszuschicken, ohne daß sie wußten, wo sie sich niederlassen sollten. Es wies ihnen gewöhnlich Ländereien in den eroberten Provinzen Italiens an, wo sie, weil sie innerhalb des Gebiets der Republik blieben, niemals einen unabhängigen Staat bilden konnten, sondern höchstens eine Art von Korporation ausmachten, die zwar die Befugnis hatte, Verordnungen für ihre eigene Verwaltung zu geben, im übrigen aber doch immer der Aufsicht, Gerichtsbarkeit und gesetzgebenden Gewalt der Mutterstadt unterworfen blieb. Die Aussendung einer solchen Kolonie tat nicht nur dem Volke einiges Genüge, sondern brachte auch oft eine Art von Besatzung in eine neu eroberte Provinz, deren Gehorsam sonst zweifelhaft gewesen wäre. Sonach war eine römische Kolonie sowohl in betreff ihrer Einrichtung als in betreff der Beweggründe zu ihrer Errichtung von einer griechischen völlig verschieden. Auch haben die Wörter, welche in ihren Sprachen diese verschiedenen Einrichtungen bezeichnen, ganz verschiedene Bedeutung. Das lateinische Wort (colonia) bezeichnet bloß eine Pflanzung. Das griechische Wort (ἀποικία) bezeichnet hingegen eine Trennung vom alten Wohnsitze, eine Abfahrt aus der Heimat, ein Verlassen des Hauses. Wenn aber auch die römischen Kolonien in mancher Beziehung von den griechischen verschieden waren, so war doch das Interesse, welches zu ihrer Errichtung bewog, gleich einfach und klar. Beide hatten ihren Ursprung in einer unabänderlichen Notwendigkeit oder in einem offenbaren und einleuchtenden Nutzen.
Die Errichtung der europäischen Kolonien in Amerika und Westindien entsprang keiner Notwendigkeit, und wenn auch der aus ihnen hervorgehende Nutzen sehr groß gewesen ist, so war er doch keineswegs so klar und einleuchtend. Man erkannte ihn bei der ersten Errichtung nicht, und er war auch weder der Beweggrund zu dieser Errichtung, noch zu den Entdeckungen, welche zu ihr führten; und das Wesen, der Umfang und die Grenzen dieses Nutzens sind vielleicht bis auf diesen Tag noch nicht richtig verstanden.
Die Venetianer trieben im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert einen sehr einträglichen Handel mit Gewürzen und anderen ostindischen Waren, die sie den übrigen europäischen Nationen zuführten. Sie kauften sie vorzugsweise in Ägypten, welches damals unter der Herrschaft der Mameluken stand, der Feinde der Türken, deren Feinde wieder die Venetianer waren; diese Gemeinschaftlichkeit der Interessen bewirkte, mit der Unterstützung des venetianischen Geldes eine so innige Verbindung zwischen beiden, daß die Venetianer beinahe ein Monopol des Handels hatten.
Die großen Profite der Venetianer regten die Habgier der Portugiesen an. Diese hatten im fünfzehnten Jahrhundert einen Seeweg nach den Ländern aufzufinden gesucht, aus denen ihnen die Mohren Elfenbein und Goldstaub durch die Wüsten zuführten. Sie entdeckten Madeira, die kanarischen und azorischen Inseln, die Inseln des grünen Vorgebirges, die Küsten von Guinea, Loango, Congo, Angola und Benguela, sowie zuletzt das Vorgebirge der guten Hoffnung. Längst hatten sie gewünscht, an dem profitreichen Handel der Venetianer teilzunehmen, und diese letzte Entdeckung öffnete ihnen dazu eine verheißungsvolle Aussicht. Im Jahre 1497 segelte Vasco de Gama aus dem lissaboner Hafen mit einer Flotte von vier Schiffen ab, gelangte nach einer Fahrt von elf Monaten an die Küste von Indostan und vollendete damit eine Reihe von Entdeckungen, die man beinahe ein Jahrhundert lang mit großer Beharrlichkeit und fast ohne alle Unterbrechung verfolgt hatte.
Wenige Jahre zuvor, als Europa noch über die Unternehmungen der Portugiesen, deren Erfolg sehr zweifelhaft schien, in ungewisser Erwartung war, faßte ein genuesischer Seefahrer den noch kühnern Plan, westwärts nach Ostindien zu segeln. Man kannte die Lage dieser Länder damals in Europa nur sehr unvollkommen. Die wenigen europäischen Reisenden, die dort gewesen waren, hatten die Entfernung übertrieben: vielleicht aus Einfalt und Unwissenheit, da das, was wirklich sehr groß war, denen, die es nicht zu messen imstande waren, fast unermeßlich schien; vielleicht auch, um das Wunderbare ihrer eigenen Abenteuer, die sie bei dem Besuche von so unermeßlich weit entfernten Ländern bestanden hatten, noch etwas zu vergrößern. Kolumbus schloß sehr richtig, daß, je länger der östliche Weg sei, desto kürzer der westliche sein müsse. Er entschied sich daher für diesen letzteren als den kürzesten und sichersten und hatte das Glück, Isabella von Kastilien für seinen Plan von den guten Aussichten zu überzeugen. Er segelte aus dem Hafen von Palos im August 1492 ab, beinahe fünf Jahre früher, als der Seezug des Vasco de Gama von Portugal ausging, und entdeckte nach einer Reise von zwei bis drei Monaten zuerst einige von den kleinen Bahama- oder lukkaischen Inseln und später die große Insel von St. Domingo.
Allein die Länder, welche Kolumbus auf dieser und auf seinen folgenden Reisen entdeckte, glichen denen gar nicht, die zu suchen er eigentlich ausgezogen war. Statt des Wohlstandes, der Kultur und der dichten Bevölkerung Chinas und Indostans fand er in St. Domingo und allen übrigen von ihm je besuchten Teilen der neuen Welt nichts als ein Land, das ganz mit Wald bedeckt, unangebaut und nur von einigen Stämmen nackter, elender Wilden bewohnt war. Indes wollte es ihm doch gar nicht beigehen, daß dies nicht dieselben Länder sein sollten, die Marco Polo, der erste Europäer, der China oder Ostindien besucht, oder wenigstens eine Beschreibung davon hinterlassen hat, beschrieben hätte; und oft war eine sehr geringe Ähnlichkeit, wie z. B. die, welche er zwischen dem Namen Cibao, einem Berge auf St. Domingo, und dem Namen Cipango, den Marco Polo erwähnt, auffand, dem klarsten Augenschein zum Trotz hinreichend, ihn auf sein Lieblingsvorurteil zurückzubringen. In seinen Briefen an Ferdinand und Isabelle nannte er die von ihm entdeckten Länder Indien. Er zweifelte gar nicht, daß sie das äußerste Ende der von Marco Polo beschriebenen Länder wären und daß sie nicht weit vom Ganges oder von den Ländern entfernt lägen, die Alexander erobert hatte. Auch nachdem er sich zuletzt überzeugt hatte, daß sie es nicht wären, schmeichelte er sich doch noch, daß diese reichen Länder wohl nicht weit entfernt sein möchten, und suchte sie deshalb auf einer folgenden Reise längs der Küste des Festlandes und gegen die Landenge von Darien zu.
Durch diesen Irrtum des Kolumbus ist jenen unglücklichen Ländern seit jeher der Name Indien geblieben; und als man endlich deutlich sah, daß das neue Indien von dem alten völlig verschieden sei, nannte man das erstere Westindien, und unterschied es dadurch von dem letzteren, das nun Ostindien hieß.
Es war jedoch für Kolumbus sehr wichtig, daß die von ihm entdeckten Länder, was immer sie sein mochten, dem spanischen Hofe als sehr bedeutend geschildert würden; allein es war zu jener Zeit von dem, was den wahren Reichtum jedes Landes ausmacht, von tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen des Bodens, nichts zu finden, wodurch sich eine solche Schilderung rechtfertigen ließ.
Das Cori, eine Art Mittelding zwischen einer Ratte und einem Kaninchen, das Buffon für einerlei mit der brasilischen Aperea hält, war das größte vierfüßige Säugetier in St. Domingo. Es scheint niemals sehr zahlreich gewesen zu sein, und die Hunde und Katzen der Spanier sollen es, ebenso wie einige andere Gattungen noch kleinerer Art, fast ganz vertilgt haben. Diese aber waren nebst einer ziemlich großen Eidechse, die Joana oder Iguana heißt, der Hauptbestandteil der tierischen Nahrung, die das Land bot.
Die vegetabilische Nahrung der Einwohner war zwar, weil sie es an allem Fleiße fehlen ließen, nicht sehr reichlich, aber doch nicht ganz so knapp. Sie bestand in indianischem Korn, Yams, Kartoffeln, Bananen usw., Pflanzen, die damals in Europa ganz unbekannt waren und auch später nicht sehr geschätzt oder für ebenso nahrhaft gehalten worden sind wie die gewöhnlichen Getreidearten und Hülsenfrüchte, die seit undenklichen Zeiten in unserem Weltteile gebaut wurden.
Die Baumwollenpflanze lieferte zwar das Material zu einer sehr wichtigen Manufaktur und war damals für die Europäer ohne Zweifel das schätzbarste von allen pflanzlichen Erzeugnissen dieser Insel. Obgleich aber am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die Mousseline und andere Baumwollenzeuge aus Ostindien in ganz Europa sehr beliebt waren, so wurde doch die Baumwollenmanufaktur selbst in Europa nirgends betrieben. Daher konnte auch dieses Erzeugnis damals in den Augen von Europäern keine sehr große Bedeutung haben.
Da nun Kolumbus weder unter den Tieren noch unter den Pflanzen der neuentdeckten Länder etwas fand, was eine sehr vorteilhafte Schilderung derselben hätte rechtfertigen können, so richtete er seinen Blick auf ihre Mineralien, und hoffte in dem Reichtum der Produkte dieses dritten Naturreiches einen vollen Ersatz für die Unbedeutendheit der beiden anderen gefunden zu haben. Die kleinen Stückchen Gold, mit denen die Einwohner ihre Kleidung schmückten, und die sie, wie man ihm sagte, in den Bächen und Gebirgswässern fanden, genügten, ihn zu überzeugen, daß diese Gebirge von reichsten Goldadern strotzten. So wurde nun St. Domingo als ein Land geschildert, daß Überfluß an Gold habe und also (nach den Vorurteilen nicht nur dieser sondern auch jener Zeit) eine unerschöpfliche Quelle wahren Reichtums für die Krone und das Königreich Spanien sei. Als Kolumbus nach der Rückkehr von seiner ersten Reise in einer Art von Triumph bei den Königen von Kastilien und Arragonien einzog, wurden ihm die hauptsächlichsten Produkte der von ihm entdeckten Länder in feierlicher Prozession vorangetragen. Das einzige Wertvolle darunter bestand in einigen kleinen Stirnbändern, Armbändern und anderen Goldzierraten und in einigen Ballen Baumwolle. Das Übrige waren bloß Gegenstände der Bewunderung und Neugierde für das Volk: Einiges Rohr von außerordentlicher Größe, einige Vögel mit sehr schönem Gefieder und einige ausgestopfte Häute des großen Alligators und Manati. Vor diesem allen schritten sechs oder sieben von den armseligen Eingeborenen her, deren seltsame Farbe und Erscheinung die Neuheit des Schauspiels besonders hervorhob.
Auf die Vorstellung des Kolumbus beschloß der Rat von Kastilien von Ländern Besitz zu ergreifen, deren Einwohner durchaus unfähig wären, sich selbst zu verteidigen. Die fromme Absicht, sie zum Christentum zu bekehren, heiligte die Ungerechtigkeit dieses Vorhabens. Aber der einzige Beweggrund war die Hoffnung, dort Schätze von Gold zu finden, und um diesem Beweggrunde mehr Gewicht zu geben, machte Kolumbus den Vorschlag, daß die Hälfte alles Goldes und Silbers, das man dort finden würde, der Krone gehören sollte. Dieser Vorschlag wurde von dem Rate genehmigt.
So lange alles oder das meiste Gold, das die ersten Abenteurer nach Europa brachten, auf so leichte Art, nämlich durch Plünderung der wehrlosen Eingeborenen, gewonnen wurde, war es vielleicht nicht schwer, selbst diese so hohe Abgabe zu bezahlen; aber als die Eingeborenen alles dessen, was sie gehabt hatten, völlig beraubt waren, was in St. Domingo und den übrigen von Kolumbus entdeckten Ländern in sieben oder acht Jahren vollständig geschehen war, und als man in den Bergwerken nachgraben mußte, um mehr zu finden, da war es nicht mehr möglich, diese Abgabe zu zahlen. Ihre unnachsichtige Eintreibung soll auch der erste Grund gewesen sein, daß die Bergwerke von St. Domingo gänzlich verlassen und seitdem niemals wieder abgebaut worden sind. Die Abgabe wurde daher bald auf ein Drittel, dann auf ein Fünftel, später auf ein Zehntel und zuletzt auf ein Zwanzigstel vom Rohertrage der Goldbergwerke herabgesetzt. Die Abgabe vom Silber blieb lange Zeit ein Fünftel des Rohertrages, und erst im Laufe des jetzigen Jahrhunderts wurde sie auf ein Zehntel herabgesetzt. Indes scheinen die ersten Abenteurer sich nicht viel aus Silber gemacht zu haben: Nichts, was weniger kostbar war als Gold, schien ihrer Aufmerksamkeit wert.
Alle übrigen Unternehmungen der Spanier in der neuen Welt, die auf die Fahrten des Kolumbus folgten, scheinen von demselben Beweggrunde ausgegangen zu sein. Es war der Hunger nach Gold, der den Oieda, Nicuessa und Vasco Nugnes de Balboa nach der Landenge von Darien, den Cortez nach Mexiko und dem Almagro und Pizarro nach Chile und Peru trieb. Wenn diese Abenteurer an eine unbekannte Küste kamen, so forschten sie immer zuerst, ob Gold zu finden sei, und je nach den Nachrichten, die sie hierüber erhielten, beschlossen sie entweder das Land zu verlassen oder sich darin anzusiedeln.
Nun ist aber von all den kostspieligen und ungewissen Plänen, welche die, die sich damit abgeben, meistens zum Bankrott führen, wohl keiner so ganz und gar verderblich als das Aufsuchen neuer Silber- und Goldbergwerke. Es ist vielleicht die unvorteilhafteste Lotterie in der Welt, d. h. die, worin der Vorteil derer, welche Treffer ziehen, zum Verlust derer, die Nieten ziehen, ganz außer Verhältnis steht; denn obgleich der Treffer wenige und der Nieten viele sind, so ist doch der gewöhnliche Preis eines Loses das ganze Vermögen eines sehr reichen Mannes. Bergwerksprojekte verschlingen, statt daß sie das auf sie verwendete Kapital samt den gewöhnlichen Kapitalprofiten wiedererstatten, gewöhnlich sowohl das Kapital wie den Profit. Sie sind also Projekte, zu denen ein weiser Gesetzgeber, der das Kapital seiner Nation zu vermehren trachtet, am allerwenigsten besonders aufmuntern, noch ihnen einen größeren Teil dieses Kapitals als von selbst dahin fließen würde zuwenden möchte. Tatsächlich ist aber das törichte Vertrauen, das fast alle Menschen in ihr eigenes Glück setzen, so groß, daß, wo sich nur die geringste Wahrscheinlichkeit eines Erfolges zeigt, ein nur allzugroßer Teil des Kapitals aus freien Stücken dahin fließt.
Obgleich nun das Urteil der gesunden Vernunft und Erfahrung über solche Projekte immer höchst ungünstig ausgefallen ist, so hat doch die menschliche Habgier gewöhnlich ganz anders geurteilt. Dieselbe Leidenschaft, die so vielen Menschen den albernen Gedanken von dem Steine der Weisen eingegeben hat, hat in anderen den gleich albernen Gedanken von unermeßlich reichen Gold- und Silberbergwerken angeregt. Sie bedachten nicht, daß der Wert dieser Metalle in allen Zeiten und bei allen Völkern vornehmlich aus ihrer Seltenheit entsprang, und daß ihre Seltenheit von den sehr geringen Mengen, die die Natur davon an diesem oder jenem Orte abgelagert hat, von den harten und schwer bearbeitbaren Substanzen, in die sie diese kleinen Mengen fast überall eingehüllt hat, und folglich von der Arbeit und dem Aufwande herrührte, die man überall dazu nötig hatte, wenn man ihnen beikommen und sie gewinnen wollte. Sie schmeichelten sich mit der Hoffnung, daß sich an vielen Orten ebenso starke und reichhaltige Adern von diesen Metallen finden würden wie die, welche man von Blei, Kupfer, Zinn oder Eisen zu finden pflegt Der Traum des Sir Walter Raleigh von der goldenen Stadt und dem Lande Eldorado kann uns beweisen, daß selbst weise Männer nicht immer von solchen wunderlichen Täuschungen frei geblieben sind. Mehr als hundert Jahre nach dem Tode dieses großen Mannes war der Jesuit Gumila noch von der Wirklichkeit jenes wunderbaren Landes überzeugt, und sprach sich mit großer Wärme, ja, wie ich annehmen darf, mit voller Aufrichtigkeit darüber aus, wie glücklich er sein würde, wenn er das Licht des Evangeliums einem Volke bringen könnte, das die frommen Arbeiten des Missionswerkes so gut zu belohnen fähig sei.
In den von den Spaniern zuerst entdeckten Ländern kennt man gegenwärtig keine Gold- oder Silberbergwerke, die man des Bauens wert hielte. Die Menge dieser Metalle, die die ersten Abenteurer dort gefunden haben sollen, ist wahrscheinlich ebensosehr übertrieben, wie die Ergiebigkeit der Bergwerke, die unmittelbar nach der ersten Entdeckung abgebaut wurden. Indes war das, was man von dem Funde dieser Abenteurer erzählte, hinreichend, die Habgier aller ihrer Landsleute zu entflammen. Jeder Spanier, der sich nach Amerika einschiffte, erwartete dort ein Eldorado zu finden. Auch tat das Glück in diesem Falle, was es in wenigen anderen zu tun pflegt: es verwirklichte einigermaßen die ausschweifenden Hoffnungen seiner Jünger und beschenkte sie bei der Entdeckung und Eroberung von Mexiko und Peru (wovon die eine etwa dreißig, die andere etwa vierzig Jahre nach der ersten Fahrt des Kolumbus erfolgte) mit etwas, was jenem Überflusse an edlen Metallen, nach denen sie suchten, nicht ganz unähnlich war.
Ein Plan zu einem Handel nach Ostindien gab also zur Entdeckung von Westindien Veranlassung. Ein Plan zu einer Eroberung gab zu allen Niederlassungen der Spanier in diesen neu entdeckten Ländern Veranlassung. Der Beweggrund zu dieser Eroberung war ein Plan, Gold- und Silberbergbau zu betreiben; und eine Reihe von Zufällen, die keine menschliche Einsicht vorhersehen konnte, ließ diesen Plan weit glücklicher ausfallen, als es die Unternehmer irgendwie vernünftigerweise erwarten konnten.
Die ersten Abenteurer aller übrigen europäischen Nationen, die sich in Amerika niederzulassen suchten, hegten gleich chimärische Hoffnungen; nur waren sie nicht ebenso erfolgreich. Erst mehr als hundert Jahre nach der ersten Ansiedlung in Brasilien entdeckte man dort Gold- und Silberbergwerke und Diamantgruben. In den englischen, französischen, holländischen und dänischen Kolonien sind bis jetzt noch keine entdeckt worden, wenigstens keine, die man gegenwärtig des Abbauens für wert hielt. Die ersten englischen Ansiedler in Nordamerika boten jedoch dem König ein Fünftel von allem Gold und Silber, das sie dort finden würden, damit er ihnen ihre Freibriefe bewilligte. In den Freibriefen des Sir Walter Raleigh, der London und Plymouth- Gesellschaft, des Rates von Plymouth usw. wurde demgemäß dieses Fünftel der Krone vorbehalten. Außer der Erwartung, Gold- und Silberbergwerke zu finden, hegten diese ersten Ansiedler auch noch die Hoffnung, eine nordwestliche Durchfahrt nach Ostindien zu entdecken. In beiden Hoffnungen haben sie sich bis jetzt getäuscht gesehen.
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Die Kolonie eines zivilisierten Volkes, das entweder von einem wüsten oder von einem so dünn bevölkerten Lande Besitz nimmt, daß die Eingeborenen den neuen Ansiedlern gerne Platz machen, erhebt sich weit schneller zu Wohlstand und Größe als jede andere menschliche Gesellschaft.
Die Kolonisten bringen eine größere Kenntnis des Ackerbaues und anderer nützlichen Künste mit, als unter wilden und barbarischen Völkerschaften in vielen Jahrhunderten von freien Stücken erwachsen könnte. Sie bringen auch die Gewohnheit der Unterordnung, einen Begriff von der regelmäßigen Regierung, wie sie in ihrem eigenen Lande geführt wird, von der Gesetzgebung, worauf jene beruht, und von einer regelmäßigen Rechtspflege mit; und sie führen natürlich etwas Ähnliches in der neuen Ansiedlung ein. Dagegen ist unter wilden und barbarischen Völkerschaften der natürliche Fortschritt der Gesetzgebung und Regierung noch langsamer als der natürliche Fortschritt in den Künsten, sobald Gesetze und Regierung soweit fest begründet sind, als es zu ihrem Schutz erforderlich ist. Jeder Kolonist bekommt mehr Land als er möglicherweise bebauen kann. Er hat keine Rente und kaum irgendeine Abgabe zu zahlen. Kein Grundherr teilt sich mit ihm in sein Erzeugnis, und der Anteil des Landesherrn ist gewöhnlich nur unbedeutend. Er hat allen Anlaß, das Erzeugnis, das ihm also fast ganz allein zufällt, so groß als möglich zu machen. Aber sein Landbesitz ist gewöhnlich so umfangreich, daß er bei allem eigenen Fleiße und bei allem Fleiße anderer Leute, die er beschäftigen kann, doch nur selten imstande ist, ein Zehntel von dem zu erzeugen, was das Land zu liefern fähig wäre, daher läßt er es sich sehr angelegen sein, aus allen Ecken und Enden Arbeiter herbeizubringen und ihnen den reichlichsten Lohn zu geben. Dieser reichliche Lohn macht aber in Verbindung mit der Menge und Wohlfeilheit der Ländereien, daß diese Arbeiter ihn bald wieder verlassen, um selbst Grundeigentümer zu werden und ihrerseits wieder andere Arbeiter ebenso freigebig zu belohnen, von denen sie dann gleichfalls aus demselben Grunde verlassen werden, aus dem auch sie ihren Herrn verlassen hatten. Der reichliche Arbeitslohn ermuntert zum Heiraten. Die Kinder werden in den zarten Jahren der Kindheit gut genährt und wohl gepflegt und wenn sie herangewachsen sind, übersteigt der Wert ihrer Arbeit bei weitem ihren Unterhalt. Sind sie dann volljährig geworden, so setzt sie der hohe Preis der Arbeit und der niedrige Preis des Landes instand, sich ebenso niederzulassen, wie es ihre Väter vor ihnen getan hatten.
In anderen Ländern zehren Rente und Profit den Arbeitslohn auf, und die beiden höheren Stände des Volkes unterdrücken den niederen. In neuen Kolonien nötigt dagegen der eigne Vorteil die beiden höheren Stände, den niederen mit Edelmut und Menschlichkeit zu behandeln: wenigstens da, wo dieser niedere Stand nicht in der Sklaverei lebt. Wüste Ländereien, die aber von Natur sehr fruchtbar sind, sind um eine Kleinigkeit zu haben. Die Vermehrung des Einkommens, die der Eigentümer, der immer selbst der Landwirt ist, von der Verbesserung des Landes erwartet, bestimmt seinen Profit, der unter solchen Umständen gewöhnlich sehr groß ist. Doch kann dieser große Profit nicht anders gemacht werden, als wenn die Arbeit anderer Leute zur Urbarmachung und zum Anbau beiträgt; und das Mißverhältnis zwischen dem großen Umfange des Landes und der kleinen Zahl von Leuten, die in neuen Kolonien zu finden sind, macht es für den Landwirt schwer, diese Arbeit aufzutreiben. Er handelt daher nicht um den Lohn, sondern bezahlt die Arbeit gern zu jedem Preise. Der hohe Arbeitslohn befördert die Bevölkerung. Die Wohlfeilheit und Menge guter Ländereien ermuntert zum Anbau und setzt den Eigentümer instand, diesen hohen Arbeitslohn zu zahlen. In diesem Arbeitslohne besteht fast der ganze Preis der Ländereien, und ob er gleich als Arbeitslohn betrachtet sehr hoch ist, so ist er doch als der Preis von etwas so Wertvollem nur niedrig. Was den Fortschritt der Bevölkerung und der Bodenverbesserung fördert, fördert auch den Fortschritt des wahren Wohlstandes und der wahren Größe.
Der Fortschritt vieler Kolonien der alten Griechen zu Wohlstand und Größe scheint demgemäß sehr rasch gegangen zu sein. Manche dieser Kolonien scheinen im Laufe eines oder zweier Jahrhunderte mit dem Mutterstaate gewetteifert und ihn sogar überflügelt zu haben. Syrakus und Agrigent in Sizilien, Tarent und Locri in Italien, Ephesus und Milet in Kleinasien scheinen allen Nachrichten zufolge es jeder Stadt des alten Griechenlands mindestens gleichgetan zu haben. Trotz ihrer späteren Anlegung sind doch, wie es scheint, alle Künste der Verfeinerung, Philosophie, Poesie und Beredsamkeit ebenso früh in ihnen ausgebildet und ebenso vervollkommnet worden als in irgendeinem Teile des Mutterlandes. Es ist bemerkenswert, daß die Schulen der beiden ältesten griechischen Philosophen, des Thales und Pythagoras, nicht im alten Griechenland, sondern die eine in einer asiatischen und die andere in einer italienischen Kolonie aufkamen. Alle diese Kolonien hatten sich in Ländern niedergelassen, die von rohen und barbarischen Völkerschaften bewohnt waren, die den neuen Ansiedlern leicht Platz machten. Sie hatten Überfluß an guten Ländereien, und da sie von dem Mutterstaate völlig unabhängig waren, so stand es ihnen frei, ihre eigenen Angelegenheiten so zu verwalten, wie sie es für ihr Interesse am passendsten fanden.
Die Geschichte der römischen Kolonien ist keineswegs so glänzend. Einige darunter, wie z. B. Florenz, sind zwar nach langer Zeit und nach dem Verfalle der Mutterstadt zu ansehnlichen Staaten geworden; aber die Fortschritte scheinen bei keiner von ihnen sehr schnell gewesen zu sein. Sie wurden alle in eroberten Provinzen angelegt, die meistenteils schon völlig bewohnt waren. Die Menge Landes, die jedem Kolonisten angewiesen wurde, war selten beträchtlich, und da die Kolonie nicht unabhängig war, so stand es ihnen nicht immer frei, ihre eigenen Angelegenheiten so zu verwalten, wie sie es für ihr Interesse am passendsten fanden.
Im Überflusse an guten Ländereien kommen die europäischen Kolonien in Amerika und Westindien den alten griechischen gleich und übertreffen sie sogar noch. In ihrer Abhängigkeit vom Mutterstaate sind sie den alten römischen ähnlich; nur hat ihre große Entfernung von Europa ihnen die Wirkungen dieser Abhängigkeit mehr oder weniger erleichtert. Ihre Lage hat bewirkt, daß sie weniger unter der Aufsicht und in der Gewalt des Mutterlandes stehen. Wenn sie ihre Interessen auf ihre eigene Weise verfolgten, so blieb ihr Verfahren in vielen Fällen unbeachtet, weil man es in Europa entweder nicht kannte oder nicht verstand; manchmal aber hat man es auch gutwillig zugelassen, weil die Entfernung es schwierig machte, sie zu hindern. Selbst die gewalttätige und willkürliche spanische Regierung sah sich öfters gezwungen, die Befehle, die sie für die Verwaltung ihrer Kolonien gegeben hatte, aus Furcht vor einem allgemeinen Aufstande zu widerrufen und zu mildern. So ist denn der Fortschritt aller europäischen Kolonien an Reichtum, Bevölkerung und Kultur sehr groß gewesen.
Die Krone Spaniens hat durch ihren Anteil an Gold und Silber von ihren Kolonien gleich vom ersten Augenblicke ihrer Entstehung an ein Einkommen bezogen. Es war ein Einkommen, das seiner Natur nach bei den habsüchtigen Menschen die ausschweifendsten Erwartungen noch größerer Reichtümer erwecken mußte. Daher zogen die spanischen Kolonien vom Anfange ihrer Gründung an die volle Aufmerksamkeit ihres Mutterlandes auf sich, während die Kolonien der übrigen europäischen Nationen lange Zeit sehr vernachlässigt wurden. Die ersteren blühten vielleicht nicht mehr bei aller Aufmerksamkeit, die letzteren nicht weniger bei aller Vernachlässigung. Nach Verhältnis der Landausdehnung sind die spanischen Kolonien, wie man annimmt, weniger bevölkert und blühend als die Kolonien fast aller anderen Nationen; doch sind die Fortschritte in der Bevölkerung und Kultur selbst bei den spanischen Kolonien sehr schnell und groß gewesen. Die Stadt Lima, die seit der Eroberung steht, soll nach Ulloa vor etwa dreißig Jahren fünfzigtausend Einwohner gehabt haben. Quito, das ein elendes Indianerdorf war, soll nach demselben Schriftsteller ebenso bevölkert gewesen sein. Gemelli Carreri, der zwar, wie es heißt, nur vorgeblich ein Reisender war, aber doch überall sehr guten Nachrichten gefolgt zu sein scheint, sagt von der Stadt Mexiko, daß sie hunderttausend Einwohner habe, was ungeachtet aller Übertreibungen der spanischen Schriftsteller wahrscheinlich mehr als fünfmal soviel ist, als die Stadt zur Zeit des Montezuma enthielt. Diese Einwohnerzahl übersteigt bei weitem die von Boston, New-York und Philadelphia, den drei größten Städten der englischen Kolonien. Vor der Eroberung der Spanier gab es weder in Mexiko noch in Peru Zugvieh. Das Lama war ihr einziges Lasttier und seine Stärke scheint weit unter der eines gemeinen Esels gewesen zu sein. Der Pflug war dort unbekannt. Sie kannten den Gebrauch des Eisens nicht. Sie hatten weder gemünztes Geld noch irgendeines der üblichen Handelswerkzeuge. Ihren Handel trieben sie durch Tausch. Eine Art hölzernen Spatens war das hauptsächlichste Ackergerät. Scharfe Steine dienten ihnen als Messer und Beile, Fischgräten und die harten Sehnen gewisser Tiere gebrauchten sie zum Nähen, und diese Dinge scheinen ihr vorzüglichstes Handwerkszeug gewesen zu sein. Bei diesem Zustande konnte wohl unmöglich irgendeines dieser Reiche so angebaut oder kultiviert sein, als es jetzt ist, wo sie mit allen Arten europäischen Viehes reichlich versehen sind, und wo der Gebrauch des Eisens, des Pfluges und vieler anderer europäischer Künste bei ihnen eingeführt ist. Die Bevölkerung jedes Landes muß aber im Verhältnis zu dem Grade seines Anbaues und seiner Kultur stehen. Trotz der grausamen Vertilgung der Eingeborenen, die durch die Eroberung herbeigeführt wurde, sind diese beiden großen Reiche jetzt wahrscheinlich bevölkerter als sie es jemals vorher waren; auch ist die jetzige Bevölkerung von der früheren sehr verschieden: denn wir müssen, wie ich glaube, anerkennen, daß die spanischen Kreolen die alten Indianer in vieler Beziehung übertreffen.
Nach den spanischen Ansiedlungen ist die portugiesische in Brasilien die älteste Ansiedlung einer europäischen Nation in Amerika. Da aber lange nach der ersten Entdeckung weder Gold- noch Silberbergwerke daselbst gefunden wurden, und das Land mithin der Krone wenig oder gar kein Einkommen abwarf, so wurde es lange Zeit äußerst vernachlässigt; und während dieser Vernachlässigung gedieh es zu einer großen und mächtigen Kolonie. Als Portugal unter der Herrschaft Spaniens stand, griffen die Holländer Brasilien an und nahmen von den vierzehn Provinzen, in die es eingeteilt ist, sieben in Besitz. Sie hofften bald auch die übrigen sieben zu erobern, als Portugal durch die Thronbesteigung der Familie Braganza seine Unabhängigkeit wieder erlangte. Nun wurden die Holländer als Feinde Spaniens Freunde der Portugiesen, die gleichfalls Feinde Spaniens waren. Sie willigten daher ein, den Teil von Brasilien, den sie noch nicht erobert hatten, dem Könige von Portugal zu überlassen, der seinerseits ihnen wieder den Teil, den sie schon erobert hatten, als etwas, was eines Zwistes mit einem so guten Verbündeten nicht wert sei, überließ. Indes fing die holländische Regierung bald an, die portugiesischen Kolonisten zu bedrücken, die, ohne sich erst lange auf Klagen einzulassen, gegen ihre neue Herren die Waffen ergriffen und sie durch eigene Tapferkeit und Entschlossenheit, mit Wissen des Mutterlandes zwar, aber doch ohne dessen offenbaren Beistand, aus Brasilien vertrieben. Da es also die Holländer unmöglich fanden, einen Teil des Landes für sich zu behaupten, so waren sie zufrieden, daß das Ganze an die Krone Portugals zurückfalle. In dieser Kolonie sollen mehr als sechsmalhunderttausend Einwohner sein: Portugiesen oder Abkömmlinge von Portugiesen, Kreolen, Mulatten und eine Mischrasse zwischen Portugiesen und Brasilianern. Keine einzige amerikanische Kolonie soll eine so große Zahl Menschen europäischer Abkunft enthalten.
Gegen Ende des fünfzehnten und im größten Teile des sechzehnten Jahrhunderts waren Spanien und Portugal die beiden großen Seemächte auf dem Ozean; denn ob sich auch der Handel Venedigs über alle Teile Europas erstreckte, so waren seine Flotten doch kaum je über das mittelländische Meer hinausgekommen. Die Spanier nahmen kraft des Rechtes der ersten Eroberung ganz Amerika als ihr Eigentum in Anspruch, und wenn sie auch eine so große Seemacht, wie die portugiesische, nicht hindern konnten, sich in Brasilien festzusetzen, so war doch damals der Schrecken ihres Namens so groß, daß die meisten anderen europäischen Nationen sich nicht getrauten, an irgendeinem Teile des großen Festlandes eine Niederlassung zu gründen. Die Franzosen, die den Versuch machten, sich in Florida anzusiedeln, wurden sämtlich von den Spaniern ermordet. Allein der Verfall der spanischen Seemacht, eine Folge der Niederlage oder des Mißgeschicks ihrer sogenannten unüberwindlichen Flotte zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts, setzte sie außerstand, die Niederlassungen der anderen europäischen Nationen noch weiter zu verhindern. Daher versuchten im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts die Engländer, Franzosen, Holländer, Dänen und Schweden, alle die großen Nationen, die Häfen am Ozean hatten, einige Niederlassungen in der neuen Welt anzulegen.
Die Schweden setzten sich in New-Jersey fest, und die Anzahl schwedischer Familien, die man dort noch trifft, beweist hinlänglich, daß diese Kolonie wahrscheinlich zur Blüte gekommen wäre, wenn sie von dem Mutterlande beschützt worden wäre. Da sie aber von Schweden vernachlässigt wurde, so wurde sie bald von der holländischen Kolonie New-York verschlungen, die 1674 wieder unter die Oberherrschaft der Engländer kam.
Die kleinen Inseln St. Thomas und Santa Cruz sind die einzigen Länder in der neuen Welt, die immer im Besitz der Dänen waren. Diese kleinen Kolonien standen unter der Regierung einer privilegierten Gesellschaft, die das Recht hatte, die überschüssigen Produkte der Kolonisten zu kaufen und sie mit den Gütern anderer Länder, die sie nötig hatten, zu versorgen, so daß sie also sowohl beim Kaufe als beim Verkaufe nicht nur die Macht, sondern auch die größte Versuchung hatte, die Kolonisten zu bedrücken. Die Regierung einer privilegierten Gesellschaft von Kaufleuten ist für jedes Land wohl die schlimmste von allen Regierungsformen. Dennoch konnte sie die Fortschritte dieser Kolonien nicht ganz hindern, so sehr sie sie auch aufhielt und schwächte. Der vorige König von Dänemark löste diese Gesellschaft auf, und seitdem sind diese Kolonien vorzüglich gediehen.
Die holländischen Kolonien in Westindien standen ursprünglich ebenso wie die in Ostindien unter der Regierung einer privilegierten Gesellschaft; daher waren die Fortschritte einiger von ihnen, wenn auch im Vergleich mit lange bevölkerten und angebauten Ländern groß, doch im Vergleich mit den meisten neuen Kolonien langsam und schwach. Die Kolonie Surinam, so bedeutend sie auch ist, steht doch gegen die meisten Zuckerkolonien der übrigen europäischen Nationen zurück. Auch die Kolonie Neu-Belgien, die jetzt in die zwei Provinzen New-York und New-Jersey geteilt ist, würde wahrscheinlich bald bedeutend geworden sein, selbst wenn sie unter holländischer Herrschaft geblieben wäre. Die Menge und Wohlfeilheit guten Landes sind so mächtige Ursachen des Gedeihens, daß auch die allerschlechteste Regierung kaum imstande ist, ihre Wirksamkeit zu hemmen. Auch pflegt die große Entfernung vom Mutterlande die Kolonisten in den Stand zu setzen, dem gegen sie gerichteten Monopol der Gesellschaft durch Schleichhandel mehr oder weniger auszuweichen. Gegenwärtig erlaubt die Gesellschaft allen holländischen Schiffen den Handel nach Surinam, wenn sie zwei und ein halbes Prozent für den Wert ihrer Ladung zahlen, und behält sich nur den direkten Handel von Afrika nach Amerika, der fast allein im Sklavenhandel besteht, ausschließlich vor. Diese Milderung in den ausschließlichen Privilegien der Gesellschaft ist wahrscheinlich die Hauptursache, daß die Kolonie sich gegenwärtig eines solchen Wohlstandes erfreut. Curaçao und Eustatia, die beiden hauptsächlichsten Inseln der Holländer, sind Freihäfen für die Schiffe aller Nationen, und diese Freiheit mitten unter besseren Kolonien, deren Häfen nur den Schiffen einer einzigen Nation offen stehen, ist die Hauptursache des Wohlstandes dieser beiden unfruchtbaren Inseln gewesen.
Die französische Kolonie Kanada wurde während des größten Teiles des vorigen Jahrhunderts und während eines Teiles des gegenwärtigen von einer privilegierten Gesellschaft regiert. Unter einer so ungünstigen Verwaltung waren ihre Fortsehritte im Vergleich mit anderen neuen Kolonien sehr langsam; sie wurden aber weit schneller, als diese Gesellschaft nach dem Falle des sogenannten Mississippiprojektes aufgelöst worden war. Als die Engländer von diesem Lande Besitz nahmen, fanden sie darin etwa doppelt soviel Einwohner, als der Pater Charlevoix ihm vor zwanzig bis dreißig Jahren zugeschrieben hatte. Dieser Jesuit hatte das ganze Land durchreist und hatte keine Neigung, es für geringer auszugeben, als es wirklich war.
Die französische Kolonie von St. Domingo wurde von Seeräubern und Freibeutern angelegt, die lange Zeit weder Frankreichs Schutz suchten, noch seine Herrschaft anerkannten; und als diese Art von Banditen insofern Bürger wurden, als sie diese Herrschaft anerkannten, mußten sie doch noch lange Zeit äußerst gelinde behandelt werden. In diesem Zeitraume nahm die Bevölkerung und Kultur der Kolonie sehr schnell zu. Selbst der Druck der privilegierten Gesellschaft, der sie gleich allen anderen französischen Kolonien eine Zeitlang unterworfen war, konnte ihre Fortschritte zwar etwas aufhalten, aber sie doch durchaus nicht hemmen. Der wachsende Wohlstand fand sich sogleich wieder ein, als jener Druck aufhörte. Sie ist jetzt die wichtigste Zuckerkolonie in Westindien, und ihr Erzeugnis soll größer sein als das aller englischen Zuckerkolonien zusammengenommen. Die übrigen französischen Zuckerkolonien sind im allgemeinen alle sehr in Blüte.
Aber keine Kolonie hat so reißende Fortschritte gemacht wie die der Engländer in Nordamerika.
Überfluß an gutem Lande und die Freiheit, ihre Angelegenheiten auf ihre eigene Weise zu verwalten, scheinen die beiden Hauptursachen des Wohlstandes aller neuen Kolonien zu sein.
Mit einer Menge guten Landes sind zwar die englischen Kolonien in Nordamerika sehr reichlich versehen, stehen aber darin doch hinter den spanischen und portugiesischen zurück und haben vor denen, welche die Franzosen vor dem letzten Kriege besaßen, nichts voraus. Dagegen ist die politische Verfassung der englischen Kolonien dem Anbau und der Kultur des Landes günstiger gewesen als die Verfassung irgendeiner Kolonie der drei anderen Nationen.
Erstens ist das Zusammenkaufen unbebauten Landes in den englischen Kolonien zwar nicht ganz verhütet, aber doch mehr eingeschränkt worden als in jeder anderen. Das Kolonialgesetz, welches jedem Eigentümer die Verpflichtung auflegt, innerhalb einer gewissen Zeit einen bestimmten Teil seiner Ländereien in Anbau zu nehmen und zu kultivieren, und welches im Unterlassungsfalle erklärt, daß diese vernachlässigten Ländereien an einen anderen übertragen werden können, ist, wenn auch vielleicht nicht sehr strenge gehandhabt, doch nicht ohne Wirkung gewesen.
Zweitens gibt es in Pennsylvanien kein Erstgeburtsrecht, und es werden Ländereien wie bewegliche Habe unter alle Kinder einer Familie gleichmäßig verteilt. In drei Provinzen von Neuengland erhält das älteste Kind, wie nach mosaischem Gesetze, nur den doppelten Anteil. Wenn daher auch zuweilen in diesen Provinzen eine zu große Menge von einer einzelnen Person zusammengebracht wird, so ist doch die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sie nach der ersten oder zweiten Generation wieder hinlänglich verteilt sein werde. In den übrigen englischen Kolonien findet zwar das Erstgeburtsrecht wie nach englischem Gesetze statt. Allein in allen englischen Kolonien erleichtert die Eigentumsart der Ländereien, welche durch Free Socage besessen werden, die Veräußerung, und wem ein ausgedehnter Strich Landes verliehen worden ist, der findet es in der Regel in seinem Interesse, den größten Teil desselben sobald als möglich zu veräußern und sich nur einen geringen Erbzins vorzubehalten. In den spanischen und portugiesischen Kolonien findet bei Vererbung aller großen Güter, auf welchen ein Ehrentitel haftet, das sogenannte Majoratsrecht jus majoratus. statt. Solche Güter kommen alle auf eine Person und sind in der Tat Fideikommisse und unveräußerlich. Die französischen Kolonien richten sich zwar nach dem Pariser Gewohnheitsrechte, welches bei Vererbung von Land den jüngeren Kindern weit günstiger ist, als das englische Recht. Wenn aber in den französischen Kolonien ein Teil eines Gutes, der adeliges Lehn- und Rittergut ist, veräußert wird, unterliegt er innerhalb einer bestimmten Zeit dem Rückkaufsrechte, das entweder der Erbe des Lehnsherrn oder der Erbe der Familie ausüben kann; und da alle sehr großen Güter des Landes solche adelige Lehngüter sind, so erschwert dies notwendig die Veräußerung. In einer neuen Kolonie werden aber große unangebaute Güter gewöhnlich weit eher durch Veräußerung als durch Vererbung geteilt. Die Menge und Wohlfeilheit guten Landes ist, wie schon gezeigt worden, die Hauptursache des raschen Gedeihens neuer Kolonien. Das Zusammenkaufen von Ländereien zerstört in der Tat diese Menge und Wohlfeilheit, und überdies ist das Zusammenkaufen unangebauter Ländereien das größte Hindernis für ihre Kultur. Die Arbeit aber, die auf den Anbau oder die Kultur der Ländereien verwendet wird, bringt der Gesellschaft das größte und wertvollste Produkt. Das Produkt der Arbeit bezahlt dann nicht nur ihren Lohn und den Profit des angewendeten Kapitals, sondern auch die Rente des Landes, worauf das Kapital verwendet worden ist. Da nun die Arbeit der englischen Kolonisten mehr auf den Anbau und die Kultur des Landes verwendet wird, so bringt sie auch eher ein größeres und wertvolleres Produkt hervor, als die der Kolonisten der drei anderen Nationen, die durch das Zusammenkaufen von Land mehr oder weniger auf andere Beschäftigungen gelenkt wird.
Drittens bringt die Arbeit der englischen Kolonisten nicht nur eher ein größeres und wertvolleres Produkt hervor, sondern es gehört auch wegen der Mäßigkeit ihrer Abgaben ein größerer Teil des Produktes ihnen selbst, und sie können auf diese Weise etwas zusammenbringen und es dazu verwenden, immer mehr Arbeit in Gang zu setzen. Die englischen Kolonisten haben noch niemals etwas zur Verteidigung des Mutterlandes oder zur Unterhaltung ihrer Regierung beigetragen; sie selbst sind im Gegenteil bisher fast ganz auf Kosten des Mutterlandes verteidigt worden. Nun ist aber der Aufwand für Flotten und Armeen unverhältnismäßig größer als der nötige Aufwand für bürgerliche Regierung. Die Kosten ihrer eigenen bürgerlichen Regierung sind immer sehr mäßig gewesen: sie beschränkten sich gewöhnlich auf das, was zu einer hinreichenden Besoldung des Gouverneurs, der Richter und einiger anderer Polizeibeamten und zur Unterhaltung einiger weniger sehr nützlicher öffentlicher Unternehmungen erforderlich war. Die Kosten der bürgerlichen Regierung von Massachusetsbay pflegten vor dem Anfange der jetzigen Unruhen nur etwa 18 000 £ jährlich zu betragen; die von New-Hampshire und Rhode-Island je 3500 £; die von Connecticut 4000 £; die von New-York und Pennsylvanien je 4500 £; die von New-Jersey 1200 £; die von Virginia und Südkarolina je 8000 £. Die bürgerliche Regierung von Neu-Schottland und Georgien wird zum Teil durch eine jährliche Parlamentsbewilligung unterhalten; aber Neu-Schottland bezahlt außerdem jährlich etwa 7000 £ und Georgien etwa 2500 £ zu den öffentlichen Ausgaben der Kolonie. Kurz alle bürgerlichen Regierungen in Nordamerika, mit Ausschluß von Maryland und Nordkarolina, von denen man keine genaue Berechnung hat, kosteten vor dem Anfange der gegenwärtigen Unruhen den Einwohnern nicht mehr als 64 700 £ im Jahre, ein ewig denkwürdiges Beispiel, mit wie geringen Kosten drei Millionen Menschen nicht nur regiert, sondern auch gut regiert werden können. Freilich ist der wichtigste Teil der Staatsausgaben, der für die Verteidigung und den Schutz, immer auf das Mutterland gefallen. Auch ist das Zeremoniell der bürgerlichen Regierung in den Kolonien bei der Einführung eines neuen Gouverneurs, bei der Eröffnung einer neuen Versammlung usw., wenn auch durchaus anständig, so doch ohne allen Pomp und alles Gepränge. Ihre kirchliche Regierung ist nach einem ebenso sparsamen Plane eingerichtet. Zehnten sind unter ihnen unbekannt, und ihre Geistlichkeit, weit entfernt davon, zahlreich zu sein, wird entweder durch mäßige Besoldung oder durch freiwillige Beisteuern der Bevölkerung unterhalten. Die spanische und portugiesische Macht erhält dagegen durch die von den Kolonien erhobenen Abgaben einige Unterstützung. Frankreich hat freilich niemals von seinen Kolonien ansehnliche Einkünfte gezogen, weil die daselbst erhobenen Abgaben gewöhnlich wieder für die Kolonien verwendet wurden. Allein die Kolonialregierung aller dieser drei Nationen wird nach einem viel kostspieligeren Plan verwaltet und ist mit einem weit kostbareren Zeremoniell verbunden. So sind z. B. die bei der Einführung eines neuen Vizekönigs von Peru verausgabten Summen oft ungeheuer groß gewesen. Ein solches Zeremoniell ist nicht nur eine wirkliche Abgabe, die in dem besonderen Falle von den reichen Kolonisten bezahlt wird, sondern es dient auch dazu, sie für alle anderen Fälle an eitlen Prunk und große Ausgaben zu gewöhnen. Es ist nicht nur eine gelegentliche, sehr drückende Abgabe, sondern trägt auch dazu bei, ähnliche immerwährende Abgaben, die noch weit drückender sind, bei ihnen einzuführen, nämlich die verderblichen Abgaben der privaten Verschwendung und Üppigkeit. Auch ist in den Kolonien der drei genannten Nationen die kirchliche Regierung äußerst drückend. Zehnten gibt es in allen dreien und werden in den spanischen und portugiesischen mit der äußersten Strenge eingetrieben. Außerdem aber werden sie auch sämtlich noch von einer zahlreichen Rasse von Bettelmönchen gepreßt, deren Bettelei, da sie nicht nur erlaubt, sondern auch durch die Religion geheiligt ist, eine um so drückendere Auflage für das arme Volk bildet, als man ihm aufs eifrigste die Lehre beibringt, daß es eine Pflicht sei, ihnen zu geben, und eine sehr große Sünde, ihnen seine Mildtätigkeit zu versagen. Und dazu kommt nun noch, daß die Geistlichkeit in allen dreien am allermeisten Land zusammenkauft.
Viertens sind die englischen Kolonien in dem Absatze ihrer überschüssigen Produkte, d. h. dessen, was sie nicht selbst verzehren, mehr begünstigt, und genießen einen ausgedehnteren Markt, als die Kolonien jeder anderen europäischen Nation. Jede europäische Nation hat mehr oder weniger den Handel mit ihren Kolonien für sich selbst zu monopolisieren gesucht und deshalb den Schiffen fremder Nationen verboten, mit jenen zu handeln, und den Kolonien selbst untersagt, europäische Waren von irgendeiner fremden Nation einzuführen. Doch ist dieses Monopol von verschiedenen Nationen auf verschiedene Weise ausgeübt worden.
Einige Nationen haben den ganzen Handel mit ihren Kolonien einer privilegierten Gesellschaft übergeben, von der die Kolonisten alle ihnen nötigen europäischen Waren kaufen, und an die sie ihre ganzen überschüssigen Erzeugnisse verkaufen mußten. Es lag daher im Interesse der Gesellschaft, nicht nur die ersteren möglichst teuer zu verkaufen und den letzteren möglichst wohlfeil zu kaufen, sondern auch von den letzteren selbst zu diesem niedrigen Preise nicht mehr zu kaufen, als sie in Europa zu einem sehr hohen Preise wieder absetzen konnten. Es lag in ihrem Interesse, nicht nur in allen Fällen den Wert der überschüssigen Erzeugnisse der Kolonie herabzusetzen, sondern auch in vielen Fällen ihre natürliche Vermehrung zu schwächen und niederzuhalten. Unter allen nur erdenklichen Mitteln, das natürliche Wachstum einer neuen Kolonie zu verkümmern, ist das einer privilegierten Gesellschaft ohne Zweifel das wirksamste. Dennoch ist dies die Politik Hollands gewesen, wiewohl freilich seine Gesellschaft im Laufe dieses Jahrhunderts in manchen Stücken die Ausübung ihres ausschließlichen Privilegs aufgegeben hat. Auch Dänemark bekannte sich bis zur Regierung des vorigen Königs zu dieser Politik. Gelegentlich folgte auch Frankreich der nämlichen Politik, und jüngst, seit 1755, nachdem alle anderen Nationen sie ihrer Abgeschmacktheit wegen aufgegeben hatten, ist dies die Politik Portugals, wenigstens mit Bezug auf die beiden Hauptprovinzen Brasiliens, Fernambuco und Marannon, geworden.
Andere Nationen haben, ohne eine Gesellschaft zu privilegieren, allen Handel mit ihren Kolonien auf einen bestimmten Hafen des Mutterlandes eingeschränkt, aus dem kein Schiff anders als mit einer Flotte und in einer gewissen Jahreszeit oder vermöge einer besonderen, meistenteils sehr teuer bezahlten Erlaubnis auslaufen durfte. Diese Wirtschaftspolitik öffnete zwar allen Einwohnern des Mutterlandes den Handel mit den Kolonien, vorausgesetzt, daß sie ihn aus dem rechten Hafen, in der rechten Jahreszeit und mit den rechten Schiffen trieben; da aber alle Kaufleute, die ihre Kapitalien zur Ausrüstung dieser bevorrechtigten Schiffe zusammenschossen, natürlich ihren Vorteil dabei hatten, wenn sie gemeinschaftliche Sache machten, so wurde notwendig auch der auf diese Weise getriebene Handel nach ziemlich gleichen Grundsätzen eingerichtet wie der einer privilegierten Gesellschaft. Der Profit dieser Kaufleute pflegte fast ebenso ausschweifend und drückend zu sein. Die Kolonien wurden schlecht versorgt und mußten einerseits sehr teuer kaufen, andererseits sehr wohlfeil verkaufen. Doch war dies bis vor wenigen Jahren die Politik Spaniens, und der Preis aller europäischen Waren soll daher auch in dem spanischen Westindien ungeheuer hoch gewesen sein. In Quito wurde nach Ulloa's Angabe ein Pfund Eisen, mit vier bis sechs und ein Pfund Stahl mit sechs bis neun Pence bezahlt. Nun geben aber die Kolonien ihre Erzeugnisse hauptsächlich darum weg, um sich europäische Waren damit zu verschaffen. Je mehr sie also für die einen bezahlen, desto weniger erhalten sie in Wahrheit für die anderen, und die Teuerheit der einen ist gleichbedeutend mit der Wohlfeilheit der anderen. Portugals Wirtschaftspolitik ist in dieser Hinsicht gegen alle seine Kolonien dieselbe wie die spanische, und nur Fernambuco und Marannon sind davon auszunehmen, weil es gegen diese seit kurzem noch schlimmer verfährt.
Andere Nationen lassen den Handel mit ihren Kolonien allen ihren Untertanen frei, die ihn aus allen Häfen des Mutterlandes treiben können, ohne eine andere Erlaubnis als die gewöhnlichen Ausfertigungen des Zollamtes. In diesem Falle macht es die Menge und der zerstreute Aufenthalt den verschiedenen Handelsleuten unmöglich, gemeinschaftliche Sache zu machen, und ihre Konkurrenz genügt, sie an ganz übermäßigen Profiten zu verhindern. Die Kolonien sehen sich bei einer so liberalen Politik instandgesetzt, ihre eigenen Erzeugnisse zu anständigen Preisen zu verkaufen und die europäischen Waren ebenso zu kaufen. Dies war nun seit der Auflösung der Plymouths-Gesellschaft, wo unsere Kolonien noch in der Kindheit waren, allezeit die Politik Englands; es ist auch die Frankreichs gewesen und ist es seit der Aufhebung der in England sogenannten Mississippi-Gesellschaft geblieben. Der Profit also, den Frankreich und England aus dem Handel mit ihren Kolonien ziehen, ist zweifellos etwas höher als er bei der freien Konkurrenz aller anderen Nationen wäre, aber doch keineswegs ausschweifend groß, und der Preis der europäischen Waren ist auch in den meisten Kolonien dieser beiden Nationen nicht übertrieben hoch.
So sind auch Großbritanniens Kolonien bei der Ausfuhr ihrer überschüssigen Erzeugnisse nur in gewissen Waren auf den Markt des Mutterlandes beschränkt. Da diese Waren in der Navigationsakte und einigen späteren Akten besonders aufgezählt sind, so heißen sie aufgezählte Waren; die übrigen heißen unaufgezählte und können unmittelbar nach anderen Ländern ausgeführt werden, wenn es nur in britischen oder in Kolonialschiffen geschieht, von denen die Eigentümer und drei Viertel der Seeleute britische Untertanen sind.
Unter den unaufgezählten Waren sind einige der wichtigsten Erzeugnisse Amerikas und Westindiens: Getreide aller Art, Bauholz, eingesalzene Lebensmittel, Fische, Zucker und Rum.
Getreide ist natürlich der erste und wichtigste Gegenstand der Kultur aller neuen Kolonien. Indem das Gesetz ihnen einen sehr ausgebreiteten Markt zugesteht, muntert es die Kolonien auf, diese Kultur weit über die Konsumtion eines dünn bevölkerten Landes hinaus zu treiben, und so im voraus für den reichlichen Unterhalt einer stets wachsenden Bevölkerung zu sorgen.
In einem ganz mit Wald bedeckten Lande, wo das Holz folglich wenig oder gar keinen Wert hat, sind die Kosten der Lichtung das Haupthindernis der Bodenverbesserung. Gesteht nun das Gesetz den Kolonien einen sehr ausgedehnten Markt für ihr Bauholz zu, so erleichtert es die Bodenkultur, indem es den Preis einer Ware, die sonst nur einen geringen Wert haben würde, erhöht, und es den Kolonisten möglich macht, von einer Sache noch einigen Profit zu ziehen, die sonst nur Kosten verursachen würde.
In einem weder halb bevölkerten noch halb kultivierten Lande vermehrt sich natürlich das Vieh über die Konsumtion der Einwohner hinaus und hat deshalb oft wenig oder gar keinen Wert. Es ist aber, wie ich schon gezeigt habe, notwendig, daß der Preis des Viehes zu dem des Getreides in einem gewissen Verhältnisse stehe, bevor die meisten Ländereien eines Landes gehörig kultiviert werden können. Indem nun das Gesetz dem amerikanischen Vieh in allen Gestalten, geschlachtet und lebendig, einen sehr ausgedehnten Markt gewährt, erhöht es den Wert einer Ware, deren hoher Preis für die Kultur so wesentlich ist. Doch müssen die guten Wirkungen dieser Freiheit durch die fünfzehnte Akte aus dem vierten Regierungjahre Georgs des Dritten etwas beeinträchtigt werden, die Häute und Felle unter die aufgezählten Waren versetzt und dadurch den Wert des amerikanischen Viehes verringert.
Die Schiffahrt und Seemacht Großbritanniens durch die Ausdehnung der Fischereien unserer Kolonien zu vermehren, ist ein Gegenstand, den die Gesetzgebung fast stets im Auge gehabt zu haben scheint. Diese Fischereien haben daher auch alle Vergünstigungen genossen, die die Freiheit ihnen geben kann und sind dadurch sehr aufgeblüht. Besonders die Fischerei von Neu-England war vor den letzten Unruhen vielleicht eine der wichtigsten in der Welt. Der Walfischfang, der in Großbritannien ungeachtet der außerordentlich großen Prämie mit so geringem Erfolg betrieben wird, daß nach der Meinung vieler Leute (die ich jedoch nicht verbürgen will) das ganze Produkt nicht viel mehr betragen soll als den Wert der jährlich dafür bezahlten Prämien, wird in Neu-England ohne alle Prämie in einem sehr großen Umfange getrieben. Fische sind einer der Hauptartikel, womit die Nordamerikaner nach Spanien, Portugal und dem mittelländischen Meere Handel treiben.
Zucker war ursprünglich eine aufgezählte Ware, die nur nach Großbritannien ausgeführt werden konnte. Aber 1731 wurde seine Ausfuhr auf eine Vorstellung der Zuckerpflanzer nach allen Teilen der Welt hin gestattet. Indes haben die Einschränkungen, unter denen diese Freiheit bewilligt wurde, und der hohe Preis des Zuckers in Großbritannien jene Erlaubnis größtenteils unwirksam gemacht. Großbritannien und seine Kolonien bleiben immer fast noch der einzige Markt für allen in den britischen Pflanzungen gebauten Zucker. Der Verbrauch in diesen nimmt so rasch zu, daß obwohl infolge des vermehrten Anbaues in Jamaika und auf den abgetretenen Inseln die Zuckereinfuhr seit zwanzig Jahren außerordentlich gestiegen ist, die Ausfuhr in fremde Länder doch nicht viel stärker sein soll als früher.
Rum ist ein sehr wichtiger Artikel in dem Handel, den die Amerikaner nach der afrikanischen Küste treiben, von wo sie Negersklaven dafür zurückbringen.
Wenn das ganze überschüssige Produkt Amerikas an Getreide aller Art, an eingesalzenen Lebensmitteln und an Fischen unter die aufgezählten Waren gesetzt worden wäre und also notwendig in den großbritannischen Markt gepreßt worden wäre, so würde das dem Erzeugnis unseres eigenen Gewerbefleißes daheim zuviel Eintrag getan haben. Es geschah gewiß nicht sowohl aus Rücksicht auf den Vorteil Amerikas, als aus Eifersucht, daß man diese wichtigen Waren nicht nur aus der Zahl der aufgezählten wegließ, sondern auch in der Regel die Einfuhr alles Getreides, ausgenommen Reis und aller eingesalzenen Lebensmittel verbot.
Die unaufgezählten Waren konnten ursprünglich nach allen Weltteilen ausgeführt werden. Bauholz und Reis, die unter die aufgezählten gesetzt waren, wurden später davon ausgenommen, aber auf die Länder südlich vom Vorgebirge Finisterre beschränkt. Durch die zweiundfünfzigste Akte aus dem sechsten Regierungsjahre Georgs des Dritten wurden alle unaufgezählten Waren derselben Einschränkung unterworfen. Diejenigen Teile Europas, die südlich vom Cap Finisterre liegen, sind keine Manufakturländer, und wir waren daher weniger eifersüchtig besorgt, daß die Kolonialschiffe von da Manufakturwaren zurückbringen möchten, die unseren eigenen Abbruch täten.
Die aufgezählten Waren sind von zweierlei Art: erstens solche, die eigentümliche Erzeugnisse Amerikas sind oder in dem Mutterlande nicht hervorgebracht werden können oder wenigstens nicht hervorgebracht werden. Dahin gehören Sirup, Kaffee, Kakaobohnen, Tabak, Nelkenpfeffer, Ingwer, Fischbein, Rohseide, Baumwolle, Biberfelle und anderes amerikanisches Pelzwerk, Indigo, Gelbholz und andere Farbhölzer; zweitens solche, die keine eigentümlichen Erzeugnisse Amerikas sind, sondern in dem Mutterlande hervorgebracht werden können und hervorgebracht werden, aber nicht in solcher Menge, daß sie den größten Teil der Nachfrage befriedigen, die vielmehr hauptsächlich von fremden Ländern befriedigt werden muß. Dahin gehören alle Schiffsmaterialien, Masten, Segelstangen, Bugspriete, Teer, Pech, Terpentin, Roh- und Stangeneisen, Kupfererz, Häute und Felle, Pot- und Perlasche. Die allerstärkste Einfuhr von Waren der erstgenannten Art konnte nicht den Anbau eines Erzeugnisses des Mutterlandes schwächen oder seinem Verkaufe Abbruch tun. Indem man sie auf den inländischen Markt beschränkte, hoffte man es nicht nur unseren Kaufleuten möglich zu machen, in den Pflanzungen wohlfeiler zu kaufen und sie folglich zuhause mit größerem Profit wieder zu verkaufen, sondern man dachte auch zwischen den Pflanzungen und fremden Ländern einen vorteilhaften Zwischenhandel zu stiften, bei dem Großbritannien als dasjenige Land, wohin diese Waren zuerst geführt wurden, notwendig den Mittelpunkt oder Stapelplatz bilden mußte. Auch die Einfuhr der zweiten Art von Waren glaubte man so leiten zu können, daß sie nicht dem Verkaufe der im Lande erzeugten Waren gleicher Art, sondern nur dem der aus fremden Ländern eingeführten Abbruch tun könnte; denn man meinte sie durch geeignete Abgaben immer etwas teurer als die ersteren, und doch noch beträchtlich wohlfeiler als die letzteren erhalten zu können. Indem man also solche Waren auf den einheimischen Markt beschränkte, beabsichtigte man die Erzeugung nicht Großbritanniens, sondern einiger fremder Länder zu schädigen, mit denen die Handelsbilanz Großbritanniens ungünstig zu stehen schien.
Das Verbot, aus den Kolonien nach einem anderen Lande als nach Großbritannien, Masten, Segelstangen, Bugspriete, Teer, Pech und Terpentin auszuführen, mußte natürlich den Preis des Zimmerholzes in den Kolonien erniedrigen und folglich die Kosten des Abholzens vermehren, des wichtigsten Hindernisses für die Bodenverbesserung. Allein zu Anfang des jetzigen Jahrhunderts 1703 suchte die schwedische Pech- und Teergesellschaft den Preis ihrer Waren für Großbritannien dadurch zu erhöhen, daß sie deren Ausfuhr außer in ihren eigenen Schiffen, zu dem von ihr bestimmten Preise und in gewissen von ihr geeignet gefundenen Mengen verbot. Um diesem bemerkenswerten Stück von merkantiler Politik entgegenzuwirken und um sich nicht nur von Schweden, sondern auch von allen übrigen nordischen Mächten so unabhängig als möglich zu machen, gewährte Großbritannien eine Prämie auf die Einfuhr von Schiffsmaterialien aus Amerika, und diese Prämie hatte die Wirkung, den Preis des Zimmerholzes in Amerika weit mehr zu erhöhen als ihn die Beschränkung auf den heimischen Markt herabsetzen konnte. Da beide Maßregeln zu gleicher Zeit ergriffen wurden, so war ihre vereinte Wirkung eher die, das Abholzen in Amerika zu fördern als es zu hindern.
Obgleich Roh- und Stangeneisen gleichfalls unter die aufgezählten Waren gesetzt worden war, so war es doch, wenn es aus Amerika eingeführt wurde, von starken Zöllen, die es bei der Einfuhr aus anderen Ländern entrichten mußte, befreit, und es trug die eine Verordnung mehr zur Förderung von Schmelzöfen in Amerika bei als die andere sie verhinderte. Keine Industrie erfordert einen solchen Holzverbrauch oder trägt soviel zum Abholzen in einem übermäßig bewaldeten Lande bei als ein Schmelzofen.
Die Wirkung einiger dieser Verordnungen, daß sie den Wert des amerikanischen Zimmerholzes erhöhten und dadurch das Abholzen im Lande erleichterten, ist vielleicht von den Gesetzgebern weder beabsichtigt noch begriffen worden. Wenn aber auch ihre wohltätigen Folgen in dieser Rücksicht zufällig gewesen sind, so waren sie doch darum nicht weniger greifbar.
Zwischen den britischen Kolonien in Amerika und in Westindien besteht sowohl in den aufgezählten als in den unaufgezählten Waren die vollkommenste Handelsfreiheit. Die Kolonien sind jetzt so bevölkert und blühend geworden, daß jede in der einen oder in der anderen einen ausgedehnten Markt für alle Arten ihrer Erzeugnisse findet. Alle zusammen genommen bilden sie einen großen inneren Markt für die Erzeugnisse von der einen oder anderen.
Indes hat sich Englands Liberalität in Beziehung auf den Handel seiner Kolonien hauptsächlich auf den Markt ihrer Erzeugnisse in ganz rohem oder in dem Zustande, den man die erste Stufe der Bearbeitung nennen kann, beschränkt. Die weiter gediehene oder verfeinerte Manufaktur selbst der Kolonialerzeugnisse haben die großbritannischen Kaufleute und Industriellen sich vorbehalten, und die gesetzgebende Gewalt dazu vermocht, ihre Einrichtung in den Kolonien teils durch hohe Abgaben, teils durch gänzliche Verbote zu verhindern.
Während z. B. Muskovado-Zucker aus den britischen Pflanzungen bei der Einfuhr nur 6 sh. 4 d. vom Zentner zahlt, zahlt weißer Zucker 1 l. 1 sh. 1 d., und der doppelt oder einfach raffinierte in Broten 4 l. 2 sh. 5 8/20 d. Als diese hohen Zölle auferlegt wurden, war Großbritannien der einzige Markt – und es ist heute noch der vornehmste – wohin Zucker aus den britischen Kolonien ausgeführt werden konnte. Die Zölle kamen also einem Verbote gleich, anfänglich den Zucker für irgendeinen fremden Markt, und jetzt ihn für denjenigen Markt zu decken oder zu raffinieren, der vielleicht mehr als neun Zehntel des ganzen Produktes wegnimmt. Daher sind die Zuckersiedereien, so sehr sie auch in allen französischen Kolonien blühten, in den englischen wenig und nur für den Kolonialmarkt selbst betrieben worden. So lange Grenada in französischen Händen war, fand sich auf fast jeder Pflanzung eine Zuckersiederei wenigstens für das Decken. Seit es aber den Engländern zugefallen ist, sind beinahe alle diese Betriebe aufgegeben worden, und gegenwärtig, Oktober 1773, sind, wie man mir versichert hat, nur noch zwei oder drei auf der Insel übrig. Doch wird jetzt durch Nachsicht des Zollamtes gedeckter oder raffinierter Zucker, wenn die Brote nur wieder zerrieben worden sind, häufig als Muskovado-Zucker eingeführt.
Indem Großbritannien in Amerika die Manufaktur des Roh- und Stangeneisens dadurch ermuntert, daß es sie von Abgaben befreit, denen die gleichen Waren, wenn aus anderen Ländern eingeführt, unterworfen sind, legt es auf die Errichtung von Stahlhämmern und Zainhämmern in allen amerikanischen Pflanzungen ein gänzliches Verbot. Es will nicht leiden, daß seine Kolonisten diese verfeinerten Manufakturen auch nur zu ihrem eigenen Gebrauche betreiben, sondern besteht darauf, daß sie alle Waren dieser Art, die sie brauchen, von seinen Kaufleuten und Industriellen kaufen.
Es verbietet die Ausfuhr von Hüten, Wolle und wollenen Zeugen amerikanischer Erzeugung aus einer Provinz in die andere, sei es zu Wasser oder selbst zu Lande, auf Pferden oder zu Wagen, eine Verordnung, die die Errichtung aller solcher Manufakturen für den entfernten Verkauf hindert und den Gewerbfleiß der Kolonisten auf solche grobe und gemeine Waren einschränkt, wie sie eine Familie zu ihrem eigenen Gebrauche oder für einige Nachbarn in derselben Provinz zu machen pflegt.
Einem großen Volke aber verbieten, aus seinen eigenen Erzeugnissen alles zu machen, was es daraus machen kann oder sein Kapital und seinen Gewerbfleiß so anzuwenden, wie es ihm am vorteilhaftesten zu sein scheint, ist eine offenbare Verletzung der heiligsten Rechte der Menschheit. So ungerecht indes solche Verbote auch sind, so haben sie doch bis jetzt den Kolonien noch nicht viel geschadet. Der Boden ist dort noch so wohlfeil und die Arbeit folglich so teuer, daß sie fast alle feineren und vollkommeneren Manufakturwaren wohlfeiler aus dem Mutterlande einführen können, als sie sie selbst zu verfertigen imstande wären. Wenn ihnen daher auch nicht verboten worden wäre, solche Manufakturen anzulegen, so würden sie sich doch bei dem gegenwärtigen Stande ihrer Kultur um ihres eigenen Vorteils willen dessen enthalten haben. Beim gegenwärtigen Stande ihrer Kultur sind jene Verbote, ohne ihrem Gewerbefleiß zu schaden oder ihn von einer Tätigkeit abzuhalten, zu der er sich von selbst gewendet haben würde, bloß unnütze Brandmale einer Sklaverei, die ihnen ohne irgendeine ausreichende Veranlassung durch die grundlose Eifersucht der Kaufleute und Industriellen des Mutterlandes auferlegt worden ist. Bei einem vorgerückteren Kulturzustande könnten sie aber wirklich drückend und unerträglich sein.
Wie Großbritannien einige der wichtigsten Kolonialprodukte auf seinen eigenen Markt beschränkt, so gibt es auch anderen wieder einen Vorzug auf diesem Markte, indem es teils auf die nämlichen Produkte, wenn sie aus anderen Ländern kommen, höhere Zölle legt und teils auf ihre Einfuhr aus den Kolonien Prämien gibt. Auf die erstere Weise gewährt es dem Zucker, Tabak und Eisen seiner eigenen Kolonien einen Vorzug auf seinem Markte, auf die zweite aber ihrer Rohseide, ihrem Hanf und Flachs, ihrem Indigo, ihren Schiffsmaterialien und ihrem Bauholze. Diese letztere Art, die Kolonialprodukte durch Einfuhrprämien zu begünstigen, ist, soviel ich habe erfahren können, Großbritannien allein eigen; die erstere ist es nicht. Portugal begnügt sich nicht, die Einfuhr des Tabaks aus allen anderen Ländern mit höheren Zöllen zu belegen, sondern es verbietet sie sogar unter den härtesten Strafen.
In Bezug auf die Einfuhr europäischer Waren hat England gleichfalls seine Kolonien liberaler behandelt als irgendeine andere Nation die ihrigen.
Großbritannien gewährt einen Teil, fast immer die Hälfte, gewöhnlich noch mehr, und manchmal das Ganze des Zolles, der bei der Einfuhr gezahlt wurde, zurück, wenn die eingeführten fremden Waren wieder nach fremden Ländern ausgeführt werden. Es war leicht, vorher zu sehen, daß kein unabhängiges fremdes Land diese Waren annehmen würde, wenn sie mit den schweren Zöllen belastet ankämen, denen fast alle fremden Waren bei ihrer Einfuhr in Großbritannien unterliegen. Wenn daher nicht ein Teil dieser Zölle bei der Ausfuhr zurückgegeben würde, so wäre es mit dem Zwischenhandel, diesem von dem Merkantilsystem so sehr begünstigten Handel, vorbei.
Unsere Kolonien jedoch sind keineswegs unabhängige fremde Länder, und da Großbritannien sich das ausschließliche Recht vorbehalten hat, sie mit allen aus Europa kommenden Waren zu versorgen, so hätte sie es auch (wie es andere Länder mit ihren Kolonien getan haben) zwingen können, diese Waren mit denselben Zöllen belastet anzunehmen, die sie im Mutterlande zahlen. Im Gegenteil wurden aber bis zum Jahre 1763 bei der Ausfuhr der meisten fremden Waren nach unseren Kolonien dieselben Rückzölle bezahlt wie bei der Ausfuhr nach einem unabhängigen fremden Lande. Im Jahre 1763 freilich wurde diese Begünstigung durch die fünfzehnte Akte aus dem vierten Regierungsjahre Georgs des Dritten sehr eingeschränkt, und es wurde verordnet, »daß für keine Waren, die in Europa oder Ostindien gewachsen, hervorgebracht oder verarbeitet worden sind und aus diesem Königreiche nach irgendeiner britischen Kolonie oder Pflanzung in Amerika ausgeführt werden – Wein, weiße Kattune und Musseline ausgenommen – irgend etwas von der Abgabe, welche die alte Subsidie heißt, zurückgegeben werden dürfe.« Vor diesem Gesetze mag man manche fremde Ware in den Pflanzungen wohlfeiler gekauft haben, als im Mutterlande, und bei manchen mag das jetzt noch der Fall sein.
Es ist wohl zu beachten, daß bei den meisten den Kolonialhandel betreffenden Verordnungen die Kaufleute, die diesen Handel treiben, die Hauptratgeber gewesen sind. Man darf sich daher nicht wundern, wenn in den meisten dieser Verordnungen das Interesse der Kaufleute mehr berücksichtigt worden ist als das der Kolonien oder des Mutterlandes. Bei ihrem Privilegium, die Kolonien mit allen daselbst begehrten europäischen Waren zu versorgen und ihnen alle diejenigen überschüssigen Erzeugnisse abzukaufen, die keinem von ihnen selbst zuhause betriebenen Handel Abbruch tun könnten, wurde das Interesse der Kolonien dem Interesse dieser Kaufleute aufgeopfert. Indem ihnen bei der Wiederausfuhr der meisten europäischen und ostindischen Waren nach den Kolonien dieselben Rückzölle bewilligt wurden wie bei der Wiederausfuhr nach irgendeinem unabhängigen Lande, wurde selbst nach den merkantilen Vorstellungen von diesem Interesse das Interesse des Mutterlandes aufgeopfert. Es lag im Interesse der Kaufleute, für die fremden Waren, die sie nach den Kolonien schickten, so wenig als möglich zu bezahlen und folglich soviel als möglich von den Zöllen, die sie bei der Einfuhr nach Großbritannien vorgeschossen hatten, zurückzuerhalten. Dadurch konnten sie instand gesetzt werden, in den Kolonien entweder dieselbe Menge Waren mit einem größeren Profit oder eine größere Menge mit demselben Profit zu verkaufen und folglich auf die eine oder die andere Weise etwas zu profitieren. So lag es auch im Interesse der Kolonien, alle solche Waren möglichst wohlfeil und in möglichst großer Menge zu bekommen. Aber dies konnte nicht immer im Interesse des Mutterlandes liegen. Dieses litt oft nicht nur an seinen Einkünften, wenn es einen großen Teil der bei der Einfuhr gezahlten Zölle zurückgab, sondern auch an seiner Industrie, wenn es auf dem Kolonialmarkte infolge der leichten Bedingungen, unter denen wegen der Rückzölle fremde Manufakturwaren dahingebracht werden durften, unterboten wurde. Man behauptet allgemein, daß die Fortschritte in der Leinwandmanufaktur Großbritanniens durch die Rückzölle, die bei der Wiederausfuhr deutscher Leinwand nach den amerikanischen Kolonien gewährt wurden, sehr aufgehalten worden seien.
Wenn aber auch Großbritanniens Politik in Bezug auf den Handel seiner Kolonien von dem nämlichen merkantilen Geiste eingegeben worden ist wie die Politik anderer Nationen, so ist sie doch im ganzen weniger illiberal und drückend gewesen als die irgendeiner anderen.
In allem, außer im ausländischen Handel, ist die Freiheit der englischen Kolonisten, ihre eigenen Angelegenheiten ganz nach ihrem Sinne zu ordnen, unbegrenzt. Sie ist in jeder Beziehung der ihrer Mitbürger im Mutterlande gleich und ebenfalls durch eine Versammlung von Volksvertretern gesichert, die allein das Recht hat, Abgaben zur Unterhaltung der Kolonialregierung aufzulegen. Das Ansehen dieser Versammlung hält die vollziehende Gewalt in Schach, und weder der unbedeutendste noch der abhängigste Kolonist hat, solange er dem Gesetze gehorcht, irgend etwas von dem Unwillen des Gouverneurs oder der Zivil- und Militärbeamten in der Provinz zu befürchten. Obgleich freilich die Kolonial-Versammlungen ebenso, wie in England das Unterhaus, nicht immer eine ganz gleiche Vertretung des Volkes sind, so nähern sie sich diesem Charakter doch weit mehr, und da die vollziehende Gewalt entweder keine Mittel hat, sie zu bestechen, oder sie wegen der Unterstützung, die sie von dem Mutterlande erhält, nicht zu bestechen braucht, so stehen sie vielleicht im allgemeinen mehr unter dem Einfluß ihrer Auftraggeber. Die Beratungskörper, die in den Kolonien dem Oberhause in Großbritannien entsprechen, bestehen nicht aus dem erblichen Adel. In einigen Kolonien, wie in drei Gouvernements von Neu-England, werden diese Beratungskörper nicht vom Könige ernannt, sondern von den Vertretern des Volkes gewählt. In keiner der englischen Kolonien gibt es einen Erbadel. Zwar wird in allen, die überhaupt in freien Ländern, der Abkömmling einer alten Kolonialfamilie mehr geachtet als ein Emporkömmling von gleichem Verdienste und Vermögen; aber er wird nur mehr geachtet und hat keine Privilegien, durch die er seine Nachbarn beeinträchtigen könnte. Vor dem Beginne der gegenwärtigen Unruhen halten die Kolonial-Versammlungen nicht nur die gesetzgebende, sondern auch einen Teil der vollziehenden Gewalt. In Connecticut und Rhode-Island erwählten sie den Gouverneur. In den übrigen Kolonien ernannten sie die Finanzbeamten, welche die von den Versammlungen aufgelegten Abgaben erhoben und diesen unmittelbar verantwortlich waren. Es waltet also unter den englischen Kolonisten mehr Gleichheit als unter den Bewohnern des Mutterlandes. Ihre Sitten sind republikanischer, und ihre Verfassungen, zumal die von drei Provinzen Neu-Englands, sind bisher gleichfalls republikanischer gewesen.
Dagegen findet sich die absolute Regierungsweise Spaniens, Portugals und Frankreichs auch in ihren Kolonien, und die willkürliche Macht, die solche Regierungen allen ihren Beamten zu erteilen pflegen, wird natürlich wegen der großen Entfernung mit mehr als gewöhnlicher Rücksichtslosigkeit gehandhabt. Unter absoluten Regierungen herrscht stets mehr Freiheit in der Hauptstadt als in sonst einem Teile des Landes. Der Herrscher selbst kann kein Interesse und keine Lust haben, die Rechtsordnung umzukehren, oder die große Masse des Volkes zu drücken. In der Hauptstadt hält seine Gegenwart alle seine Beamten mehr oder weniger in Schach, während sie in den entfernteren Provinzen, von wo die Klagen des Volkes nicht leicht zu ihm gelangen, ihre Tyrannei weit sicherer ausüben können. Es sind aber die europäischen Kolonien in Amerika weit entfernter als die entlegensten Provinzen der größten bisher bekannten Reiche. Die Regierungsweise der englischen Kolonien ist vielleicht, solange die Welt steht, die einzige, die den Bewohnern einer so entfernten Provinz vollkommene Sicherheit gewähren konnte. Übrigens sind die französischen Kolonien immer mit mehr Milde und Mäßigung verwaltet worden als die spanischen und portugiesischen. Dieses überlegene Verfahren liegt teils im Charakter der französischen Nation und teils in dem, was den Charakter jeder Nation bildet, in der Beschaffenheit ihrer Regierung, die, wenn auch in Vergleich mit der Großbritanniens willkürlich und gewalttätig, doch im Vergleich mit der spanischen und portugiesischen gesetzlich und frei ist.
Die Überlegenheit der englischen Politik zeigt sich jedoch am meisten in den Fortschritten der nordamerikanischen Kolonien. Die französischen Zuckerkolonien sind wenigstens ebensogut, wo nicht noch besser gediehen als die meisten englischen; und doch haben die englischen Zuckerkolonien eine freie Verfassung, die der in den nordamerikanischen Kolonien beinahe gleich ist. Allein die französischen Zuckerkolonien sind nicht gleich den englischen am Raffinieren ihres Zuckers verhindert worden, und, was noch weit wichtiger ist, der Geist ihrer Verfassung bringt eine bessere Behandlung der Negersklaven mit sich.
In allen europäischen Kolonien wird der Zuckerbau mit Negersklaven betrieben. Die Leibesbeschaffenheit der in dem gemäßigten Klima Europas geborenen Menschen kann, wie man glaubt, die Arbeit des Bodenumgrabens unter der brennenden Sonne Westindiens nicht ertragen, und die Kultur des Zuckerrohres ist, so wie sie jetzt betrieben wird, ganz und gar Handarbeit, obgleich, wie manche glauben, der Säepflug mit großem Vorteil dabei eingeführt werden könnte. Sowie aber der Profit und Erfolg des Landbaues, der mit Vieh betrieben wird, sehr von der guten Behandlung des Viehes abhängt, so hängt auch der Profit und Erfolg des Landbaues, den man mit Sklaven betreibt, von der guten Behandlung der Sklaven ab. Was aber die gute Behandlung der Sklaven betrifft, so ist es wohl allgemein anerkannt, daß die französischen Pflanzer darin die englischen übertreffen. Sofern das Gesetz den Sklaven gegen die Gewalttätigkeit seines Herrn einigermaßen schützt, wird es in einer Kolonie, deren Regierung großenteils willkürlich ist, genauer befolgt werden als in einer, wo sie völlig frei ist. In jedem Lande, wo das unglückselige Gesetz der Sklaverei gilt, mischt sich die Obrigkeit, wenn sie den Sklaven beschützt, mehr oder weniger in die Verwaltung des Privateigentums des Herrn und darf dies in einem freien Lande, wo der Herr vielleicht entweder Mitglied einer Kolonial-Versammlung oder Wähler eines solchen Mitgliedes ist, sich nur mit der größten Vorsicht und Behutsamkeit erlauben. Die Achtung, mit der sie den Herrn zu behandeln hat, macht es ihr schwerer, den Sklaven zu beschützen; dagegen ist es ihr in einem Lande, wo die Regierung großenteils willkürlich, und wo es ganz gewöhnlich ist, daß die Obrigkeit sich in die Verwaltung des Privateigentums einmischt und denen, die es ihr nicht recht machen, wohl gar einen Lettre de cachet zuschickt, viel leichter, den Sklaven einigen Schutz zu gewähren, und die allgemeine Menschlichkeit macht sie natürlich hierzu geneigt. Der Schutz der Obrigkeit nimmt dem Sklaven in den Augen seines Herrn etwas von seiner Verächtlichkeit und veranlaßt diesen, ihn infolgedessen mit mehr Rücksicht und Milde zu behandeln. Eine milde Behandlung macht den Sklaven nicht nur treuer, sondern auch intelligenter, und folglich in doppelter Rücksicht nützlicher. Er nähert sich mehr dem Zustande eines freien Dieners, und es kommt bei ihm zu einem gewissen Grade von Redlichkeit und Anhänglichkeit an seinen Herrn und dessen Interesse, Tugenden, die sich oft bei freien Dienstboten finden, aber niemals einem Sklaven eigen sind, der so behandelt wird, wie Sklaven in Ländern, wo der Herr vollkommen frei und sicher ist, behandelt zu werden pflegen.
Daß der Zustand eines Sklaven unter einer willkürlichen Regierung besser ist als unter einer freien, hat, glaube ich, die Geschichte aller Zeiten und Völker bewiesen. In der römischen Geschichte finden wir erst zur Zeit der Kaiser angegeben, daß die Obrigkeit sich des Sklaven gegen die Gewalttätigkeit seines Herrn annahm. Als Vedius Pollio in Gegenwart des Augustus einen seiner Sklaven, der sich ein leichtes Vergehen hatte zuschulden kommen lassen, in Stücke hauen und in seinen Fischteich werfen lassen wollte, um seine Fische damit zu füttern, befahl ihm der Kaiser mit Entrüstung, nicht nur diesen, sondern auch alle übrigen ihm zugehörigen Sklaven sofort frei zu geben. Unter der Republik hätte keine Obrigkeit Ansehen genug gehabt, den Sklaven zu schützen, geschweige denn den Herrn zu strafen.
Man muß wohl bemerken, daß das Kapital, das zum Anbau der französischen Zuckerkolonien, besonders der großen Kolonie von Sankt Domingo diente, fast ganz aus der allmählichen Kultur und Verbesserung dieser Kolonien entstanden ist. Es ist beinahe ganz allein das Produkt des Bodens und des Gewerbfleißes der Kolonisten, oder, was auf dasselbe hinauskommt, der Preis dieses Produktes gewesen, der durch sparsame Behandlung nach und nach angehäuft und zur Erzeugung eines noch größeren Produktes verwendet wurde. Dahingegen ist das Kapital, womit die englischen Zuckerkolonien angebaut und verbessert wurden, großenteils aus England dahin geschickt und keineswegs allein das Produkt des Bodens und des Gewerbfleißes der Kolonisten gewesen. Das Gedeihen der englischen Zuckerkolonien ist meistenteils dem großen Reichtum Englands zu verdanken, von dem ein Teil sozusagen auf diese Kolonien überfloß. Dahingegen muß das Gedeihen der französischen Zuckerkolonien ganz dem guten Verhalten der Kolonisten zugeschrieben werden, die also den Engländern einigermaßen überlegen gewesen sein müssen, und diese Überlegenheit zeigte sich nirgends so auffallend, als bei der guten Behandlung ihrer Sklaven.
Das sind im allgemeinen die Grundzüge der Politik der verschiedenen europäischen Nationen in bezug auf ihre Kolonien.
Die europäische Politik hat also wenig Grund, sich mit der ursprünglichen Anlage, oder, soweit es die innere Regierung betrifft, mit dem späteren Gedeihen der amerikanischen Kolonien zu brüsten.
Torheit und Ungerechtigkeit scheinen die leitenden Grundsätze bei dem ersten Entwurfe zur Anlegung dieser Kolonien gewesen zu sein: die Torheit nach Gold- und Silberadern zu spüren, und die Ungerechtigkeit nach dem Besitze eines Landes zu begehren, dessen harmlose Eingeborene, weit entfernt, die Europäer zu beleidigen, vielmehr die ersten Abenteurer mit allen Zeichen von Gutherzigkeit und Gastfreundlichkeit aufgenommen hatten.
Die Abenteurer, die einige der späteren Niederlassungen gründeten, verbanden zwar mit dem phantastischen Projekte, Gold- und Silberadern zu finden, andere vernünftigere und löblichere Beweggründe; aber eben diese Gründe machen der europäischen Politik wenig Ehre.
Die englischen Puritaner, die zuhause beengt wurden, suchten in Amerika nach Freiheit und gründeten dort die vier Gouvernements von Neu-England. Die englischen Katholiken, die noch größere Ungerechtigkeit erfuhren, gründeten Maryland; die Quäker Pennsylvanien. Die portugiesischen Juden, von der Inquisition verfolgt, ihrer Habe beraubt und nach Brasilien verbannt, führten durch ihr Beispiel unter den verbannten Verbrechern und Huren, mit denen diese Kolonie ursprünglich bevölkert wurde, etwas Ordnung und Gewerbfleiß ein und lehrten ihnen den Bau des Zuckerrohres. In allen diesen Fällen war es nicht die Weisheit und Politik, sondern die Unordnung und Ungerechtigkeit der europäischen Regierungen, die Amerika bevölkerte und kultivierte.
Bei der Ausführung der Pläne, durch die einige der wichtigsten jener Niederlassungen zustande kamen, hatten die europäischen Regierungen ebensowenig Verdienst wie bei dem Entwurfe dieser Pläne selbst. Die Eroberung von Mexiko war der Plan eines Gouverneurs von Kuba und nicht des spanischen Staatsrates; und ausgeführt wurde er durch den Mut des kühnen Abenteurers, dem er anvertraut worden war, ausgeführt trotz allem, was der Gouverneur, den es bald gereute, einem solchen Manne die Sache anvertraut zu haben, zur Hinderung des Planes tat. Die Eroberer von Chili und Peru und von fast allen anderen spanischen Niederlassungen auf dem amerikanischen Kontinent nahmen keine andere Unterstützung des Staates mit sich, als eine allgemeine Erlaubnis, im Namen des Königs von Spanien Niederlassungen und Eroberungen zu machen. Diese Unternehmungen geschahen alle auf Gefahr und Kosten der Abenteurer. Die spanische Regierung trug fast gar nichts dazu bei. Und ebensowenig tat die englische für die Gründung einiger ihrer wichtigsten nordamerikanischen Kolonien.
Wenn diese Niederlassungen zustande gekommen und so ansehnlich geworden waren, daß sie die Aufmerksamkeit des Mutterlandes auf sich zogen, so hatten die ersten Anordnungen, welche dieses für sie machte, stets zur Absicht sich selbst des Monopols ihres Handels zu versichern, den Markt derselben einzuschränken und den eigenen Markt auf ihre Kosten zu erweitern, folglich ihr Gedeihen und ihren Wohlstand eher zu unterdrücken und aufzuhalten als ihn zu befördern und zu beschleunigen. In der verschiedenen Art, wie dies Monopol ausgeübt worden ist, besteht einer der wesentlichsten Unterschiede in der Wirtschaftspolitik der verschiedenen europäischen Völker in bezug auf ihre Kolonien. Die beste unter allen, die englische, ist nur etwas weniger illiberal und drückend, als die übrigen.
In welcher Weise hat also die europäische Politik zur ersten Gründung oder zur jetzigen Größe der amerikanischen Kolonien beigetragen? Auf eine Weise, und auf diese eine Weise allein hat sie viel dazu beigetragen. Magna virum mater! Sie erzeugte und bildete die Menschen, die imstande waren, so Großes zu verrichten, und den Grund zu einem so großen Reiche zu legen; es gibt sonst keine Gegend der Welt, deren Politik fähig wäre, solche Menschen zu bilden oder sie jemals wirklich gebildet hat. Die Kolonien verdanken der europäischen Politik die Erziehung und den Weitblick ihrer tätigen und unternehmenden Gründer; und einige der größten und wichtigsten von ihnen haben ihr in Bezug auf ihre innere Regierung kaum etwas anderes zu verdanken.
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Dies sind die Vorteile, welche die amerikanischen Kolonien der europäischen Politik zu verdanken gehabt haben.
Welches sind nun diejenigen, die Europa der Entdeckung und Kolonisation Amerikas zu verdanken gehabt hat?
Es lassen sich diese Vorteile einteilen: erstens in die allgemeinen Vorteile, die Europa, als ein einziges großes Land betrachtet diesen großen Begebenheiten zu verdanken gehabt hat; und zweitens: in die besonderen Vorteile, die jedes kolonisierende Land den ihm besonders zugehörigen Kolonien vermöge der Autorität oder Herrschaft, die es über diese ausübt, zu verdanken gehabt hat.
Die allgemeinen Vorteile, die Europa, als ein einziges großes Land betrachtet, der Entdeckung und Kolonisation Amerikas zu verdanken gehabt hat, bestehen erstens in der Vermehrung seiner Genüsse und zweitens in der Steigerung seines Gewerbfleißes.
Das überschüssige Erzeugnis Amerikas, nach Europa gebracht, versorgt die Bewohner dieses großen Kontinents mit einer Menge von Waren, in deren Besitz sie sonst nicht hätten kommen können, teils zur Bequemlichkeit und zum Nutzen, teils zum Vergnügen und teils zum Schmucke, und dient so überhaupt zur Vermehrung der Genüsse.
Die Entdeckung und Kolonisation Amerikas hat, wie man leicht zugeben wird, dazu beigetragen, erstens den Gewerbfleiß der Länder zu steigern, die einen direkten Handel dahin treiben, wie Spanien, Portugal, Frankreich und England, und zweitens aller derjenigen, die ohne direkten Handel ihre Erzeugnisse durch die Vermittelung anderer Länder dorthin schicken, wie österreichisch Flandern und einige deutsche Provinzen, die durch die Vermittlung der zuerst erwähnten Länder eine große Menge Leinwand und andere Waren dahin schicken. Alle diese Länder haben offenbar einen weit ausgedehnteren Markt für ihre überschüssigen Erzeugnisse gewonnen und sind folglich ermuntert worden, seine Menge zu vermehren.
Daß aber jene großen Begebenheiten auch dazu beigetragen haben sollten, den Gewerbfleiß von Ländern wie Ungarn und Polen zu ermuntern, die vielleicht niemals auch nur eine einzige von ihnen selbst erzeugte Ware nach Amerika geschickt haben: das ist vielleicht nicht ganz so einleuchtend. Dennoch läßt sich nicht daran zweifeln, daß dies der Fall gewesen. Ein Teil der amerikanischen Produkte wird in Ungarn und Polen verzehrt, und es ist in diesen Ländern eine Nachfrage nach dem Zucker, der Schokolade und dem Tabak jenes neuen Weltteils. Nun müssen aber diese Waren mit etwas gekauft werden, was entweder das Erzeugnis des ungarischen und polnischen Gewerbfleißes ist, oder was mit einem Teile dieses Erzeugnisses eingehandelt wurde. Jene amerikanischen Waren sind neue Werte, neue Äquivalente, die nach Ungarn und Polen gebracht werden, um daselbst gegen das überschüssige Erzeugnis dieser Länder ausgetauscht zu werden. Dadurch, daß sie dorthin kommen, schaffen sie einen ausgedehnteren Markt für dieses überschüssige Erzeugnis. Sie erhöhen seinen Wert und tragen so dazu bei, zu seiner Vermehrung aufzumuntern. Wenn auch nichts davon nach Amerika verführt wird, so kann es doch nach anderen Ländern kommen, die es mit einem Teile dessen, was sie von Amerikas überschüssigem Erzeugnis haben, kaufen; und so wird es vermittels der Handelszirkulation, die ursprünglich durch das überschüssige Erzeugnis Amerikas zustande kam, einen Markt finden.
Jene großen Ereignisse können sogar dazu gedient haben, die Genüsse solcher Länder zu vermehren und ihren Gewerbfleiß zu steigern, die nicht nur niemals Waren nach Amerika schickten, sondern auch keine von dorther bekamen. Selbst solche Länder können eine größere Menge anderer Waren aus Ländern erhalten haben, deren überschüssiges Erzeugnis mittels des amerikanischen Handels vermehrt worden ist. Wie diese reichlichere Versorgung ihre Genüsse vermehrt haben muß, so muß sie auch ihren Gewerbfleiß gesteigert haben. Es muß ihnen eine größere Anzahl neuer Äquivalente von dieser oder jener Art zum Austausch gegen das überschüssige Erzeugnis ihres Gewerbfleißes angeboten worden sein. Es wurde ein ausgedehnterer Markt für dieses überschüssige Erzeugnis geschaffen, so daß sein Wert erhöht und seine Vermehrung befördert wurde. Die Masse von Waren, die jährlich in den großen Kreis des europäischen Handels geworfen und durch seine mannigfaltigen Bewegungen unter die verschiedenen darin begriffenen Völker verteilt wurde, muß durch das gesamte überschüssige Erzeugnis Amerikas vermehrt worden sein. Wahrscheinlich fiel daher auch ein größerer Anteil an dieser größeren Masse jedem einzelnen Volk zu, vermehrte seine Genüsse und steigerte seinen Gewerbfleiß.
Der ausschließliche Handel der Mutterländer bringt es mit sich, daß die Genüsse und der Gewerbfleiß aller Völker und insbesondere der amerikanischen Kolonien verringert oder wenigstens aufgehalten werden. Er ist ein totes Gewicht, das auf der Tätigkeit einer der größten Springfedern, die einen großen Teil der menschlichen Geschäfte in Bewegung setzt, lastet. Indem er die Kolonialerzeugnisse in allen anderen Ländern teurer macht, verringert er deren Verbrauch und schwächt so einerseits den Gewerbfleiß der Kolonien und andererseits die Genüsse und den Gewerbfleiß aller anderen Länder, die weniger genießen, wenn sie ihre Genüsse teurer bezahlen, und weniger hervorbringen, wenn sie für das, was sie hervorbringen, weniger bekommen. Indem er die Erzeugnisse aller anderen Länder in den Kolonien teurer macht, schwächt er auf gleiche Weise den Gewerbfleiß aller anderen Länder, sowie die Genüsse und den Gewerbfleiß der Kolonien. Er ist eine Fessel, die um des vermeintlichen Vorteils einzelner Länder willen die Freuden und den Gewerbfleiß aller anderen Länder, am meisten aber der Kolonien, beeinträchtigt. Er schließt nicht nur soviel als möglich alle übrigen Länder von einem bestimmten Markte aus, sondern schränkt auch soviel als möglich die Kolonien auf einen einzigen Markt ein; und es macht einen sehr großen Unterschied aus, ob man von einem bestimmten Markte ausgeschlossen wird, während alle anderen offen stehen oder ob man auf einen bestimmten Markt beschränkt wird, während alle anderen für uns geschlossen sind. Das überschüssige Erzeugnis der Kolonien ist aber die ursprüngliche Quelle aller jener Zunahme von Genüssen und Gewerbfleiß, die Europa durch die Entdeckung und Kolonisation Amerikas zuteil geworden ist; und diese Quelle läßt der ausschließliche Handel der Mutterländer viel geringer fließen als sie es sonst tun würde.
Die besonderen Vorteile, welche jedes kolonisierende Land aus den ihm besonders zugehörigen Kolonien zieht, sind von zweierlei Art: erstens jene gewöhnlichen Vorteile, die jeder Staat aus den seiner Herrschaft unterworfenen Provinzen zieht; zweitens aber jene eigentümlichen Vorteile, die sich aus Provinzen von so eigentümlicher Natur, wie es die europäischen Kolonien in Amerika sind, ergeben.
Die gewöhnlichen Vorteile, die jeder Staat aus den seiner Herrschaft unterworfenen Provinzen zieht, bestehen erstens in der Kriegsmacht, die sie ihm zu seiner Verteidigung liefern, und zweitens in den Einnahmen, die er zur Erhaltung seiner Zivilverwaltung aus ihnen bezieht. Die römischen Kolonien lieferten gelegentlich sowohl das eine wie das andere. Die griechischen Kolonien stellten zwar zuweilen eine Kriegsmacht, trugen aber selten zu den Staatseinnahmen bei; denn sie erkannten selten an, daß sie der Herrschaft ihrer Mutterstadt unterworfen waren. Sie waren gewöhnlich ihre Bundesgenossen im Kriege, aber höchst selten ihre Untertanen im Frieden.
Die europäischen Kolonien in Amerika haben noch nie eine Kriegsmacht zur Verteidigung des Mutterlandes hergegeben. Ihre Kriegsmacht hat noch niemals zu ihrer eigenen Verteidigung hingereicht, und in den verschiedenen Kriegen, in welche die Mutterländer verwickelt gewesen sind, haben diese gewöhnlich zur Verteidigung ihrer Kolonien eine große Ablenkung ihrer Kriegsmacht erfahren. In dieser Hinsicht sind also sämtliche europäische Kolonien ohne Ausnahme eher eine Ursache der Schwäche als der Stärke ihrer Mutterländer gewesen.
Nur die Kolonien Spaniens und Portugals haben zur Verteidigung des Mutterlandes und zur Erhaltung der Zivilverwaltung einen Geldbeitrag geliefert. Die Steuern, die in den Kolonien anderer europäischer Nationen, namentlich der Engländer, erhoben wurden, betrugen selten soviel als die Kolonien in Friedenszeiten an Kosten verursachten und reichten niemals aus, um die Kosten die sie in Kriegszeiten verursachten, zu decken. Solche Kolonien sind also eine Quelle von Ausgaben und nicht von Einnahmen für ihre Mutterländer gewesen.
Die Vorteile solcher Kolonien für ihre Mutterländer bestehen lediglich in den eigentümlichen Vorteilen, die man aus Provinzen von so ganz eigentümlicher Natur, wie es die europäischen Provinzen in Amerika sind, zu erhalten hofft. Der ausschließliche Handel ist anerkanntermaßen die einzige Quelle aller dieser eigentümlichen Vorteile.
Infolge dieses ausschließlichen Handels kann z. B. derjenige Teil des überschüssigen Erzeugnisses der englischen Kolonien, der aus den sogenannten aufgezählten Waren besteht, nach keinem anderen Lande als nach England geschickt werden. Andere Länder müssen sie später von diesem kaufen. Sie sind also notwendigerweise in England wohlfeiler als sie in jenem anderen Lande sein können, und tragen mehr zur Vermehrung der Genüsse in England als in jedem anderen Lande bei, wie sie auch den Gewerbfleiß Englands mehr ermuntern müssen. Für diejenigen Teile seines eigenen überschüssigen Erzeugnisses, mit welchen England jene aufgezählten Waren einkauft, muß es einen besseren Preis erhalten als andere Länder für ähnliche Teile ihres Erzeugnisses, wenn sie die nämlichen Waren damit einkaufen wollen, erhalten können. Mit den Manufakturwaren Englands wird z. B. eine größere Menge Zucker und Tabak seiner eigenen Kolonien gekauft, als mit den nämlichen Manufakturwaren anderer Länder gekauft werden kann. Insofern also die Manufakturen Englands und die anderer Länder an Zucker und Tabak aus den englischen Kolonien gemessen werden sollen, gibt der höhere Preis den ersteren eine Ermunterung, die den letzteren unter diesen Umständen abgeht. Wie daher der ausschließliche Handel mit den Kolonien die Genüsse und den Gewerbfleiß derjenigen Länder, die ihn nicht besitzen, vermindert oder wenigstens aufhält, so verschafft er denen, welche ihn besitzen, einen offenbaren Vorteil über jene Länder.
Doch ist dieser Vorteil vielleicht mehr ein sogenannter relativer als ein absoluter und gibt dem Lande, welches ihn genießt, mehr dadurch eine Überlegenheit, daß er den Gewerbfleiß und die Erzeugnisse anderer Länder unterdrückt, als dadurch, daß er sie im eigenen Lande auf eine höhere Stufe bringt als sie in dem Falle eines freien Handels von selbst erreichen würden.
So kommt z. B. der Tabak aus Maryland und Virginien mittels des Monopols, welches England genießt, ohne Zweifel England wohlfeiler zu stehen als Frankreich, an das es gewöhnlich einen bedeutenden Teil davon absetzt. Hätten aber Frankreich und alle anderen europäischen Nationen jederzeit einen freien Handel nach Maryland und Virginien treiben können, so würde der Tabak dieser Kolonien nicht nur allen übrigen Ländern, sondern auch England weit wohlfeiler zu stehen gekommen sein als es jetzt der Fall ist. Die Erzeugung von Tabak würde durch einen so viel ausgedehnteren Markt, als der bisherige war, sich in dieser Zeit wahrscheinlich so sehr vermehrt haben, daß die Profite einer Tabakpflanzung auf ihr natürliches Verhältnis zu denen des Getreidebaues, die sie jetzt noch etwas übersteigen sollen, herabgekommen wären. Der Preis des Tabaks würde dann wahrscheinlich etwas tiefer gesunken sein, als er gegenwärtig ist. Eine gleiche Menge englischer oder ausländischer Waren hätte in Maryland und Virginien gegen eine größere Menge Tabak abgesetzt und folglich zu einem um soviel besseren Preise verkauft werden können. In soweit daher dieses Kraut durch seine Wohlfeilheit und Menge die Genüsse und den Gewerbfleiß Englands oder irgend eines anderen Landes vermehren kann, würde es diese Wirkung bei ganz freiem Handel wahrscheinlich in etwas größerem Maße gehabt haben als es sie gegenwärtig haben kann. Freilich hätte England in diesem Falle keinen Vorteil über andere Länder gehabt. Er hätte den Tabak seiner Kolonien etwas wohlfeiler kaufen und folglich manche seiner eigenen Waren etwas teurer verkaufen können als jetzt; aber es hätte doch weder den einen wohlfeiler kaufen, noch die anderen teurer verkaufen können, als es irgend ein anderes Land kann. Vielleicht hätte es einen absoluten Vorteil gewonnen, sicherlich aber hätte es einen relativen verloren.
Um jedoch diesen relativen Vorteil bei dem Kolonialhandel zu erlangen, um das neidische und mißgünstige Vorhaben auszuführen, andere Völker von jeder Teilnahme daran soviel als möglich auszuschließen, hat England, wie man zu glauben allen Grund hat, nicht nur einen Teil des absoluten Vorteils, den es so gut wie jedes andere Volk von diesem Handel gehabt haben würde, aufgeopfert, sondern sich auch noch einen absoluten und einen relativen Nachteil bei fast allen anderen Handelszweigen zugezogen.
Als England sich durch die Schiffahrtsakte das Monopol des Kolonialhandels anmaßte, wurden die auswärtigen Kapitalien, die vorher darauf verwendet worden waren, notwendigerweise daraus abgezogen. Das englische Kapital, das früher nur einen Teil davon zu bestreiten hatte, sollte nun das Ganze bestreiten. Das Kapital, das vorher die Kolonien nur mit einem Teil der Güter, welche sie von Europa brauchten, versorgt hatte, sollte nun alle herbeischaffen; allein es konnte sie nicht alle herbeischaffen, und die Waren, welche es liefern konnte, wurden notwendigerweise sehr teuer verkauft. Das Kapital, mit welchem vorher nur ein Teil des überschüssigen Erzeugnisses der Kolonien gekauft worden war, sollte nun allein den ganzen Einkauf bestreiten; allein es konnte den ganzen Einkauf durchaus nicht zu dem alten Preise bestreiten, und folglich wurde, was irgend gekauft wurde, notwendig sehr wohlfeil eingekauft. Bei einem Geschäfte aber, wo der Kaufmann sehr teuer verkauft und sehr wohlfeil kauft, muß der Profit sehr groß gewesen sein und das gewöhnliche Maß des Profits in anderen Handelszweigen weit überstiegen haben. Es konnte daher nicht fehlen, daß dieser größere Profit im Kolonialhandel aus anderen Handelszweigen einen Teil des Kapitals wegzog, das vorher auf sie verwendet worden war. Wie aber diese Umstellung des Kapitals nach und nach die Konkurrenz der Kapitalien in dem Kolonialhandel vermehrte, so mußte sie auch nach und nach diese Konkurrenz bei allen anderen Handelszweigen vermindern; wie sie nach und nach die Profite des einen verminderte, so mußte sie auch nach und nach die der anderen vermehren, bis endlich die Profite von allen wieder auf ein neues Maß kamen, das jedoch etwas anders und höher war als das frühere.
Diese doppelte Wirkung, anderen Handelszweigen das Kapital zu entziehen und den Profitsatz in allen etwas höher zu treiben als er sonst gewesen sein würde, wurde durch dieses Monopol nicht nur bei seiner ersten Einführung, sondern auch während seiner ganzen Dauer hervorgebracht.
Erstens: Dieses Monopol hat fortwährend allen anderen Handelszweigen Kapital entzogen, welches in dem Kolonialhandel angelegt wurde.
Obgleich der Wohlstand Großbritanniens seit dem Erlaß der Schiffahrtsakte sehr zugenommen hat, so ist er doch gewiß nicht in demselben Maße gestiegen wie der der Kolonien. Der auswärtige Handel jedes Landes wächst aber natürlich nach Maßgabe seines Wohlstandes, sein überschüssiges Erzeugnis nach Maßgabe seines gesamten Erzeugnisses. Da nun Großbritannien beinahe den ganzen auswärtigen Handel mit den Kolonien sich zugeeignet hatte, und sein Kapital doch nicht in dem Maße gewachsen war als dieser Handel, so konnte es ihn nicht anders betreiben, als wenn es fortwährend anderen Handelszweigen einen Teil des vorher in sie gesteckten Kapitals entzog und einen noch größeren Teil, der sonst diesen Handelszweigen zugeflossen sein würde, davon zurückhielt. Daher hat auch der Kolonialhandel seit dem Erlaß der Schiffahrtsakte fortwährend zugenommen, während viele andere Zweige des auswärtigen Handels, besonders der Handel nach anderen europäischen Ländern, fortwährend abgenommen haben. Anstatt daß unsere für den auswärtigen Verkauf bestimmten Manufakturwaren ebenso, wie vor der Schiffahrtsakte, für den benachbarten europäischen oder für den entfernteren Markt der Länder am mittelländischen Meere gearbeitet wurden, wurden sie größtenteils für den noch entfernteren Markt der Kolonien hergerichtet: sie gingen lieber auf den Markt, wo sie ein Monopol genossen, als auf den, wo sie viele Konkurrenten hatten. Die Ursachen der Abnahme bei anderen Zweigen des auswärtigen Handels, die Matthias Decker und andere Schriftsteller in dem Übermaß und der unrichtigen Art der Besteuerung, in dem hohen Arbeitspreise, in der Vermehrung des Luxus usw. gesucht haben, sind vielmehr alle im Überhandnehmen des Kolonialhandels zu suchen. Das Handelskapital Großbritanniens ist zwar sehr groß, aber doch nicht maßlos, und wenn es auch seit der Schiffahrtsakte bedeutend zugenommen hat, so ist es doch nicht in demselben Maße wie der Kolonialhandel gewachsen, daher konnte dieser Handel auch nicht andere betrieben werden, als indem ein Teil des Kapitals den übrigen Handelszweigen entzogen wurde, und diese so einigen Schaden litten.
Man muß bemerken, daß England bereits ein großes handeltreibendes Land, daß sein Handelskapital schon sehr beträchtlich war und täglich größer zu werden versprach, ehe die Schiffahrtsakte das Monopol des Kolonialhandels einführte, ja sogar schon ehe dieser Handel zu großer Bedeutung gekommen war. In dem holländischen Kriege unter Cromwells Regierung war Großbritanniens Seemacht der holländischen überlegen, und in dem Kriege, der zu Anfang der Regierung Karls des Zweiten ausbrach, war sie der vereinigten Seemacht Frankreichs und Hollands wenigstens gleich, vielleicht sogar überlegen. Ihre Überlegenheit würde vielleicht jetzt kaum größer erscheinen, wenigstens wenn die holländische Seemacht sich jetzt zu Hollands Handel noch ebenso verhielte wie damals. Aber diese große Seemacht konnte in keinem dieser Kriege der Schiffahrtsakte zugeschrieben werden. Während des ersteren Krieges war eben erst der Entwurf zu dieser Akte gemacht worden, und wenn sie auch vor dem Ausbruche des zweiten schon Gesetzeskraft erhalten hatte, so konnte doch noch kein Teil derselben, am wenigsten derjenige, welcher den ausschließlichen Handel mit den Kolonien feststellte, eine sonderliche! Wirkung gehabt haben. Sowohl die Kolonien als ihr Handel waren in Vergleich mit dem, was sie jetzt sind, unbedeutend. Die Insel Jamaika war eine ungesunde, wenig bewohnte und noch weniger angebaute Wüste. New-York und New-Jersey waren im Besitz der Holländer, die Hälfte von St. Christoph im Besitz der Franzosen. Die Insel Antigua, die beiden Karolinas, Pennsylvanien, Georgien und Neu-Schottland waren noch nicht angepflanzt. Virginien, Maryland und Neu-England waren zwar schon angepflanzt, aber obwohl sie sehr blühende Kolonien waren, so gab es doch damals vielleicht weder in Europa noch in Amerika einen Menschen, der die reißenden Fortschritte, die sie seitdem in Wohlstand, Bevölkerung und Kultur gemacht haben, vorhersah oder auch nur ahnte. Kurz, die Insel Barbados war die einzige britische Kolonie von einiger Bedeutung, deren damaliger Zustand dem jetzigen einigermaßen glich. Der Kolonialhandel, den England selbst einige Zeit nach der Schiffahrtsakte nur zum Teil genoß (denn die Schiffahrtsakte wurde erst einige Jahre nach ihrer Einführung mit Strenge in Vollzug gesetzt), konnte damals weder die Ursache von Englands großem Handel, noch von seiner auf diesem Handel beruhenden starken Seemacht sein. Der Handel, auf dem damals die große Seemacht beruhte, war vielmehr der mit Europa und mit den am mittelländischen Meere gelegenen Ländern. Aber der Anteil, den jetzt Großbritannien an diesem Handel hat, könnte eine so starke Seemacht nicht unterhalten. Wäre der wachsende Handel mit den Kolonien für alle Nationen freigelassen worden, so mußte der Anteil, der Großbritannien davon zugefallen wäre, und es wäre ihm vermutlich ein ganz ansehnlicher Anteil zugefallen, ein Zuwachs zu jenem großen Handel sein, in dessen Besitze es schon vorher war. Dagegen hat der Kolonialhandel infolge des Monopols nicht sowohl eine Vermehrung des Handels, den Großbritannien schon vorher hatte, als vielmehr eine völlige Veränderung in seiner Richtung hervorgebracht.
Zweitens: Dieses Monopol hat notwendigerweise dazu beigetragen, den Profitsatz in all den verschiedenen Zweigen des britischen Handels höher zu erhalten als er natürlicherweise gewesen sein würde, wenn allen Nationen ein freier Handel mit den britischen Kolonien offen gestanden hätte.
So wie das Monopol des Kolonialhandels diesem notwendig mehr von dem Kapital Großbritanniens zuführte als von selbst dahin geflossen sein würde, so verringerte es auch durch die Austreibung aller fremden Kapitalien die Gesamtmenge des auf diesen Handel verwendeten Kapitals gegenüber der, die im Falle des Freihandels naturgemäß gewesen wäre. Indem es aber die Konkurrenz der Kapitalien in diesem Handelszweige verringerte, vergrößerte es notwendig den Profitsatz darin und, indem es die Konkurrenz britischer Kapitalien in allen anderen Handelszweigen verminderte, steigerte es notwendig in allen diesen anderen Zweigen den Satz der britischen Profite. Wie immer auch der Zustand oder Umfang des großbritannischen Handelskapitals seit dem Erlaß der Schiffahrtsakte in den einzelnen Zeitabschnitten gewesen sein mag, so muß das Monopol des Kolonialhandels während der Dauer dieses Zustandes den gewöhnlichen Satz britischer Profite höher hinaufgetrieben haben als er sonst sowohl in diesem als in allen anderen Zweigen des britischen Handels gewesen sein würde. Wenn nun seit dem Erlaß der Schiffahrtsakte der gewöhnliche Satz britischer Profite bedeutend gefallen ist – und das ist er wirklich –, so hätte er noch weit tiefer fallen müssen, wenn ihn nicht das durch diese Akte errichtete Monopol aufrecht erhalten hätte.
Was aber in einem Lande den gewöhnlichen Profitsatz höher hinauftreibt als er sonst steigen würde, das zieht diesem Lande notwendig in jedem Handelszweige, bei welchem es kein Monopol genießt, einen absoluten und einen relativen Nachteil zu.
Es zieht ihm einen absoluten Nachteil zu, weil seine Kaufleute sich in solchen Handelszweigen diesen größeren Profit nicht verschaffen können, wenn sie nicht sowohl die fremden eingeführten, als die eigenen ausgeführten Waren teurer als sonst verkaufen. Ihr eigenes Land muß teurer kaufen und teurer verkaufen, muß weniger kaufen und weniger verkaufen, muß weniger genießen und weniger hervorbringen als sonst geschehen würde.
Es zieht ihm einen relativen Nachteil zu, weil sich andere Länder, die nicht dem nämlichen absoluten Nachteil ausgesetzt sind, in solchen Handelszweigen jenem Lande gegenüber entweder besser oder doch weniger schlecht gestellt sehen als es sonst der Fall sein würde. Es setzt sie instand, im Vergleich mit dem, was es selbst genießt und produziert, mehr zu genießen und mehr zu produzieren. Es macht ihre Überlegenheit größer und ihr Zurückstehen geringer als es sonst sein würde. Indem ein solches Land den Preis seiner Produkte höher steigert, als er sonst sein würde, gibt es den Kaufleuten anderer Länder Gelegenheit, auf fremden Märkten wohlfeiler zu verkaufen und es dadurch aus fast allen Handelszweigen, in denen es kein Monopol hat, zu verdrängen.
Unsere Kaufleute klagen oft über den hohen Lohn der britischen Arbeit, als die Ursache, daß ihre Manufakturwaren auf fremden Märkten unterboten werden; aber sie schweigen über die hohen Kapitalprofite. Sie klagen über den übermäßigen Gewinn anderer Leute, aber sie sagen nichts von ihrem eigenen. Und doch mögen die hohen Profite des britischen Kapitals in manchen Fällen eben so viel und in einigen noch mehr dazu beitragen, den Preis der britischen Manufakturwaren zu erhöhen, als der hohe Lohn der britischen Arbeit.
So ging es zu, daß wie man mit Recht sagen kann, Großbritanniens Kapital den meisten Handelszweigen, bei welchen es kein Monopol hatte, teils entzogen, teils daraus verdrängt worden ist: insbesondere im Handel mit Europa und dann mit den Ländern am mittelländischen Meere.
Es ist diesen Handelszweigen zum Teil entzogen worden: durch den Reiz des höheren Profits im Kolonialhandel, der eine Folge der steten Zunahme dieses Handels war und der steten Unzulänglichkeit des Kapitals, womit man ihn in dem einen Jahre betrieben hatte und in dem nächsten nicht mehr betreiben konnte.
Es ist zum Teil daraus verdrängt worden: durch den Vorteil, welche der hohe in Großbritannien eingeführte Profitsatz anderen Ländern in allen denjenigen Handelszweigen gibt, in denen Großbritannien kein Monopol bat.
Wie nun das Monopol des Kolonialhandels den übrigen Handelszweigen einen Teil des britischen Kapitals, der ihnen Sonst zugeflossen sein würde, entzogen hat, so hat es viele fremde Kapitalien, welche niemals dahin geflossen wären, wenn man sie nicht aus dem Kolonialhandel verwiesen hätte, in sie hineingetrieben. In diesen anderen Handelszweigen hat das Monopol die Konkurrenz britischer Kapitalien vermindert und dadurch den britischen Profitsatz höher hinaufgetrieben als er sonst gewesen wäre. Dagegen hat es die Konkurrenz fremder Kapitalien vermehrt, und so den Satz des fremden Profits niedriger gestellt als er sonst gewesen sein würde. Auf die eine wie auf die andere Weise muß dies Großbritannien in allen jenen anderen Handelszweigen einen relativen Nachteil zugezogen haben.
Man wird vielleicht sagen: der Kolonialhandel sei für Großbritannien vorteilhafter als jeder andere, und das Monopol habe, indem es einen größeren Teil des britischen Kapitals in diesen Handel leitete, als von selbst dahin gegangen sein würde, diesem Kapital eine Beschäftigung verschafft, die für das Land vorteilhafter war als jede andere, die es hätte finden können.
Die vorteilhafteste Beschäftigung des Kapitals eines Landes ist die, welche die größte Menge produktiver Arbeit unterhält und das jährliche Erzeugnis des Bodens und der Arbeit des Landes am meisten vermehrt. Es ist aber im zweiten Buche gezeigt worden, daß die Menge produktiver Arbeit, welche ein auf den auswärtigen Konsumtionshandel verwendetes Kapital unterhalten kann, um so größer ist, je öfter dieses Kapital samt Zinsen wieder eingeht. Ein Kapital von tausend Pfund Sterling z. B. in einem auswärtigen Konsumtionshandel angelegt, wo es alle Jahre regelmäßig einmal wiedereingeht, kann in dem Lande, dem es gehört, fortwährend eine solche Menge produktiver Arbeit in Gang erhalten, als tausend Pfund jährlich unterhalten können. Wenn das Kapital zwei- oder dreimal im Jahre wiedereingeht, so kann es eine solche Menge produktiver Arbeit in Gang erhalten, als zwei- oder dreitausend Pfund unterhalten können. In dieser Hinsicht ist ein auswärtiger Konsumtionshandel, der mit einem benachbarten Lande getrieben wird, im allgemeinen vorteilhafter, als wenn er mit einem entfernten Lande getrieben wird, und aus demselben Grunde ist auch, wie gleichfalls im zweiten Buche gezeigt wurde, ein unmittelbarer auswärtiger Handel für den Bedarf im allgemeinen vorteilhafter als ein mittelbarer.
Nun hat aber das Monopol des Kolonialhandels, sofern es auf die Beschäftigung des großbritannischen Kapitals gewirkt hat, in allen Fällen einen Teil davon aus dem auswärtigen Handel für den Bedarf eines benachbarten Landes in einen Handel für den Bedarf eines entfernten, und in vielen Fällen aus einem unmittelbaren auswärtigen Handel für den Bedarf in einen mittelbaren gezogen.
Erstens: Das Monopol des Kolonialhandels hat in allen Fällen einen Teil des großbritannischen Kapitals aus einem auswärtigen Bedarfshandel, der mit einem benachbarten Lande getrieben wurde, in einen Bedarfshandel mit einem entfernteren Lande gezogen.
Es hat in allen Fällen einen Teil dieses Kapitals aus dem Handel mit Europa und mit den am mittelländischen Meere gelegenen Ländern in einen Handel mit den entfernteren Gebieten Amerikas und Westindiens gedrängt, von wo die Zahlungen nicht nur wegen der größeren Entfernung, sondern auch wegen der eigentümlichen Umstände dieser Länder notwendigerweise weniger oft eingehen. Neue Kolonien sind, wie schon bemerkt worden, immer kapitalarm. Ihr Kapital ist immer geringer, als sie es zur Kultur und Verbesserung ihrer Ländereien mit großem Vorteil und Profit gebrauchen könnten. Es zeigt sich daher bei ihnen fortwährend ein Begehr nach mehr Kapital als sie selbst besitzen, und sie suchen, um diesem Mangel abzuhelfen, von dem Mutterlande, soviel sie können, zu borgen, so daß sie bei ihm stets verschuldet sind. Die gewöhnlichste Art, wie die Kolonisten diese Schuld machen, ist nicht die, daß sie von den reichen Leuten des Mutterlandes auf Schuldverschreibungen borgen – wiewohl sie auch dies zuweilen tun –, sondern die, daß sie bei ihren Geschäftsfreunden, die ihnen europäische Waren liefern, so lange im Rückstände bleiben, als es diese Geschäftsfreunde nur immer erlauben wollen. Ihre jährlichen Zahlungen betragen oft nicht mehr als ein Drittel und manchmal noch weniger von dem, was sie schuldig sind. Folglich kommt das ganze Kapital, welches ihnen ihre Geschäftsfreunde vorschießen, selten früher als nach drei, manchmal aber erst nach vier oder fünf Jahren nach Großbritannien zurück. Nun kann aber ein britisches Kapital von tausend Pfund Sterling z. B., das in fünf Jahren nur einmal nach Großbritannien zurückkommt, auch nur ein Fünftel desjenigen britischen Gewerbfleißes in Gang erhalten, den es, wenn das ganze Kapital einmal im Jahre zurückkäme, unterhalten könnte, und es kann statt derjenigen Menge an Gewerbfleiß, die tausend Pfund Sterling in einem Jahre unterhalten könnte, nur soviel in Gang erhalten, als zweihundert Pfund Sterling im Jahre zu unterhalten vermögen. Der Pflanzer ersetzt zwar durch den hohen Preis, welchen er für die europäischen Waren zahlt, durch die Zinsen der auf lange Sicht ausgestellten und durch die Kommissionsgebühren für die Verlängerung der auf kurze Sicht ausgestellten Wechsel den Verlust, den sein Geschäftsfreund durch diesen Verzug erleidet, reichlich und vielleicht mehr als reichlich. Aber wenn er auch den Verlust seines Geschäftsfreundes ersetzt, so kann er doch den Verlust Großbritanniens nicht ersetzen. In einem Handel, bei dem die Zahlungen spät erfolgen, kann der Profit des Kaufmanns ebenso groß und noch größer sein als in einem solchen, wo sie öfter und früher eingehen: nichtsdestoweniger wird doch der Vorteil des Landes, worin er wohnt, die Menge der daselbst fortwährend unterhaltenen produktiven Arbeit, das jährliche Produkt der Arbeit und des Bodens, stets weit geringer sein. Daß aber die Zahlungen bei dem Handel mit Amerika, und noch mehr bei dem mit Westindien im allgemeinen nicht nur später eingehen, sondern auch unregelmäßiger und unsicherer sind als bei dem Handel mit einem europäischen und selbst mit den am mittelländischen Meere gelegenen Ländern: das wird, glaube ich, jeder, der in diesen verschiedenen Handelszweigen einige Erfahrungen hat, zugeben.
Zweitens: Das Monopol des Kolonialhandels hat in vielen Fällen einen Teil des großbritannischen Kapitals aus einem unmittelbaren auswärtigen Handel für den Bedarf in einen mittelbaren gedrängt.
Unter den aufgezählten Waren, die nach keinem anderen Markt, als dem britischen versendet werden dürfen, gibt es einige, deren Menge bei weitem den Bedarf Großbritanniens übersteigt, und von denen deshalb ein Teil nach anderen Ländern ausgeführt werden muß. Dies kann aber nicht anders geschehen, als indem ein Teil des großbritannischen Kapitals in einen mittelbaren auswärtigen Bedarfshandel gedrängt wird. Maryland und Virginien z. B. senden jährlich mehr als sechsundneunzigtausend Oxhoft Tabak nach Großbritannien, während sein Bedarf nicht mehr als vierzehntausend betragen soll. Mithin müssen mehr als zweiundachtzigtausend Oxhoft nach anderen Ländern, nach Frankreich, Holland und den Ländern an der Ostsee und am mittelländischen Meere wieder ausgeführt werden. Der Teil des großbritannischen Kapitals aber, der jene zweiundachtzigtausend Oxhoft nach Großbritannien bringt, sie von da nach diesen anderen Ländern ausführt, und dagegen von diesen anderen Ländern wieder Waren oder Geld zurückbringt, ist in einem mittelbaren auswärtigen Bedarfshandel beschäftigt und notwendigerweise in diese Beschäftigung gedrängt worden, damit jener große Überschuß abgesetzt werde. Wenn wir berechnen wollten, in wieviel Jahren das ganze Kapital nach Großbritannien zurückkommt, so müßten wir zu der Entfernung der amerikanischen Zahlungstermine noch die der Zahlungen aus jenen anderen Ländern hinzurechnen. Kommt bei dem unmittelbaren, auswärtigen Handel für den Bedarf, den wir mit Amerika treiben, das ganze Kapital oft erst nach drei oder vier Jahren zurück, so kann das ganze in diesen mittelbaren Handel gesteckte Kapital nicht wohl früher als nach vier oder fünf Jahren zurückkommen. Kann das eine nur ein Drittel oder ein Viertel des heimischen Gewerbfleißes, der mit einem einmal im Jahre zurückkehrenden Kapital unterhalten werden könnte, fortdauernd beschäftigen, so kann das andere nur ein Viertel oder ein Fünftel dieses Gewerbfleißes in Gang erhalten. In einigen Außenhäfen wird denjenigen auswärtigen Geschäftsfreunden, denen ihr Tabak überantwortet wird, gewöhnlich Kredit gegeben; in dem Hafen von London jedoch wird er gewöhnlich gegen bar Geld verkauft und die Regel heißt da: Zahlung bei der Wage. In dem Hafen von London verspäten sich also die letzten Zahlungen im ganzen mittelbaren Handel nur um soviel gegen die Zahlungen aus Amerika, als die Güter unverkauft in den Lagerhäusern bleiben, wo sie freilich auch manchmal lange genug liegen. Wären dagegen die Kolonien für den Verkauf ihres Tabaks nicht auf den großbritannischen Markt beschränkt worden, so würde wahrscheinlich nicht viel mehr davon zu uns gekommen sein, als wir zu unserem eigenen Bedarf benötigen. Die Güter, welche Großbritannien jetzt für seinen Bedarf mit dem großen Tabaksüberschusse, den es nach anderen Ländern ausführte, kauft, würde es dann wahrscheinlich mit dem unmittelbaren Erzeugnis seines eigenen Gewerbfleißes oder mit einem Teile seiner Manufakturwaren gekauft haben. Dieses Erzeugnis, die Manufakturwaren, würden, statt wie jetzt fast nur für einen einzigen Markt zugerichtet zu werden, wahrscheinlich einer großen Zahl von kleineren Märkten angepaßt worden sein. Anstatt eines großen, mittelbaren auswärtigen Bedarfshandels würde Großbritannien eine große Menge kleinen unmittelbaren auswärtigen Handels der nämlichen Art getrieben haben. Wegen der häufigeren Zahlung würde ein Teil, und vermutlich nur ein geringer – vielleicht nicht mehr als der dritte oder vierte Teil desjenigen Kapitals, womit gegenwärtig dieser große mittelbare Handel getrieben wird, hinreichend gewesen sein, alle jene kleinen direkten Handelszweige zu betreiben, er würde eine gleiche Menge britischen Gewerbfleißes fortwährend beschäftigt und das jährliche Erzeugnis des Bodens und der Arbeit Großbritanniens ebenso gefördert haben. Da dann alle Zwecke dieses Handels mit einem viel kleineren Kapital erreicht worden wären, so würde ein großes erspartes Kapital für andere Zwecke übrig geblieben sein: für eine Verbesserung der Ländereien, für Vermehrung der Manufakturen und für eine Erweiterung des großbritannischen Handels. Wenigstens hätte es mit den anderen britischen Kapitalien, die zu diesen Zwecken angewendet wurden, in Wettbewerb treten, den Profitsatz in allen vermindern und dadurch Großbritannien in allen ein noch größeres Übergewicht über andere Länder, als es gegenwärtig hat, verschaffen können.
Das Monopol des Kolonialhandels hat auch einen Teil des großbritannischen Kapitals ganz aus dem auswärtigen Bedarfshandel entfernt und in einen Zwischenhandel gedrängt, so daß er, statt den britischen Gewerbfleiß mehr oder weniger zu unterstützen, ganz und gar teils für den Gewerbfleiß der Kolonien und teils für den einiger anderen Länder verwendet wurde.
Die Güter z. B., welche mit dem großen Überschuß der zweiundachtzigtausend, alle Jahre wieder aus Großbritannien ausgeführten Oxhoft Tabak gekauft werden, dienen nicht alle dem Bedarf Großbritanniens. Ein Teil derselben – z. B. deutsche und holländische Leinwand – geht nach den Kolonien zu deren eigenem Bedarf. Nun wird aber der Teil des britischen Kapitals, welcher den Tabak kauft, mit dem nachher diese Leinwand gekauft wird, notwendigerweise dem britischen Gewerbfleiß entzogen und lediglich zur Unterstützung des Gewerbfleißes teils in den Kolonien und teils in den Ländern, die diesen Tabak mit den Erzeugnissen ihres eigenen Gewerbfleißes bezahlen, verwendet.
Das Monopol des Kolonialhandels scheint außerdem dadurch, daß es weit mehr von dem großbritannischen Kapital in jenen Handel hineingedrängt hat, als von selbst dahin gegangen sein würde, das natürliche Gleichgewicht, welches sich sonst unter den verschiedenen Zweigen des britischen Gewerbfleißes hergestellt haben würde, völlig gestört zu haben. Der britische Gewerbfleiß, der sich auf eine große Menge kleiner Märkte hätte einrichten sollen, ist nun vorzüglich auf einen einzigen großen Markt eingerichtet. Großbritanniens Handel, der in eine große Zahl kleiner Kanäle hätte laufen sollen, ist vorwiegend in einen einzigen großen Kanal geleitet worden. Dadurch ist das ganze System seines Gewerbfleißes und Handels unsicherer, der ganze Zustand des Staatskörpers ungesunder geworden, als es sonst der Fall gewesen wäre. In seinem jetzigen Zustande gleicht Großbritannien einem jener Kranken, bei dem einige organische Gefäße übermäßig angewachsen sind, und der um deswillen manchen gefährlichen Übeln unterworfen ist, die bei solchen Körpern, deren sämtliche Teile in einem richtigeren Verhältnisse zueinander stehen, nicht leicht vorkommen. Eine kleine Stockung in dem großen Blutgefäße, welches gewaltsam über sein natürliches Maß hinaus angeschwellt ist, und in welchem ein unnatürlicher Anteil von Gewerbfleiß und Handel des Landes zu zirkulieren gezwungen wird, muß dem ganzen Staatskörper die gefährlichsten Krankheiten zuziehen. Die Erwartung eines Bruches mit den Kolonien hat daher auch dem britischen Volke einen größeren Schrecken eingejagt als einst die spanische Armada oder eine französische Landung. Dieser Schrecken – begründet oder nicht – war es, der die Widerrufung der Stempelakte wenigstens unter den Kaufleuten zu einer populären Maßregel machte. In der gänzlichen Ausschließung von dem Kolonialmarkte, wenn sie auch nur wenige Jahre dauern sollte, glaubten unsere meisten Kaufleute eine völlige Stockung ihres Handels, unsere meisten Manufakturherren den gänzlichen Ruin ihres Geschäftes, und unsere meisten Arbeiter das Ende ihrer Beschäftigung vorauszusehen. Einem Bruche mit einem unserer Nachbarn auf dem Kontinent sieht man, obgleich auch er wahrscheinlich eine Stockung oder Unterbrechung in den Geschäften aller dieser Leute hervorbringen würde, dennoch ohne so allgemeine Aufregung entgegen. Das Blut, dessen Umlauf in einem der kleineren Gefäße gehemmt wird, ergießt sich leicht in ein größeres, ohne eine gefährliche Krankheit zu verursachen; stockt es aber in einem der größeren Gefäße, so sind Konvulsionen, Schlagflüsse oder der Tod die unmittelbare oder unvermeidliche Folge. Wenn auch nur eine jener übergroßen Manufakturen, die durch Prämien oder durch ein Monopol auf dem inländischen und dem Kolonialmarkte künstlich zu einer unnatürlichen Höhe hinaufgetrieben worden ist, die geringste Stockung oder Unterbrechung in ihrem Betriebe findet, so entsteht daraus oft ein Aufruhr und eine Unordnung, die in die Regierung Unruhe und selbst in die Beratungen der gesetzgebenden Körper Verlegenheit bringt. Wie groß würde also erst, dachte man, die Unordnung und Verwirrung sein, die aus einer plötzlichen und gänzlichen Stockung in dem Betriebe einer so bedeutenden Menge unserer hauptsächlichsten Manufakturen entstehen müßte.
Eine mäßige und stufenweise Milderung der Gesetze, die Großbritannien den ausschließlichen Handel mit den Kolonien zusichern, bis er großenteils frei geworden ist, scheint das einzige Mittel zu sein, Großbritannien für alle Zeit von jener Gefahr zu befreien, und es instand zu setzen oder sogar zu zwingen, daß es einen Teil seines Kapitals aus diesem übergroßen Betriebe herausziehe und ihn, wenn auch mit geringerem Profit, anderen Beschäftigungen zuwende. Es wäre das Mittel, einen Zweig seines Gewerbfleißes nach und nach zu vermindern, um alle übrigen nach und nach zu vermehren, und so alle diese verschiedenen Zweige allmählich auf das natürliche, gesunde und angemessene Verhältnis zurückzubringen, welches durch vollkommene Freiheit notwendigerweise hergestellt wird und durch sie allein erhalten werden kann. Den Kolonialhandel auf einmal allen Völkern zu öffnen, dürfte nicht bloß einen vorübergehenden Nachteil verursachen, sondern auch dem größten Teile derer, deren Gewerbefleiß oder Kapital gegenwärtig darin angelegt ist, einen großen bleibenden Verlust zuziehen. Schon allein die plötzliche Untätigkeit der Schiffe welche die Großbritanniens Konsumtion übersteigenden zweiundachtzigtausend Oxhoft Tabak einführen, würde man sehr empfindlich inne werden. Das sind die unglücklichen Wirkungen aller Maßregeln des Merkantilsystems! Sie bringen in dem Zustande des Staatskörpers nicht nur gefährliche Krankheiten hervor, sondern Krankheiten, die es oft schwer ist, zu heilen, ohne – wenigstens für eine Zeit lang – noch größere Krankheiten herbeizuziehen. Auf welche Weise nun der Kolonialhandel nach und nach geöffnet, welche Beschränkungen zuerst und welche zuletzt aufgehoben oder wie das natürliche System einer vollkommenen Freiheit und Gerechtigkeit nach und nach hergestellt werden müßte, müssen wir der Weisheit künftiger Staatsmänner und Gesetzgeber überlassen.
Fünferlei verschiedene unvorhergesehene und unerwartete Begebenheiten haben sich höchst glücklicherweise vereinigt, um Großbritannien die gänzliche, nun schon über ein Jahr (von dem 1. Dezember 1774 an) dauernde Ausschließung von einem höchst wichtigen Zweige des Kolonialhandels, nämlich von dem mit den zwölf vereinigten Provinzen Nordamerikas, nicht so empfindlich fühlen zu lassen, als es allgemein erwartet wurde. Erstens hatten diese Kolonien, indem sie sich zu dem Abkommen über die Nichteinfuhr vorbereiteten, Großbritannien von allen für ihren Markt bestimmten Waren völlig entblößt; zweitens hatte in diesem Jahre die außerordentliche Nachfrage der spanischen Flotte aus Deutschland und dem Norden viele Waren, insbesondere Leinwand, die mit den britischen Waren selbst auf dem britischen Markte in Konkurrenz zu kommen pflegten, ganz weggezogen; drittens hatte der Friede zwischen Rußland und der Türkei eine ungewöhnliche Nachfrage von seiten des türkischen Marktes veranlaßt, der während der Not des Landes und solange eine russische Flotte im Archipel kreuzte, nur sehr ärmlich versorgt worden war; viertens hatte die Nachfrage des europäischen Nordens nach britischen Manufakturwaren schon seit einiger Zeit von Jahr zu Jahr zugenommen; und fünftens endlich hatte die jüngste Teilung und Pazifikation Polens dadurch, daß sie den Markt dieses großen Landes öffnete, in diesem Jahre zu der wachsenden Nachfrage des Nordens noch eine ungewöhnliche Nachfrage aus Polen hinzugebracht. Alle diese Begebenheiten sind, die vierte ausgenommen, ihrer Natur nach vorübergehend und zufällig, und wenn die Ausschließung von einem so wichtigen Zweige des Kolonialhandels unglücklicherweise noch länger dauern sollte, so könnte wohl viel Not daraus entstehen. Da diese Not jedoch nach und nach eintreten wird, so wird man sie viel weniger stark fühlen, als wenn sie mit einem Male gekommen wäre, und mittlerweile werden Gewerbfleiß und Kapital des Landes neue Beschäftigung und neue Wege finden und werden die Not nicht allzu hoch steigen lassen.
Insofern also das Monopol des Kolonialhandels einen größeren Teil des großbritannischen Kapitals in diesen Handel hineingezogen hat als ihm ohnedies zugeflossen wäre, hat es ihn in allen Fällen aus einem auswärtigen Bedarfshandel mit einem benachbarten Lande in einen gleichen Handel mit einem entfernteren, in vielen Fällen aus einem unmittelbaren auswärtigen Bedarfshandel in einen mittelbaren, in einigen Fällen aber aus allem auswärtigen Bedarfshandel in einen Zwischenhandel gedrängt. Es hat ihn also in allen Fällen aus einer Richtung, in welcher er eine größere Menge produktiver Arbeit unterhalten hätte, in eine andere gebracht, in der er nur eine viel kleinere Menge davon unterhalten kann. Indem es ferner einen so großen Teil britischen Handels und Gewerbfleißes bloß für einen einzigen Markt einrichtete, machte es den ganzen Zustand dieses Handels und Gewerbfleißes abhängiger und unsicherer, als wenn die Erzeugnisse für vielerlei Märkte bestimmt gewesen wären.
Man muß zwischen den Wirkungen des Kolonialhandels und denen des Monopols dieses Handels einen genauen Unterschied machen. Die ersteren sind allezeit wohltätig, die letzteren allezeit schädlich. Die ersteren sind aber in dem Grade wohltätig, daß der Kolonialhandel, selbst wenn er einem Monopol unterworfen ist und trotz der schädlichen Wirkungen dieses Monopols doch im ganzen noch wohltätig, ja sogar außerordentlich wohltätig ist. Freilich würde er ohne das Monopol weit wohltätiger sein.
Die Wirkung des Kolonialhandels in seinem natürlichen und freien Zustande ist die, daß er für solche Erzeugnisse des britischen Gewerbfleißes, die den Begehr der näher gelegenen Märkte, der Märkte Europas und der Länder am mittelländischen Meere, übersteigen, einen zwar entfernten, aber großen Markt eröffnet. In seinem natürlichen und freien Zustande entzieht zwar der Kolonialhandel jenen Märkten keinen Teil der bislang dahin geschickten Erzeugnisse, ermuntert aber Großbritannien, den Überschuß beständig zu vermehren, indem er ihm beständig neue einzutauschende Äquivalente darbietet. In seinem natürlichen und freien Zustande hat der Kolonialhandel die Tendenz, die Menge produktiver Arbeit in Großbritannien zu vermehren, ohne gleichwohl die Richtung, welche diese dort vorher hatte, irgendwie zu verändern. Im natürlichen und freien Zustande des Kolonialhandels würde die Konkurrenz aller übrigen Völker verhindern, daß der Profitsatz auf dem neuen Markte oder in dem neuen Gewerbe den gewöhnlichen Satz übersteige. Der neue Markt schafft, wenn man so sagen darf, ohne dem alten etwas zu entziehen, ein neues Erzeugnis für seine eigene Versorgung, und dieses neue Erzeugnis bildet ein neues Kapital zum Betriebe des neuen Gewerbes, das gleichfalls keinem alten Gewerbe etwas entzieht.
Wenn dagegen das Monopol des Kolonialhandels die Konkurrenz anderer Völker ausschließt und dadurch den Profitsatz auf dem neuen Markte und in dem neuen Gewerbe in die Höhe treibt, so entzieht es dem alten Markte Erzeugnisse und dem alten Gewerbe Kapitalien. Es ist der anerkannte Zweck des Monopols, uns einen größeren Anteil an dem Kolonialhandel zu verschaffen, als wir sonst haben würden. Wenn unser Anteil an diesem Handel mit dem Monopol nicht größer wäre als ohne, so wäre kein Grund vorhanden gewesen, ein Monopol zu errichten. Was aber in einen Handelszweig, bei welchem die Zahlungen langsamer und später eingehen, als bei den meisten übrigen, einen größeren Teil vom Kapital eines Landes hindrängt, als sich von selbst diesem Zweige zugewendet haben würde: das muß notwendig die ganze Menge der im Lande jährlich unterhaltenen produktiven Arbeit, das ganze jährliche Erzeugnis des Bodens und der Arbeit dieses Landes geringer machen, als es sonst wäre. Es verringert das Einkommen der Einwohner dieses Landes gegenüber seinem naturgemäßen Stande und vermindert dadurch ihre Fähigkeit, Vermögen anzuhäufen. Es verhindert nicht nur überhaupt ihr Kapital, eine so große Menge produktiver Arbeit zu unterhalten, als es sonst wohl unterhalten konnte, sondern es hindert es auch, so schnell zu wachsen, als es sonst wohl wachsen würde und folglich, eine noch größere Menge produktiver Arbeit zu unterhalten.
Die natürlichen guten Wirkungen des Kolonialhandels überwiegen jedoch in Großbritannien die schlimmen Folgen des Monopols so sehr, daß dieser Handel auch so, wie er jetzt betrieben wird, mit Monopol und allem anderen, nicht nur überhaupt vorteilhaft, sondern sehr vorteilhaft ist. Der neue Markt und das neue Gewerbe, die durch den Kolonialhandel eröffnet werden, sind weit umfangreicher, als der Teil des alten Marktes und des alten Gewerbes, der durch das Monopol verloren gegangen ist. Das neue Erzeugnis und neue Kapital, das sozusagen durch den Kolonialhandel geschaffen wurde, unterhält in Großbritannien eine größere Menge produktiver Arbeit, als durch die Vertreibung des Kapitals aus anderen Handelszweigen, bei deren es schneller wieder einging, außer Beschäftigung gekommen sein kann. Wenn jedoch der Kolonialhandel selbst so, wie er gegenwärtig betrieben wird, für Großbritannien vorteilhaft ist, so ist er es nicht durch das Monopol, sondern trotz des Monopols.
Nicht sowohl für die Rohprodukte, als für die Manufakturartikel Europas eröffnet der Kolonialhandel einen neuen Markt. Der Ackerbau ist das eigentliche Geschäft aller neuen Kolonien ein Geschäft, welches wegen der Wohlfeilheit des Bodens vorteilhafter ist als jedes andere. Sie haben daher an Rohprodukten des Bodens Überfluß und können gewöhnlich, statt sie aus anderen Ländern einzuführen, einen großen Überschuß davon ausführen. In neuen Kolonien entzieht entweder der Ackerbau allen anderen Gewerben die Arbeiter oder er hält sie davon ab, sich mit einem anderen Gewerbe abzugeben. Es bleiben wenig Hände für die notwendigen, und gar keine für die Luxus-Gewerbe übrig. Man ist dort der Ansicht, daß die Manufakturwaren beider Art aus anderen Ländern wohlfeiler bezogen werden als man sie selbst machen kann. Besonders dadurch, daß er die europäischen Manufakturen befördert, befördert der Kolonialhandel mittelbar auch den europäischen Landbau. Die europäischen Manufakturen, denen dieser Handel Beschäftigung gibt, bilden für die Landesprodukte einen Markt, und so wird der vorteilhafteste aller Märkte, der heimische Markt für Getreide, Vieh, Brot und Fleisch durch den Handel nach Amerika ansehnlich erweitert.
Daß aber das Monopol des Handels mit volkreichen und blühenden Kolonien nicht für sich allein hinreichend sei, Manufakturen in einem Lande hervorzubringen oder auch nur zu unterhalten, das beweist hinreichend das Beispiel Spaniens und Portugals. Spanien und Portugal waren Manufakturländer, ehe sie nennenswerte Kolonien hatten. Seitdem sie aber die reichsten und fruchtbarsten Kolonien der Welt besitzen, sind sie es nicht mehr.
In Spanien und Portugal haben die schlimmen Wirkungen des Monopols, durch noch andere Ursachen verstärkt, die natürlichen guten Wirkungen des Kolonialhandels vielleicht fast überwogen. Die anderen Ursachen scheinen folgende zu sein: andere Monopole verschiedener Art, Herabsetzung des Wertes von Gold und Silber unter den Wert, den diese in den meisten anderen Ländern haben, Ausschließung von fremden Märkten durch ungeeignete Ausfuhr, Abgaben und Beengung des inländischen Marktes durch noch ungeeignetere Abgaben beim Verkehr aus einem Landesteil in den anderen, vor allem aber jene unregelmäßige und parteiische Rechtspflege, die oft den reichen und mächtigen Schuldner vor der Verfolgung durch seinen geschädigten Gläubiger in Schutz nimmt und den gewerbtätigen Teil der Nation abschreckt, Waren für den Gebrauch dieser hochmütigen großen Herren zu verfertigen, denen sie den Verkauf auf Kredit nicht abschlagen dürfen und bei denen sie doch der Bezahlung nicht sicher sind.
In England haben jedoch umgekehrt die natürlichen guten Wirkungen des Kolonialhandels, von noch anderen Ursachen unterstützt, die schlechten Wirkungen des Monopols großenteils besiegt. Diese Ursachen scheinen zu sein: die allgemeine Handelsfreiheit, die ungeachtet gewisser Einschränkungen wenigstens eben so groß, wo nicht größer ist als in irgendeinem anderen Lande; zollfreie Ausfuhr fast aller Erzeugnisse des heimischen Gewerbfleißes nach beinahe allen fremden Ländern; was vielleicht aber noch wichtiger ist, die unbeschränkte Freiheit des Verkehrs aus einem Landesteile in den anderen, ohne irgend einer Staatsbehörde Rechenschaft geben zu müssen oder irgendeiner Anfrage und Durchsuchung unterworfen zu sein; vor allem aber jene gleiche und unparteiische Rechtspflege, welche die Rechte des geringsten britischen Untertans so schützt, daß sie der Vornehmste achten muß, jedem die Früchte seines Fleißes sichert, und dadurch jeder Art von Gewerbfleiß die größte und wirksamste Aufmunterung zuteil werden läßt.
Wenn aber die Manufakturen Großbritanniens durch den Kolonialhandel Fortschritte gemacht haben, wie es sicher der Fall ist, so haben sie diese nicht infolge des Monopols dieses Handels, sondern trotz des Monopols gemacht. Das Monopol hatte nicht die Wirkung, die Menge eines Teils der britischen Manufakturwaren zu vermehren, sondern die, die Menge und Gestalt eines Teiles von ihnen zu verändern und ihn einem Markte anzupassen, von welchem die Zahlungen langsam und spät eingehen, statt daß er sonst für einen Markt angepaßt worden wäre, von welchem die Zahlungen häufiger und in kürzeren Terminen einliefen. Seine Wirkung war also die, daß es einen Teil des großbritannischen Kapitals einem Geschäfte entzog, in welchem es eine größere Menge von Manufakturindustrie unterhalten haben würde, um es einem anderen zuzuwenden, in welchem es viel weniger Manufakturindustrie unterhält, und daß es auf diese Weise die ganze Menge der in Großbritannien unterhaltenen Manufakturindustrie verminderte, statt sie zu vermehren.
Das Monopol des Kolonialhandels schwächt daher gleich allen anderen kleinlichen und neidischen Mitteln des Merkantilsystems den Gewerbfleiß aller übrigen Länder, besonders aber den der Kolonien, ohne den Gewerbfleiß desjenigen Landes, zu dessen Gunsten es errichtet worden, im geringsten zu vermehren, ja indem es ihn geradezu vermindert.
Das Monopol hindert das Kapital dieses Landes, so groß es auch zu irgendeiner Zeit sein mag, so viel produktive Arbeit zu unterhalten, als es ohne dasselbe unterhalten würde und den gewerbtätigen Einwohnern so viel Einkommen zu verschaffen, als sie ohne dasselbe haben würden. Da aber ein Kapital bloß durch Ersparnisse vom Einkommen wachsen kann, so verhindert das Monopol, indem es das Einkommen nicht so groß werden läßt, als es ohne dasselbe geworden wäre, notwendig auch das Kapital, ebenso schnell anzuwachsen, als es sonst wohl angewachsen wäre, und folglich eine noch größere Menge produktiver Arbeit zu unterhalten und den gewerbtätigen Einwohnern des Landes ein noch größeres Einkommen zu verschaffen. Eine der großen Hauptquellen des Einkommens, der Arbeitslohn, wird also notwendig immer durch das Monopol minder ergiebig gemacht, als sie ohne dasselbe sein würde.
Indem das Monopol den Satz des kaufmännischen Profits erhöht, entmutigt es von der Kultur des Landes. Der Profit der Landeskultur hängt von dem Unterschiede zwischen dem gegenwärtigen Erträgnis des Landes und dem ab, zu dessen Hervorbringung man es durch Anwendung eines gewissen Kapitals bringen kann. Wenn dieser Unterschied einen größeren Profit bietet, als aus einem gleichen in ein kaufmännisches Geschäft gesteckten Kapital gezogen werden kann, so entzieht der Landbau den kaufmännischen Geschäften Kapitalien. Wenn jener Profit geringer ist, so entziehen die kaufmännischen Geschäfte dem Landbau Kapitalien. Was also den kaufmännischen Profitsatz erhöht, das verringert die Überlegenheit oder vermehrt die Unterlegenheit des Landbauprofits und hindert in dem einen Falle die Kapitalien auf den Landbau überzugehen, wie es sie in dem anderen aus demselben herauszieht. Durch diese Entmutigung des Landbaues hält aber das Monopol notwendig das natürliche Wachstum einer anderen Hauptquelle des Einkommens, der Bodenrente nämlich, auf. Und indem es nun auch den Profitsatz erhöht, hält es notwendigerweise den üblichen Zinsfuß höher, als er sonst sein würde. Nun fällt aber der Preis der Ländereien, – die Anzahl von Jahresrenten, welche für sie bezahlt wird – im Verhältnis zu der Rente, die sie liefern notwendigerweise, sowie der Zinsfuß steigt, und steigt, sowie der Zinsfuß fällt. Das Monopol schadet also den Interessen des Grundherrn auf eine doppelte Weise: erstens, indem es die natürliche Zunahme seiner Rente aufhält, und zweitens, indem es den Preis vermindert, den er für sein Land nach Verhältnis der Rente, die es abwirft, bekommen könnte.
Das Monopol erhöht zwar den Satz des kaufmännischen Profits und vermehrt dadurch den Verdienst unserer Kaufleute um etwas. Da es aber die natürliche Zunahme des Kapitals verhindert, so hat es auch die Neigung, die Gesamtsumme des Einkommens, das die Landesbewohner aus den Kapitalprofiten ziehen, eher zu vermindern als zu vermehren: denn ein kleiner Profit von einem großen Kapitale gibt gewöhnlich ein größeres Einkommen, als ein großer Profit von einem kleinen. Das Monopol erhöht den Profitsatz, aber es verhindert, daß die Summe der Profite so hoch steigt, als sie ohne es steigen würde.
Alle ursprünglichen Quellen des Einkommens, die Arbeitslöhne, die Grundrente und die Kapitalprofite werden durch das Monopol viel weniger ergiebig als sie ohne es wären. Um das kleine Interesse einer kleinen Gruppe von Menschen in einem Lande zu befördern, wird durch das Monopol das Interesse aller übrigen Gruppen in diesem Lande und aller Menschen in allen übrigen Ländern aufgeopfert.
Nur durch Erhöhung des gewöhnlichen Profitsatzes hat das Monopol irgendeiner einzelnen Gruppe von Leuten Vorteil gebracht und bringen können. Allein außer allen schlimmen Wirkungen, die, wie eben erwähnt, ein hoher Profitsatz im allgemeinen für ein Land notwendig haben muß, ist noch eine, die vielleicht weit schlimmer ist als alle anderen zusammen, die jedoch der Erfahrung gemäß unzertrennlich damit verbunden ist. Der hohe Profitsatz scheint nämlich überall jene Sparsamkeit zu zerstören, die unter anderen Umständen dem Charakter des Kaufmanns natürlich ist. Wenn die Profite hoch sind, so scheint diese Tugend der Besonnenheit überflüssig, und verschwenderischer Luxus dem Überfluß seiner Lage angemessener zu sein. Nun sind aber die Inhaber großer Handelskapitalien notwendigerweise die Leiter und Führer des ganzen Gewerbfleißes eines jeden Volkes, und ihr Beispiel hat auf die Sitten seiner ganzen gewerbtätigen Bevölkerung größeren Einfluß als das Beispiel jeder anderen Gruppe von Leuten. Ist der Arbeitgeber fleißig und sparsam, so ist es höchstwahrscheinlich der Arbeiter auch; ist aber der Meister ausschweifend und unordentlich, so wird auch der Geselle, der seine Arbeit nach dem vom Meister vorgezeichneten Muster verfertigt, sein Leben nach dem Beispiele, das dieser ihm gibt, bilden. Demnach wird das Aufhäufen in den Händen aller derer, die von Natur am meisten zum Anhäufen geneigt sind, verhindert, und die Fonds, welche zum Unterhalt von produktiver Arbeit bestimmt sind, erhalten keinen Zuwachs aus dem Einkommen derer, die sie eigentlich am meisten vermehren sollten. Das Landeskapital schwindet allmählich, statt daß es zunehmen sollte, zusammen, und die im Lande unterhaltene Menge produktiver Arbeit wird mit jedem Tage weniger. Haben die ungeheueren Profite der Kaufleute in Cadiz und Lissabon das Kapital Spaniens und Portugals vermehrt? Haben sie die Armut dieser beiden Bettlerländer erleichtert, haben sie ihrem Gewerbfleiß aufgeholfen? Der Aufwand der Kaufleute in diesen beiden Handelsstädten hat eine solche Höhe erreicht, daß jene ungeheueren Profite, weit entfernt davon, das allgemeine Kapital des Landes zu vermehren, kaum hinreichend gewesen zu sein scheinen, diejenigen Kapitalien, von denen der Aufwand bestritten wurde, zu erhalten. Auswärtige Kapitalien drängen sich, wenn ich so sagen darf, mit jedem Tage mehr und mehr in den Handel von Cadiz und Lissabon ein. Diese fremden Kapitalien aus einem Handel zu vertreiben, für welchen die ihrigen mit jedem Tage unzureichender werden, ziehen die Spanier und Portugiesen die einschneidenden Bande ihres unsinnigen Monopols immer straffer an. Man vergleiche die Sitten der Kaufleute in Cadiz und Lissabon mit denen in Amsterdam und man wird finden, wie verschieden der Einfluß hoher und niedriger Profite auf das Betragen und den Charakter der Kaufleute ist. Die Londoner Kaufleute sind zwar noch nicht so prachtliebende große Herren geworden wie die von Cadiz und Lissabon; aber sie sind auch im allgemeinen keine so fleißigen und sparsamen Bürger wie die Amsterdamer. Dennoch sollen viele von ihnen bei weitem reicher sein als die meisten der ersteren und nicht ganz so reich als viele der letzteren. Es ist aber auch der Profitsatz bei ihnen gewöhnlich viel niedriger als bei den ersteren, und viel höher als bei den letzteren. Wie gewonnen, so zerronnen, sagt das Sprichwort, und die gewöhnliche Höhe des Aufwandes scheint sich überall nicht sowohl nach der wirklichen Befähigung zum Geldvertun, als nach der eingebildeten Leichtigkeit, Geld zum Vertun zu gewinnen, zu richten.
So ist also der einzige Vorteil, den das Monopol einer einzigen Gruppe von Menschen verschafft, auf mancherlei Weise für das allgemeine Interesse des Landes schädlich.
Ein großes Reich bloß zu dem Zwecke stiften zu wollen, um sich ein Volk von Kunden heranzuziehen, scheint auf den ersten Anblick ein Vorhaben zu sein, das sich nur für eine Nation von Krämern eignet. Es ist aber ganz und gar nicht ein für eine Krämernation geeignetes Vorhaben, wohl aber durchaus für eine Nation, deren Regierung von Krämern beeinflußt wird. Solche Staatmänner, und solche Staatsmänner allein, sind imstande, sich einen Vorteil davon zu versprechen, wenn sie Blut und Schätze ihrer Mitbürger verschwenden, um ein solches Reich zu gründen und zu behaupten. Man sage zu einem Krämer: Kaufe mir ein gutes Landgut und ich werde stets meine Kleider in deinem Laden kaufen, wenn ich sie auch etwas teurer bezahlen müßte, als ich sie in anderen Läden bekommen kann; – und man wird ihn nicht sehr willig finden, auf diesen Vorschlag einzugehen. Wenn dir aber eine andere Person ein solches Landgut kaufte, so würde der Krämer deinem Wohltäter sehr verbunden sein, wenn dieser dich verpflichtete, alle deine Kleider in seinem Laden zu kaufen. England kaufte für einige seiner Untertanen, die sich zuhause nicht wohl fühlten, ein großes Landgut in einem fernen Lande. Der Preis war freilich sehr gering und betrug, statt der dreißigfachen Jahresrente, des gewöhnlichen Preises für Land in unserer Zeit, wenig mehr als die Kosten der Ausrüstung verschiedener Schiffe, die die erste Entdeckung machten, die Küste untersuchten und vom Lande in ihrer Einbildung Besitz nahmen. Das Land war gut und von großem Umfange, und da die Bebauer eine Menge vortrefflichen Bodens zu bearbeiten fanden und eine Zeitlang ihre Produkte verkaufen durften, wohin sie wollten, so wurde aus ihnen im Laufe von wenig mehr als dreißig oder vierzig Jahren (von 1620 bis 1660) ein so zahlreiches und blühendes Volk, daß die Krämer und übrigen Handelsleute Englands begierig wurden, sich des Monopols für diese Kunden zu versichern. Ohne daher auch nur vorzugeben, daß sie entweder zu dem ursprünglichen Ankaufsgelde oder zu den späteren Kulturkosten einen Beitrag gezahlt hätten, kamen sie beim Parlamente darum ein, daß die Bebauer Amerikas in Zukunft auf ihren Laden beschränkt würden, so daß sie erstens alle europäischen Güter, die sie brauchten, von ihnen kaufen, und zweitens alle diejenigen ihrer eigenen Produkte, die die englischen Handelsleute zu kaufen für gut fänden (denn sie fanden es nicht für gut, alles zu kaufen), an sie verkaufen müßten. Ein Teil der Produkte hätte, wenn sie nach England gebracht worden wären, manchem englischen Gewerbszweige Eintrag tun können. Daher überließen sie es den Kolonisten gerne, diese Produkte zu verkaufen, wo sie konnten, je entfernter, desto besser, und schlugen deshalb vor, daß ihr Markt auf die Länder südlich vom Cap Finisterre beschränkt werden möchte. Eine Klausel in der berühmten Schiffahrtsakte machte diesen wahrhaft krämerhaften Vorschlag zu einem Gesetze.
Die Behauptung dieses Monopols ist bisher der hauptsächlichste, oder vielleicht richtiger gesprochen, der einzige Endzweck der Herrschaft gewesen, die sich Großbritannien über seine Kolonien anmaßt. Man glaubt, in dem ausschließlichen Handel bestehe der große Nutzen von Provinzen, die zur Unterhaltung der Zivilregierung und zur Verteidigung des Mutterlandes niemals weder einen Beitrag noch eine Kriegsmacht beigesteuert haben. Das Monopol ist das Hauptzeichen ihrer Abhängigkeit und es ist die einzige Frucht, die man bisher von dieser Kolonie geerntet hat. Aller Aufwand, den Großbritannien bisher zur Behauptung dieser Abhängigkeit gemacht hat, ist in Wirklichkeit zur Unterstützung des Monopols gemacht worden. Der Aufwand für die Kolonien bestand in gewöhnlichen Friedenszeiten vor dem Anfange der gegenwärtigen Unruhen in dem Solde von zwanzig Infanterieregimentern, in der Unterhaltung der Artillerie, der Magazine und außerordentlichen Vorräte, womit sie versehen werden mußten, und in den Kosten einer sehr ansehnlichen Seemacht, die fortwährend die Schmugglerschiffe von den unermeßlichen Küsten Nordamerikas und unseren westindischen Inseln abzuhalten hatte. Dieser ganze Aufwand in Friedenszeiten war dem Einkommen Großbritanniens aufgebürdet und war dennoch das geringste von dem, was die Herrschaft über die Kolonien dem Mutterlande gekostet hat. Wollte man den ganzen Betrag wissen, so müßte man zu diesen jährlichen Kosten in Friedenszeiten noch die Zinsen von den Summen hinzurechnen, welche Großbritannien, weil es einmal die Kolonien als seiner Herrschaft unterworfene Provinzen ansah, bei verschiedenen Gelegenheiten zu ihrer Verteidigung ausgegeben hat. Man müßte insbesondere die gesamten Kosten des letzten, und einen großen Teil der Kosten des vorletzten Krieges hinzurechnen. Der letzte Krieg war durchaus ein Kolonialstreit, und seine ganzen Kosten, in welchem Teile der Welt sie auch gemacht wurden, ob in Deutschland oder in Ostindien, wären mit Recht auf Rechnung der Kolonien zu setzen. Er belief sich auf mehr als neunzig Millionen Pfund Sterling, mit Einschluß nicht nur der neuen Schuld, sondern auch der Erhöhung der Landsteuer um zwei Schilling auf das Pfund Sterling, und der jedes Jahr von dem Tilgungsfonds erborgten Summen. Der spanische Krieg, der 1739 begann, war hauptsächlich Kolonialstreit. Sein Hauptzweck war, das Durchsuchen der Kolonialschiffe, die einen Schmuggelhandel nach dem spanischen Festlande trieben, zu verhindern. Dieser ganze Aufwand bildet in der Tat eine Prämie, die zur Behauptung eines Monopols gegeben worden ist. Der angebliche Zweck war Ermunterung der Manufakturen und Vergrößerung des Handels von Großbritannien; die wirkliche Folge aber war, den kaufmännischen Profitsatz zu erhöhen und unsere Kaufleute zu befähigen, in einen Handelszweig, bei welchem die Zahlungen langsamer und später als bei den meisten übrigen eingehen, ein größeres Kapital zu stecken, als sie sonst getan haben würden. Hätte eine derartige Prämie diese beiden Folgen abwenden können, so wäre es vielleicht sehr gut gewesen, eine Prämie zu geben.
Bei der gegenwärtigen Verwaltungsart hat daher Großbritannien von der angemaßten Herrschaft über seine Kolonien nur Schaden.
Vorschlagen, daß Großbritannien alle Herrschaft über seine Kolonien freiwillig aufgeben und es ihnen überlassen solle, sich ihre Obrigkeiten selbst zu wählen, sich selbst Gesetze zu geben und nach ihrem eigenen Gutbefinden Krieg und Frieden zu schließen, hieße eine Maßregel vorschlagen, die noch keine Nation in der Welt angenommen hat oder jemals annehmen wird. Noch nie gab eine Nation freiwillig die Herrschaft über eine Provinz auf, so beschwerlich es auch sein möchte, sie zu regieren, und so gering auch das Einkommen war, welches sie im Verhältnis zu den Ausgaben, die sie verursachte, lieferte. Solche Opfer sind, wenngleich sie oft dem Interesse der Nation entsprechen mögen, doch allezeit für ihren Stolz kränkend und, was vielleicht noch wichtiger ist, immer dem Privatinteresse ihres regierenden Teils entgegen, weil dieser dadurch der Macht, eine Anzahl angesehener und einträglicher Ämter zu vergeben, und vieler Gelegenheiten, Reichtum und Ehre zu erwerben, beraubt wird, – Vorteile, welche der Besitz der unruhigsten und für die große Menge des Volkes uneinträglichsten Provinz fast immer gewährt. Es könnte daher kaum der abenteuerlichste Enthusiast eine solche Maßregel vorschlagen und ernstlich hoffen, daß sie angenommen werden würde. Ginge man aber darauf ein, so würde Großbritannien nicht nur sogleich von dem ganzen jährlichen Aufwande, den die Kolonien in Friedenszeiten verursachen, frei, sondern es könnte auch mit ihnen einen Handelsvertrag schließen, der ihm sicher einen ganz freien Handel verschaffte, vorteilhafter als das Monopol, das es jetzt genießt, für die große Menge des Volkes, wenngleich weniger für die Kaufleute. Indem beide so als gute Freunde schieden, würde die natürliche Liebe der Kolonien zu dem Mutterlande, die durch unsere neulichen Zwistigkeiten beinahe erloschen ist, schnell wieder aufleben. Sie würde sie geneigt machen, nicht nur den Handelsvertrag, den sie bei der Trennung von uns schlössen, Jahrhunderte lang in Ehren zu halten, sondern auch sowohl im Kriege als im Handel auf unserer Seite zu stehen und aus unruhigen, aufrührerischen Untertanen unsere treuesten, anhänglichsten und edelmütigsten Bundesgenossen zu werden; und so könnte dieselbe Art elterlicher Liebe einerseits und kindlicher Ehrerbietung andererseits zwischen Großbritannien und seinen Kolonien aufleben, die einst zwischen den altgriechischen Kolonien und dem Mutterlande, von dem sie ausgegangen waren, bestand.
Um eine Provinz für das Reich, zu dem sie gehört, nutzbringend zu machen, muß sie in Friedenszeiten an den Staat einen Beitrag leisten, der nicht nur zur Bestreitung des ganzen Aufwands im Frieden, sondern auch eines Anteils zur Unterhaltung der allgemeinen Reichsregierung hinreicht. Jede Provinz vermehrt notwendig mehr oder weniger die Kosten dieser allgemeinen Regierung. Wenn daher eine einzelne Provinz nicht ihren Beitrag zur Bestreitung dieser Kosten liefert, so muß auf einen anderen Teil des Landes eine unbillige Last fallen. Aber es muß auch der außerordentliche Beitrag, den jede Provinz dem Staate in Kriegszeiten liefert, im selben Verhältnis zu dem Beitrage des ganzen Reiches stehen wie der ordentliche Beitrag in Friedenszeiten. Daß weder die ordentlichen noch die außerordentlichen Einkünfte, welche Großbritannien aus seinen Kolonien zieht, dieses Verhältnis zu dem gesamten Einkommen des britischen Reiches haben, wird man gewiß einräumen. Man hat zwar angenommen, daß das Monopol, indem es das Privateinkommen der Briten vermehre und sie dadurch instandsetze, höhere Abgaben zu zahlen, den Ausfall in den Staatseinkünften seitens der Kolonien wettmache. Allein ich habe mich bemüht, zu zeigen, daß das Monopol, eine so drückende Auflage es auch für die Kolonien sein und so sehr es auch das Einkommen einer besonderen Gruppe von Leuten in Großbritannien vermehren mag, doch das Einkommen der großen Menge des Volkes nicht vermehrt, sondern vermindert und folglich auch die Fähigkeit der großen Menge des Volkes, Abgaben zu zahlen, nicht vermehrt, sondern vermindert. Zudem bilden die Leute, deren Einkommen das Monopol vermehrt, eine besondere Gruppe, die unverhältnismäßig höher als andere Gruppen zu besteuern auch nur zu versuchen, rein unmöglich und äußerst unpolitisch sein würde, wie ich in dem folgenden Buche zeigen will. Es kann also von dieser besonderen Gruppe kein besonderes Einkommen bezogen werden.
Die Kolonien können entweder von ihren eigenen Versammlungen oder vom britischen Parlamente besteuert werden.
Daß die Kolonialversammlungen sich jemals dahin bringen ließen, von ihren Konstituenten so hohe Abgaben zu erheben, daß damit nicht nur jederzeit ihre eigenen bürgerlichen und militärischen Einrichtungen erhalten, sondern auch ein angemessener Teil zu den Kosten der allgemeinen Regierung des britischen Reichs beigetragen werden könnte, scheint recht unwahrscheinlich. Hat es doch lange gedauert, ehe selbst das englische Parlament, welches doch unmittelbar unter den Augen des Landesherrn zusammenkommt, dahingebracht oder so freigebig gemacht werden konnte, daß es für die bürgerlichen und militärischen Einrichtungen auch nur seines eigenen Landes das Nötige bewilligte. Nur dadurch, daß man unter einzelne Mitglieder des Parlaments einen großen Teil der Staatsämter austeilte, oder ihnen die Besetzung dieser Staatsämter überließ die zu diesen bürgerlichen und militärischen Einrichtungen gehören, gelang es, auch das englische Parlament zu solcher Nachgiebigkeit zu bringen. Aber die weite Entfernung der Kolonialversammlungen von dem unmittelbaren Einflusse des Landesherrn, ihre Anzahl, ihre zerstreute Lage und ihre verschiedenen Verfassungen würden es sehr schwer machen, sie auf dieselbe Weise zu leiten, selbst wenn der Landesherr die Mittel dazu hätte. Aber diese Mittel fehlen ihm. Es wäre schlechterdings unmöglich, unter alle einflußreiche Mitglieder aller Kolonialversammlungen so viele von der allgemeinen Regierung des britischen Reiches abhängige Staatsämter oder deren Besetzung zu verteilen, daß diese Mitglieder geneigt würden, ihre Popularität im Lande aufzugeben und ihre Konstituenten um der allgemeine Regierung willen zu besteuern, die diese Einkünfte doch meist unter Leute verteilen würde, welche jenen fremd wären. Übrigens scheinen die unvermeidliche Unkenntnis der Regierung, in der sie sich in betreff der Wichtigkeit dieser oder jener Mitglieder der verschiedenen Versammlungen befindet, die Zurücksetzungen, die daraus oft entstehen müßten, und die Mißgriffe, die man bei dem Versuche, die Versammlungen auf solche Weise zu leiten, machen würde, ein solches Regierungsverfahren für die Kolonien ganz unausführbar zu machen.
Ferner kann den Kolonialversammlungen nicht wohl ein richtiges Urteil darüber zugetraut werden, was zur Verteidigung und Unterstützung des ganzen Reiches nötig ist. Sie sind nicht mit der Sorge für diese Verteidigung und Unterstützung betraut. Es ist nicht ihr Amt, und sie haben auch keine rechten Mittel in Händen, darüber die nötigen Nachrichten einzuziehen. Die Versammlung einer Provinz mag, wie eine Kirchspielversammlung, zwar sehr gut über die Angelegenheiten ihres Bezirkes urteilen aber sie kann kein Mittel haben, sich über die Angelegenheiten des ganzen Reiches ein richtiges Urteil zu bilden. Sie kann nicht einmal richtig beurteilen, in welchem Verhältnis ihre Provinz zu dem ganzen Reiche steht, oder welchen Grad von Reichtum und Wichtigkeit sie in Vergleich mit den übrigen Provinzen hat: denn diese übrigen Provinzen stehen nicht unter der Aufsicht und Überwachung einer einzelnen Provinzialversammlung. Was zur Verteidigung und Unterstützung des ganzen Reiches nötig ist, und in welchem Verhältnis jeder seinen Teil dazu beitragen muß, das kann nur diejenige Versammlung beurteilen, die die Angelegenheiten des ganzen Reiches beaufsichtigt und überwacht.
Man hat daher in Vorschlag gebracht, die Kolonien durch Requisition zu besteuern, indem nämlich das Parlament von Großbritannien die Summe bestimmt, welche jede Kolonie zu zahlen hat, die Provinzialversammlung aber diese Summe in der Art verteilt und erhebt, wie sie es in den Umständen der Provinz für angemessen erachtet. Was dann das ganze Reich beträfe, das würde von derjenigen Versammlung bestimmt, welche die Geschäfte des ganzen Reiches übersieht und überwacht; die besonderen Angelegenheiten jeder Kolonie aber würden von ihrer eigenen Versammlung geregelt. Wenn die Kolonien auch in diesem Falle keine Repräsentanten im britischen Parlamente hätten, so spricht doch, wenn man aus der Erfahrung einen Schluß ziehen darf, die Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Parlament keine unbillige Requisition machen würde. Das englische Parlament hat bei keiner Gelegenheit die geringste Neigung gezeigt, diejenigen Teile des Reiches, die im Parlamente nicht vertreten sind, übermäßig zu belasten. Die Inseln Guernsey und Jersey sind ganz außerstand, sich der Macht des Parlaments zu widersetzen und werden doch leichter besteuert als irgendein anderer Teil von Großbritannien. Indem das Parlament sein wohl oder schlecht gegründetes Recht, die Kolonien zu besteuern, ausübte, hat es bis jetzt von ihnen niemals auch nur so viel verlangt, daß die Summe dem richtigen Verhältnisse zu dem, was von den Mituntertanen des Mutterlandes gezahlt wurde, auch nur nahe gekommen wäre. Wenn übrigens der Beitrag der Kolonie in dem Maße steigen oder fallen müßte, als die Landtaxe steigt oder fällt, so könnte das Parlament sie nicht besteuern, ohne zugleich seine eigenen Konstituenten zu besteuern, und die Kolonien würden demnach gewissermaßen als im Parlamente vertreten anzusehen sein.
Es fehlt nicht an Beispielen von Staaten, in welchen die verschiedenen Provinzen nicht auf einerlei Fuß besteuert werden, sondern wo der Landesherr die Summe, welche jede Provinz zu zahlen hat, bestimmt, und in einigen Provinzen die Verteilung und Erhebung nach eigenem Gutdünken anordnet, während er in anderen diese Verteilung und Erhebung den Ständen der Provinz überläßt. In einigen Provinzen Frankreichs legt der König nicht nur die Abgaben nach seinem Gutdünken auf, sondern verteilt und erhebt sie auch nach seinem eigenen Ermessen; in anderen fordert er nur eine bestimmte Summe, überläßt es aber den Ständen der Provinz, diese Summe nach eigenem Ermessen zu verteilen und zu erheben. Bei der Besteuerungsart durch Requisition würde das britische Parlament sich ungefähr in der nämlichen Lage zu den Kolonialversammlungen befinden, wie der König von Frankreich zu den Ständen derjenigen Provinzen, die noch das Vorrecht eigener Landstände genießen und die die am besten regierten Provinzen Frankreichs sein sollen.
Allein wenn auch die Kolonien bei dieser Besteuerungsart nicht wohl Ursache hätten, zu fürchten, daß ihr Anteil an den Staatslasten das richtige Verhältnis zu den Lasten ihrer Mitbürger im Mutterlande überschreiten werde, so möchte doch Großbritannien alle Ursache haben, zu fürchten, daß jener Anteil niemals dieses richtige Verhältnis erreiche. Das britische Parlament hat schon seit geraumer Zeit nicht mehr dieselbe festgegründete Macht über die Kolonien, welche die französischen Könige über diejenigen Provinzen Frankreichs haben, die noch das Vorrecht eigener Landstände genießen. Wären die Kolonialversammlungen nicht sehr günstig gestimmt (und wenn sie nicht geschickter als bisher behandelt werden, so dürften sie schwerlich günstig gestimmt sein), so würden sie manchen Vorwand finden, die angemessensten Requisitionen des Parlaments zu umgehen oder zu verwerfen. Gesetzt, es bräche ein Krieg mit Frankreich aus, und es müßten, um den Mittelpunkt des Reiches zu verteidigen, sofort zehn Millionen aufgebracht werden. Diese Summe müßte geborgt und irgendein Fonds des Staates zur Abtragung der Zinsen verpfändet werden. Das Parlament schlüge vor, diesen Fond teils durch eine in Großbritannien zu erhebende Steuer und teils durch eine Requisition in den verschiedenen Kolonialversammlungen Amerikas und Westindiens aufzubringen. Würden nun wohl die Leute ihr Geld bereitwillig auf einen Fonds herleihen, der zum Teil von der Laune aller jener Versammlungen abhinge, die von dem Schauplatze des Krieges weit entfernt wären und sich vielleicht manchmal um den Ausgang desselben wenig bekümmerten? Auf einen solchen Fonds würde man wahrscheinlich nicht mehr vorschießen wollen, als die in Großbritannien selbst erhobene Steuer zu decken verspräche. Mithin fiele die ganze Last der dieses Krieges halber gemachten Schuld, wie es bisher immer der Fall gewesen ist, auf Großbritannien allein, d. h. auf einen Teil des Reiches und nicht auf das ganze Reich. Großbritannien ist vielleicht, seit die Welt steht, der einzige Staat, der in dem Maße, als sich sein Reich erweiterte, seine Ausgaben vergrößert hat, ohne zugleich seine Hilfsquellen zu vermehren. Andere Staaten haben gewöhnlich einen sehr beträchtlichen Teil der Kosten der Verteidigung des Reiches von sich abgewälzt und den unterworfenen und abhängigen Provinzen aufgebürdet; Großbritannien hingegen hat es bisher geduldet, daß seine unterworfenen und abhängigen Provinzen fast alle ihre Ausgaben von sich abwälzten und ihm aufbürdeten. Um Großbritannien mit seinen eigenen Kolonien, die doch bisher nach dem Gesetz als ihm unterworfen und von ihm abhängig galten, auf gleichen Fuß zu setzen, müßte das Parlament bei dem Besteuerungssystem durch parlamentarische Requisition Mittel haben, seine Requisitionen sogleich geltend zu machen, wenn die Kolonialversammlungen Miene machten, ihnen auszuweichen oder sie zu verweigern. Worin aber diese Mittel bestehen sollen, läßt sich nicht leicht einsehen, und es ist auch bisher noch nicht erklärt worden.
Wenn das britische Parlament zugleich das volle Recht erhielte, die Kolonien auch ohne die Einwilligung ihrer eigenen Versammlungen zu besteuern, so würde von diesem Augenblicke an die Wichtigkeit dieser Versammlungen und damit auch die Wichtigkeit aller führenden Männer des britischen Amerikas zu Ende sein. Die Menschen suchen hauptsächlich darum Anteil an der Leitung des Staates zu haben, weil ihnen dies Wichtigkeit verleiht. Davon, ob der größte Teil der führenden Männer, dieser natürlichen Aristokratie jedes Landes, imstande ist, seine Wichtigkeit zu behaupten und zu verteidigen, hängt die Festigkeit und Dauer jeder freien Staatsverfassung ab. In den beständigen Angriffen, welche die einen führenden Männer auf die Wichtigkeit der anderen machen und in der Verteidigung dieser Wichtigkeit besteht das ganze Spiel des inneren Parteiwesens und Ehrgeizes. Die führenden Männer Amerikas suchen gleich denen in allen anderen Ländern ihre eigene Wichtigkeit zu behaupten; sie fühlen oder bilden sich ein, daß, wenn ihre Versammlungen, die sie so gern Parlamente nennen und mit dem britischen Parlamente auf gleiche Stufe stellen, so weit herunterkämen, daß sie die untertänigen Diener und vollziehenden Beamten jenes Parlamentes würden, der größte Teil ihrer eigenen Wichtigkeit zu Ende ginge. Deshalb haben sie den Vorschlag, durch Parlamentsrequisition besteuert zu werden, verworfen und es gleich anderen ehrgeizigen und hochgemutigen Menschen vorgezogen, ihre eigene Wichtigkeit mit dem Schwerte zu behaupten.
Um die Zeit des Verfalls der römischen Republik verlangten die Bundesgenossen Roms, die für die Verteidigung des Staates und für die Erweiterung seines Reiches die größten Lasten getragen hatten, daß ihnen alle Vorrechte römischer Bürger gewährt würden. Da man es abschlug, brach der Bundesgenossenkrieg aus. Während dieses Krieges bewilligte Rom dem größten Teile von ihnen jene Privilegien, und zwar so, daß es sie einem nach dem anderen erteilte, so wie sie sich nach und nach von der allgemeinen Konföderation lossagten. Das britische Parlament besteht darauf, die Kolonien zu besteuern, und diese weigern sich, sich von einem Parlamente besteuern zu lassen, in welchem sie nicht vertreten sind. Wenn Großbritannien einer jeden Kolonie, die sich von der allgemeinen Konföderation lossagte, eine ihrem Beitrage zum Staatseinkommen des Reiches angemessene Anzahl von Abgeordneten bewilligte, wenn diese Kolonie dann denselben Abgaben unterworfen würde, und dafür dieselbe Handelsfreiheit genösse wie ihre Mituntertanen im Mutterlande, so daß später die Zahl der Abgeordneten sich in demselben Maße vermehrte als die Beisteuern größer würden: so würde den Parteihäuptern jeder Kolonie eine neue Art, sich Wichtigkeit zuzulegen, ein neues und blendenderes Ziel für ihren Ehrgeiz geboten. Anstatt nach den kleinen Gewinnsten zu haschen, welche in dem, was man das kleinliche Würfelspiel des Parteiwesens in den Kolonien nennen kann, zu erlangen sind, könnten sie nach der guten Meinung, welche die Menschen naturgemäß von ihrer eigenen Geschicklichkeit und ihrem Glück haben, sich Hoffnung machen, einen der großen Gewinnste zu ziehen, die zuweilen aus dem Glücksrade der großen Staatslotterie der britischen Politik herausfallen. Wenn man nicht auf dieses oder ein anderes Mittel verfällt – und es scheint kein anderes so nahe zu liegen als dieses – um die Wichtigkeit der führenden Männer Amerikas zu erhalten und ihren Ehrgeiz zu befriedigen, so ist nicht anzunehmen, daß sie sich uns jemals freiwillig unterwerfen werden, und wir sollten bedenken, daß jeder Tropfen Bluts, den wir vergießen müssen, um sie zur Unterwerfung zu zwingen, teils das Blut derer ist, die unsere Mitbürger sind, und teils derer, die wir zu Mitbürgern haben möchten. Es ist eine große Schwachheit, sich zu schmeicheln, daß es jetzt, wo die Sachen einmal so weit gekommen sind, leicht sei, unsere Kolonien durch bloße Gewalt zu erobern. Die Personen, welche die Beschlüsse ihres sogenannten festländischen Kongresses leiten, fühlen in diesem Augenblick eine solche Wichtigkeit in sich, wie sie vielleicht die größten europäischen Persönlichkeiten kaum fühlen. Aus Krämern, Handwerkern und Sachwaltern sind sie Staatsmänner und Gesetzgeber geworden und sind daran, eine neue Regierungsform für ein ausgedehntes Reich zu schaffen, welches, wie sie sich schmeicheln, und wie dies auch höchst wahrscheinlich der Fall zu sein scheint, eines der größten und mächtigsten Reiche werden wird, die es jemals in der Welt gegeben hat. Vielleicht fünfhundert Menschen, die auf verschiedene Weise unmittelbar unter dem Kongreß des Festlandes arbeiten, und vielleicht fünfmalhunderttausend, die unter jenen fünfhundert arbeiten, fühlen alle auf gleiche Weise eine entsprechende Zunahme ihrer eigenen Wichtigkeit. Fast jedes einzelne Glied der herrschenden Partei in Amerika füllt jetzt in seinen Gedanken einen Platz aus, der nicht nur höher ist als jeder, den es bisher ausgefüllt hatte, sondern auch höher als jeder, den es jemals auszufüllen hoffen konnte. Wenn nicht jedem von ihnen oder ihren Führern ein neues Ziel des Ehrgeizes geboten wird, so werden sie, wenn sie den richtigen Mannesmut haben, ihren Platz bis zum Tode verteidigen.
Es ist eine Bemerkung des Präsidenten Henaut, daß wir jetzt mit Vergnügen die Erzählung von manchen kleinen Händeln der Liga lesen, welche damals, als sie sich zutrugen, vielleicht als ziemlich unbedeutend angesehen wurden. Aber jedermann, sagt er, dünkte sich damals etwas Wichtiges zu sein, und die unzähligen Memoiren, die aus jener Zeit bis zu uns gekommen sind, wurden meistens von Leuten geschrieben, die ein Vergnügen daran fanden, Begebenheiten wiederzuerzählen und zu verherrlichen, bei denen sie sich schmeichelten, keine geringe Rolle gespielt zu haben. Es ist bekannt, wie hartnäckig sich damals die Stadt Paris wehrte, und welch schreckliche Hungersnot sie ausstand, um sich nur nicht dem besten und in der Folge geliebtesten Könige Frankreichs zu unterwerfen. Der größte Teil der Bürger oder die, welche den größten Teil von ihnen leiteten, fochten für die Verteidigung ihrer eigenen Wichtigkeit, mit der es, das sahen sie wohl, zu Ende sein würde, sobald die alte Regierung wieder hergestellt wäre. Wenn unsere Kolonien nicht zu einer Vereinigung mit uns gebracht werden, so werden sie sich wahrscheinlich gegen das beste aller Mutterländer ebenso hartnäckig wehren, als sich die Stadt Paris gegen den besten der Könige wehrte.
Der Begriff einer Volksvertretung war im Altertum unbekannt. Wenn Leute aus dem einen Staate das Bürgerrecht in einem anderen erhielten, so hatten sie kein anderes Mittel, das Recht auszuüben, als daß sie in Masse zusammenkamen und mit den Bewohnern dieses anderen Staates ratschlagten und Stimmen abgaben. Die Zulassung des größten Teils der Bewohner von Italien zu den Vorrechten römischer Bürger hat die römische Republik völlig zugrunde gerichtet. Es war nicht mehr möglich, zu unterscheiden, wer ein römischer Bürger war und wer nicht; kein Tribus konnte seine eigenen Glieder mehr kennen. Allerlei Pöbel konnte sich in die Volksversammlungen einmischen, die wirklichen Bürger, hinausdrängen und, als wenn er selbst aus Bürgern bestände, die Angelegenheiten der Republik entscheiden. Wenn dagegen Amerika fünfzig oder sechzig neue Abgeordnete ins Parlament schickte, so könnte es doch dem Türhüter des Unterhauses nicht sonderlich schwer fallen, zu unterscheiden, wer ein Mitglied sei und wer nicht. Obgleich also die römische Staatsverfassung durch die Vereinigung Roms mit den verbündeten Staaten Italiens zugrunde gehen mußte, so spricht doch nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit dafür, daß die britische Staatsverfassung von der Vereinigung Großbritanniens mit seinen Kolonien Schaden haben würde. Im Gegenteil würde diese Verfassung durch die Vereinigung erst vollständig werden und scheint ohne dieselbe unvollständig zu sein. Die Versammlung, welche über die Angelegenheiten eines jeden Teils des Reiches zu beraten und zu entscheiden hat, sollte doch wohl, um genügend unterrichtet zu sein, aus jedem seiner Teile Abgeordnete haben. Indes will ich nicht behaupten, daß diese Vereinigung sich ganz leicht bewirken ließe, oder daß sich bei der Ausführung nicht Schwierigkeiten, ja sogar große Schwierigkeiten zeigen würden. Dennoch habe ich von keiner gehört, die unüberwindlich zu sein schiene. Die größte liegt vielleicht nicht in der Natur der Dinge, sondern in den Vorurteilen und Meinungen der Leute diesseits und jenseits des atlantischen Meeres.
Wir diesseits des Meeres fürchten, es möchte die Menge amerikanischer Abgeordneten das Gleichgewicht unserer Verfassung stürzen und entweder den Einfluß der Krone einerseits, oder die Macht der Demokratie andererseits zu sehr verstärken. Richtete sich aber die Zahl der amerikanischen Repräsentanten nach dem Ertrag der amerikanischen Besteuerung, so würde immer die Zahl der Leute, die man zu leiten hätte, in dem Maße wachsen, als die Mittel, mit denen sie zu leiten wären, wüchsen, und ebenso würden diese Mittel in dem Maße zunehmen, als die Zahl der zu gewinnenden Leute zunähme. Der monarchische und der demokratische Bestandteil unserer Verfassung würden nach der Vereinigung dasselbe Kraftverhältnis zueinander behalten, das sie vorher hatten.
Die Leute jenseits des Meeres fürchten hingegen, es möchte sie ihre Entfernung von dem Sitze der Regierung mancherlei Bedrückungen aussetzen. Allein ihre Abgeordneten im Parlament, deren Zahl gleich anfangs beträchtlich sein müßte, würden sie leicht gegen jede Bedrückung schützen können. Die Entfernung könnte die Abhängigkeit des Abgeordneten von seinem Konstituenten nicht sehr schwächen, und der erstere würde immer fühlen, daß er seinen Sitz im Parlamente und alles, was damit zusammenhinge, dem guten Willen des letzteren zu verdanken habe. Es läge daher im Interesse des ersteren, sich diesen guten Willen dadurch zu erhalten, daß er über jedes Unrecht dessen sich ein Zivil- oder Militärbeamter in jenen entfernten Teilen des Reiches schuldig machte, mit dem ganzen Ansehen eines Mitgliedes der Gesetzgebung Klage führte. Auch könnten sich die Eingeborenen jenes Landes mit einem Schein von Berechtigung schmeicheln, daß die Entfernung Amerikas von dem Sitze der Regierung nicht mehr sehr lange dauern werde. Es hat dieses Land bis jetzt so reißende Fortschritte in bezug auf Wohlstand, Bevölkerung und Kultur gemacht, daß vielleicht nach Verlauf eines Jahrhunderts der Ertrag der amerikanischen Besteuerung den der britischen übersteigen wird. Dann würde natürlich der Sitz des Reiches in denjenigen Teil des Reiches verlegt werden, der zur Verteidigung und Erhaltung des ganzen das meiste beitrüge.
Die Entdeckung Amerikas und die eines Weges nach Ostindien um das Kap der guten Hoffnung sind die beiden wichtigsten und größten Begebenheiten, welche die Geschichte der Menschheit aufgezeichnet hat. Ihre Folgen sind schon bis jetzt sehr bedeutend gewesen; aber es ist unmöglich, daß man in dem kurzen Zeitraum von zwei bis drei Jahrhunderten, die seit diesen Entdeckungen verflossen sind, den ganzen Umfang der Folgen erkannt haben sollte. Welche Wohltaten oder welches Unglück für die Menschheit später aus diesen großen Begebenheiten hervorgehen werden, das kann keine menschliche Weisheit voraussehen. Indem sie gewissermaßen zwischen den entferntesten Teilen der Welt eine Verbindung herstellten, indem sie es ihnen möglich machten, gegenseitig ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ihre Genüsse zu vermehren und ihre Gewerbtätigkeit anzuspornen, scheinen sie im allgemeinen durchaus wohltätig zu wirken. Allein für die Eingeborenen Ost- und Westindiens haben alle Handelsvorteile, die aus jenen Begebenheiten entspringen konnten, sich in den schrecklichen Unglücksfällen, die durch sie veranlaßt wurden, gänzlich verloren. Doch scheinen diese Unglücksfälle mehr zufällig, als in der Natur dieser Begebenheiten gegründet gewesen zu sein. Zu der Zeit, da jene Entdeckungen gemacht wurden, war gerade das Übergewicht der Macht auf Seiten der Europäer so groß, daß sie sich in jenen entfernten Ländern ungestraft alle Arten von Unrecht erlauben konnten. Künftig werden vielleicht die Eingebornen dieser Länder stärker und die Europäer schwächer werden, und so die Bewohner aller Weltteile zu der Gleichheit von Mut und Kraft gelangen, die, indem sie gegenseitigen Respekt einflößt, allein imstande ist, die Ungerechtigkeit unabhängiger Völker in eine Art von Achtung der Rechte aller zu verwandeln. Nichts aber scheint diese Gleichheit der Kraft eher herstellen zu können, als jene gegenseitige Mitteilung von Kenntnissen und Verbesserungen aller Art, welche ein ausgebreiteter Handel aller Länder untereinander natürlicher- oder vielmehr notwendigerweise mit sich führt.
Inzwischen ist eine von den Hauptwirkungen dieser Entdeckungen die gewesen, das Merkantilsystem auf eine Stufe des Glanzes und der Herrlichkeit zu heben, die es sonst niemals hätte erreichen können. Es ist der Zweck dieses Systems, eine große Nation lieber durch Handel und Manufakturen als durch Hebung des Landbaues, lieber durch den Gewerbfleiß der Städte als durch den des offenen Landes zu bereichern. Nach jenen Entdeckungen wurden nun die Handelsstädte Europas, statt nur für einen sehr kleinen Teil der Welt (für die europäischen Küsten des atlantischen Meeres und für die an der Ostsee und am mittelländischen Meere gelegenen Länder) Manufakturwaren zu verfertigen und zu verfrachten, sowohl die Manufakturisten für die zahlreichen und rührigen Bebauer von Amerika als auch die Spediteure und gewissermaßen die Manufakturisten für fast alle Völker in Asien, Afrika und Amerika. Zwei neue Welten haben sich ihrem Gewerbfleiß aufgetan, von denen jede größer und umfangreicher ist als die alte, und wo der Markt der einen von Tag zu Tag größer wird.
Diejenigen Länder, welche die amerikanischen Kolonien besitzen und direkt nach Ostindien handeln, genießen allerdings den Schimmer und Glanz dieses großen Handels in vollem Maße; allein andere Länder haben oft ungeachtet aller neidischen Beschränkungen, wodurch man sie auszuschließen gedenkt, mehr wirklichen Vorteil davon. So befördern z. B. die spanischen und portugiesischen Kolonien den Gewerbfleiß anderer Länder weit mehr als den des Mutterlandes. Bei dem einzigen Artikel Leinwand beläuft sich die jährliche Konsumtion dieser Kolonie wie es heißt (ich will jedoch die Angabe nicht verbürgen) auf mehr als drei Millionen Pfund Sterling. Aber diese große Zufuhr kommt fast ganz aus Frankreich, Flandern, Holland und Deutschland; Spanien und Portugal liefern nur einen kleinen Teil davon. Das Kapital, welches den Kolonien eine so große Zufuhr an Leinwand verschafft, wird jährlich unter die Bewohner anderer Länder verteilt und liefert ihnen ein Einkommen; nur die Profite davon werden in Spanien und Portugal ausgegeben, wo sie die luxuriöse Verschwendung der Cadizer und Lissaboner Kaufleute befördern helfen.
Es sind sogar die Maßregeln, durch welche jedes Volk sich des ausschließlichen Handels mit seinen Kolonien zu versichern sucht, oft dem Lande, zu dessen Gunsten sie angeordnet werden, schädlicher als denjenigen Ländern, zu deren Nachteil sie ergriffen wurden. Die ungerechte Unterdrückung des Gewerbfleißes anderer Länder fällt sozusagen auf die Häupter der Unterdrücker zurück und schlägt mehr ihren eigenen Gewerbfleiß als den der anderen Länder. Nach jenen Maßregeln muß z. B. der Hamburger Kaufmann seine für den amerikanischen Markt bestimmte Leinwand nach London schicken und von da den Tabak, den er für den deutschen Markt bestimmt, zurückbringen, weil er weder jene unmittelbar nach Amerika senden, noch diesen unmittelbar von da holen kann. Wegen dieser Beschränkung muß er höchstwahrscheinlich die erstere etwas wohlfeiler verkaufen und den letzteren etwas teurer kaufen als er sonst zu tun brauchte, so daß sein Profit dadurch wahrscheinlicherweise um etwas verringert wird. Allein er empfängt in diesem Handel zwischen Hamburg und London sein Kapital ohne Zweifel viel schneller zurück, als es bei dem unmittelbaren Handel nach Amerika selbst dann zurückkommen könnte, wenn man, was keineswegs der Fall ist, annehmen wollte, daß die Zahlungen aus Amerika so pünktlich eingingen wie die aus London. Es kann daher bei dem Handel, auf welchen jene Maßregeln den Hamburger Kaufmann einschränken, sein Kapital eine weit größere Menge deutschen Gewerbfleißes beschäftigen, als es bei dem Handel, von welchem er ausgeschlossen ist, hätte beschäftigen können. Wenn also auch die eine Unternehmung für ihn weniger gewinnreich sein mag als die andere, so kann sie doch für sein Land nicht weniger vorteilhaft sein. Ganz anders ist die Sache bei der Anwendung des Kapitals, zu welcher der Londoner Kaufmann durch das Monopol gewissermaßen hingezogen wird. Diese Unternehmung kann für ihn vielleicht weit gewinnreicher sein als fast jede andere; aber für sein Land mag sie wegen der Langsamkeit der Zahlungen durchaus nicht vorteilhafter sein.
Nach all den ungerechten Versuchen aller europäischen Länder, sich den ganzen Vorteil des Handels mit ihren Kolonien anzueignen, hat sich bisher noch kein einziges dieser Länder etwas anderes anzueignen vermocht als den Kostenaufwand für die Aufrechterhaltung seiner drückenden Herrschaft über die Kolonien im Frieden und für ihre Verteidigung im Kriege. Die aus dem Besitze seiner Kolonien entspringenden Nachteile hat sich jedes Land vollständig angeeignet. Die aus ihrem Handel hervorgehenden Vorteile hat es mit vielen anderen Ländern teilen müssen.
Auf den ersten Anblick scheint allerdings das Monopol des ausgedehnten Handels mit Amerika eine Erwerbung von höchstem Wert zu sein. Dem kurzsichtigen Auge des unbesonnenen Ehrgeizes stellt es sich unter dem verwirrten Gewühle politischer und kriegerischer Händel als ein blendender, des Kampfes überaus würdiger Gegenstand dar. Allein gerade der blendende Glanz des Gegenstandes, die ungeheure Größe des Handels ist es, was sein Monopol schädlich macht, d. h. verursacht, daß eine Beschäftigung, die schon an und für sich dem Lande weniger vorteilhaft ist, als die meisten anderen Beschäftigungen, einen weit größeren Teil des Landeskapitals verschlingt als sie sonst an sich gezogen haben würde.
Das kaufmännische Kapital jedes Landes sucht, wie im zweiten Buche gezeigt worden ist, gleichsam von selbst diejenige Beschäftigung, die dem Lande den meisten Vorteil bringt. Wird es im Zwischenhandel angelegt, so wird das Land, dem es gehört, das Emporium für die Waren all der Länder, deren Handel dieses Kapital in Gang bringt. Aber der Eigentümer des Kapitals wünscht natürlich soviel als möglich von diesen Waren zuhause abzusetzen. Er erspart sich dadurch die Mühe, Gefahr und Kosten der Ausfuhr, und er ist daher froh, wenn er sie zuhause nicht nur zu einem viel niedrigeren Preise, sondern auch mit einem etwas kleineren Profit verkauft, als er von ihrer Versendung ins Ausland sich versprechen könnte. Er sucht daher naturgemäß seinen Zwischenhandel womöglich in einen auswärtigen Bedarfshandel zu verwandeln. Ist wiederum sein Kapital in einem auswärtigen Bedarfshandel angelegt, so wird er aus dem gleichen Grunde froh sein, wenn er von den einheimischen Gütern, die er für die Ausfuhr nach irgend einem auswärtigen Markt zusammengebracht hat, soviel als möglich zu Hause absetzen kann und er wird sich also bestreben, seinen auswärtigen Bedarfshandel in einen inländischen Handel zu verwandeln. Das kaufmännische Kapital jedes Landes sucht auf diese Weise natürlich die nahe Beschäftigung und scheut die entfernte; es sucht die Beschäftigung, bei der die Zahlungen häufig sind, und scheut diejenige, bei der sie spät und langsam eingehen; es sucht die Beschäftigung, bei der es die größte Menge produktiver Arbeit in dem Lande, welchem das Kapital angehört, d. h. worin der Eigentümer sich aufhält, unterhalten kann, und scheut die Beschäftigung, bei der es nur die kleinste Menge unterhalten kann. Es sucht naturgemäß die Beschäftigung, welche in gewöhnlichen Fällen dem Lande am vorteilhaftesten ist und scheut jene, welche ihm in gewöhnlichen Fällen am wenigsten vorteilhaft ist.
Wenn aber in einer jener entfernten Beschäftigungen, welche in der Regel für das Land weniger vorteilhaft sind, die Profite einmal etwas höher steigen, so daß sie den natürlichen Vorzug näherer Beschäftigungen überwiegen, so zieht dies aus den näheren Beschäftigungen solange Kapitalien heraus, bis die Profite bei allen wieder ins Gleichgewicht gekommen sind. Jene Überlegenheit des Profits ist aber ein Zeichen, daß es bei der dermaligen Lage der Gesellschaft den entfernten Beschäftigungen im Verhältnisse zu den näheren an Kapital fehlt, und daß das Gesellschaftskapital nicht aufs angemessenste unter alle verschiedenen in ihr betriebenen Beschäftigungen verteilt ist. Er ist ein Zeichen, daß etwas entweder wohlfeiler gekauft oder teurer verkauft wird als es gekauft oder verkauft werden sollte, und daß die eine oder andere Gruppe von Bürgern mehr oder weniger gedrückt wird, indem sie entweder mehr bezahlt oder weniger gewinnt, als sich mit der Gleichheit, die unter allen Gruppen sich einstellen sollte und die sich naturgemäß auch einstellt, verträgt. Wenn aber auch ein und dasselbe Kapital nicht in einer entfernten Beschäftigung dieselbe Menge produktiver Arbeit unterhalten kann als in einer näheren, so kann doch eine entfernte für das Wohl der Gesellschaft ebenso unentbehrlich sein als eine nahe, weil vielleicht die Waren, welche durch die entfernte Beschäftigung eingeführt werden, zum Betriebe näherer Beschäftigungen durchaus nötig sind. Wenn aber die Profite derer, die mit solchen Waren handeln, zu hoch sind, so werden die Waren teurer als es geschehen sollte, d. h. etwas über ihrem natürlichen Preise verkauft, und alle Interessenten einer näheren Beschäftigung werden mehr oder weniger durch diesen hohen Preis gedrückt werden. Es liegt also in ihrem Interesse, daß einiges Kapital von den näheren Beschäftigungen zu den entfernteren hinübergehe, damit die Profite ins Gleichgewicht und die Waren auf ihren natürlichen Preis kommen. In diesem außerordentlichen Falle erfordert daher das allgemeine Beste, daß einiges Kapital aus denjenigen Beschäftigungen, die für gewöhnlich dem Publikum vorteilhafter sind, weggezogen und in einer anderen Beschäftigung angelegt werden, die für gewöhnlich dem Publikum weniger vorteilhaft ist. Und in diesem außerordentlichen Falle stimmt das natürliche Interesse und die natürliche Neigung der Menschen mit dem allgemeinen Besten so wie in allen anderen gewöhnlichen Fällen genau überein und bringt sie dazu, Kapital aus der nahen Beschäftigung wegzuziehen und es in eine entfernte zu stecken.
So machen also ihr Privatinteresse und ihre Leidenschaften die Individuen von selbst dazu geneigt, ihr Kapital so zu beschäftigen, wo es für gewöhnlich der Gesellschaft den meisten Vorteil bringt. Sollten sie aber um deswillen zuviel in solche Beschäftigungen stecken, so würde sie doch bald das Sinken des Profits bei ihnen und sein Steigen bei allen anderen Beschäftigungen geneigt machen, diese fehlerhafte Verteilung zu ändern. Ohne alle Einmischung des Gesetzes bewegen also schon Privatinteresse und Leidenschaften die Menschen naturgemäß, das Kapital der Gesellschaft auf die verschiedenen Beschäftigungen möglichst in dem Verhältnisse zu verteilen, welches dem Interesse der ganzen Gesellschaft am angemessensten ist.
Alle Maßregeln des Merkantilsystems stören notwendig diese natürlichste und vorteilhafteste Verteilung des Kapitals mehr oder weniger. Diejenigen aber, welche den Handel nach Amerika und Ostindien betreffen, verursachen viel mehr Störungen als alle anderen, weil der Handel nach diesen beiden großen Ländern eine größere Menge von Kapital als irgendein anderer Handelszweig verschlingt. Indes sind die Maßregeln, welche in jenen beiden Handelszweigen solche Störungen verursachen, nicht völlig einerlei. Das Monopol ist das große Werkzeug bei beiden; aber es ist eine verschiedene Art von Monopol. In der Tat scheint das Monopol, es sei von welcher Art es wolle, das einzige Auskunftsmittel des Merkantilsystems zu sein.
In dem Handel nach Amerika sucht jede Nation sich soviel als möglich den ganzen Markt ihrer Kolonien dadurch zuzueignen, daß sie alle anderen Nationen von dem direkten Handel mit ihnen völlig ausschließt. Während des größten Teils des 16. Jahrhunderts wollten die Portugiesen es mit dem Handel nach Ostindien ebenso halten und nahmen für sich allein das Recht in Anspruch, die indischen Meere zu befahren, weil sie das Verdienst hätten, zuerst den Weg dahin gefunden zu haben. Die Holländer schließen noch jetzt alle übrigen europäischen Nationen von jedem direkten Handel mit ihren Gewürzinseln aus. Monopole dieser Art sind offenbar gegen alle übrigen europäischen Völker gerichtet, die sich hierdurch nicht nur von einem Handel, bei dem sie vielleicht einen Teil ihres Kapitals anzulegen vorteilhaft fänden, ausgeschlossen, sondern auch gezwungen sehen, die Waren, womit dieser Handel getrieben wird, etwas teurer zu kaufen, als wenn sie diese unmittelbar aus den Ländern, die sie hervorbringen, einführen könnten.
Seit dem Verfalle der portugiesischen Macht jedoch hat keine europäische Nation das ausschließliche Recht in Anspruch genommen, die indischen Meere allein zu befahren, deren Haupthäfen jetzt allen europäischen Schiffen offen stehen. Mit Ausnahme Portugals aber, und seit einigen Jahren auch Frankreichs, ist in allen anderen europäischen Ländern der Ostindienhandel einer privilegierten Gesellschaft überlassen worden. Diese Art von Monopolen ist eigentlich gegen das Volk selbst, das sie erteilt, errichtet. Der größte Teil eines solchen Volkes ist dadurch nicht nur von einem Handel, in welchem er vielleicht einen Teil seines Kapitals mit Vorteil anlegen könnte, ausgeschlossen, sondern muß auch die Waren, mit denen dieser Handel getrieben wird, etwas teurer kaufen als wenn er allen seinen Landsleuten frei und offen stände. Seit der Errichtung der englisch-ostindischen Kompagnie z. B. sind die übrigen Einwohner Englands zunächst von diesem Handel völlig ausgeschlossen gewesen und haben weiter in dem Preise der Ostindiengüter, die sie verbrauchten, nicht nur alle die außerordentlichen Profite, welche die Gesellschaft vermöge ihres Monopols an diesen Gütern machte, sondern auch die außerordentliche Verschwendung bezahlen müssen, welche der Betrug und Mißbrauch, der sich von der Verwaltung einer so großen Gesellschaft nicht trennen läßt, notwendig verursachen mußte. Der Unsinn bei dieser zweiten Art von Monopol leuchtet daher noch mehr ein als bei der ersten.
Diese beiden Arten von Monopolen stören die natürliche Verteilung des Gesellschaftskapitals mehr oder weniger aber sie stören sie nicht immer auf einerlei Art.
Monopole der ersten Art ziehen in den besonderen Handel, in welchem sie errichtet worden sind, stets mehr von dem Gesellschaftskapital hinein, als von selbst dahin gegangen sein würde.
Monopole der zweiten Art können je nach den Umständen entweder in den besonderen Handel, in welchem sie errichtet werden, Kapital hineinziehen oder es auch davon abziehen. In armen Ländern ziehen sie natürlich in diesen Handel mehr Kapital hinein als sonst dahin gegangen wäre; in reichen Ländern entziehen sie ihm natürlich eine Menge Kapital, welches sonst dahin gegangen wäre.
Solche arme Länder, wie Schweden und Dänemark z. B., würden wahrscheinlich nie ein einziges Schiff nach Ostindien geschickt haben, wenn der Handel nicht einer privilegierten Gesellschaft überlassen worden wäre. Die Errichtung einer solchen Gesellschaft ermutigt natürlich Abenteurer. Ihr Monopol sichert sie gegen alle Konkurrenten auf dem einheimischen Markte, und auf den auswärtigen Märkten haben sie dieselben Aussichten wie die Kaufleute anderer Völker. Ihr Monopol stellt ihnen bei einer beträchtlichen Menge Waren einen sehr großen, und bei einer sehr großen Menge einen beträchtlichen Profit in Aussicht. Ohne solche außerordentliche Begünstigung würden die armen Handelsleute so armer Länder niemals daran gedacht haben, ihre kleinen Kapitalien an ein so entferntes und unsicheres Abenteuer zu wagen, als welches ihnen der Ostindienhandel notwendig erscheinen mußte.
Ein so reiches Land hingegen wie Holland würde bei freiem Handel wahrscheinlich mehr Schiffe nach Ostindien schicken als jetzt geschieht. Das beschränkte Kapital der holländisch-ostindischen Kompagnie hält wahrscheinlich viele große Handelskapitalien zurück, die sonst diesem Handel zugehen würden. Das Handelskapital Hollands ist so groß, daß es fortwährend bald in die öffentlichen Fonds fremder Staaten, bald in Darlehen an private Kaufleute und Spekulanten des Auslandes, bald in den umschweifigsten auswärtigen Bedarfshandel und bald in den Zwischenhandel sozusagen überströmt. Da alle Beschäftigungen in der Nähe vollständig versorgt sind, weil alles Kapital, das mit einem leidlichen Profit in ihnen angelegt werden kann, bereits darin angelegt ist, so muß Hollands Kapital den entferntesten Beschäftigungen zufließen. Wäre der Handel nach Ostindien völlig frei, so würde er wahrscheinlich den größten Teil dieses überflüssigen Kapitals aufnehmen. Ostindien bietet den europäischen Manufakturwaren und dem Golde und Silber, sowie manchen anderen Erzeugnissen Amerikas einen größeren und ausgiebigeren Markt als Europa und Amerika zusammengenommen.
Jede Störung in der natürlichen Kapitalverteilung ist für die Gesellschaft, in welcher sie vorkommt, unfehlbar schädlich, sei es nun, daß sie einem besonderen Handel Kapitalien entzieht, die ihm sonst zufließen würden, oder daß sie einem besonderen Handel Kapitalien zuführt, die ihm sonst nicht zugegangen wären. Wenn Hollands Handel nach Ostindien ohne alle privilegierte Gesellschaften größer sein würde als er gegenwärtig ist, so muß dieses Land sehr darunter leiden, daß ein Teil seines Kapitals von der diesem Teile angemessensten Beschäftigung ausgeschlossen ist. Wenn andererseits Schwedens und Dänemarks Handel nach Ostindien ohne alle privilegierte Gesellschaften geringer als jetzt, oder, was vielleicht noch wahrscheinlicher ist, gar nicht vorhanden wäre, so leiden auch diese beiden Länder sehr darunter, daß ein Teil ihres Kapitals in eine Beschäftigung hineingezogen wird, welche für ihre gegenwärtigen Verhältnisse mehr oder weniger unangebracht ist. Es wäre unter diesen Verhältnissen für sie vielleicht besser, wenn sie die ostindischen Waren selbst zu einem etwas höheren Preise anderen Völkern abkauften, als daß sie einen so großen Teil ihres geringen Kapitals in einen in so weiter Ferne betriebenen Handel stecken, bei welchem die Zahlungen so spät eingehen und das Kapital nur eine so kleine Menge produktiver Arbeit im eigenen Lande erhält, während es doch gerade hier an produktiver Arbeit so sehr fehlt, während hier so wenig getan und so viel zu tun ist.
Wenn daher ein bestimmtes Land nicht imstande wäre, ohne eine privilegierte Gesellschaft direkten Handel nach Ostindien zu treiben, so folgt daraus doch nicht, daß daselbst eine solche Gesellschaft errichtet werden müsse, sondern nur, daß ein solches Land unter diesen Umständen keinen direkten Handel mit Ostindien treiben sollte. Daß solche Gesellschaften im allgemeinen zum Betrieb des ostindischen Handels nicht nötig sind, hat hinlänglich die Erfahrung der Portugiesen gezeigt, die ihn länger als ein Jahrhundert fast ganz allein und ohne eine ausschließliche Gesellschaft betrieben.
Man sagt, kein einzelner Kaufmann könne Kapital genug haben, um in den entfernten Häfen Ostindiens Faktoren und Agenten zu halten, welche für die gelegentlich dahin gesendeten Schiffe Waren besorgten; könne er das aber nicht, so würden seine Schiffe oft, weil sie nur schwer Rückladung fänden, die günstige Jahreszeit zur Rückfahrt versäumen, und die Kosten des zu langen Aufenthalts, würden nicht nur den ganzen Profit der Unternehmung aufzehren, sondern auch noch oft einen sehr beträchtlichen Verlust verursachen. Wenn dieses Argument jedoch überhaupt etwas bewiese, so würde es beweisen, daß gar kein großer Handelszweig ohne eine ausschließliche Gesellschaft betrieben werden könne; und dies widerspricht doch der Erfahrung aller Völker. Es gibt keinen großen Handelszweig, wo das Kapital eines einzelnen Kaufmanns hinreichend wäre, alle die untergeordneten Zweige zu betreiben, die betrieben werden müssen, damit der Hauptzweig betrieben werden könne. Wenn aber ein Volk für einen großen Handelszweig reif ist, so wenden natürlich einige Kaufleute ihre Kapitalien auf den Hauptzweig, und andere wenden sie auf seine untergeordneten Zweige; und wenn auch alle verschiedenen Zweige auf diese Weise getrieben werden, so kommt es doch selten vor, daß sie vom Kapital eines einzigen Kaufmanns betrieben werden. Wenn folglich ein Volk für den Ostindienhandel reif ist, so verteilt sich von selbst eine gewisse Summe seines Kapitals auf alle verschiedenen Zweige dieses Handels. Einige von seinen Kaufleuten finden dann ihren Vorteil dabei, sich in Ostindien niederzulassen und ihre Kapitalien so zu verwenden, daß sie damit für die Schiffe, welche andere, in Europa wohnende Kaufleute dorthin schicken, Waren anschaffen. Würden die Niederlassungen, zu denen verschiedene europäische Nationen in Ostindien gelangt sind, den privilegierten Gesellschaften, welchen sie gegenwärtig gehören, genommen und unter den unmittelbaren Schutz des Landesherrn gestellt, so würden sie wenigstens für die Kaufleute derjenigen Nationen, denen diese Niederlassungen gehören, ein sicherer und bequemer Aufenthalt werden. Wäre einmal derjenige Teil des Kapitals des Landes, das dem Ostindienhandel sich gleichsam von selbst zudrängte, zum Betriebe aller verschiedenen Handelszweige nicht zureichend, so wäre das ein Beweis, daß das Land für diesen Handel noch nicht reif, und daß es für dasselbe besser sei, noch eine Zeitlang die ostindischen Güter, deren es benötigt, selbst zu einem höheren Preise von anderen europäischen Nationen zu beziehen, als sie unmittelbar selbst aus Ostindien einzuführen. Was es an dem hohen Preise dieser Waren verlöre, würde selten dem Verluste gleichkommen, den es dadurch erlitte, daß sie einen großen Teil seines Kapitals notwendigeren oder nützlicheren, oder seinen Umständen und seiner Lage angemesseneren Beschäftigungen entzöge und auf den direkten Handel nach Ostindien wendete.
Obgleich die Europäer manche beträchtliche Niederlassung an der afrikanischen Küste und in Ostindien besitzen, so haben sie doch in diesen Gegenden noch keine so volkreichen und blühenden Kolonien angelegt, als auf den Inseln und dem Festlande von Afrika. Gleichwohl sind Afrika und manche von den Ländern, die man unter dem allgemeinen Namen Ostindien begreift, von barbarischen Völkerschaften bewohnt. Allein diese Völkerschaften waren keineswegs so schwach und wehrlos wie die elenden, hilflosen Amerikaner; auch waren sie im Verhältnis zur natürlichen Fruchtbarkeit ihres Landes weit zahlreicher. Die rohesten Völkerschaften Amerikas und Ostindiens, sogar die Hottentotten, waren Hirtenvölker. Dagegen waren die Eingeborenen ganz Amerikas mit Ausnahme der Mexikaner und Peruaner bloße Jäger; und der Unterschied zwischen einer Anzahl Hirten und einer Anzahl Jäger, die ein gleich großer und gleich fruchtbarer Landstrich ernähren kann, ist sehr beträchtlich. In Afrika und Ostindien war es daher weit schwerer, die Eingebornen zu verdrängen und die europäischen Pflanzungen über den größeren Teil der Ländereien dieser ursprünglichen Einwohner auszudehnen. Es ist aber auch, wie ich schon bemerkt habe, der Geist privilegierter Gesellschaften dem Gedeihen neuer Kolonien nicht eben förderlich und wahrscheinlich ist er die Hauptursache gewesen, warum sie in Ostindien so wenig Fortschritte gemacht haben. Die Portugiesen trieben sowohl den afrikanischen als den ostindischen Handel ohne privilegierte Gesellschaften, und wenn auch ihre Niederlassungen in Congo, Angola und Benguela an der afrikanischen Küste und in Goa in Ostindien durch Aberglauben und allerlei Fehler infolge Mißregierung sehr heruntergekommen sind, so haben sie doch mit den Kolonien in Amerika eine entfernte Ähnlichkeit und werden z. T. von Portugiesen bewohnt, die sich seit einigen Menschenaltern dort angesiedelt haben. Die holländischen Niederlassungen am Vorgebirge der guten Hoffnung und in Batavia sind jetzt die bedeutendsten unter allen Kolonien, welche die Europäer in Afrika oder Ostindien gegründet haben; und diese sind beide in ihrer Lage vorzüglich begünstigt. Das Vorgebirge der guten Hoffnung war von einem fast ebenso rohen und ebenso wehrlosen Völkerstamme, wie es die Eingebornen von Amerika sind, bewohnt. Sodann ist es gleichsam der Rastort auf der Hälfte des Weges zwischen Europa und Ostindien, wo fast jedes europäische Schiff auf der Hin- und Herfahrt einen kleinen Aufenthalt macht. Die Versorgung dieser Schiffe mit allen Arten frischer Lebensmittel, mit Früchten und zuweilen mit Wein verschafft schon allein den überschüssigen Erzeugnissen der Kolonisten einen sehr ausgebreiteten Markt. Was das Vorgebirge der guten Hoffnung zwischen Europa und allen Teilen Ostindiens ist, das ist Batavia zwischen den Hauptländern Ostindiens. Es liegt an der besuchtesten Straße von Indostan nach China und Japan und bildet beinahe die Mitte dieser Straße. Auch legen fast alle Schiffe, die zwischen Europa und China segeln, in Batavia an, und überdies ist es der Mittelpunkt und die Hauptmesse für den sogenannten ostindischen Landhandel, und zwar nicht bloß für den von Europäern, sondern auch für den von den eingebornen Indiern betriebenen Teil; man sieht auch in diesem Hafen oft eine Menge Schiffe, die von den Bewohnern Chinas und Japans, Tonkins, Malakkas, Cochin-Chinas und der Insel Celebes bemannt sind. Eine so vorteilhafte Lage hat es diesen beiden Kolonien möglich gemacht, alle Hindernisse zu überwinden, welche der Unterdrückungsgeist einer privilegierten Gesellschaft ihrem Gedeihen dann und wann in den Weg legen konnte. Batavia wurde es dadurch möglich, den weiteren großen Nachteil zu überwinden, daß es vielleicht das ungesundeste Klima in der Welt hat.
Die englischen und holländischen Gesellschaften haben, obgleich sie außer den beiden eben erwähnten keine ansehnlichen Kolonien gründeten, dennoch bedeutende Eroberungen in Ostindien gemacht. Allein in der Art, wie sie ihre neuen Untertanen beherrschen, hat sich der natürliche Geist einer ausschließlichen Gesellschaft aufs deutlichste gezeigt. Auf den Gewürzinseln sollen die Holländer alle Gewürze verbrennen, die ein fruchtbares Jahr über diejenige Menge hinaus hervorbringt, welche sie in Europa mit einem Profit, wie sie ihn wünschen, abzusetzen erwarten. Auf denjenigen Inseln, wo sie keine Niederlassungen haben, geben sie den Leuten eine Belohnung, welche die Blüten und jungen Blätter der Gewürznelken- und Muskatnußbäume, die daselbst wild wachsen, sammeln, aber jetzt sollen diese Bäume durch diese rohe Politik fast ganz vertilgt worden sein. Selbst auf den Inseln, wo sie Niederlassungen haben, haben sie, wie es heißt, die Zahl dieser Bäume sehr vermindert. Wenn das Produkt selbst ihrer eigenen Inseln größer wäre als das Bedürfnis ihres Marktes, so könnten, fürchten sie, die Eingebornen Mittel finden, einen Teil davon anderen Nationen zuzuführen, und daher halten sie es für die beste Art, sich ihr Monopol zu sichern, wenn sie Sorge tragen, daß nicht mehr wachse, als sie selbst zu Markte bringen. Durch allerlei Künste der Bedrückung haben sie die Bevölkerung auf einigen Molukken ziemlich so weit vermindert, daß sie gerade hinreichend ist, ihre eigenen unbedeutenden Besatzungen und diejenigen ihrer Schiffe, welche von Zeit zu Zeit eine Gewürzladung holen kommen, mit Lebensmitteln und anderen Bedürfnissen zu versehen. Diese Inseln sollen aber selbst unter der Herrschaft der Portugiesen ziemlich stark bevölkert gewesen sein. Die englische Kompanie hat bis jetzt noch nicht Zeit gehabt, in Bengalen ein so durchaus verderbliches System einzuführen. Doch geht der Plan ihrer Regierung ganz auf dasselbe hinaus. Es ist, wie man mir versichert hat, gar nichts Ungewöhnliches, daß der Vorsteher, d. h. der erste Beamte einer Faktorei einem Bauern befiehlt, ein reiches Mohnfeld umzupflügen und es mit Reis oder anderem Getreide zu besäen. Der Vorwand war dabei der, einem Mangel an Lebensmitteln vorzubeugen; der wahre Grund aber der, dem Vorsteher Gelegenheit zu geben, einen großen Vorrat von Opium, den er gerade an der Hand hatte, zu einem besseren Preise verkaufen zu können. Bei anderer Gelegenheit wurde ein entgegengesetzter Befehl gegeben, und es wurde ein reicher Reis- oder Kornacker umgepflügt, um einer Mohnpflanzung Platz zu machen, wenn der Vorsteher voraussah, daß wahrscheinlich an dem Opium ein außerordentlicher Profit zu machen sei. Die Angestellten der Kompanie haben mitunter versucht, sich dort für einige der wichtigsten Artikel, nicht nur des auswärtigen, sondern auch des inneren Handels das Monopol zu verschaffen. Hätte man ihnen hierin nachgegeben, so würden sie jedenfalls dann und wann versucht haben, die Erzeugung der Artikel deren Monopol sie sich angemaßt hatten, nicht nur bis auf die Menge, die sie selbst kaufen konnten, herunterzubringen, sondern sogar bis auf diejenige, welche sie mit dem ihnen ausreichend erscheinenden Profit zu verkaufen hoffen durften. In ein oder zwei Jahrhunderten würde sich dann die Politik der englischen Kompanie wahrscheinlich als genau so verderblich erwiesen haben wie die der holländischen Handelsgesellschaft.
Es kann jedoch nichts dem wahren Interesse solcher Kompanien, sofern man sie als die Herren der Länder, die sie erobert haben, betrachtet, mehr zuwider laufen, als dieser verderbliche Plan. In fast allen Ländern zieht der Landesherr sein Einkommen aus dem des Volkes. Je größer nun dieses letztere, je größer das jährliche Erzeugnis des Bodens und der Arbeit ist, desto mehr kann das Volk an den Landesherrn abgeben. Es liegt mithin im Interesse des Landesherrn, dieses jährliche Erzeugnis soviel als möglich zu vermehren. Besteht hierin aber das Interesse jedes Landesherrn, so ist es ganz besonders da der Fall, wo seine Einkünfte, wie in Bengalen, hauptsächlich aus der Grundrente entspringen. Die Grundrente richtet sich notwendig nach der Menge und dem Werte des Erzeugnisses, und beide hängen von dem Umfange des Marktes ab. Die Menge richtet sich immer mehr oder weniger nach der Konsumtion derer, die die Erzeugnisse bezahlen können, und der Preis, den sie bewilligen, richtet sich nach ihrer stärkeren oder schwächeren Konkurrenz. Es liegt also im Interesse eines solchen Landesherrn, seinen Landesprodukten den ausgedehntesten Markt zu verschaffen, die vollkommenste Handelsfreiheit zu gestatten, damit er die Menge und Konkurrenz der Käufer möglichst vermehre, und zu diesem Zwecke nicht nur alle Monopolen, sondern auch alle Beschränkungen des Transports der Landesprodukte aus einem Landesteile in den anderen, ihrer Ausfuhr in fremde Länder, oder der Einfuhr aller Waren, gegen welche Landesprodukte getauscht werden können, aufzuheben. Auf diese Weise wird er am ehesten die Menge und den Wert der Erzeugnisse und folglich seinen eigenen Anteil daran, d. h. seine Einkünfte, vermehren.
Allein eine Gesellschaft von Kaufleuten scheint nicht fähig zu sein, sich als Landesherrn zu betrachten, selbst nachdem sie Landesherr geworden ist. Der Handel, oder das Kaufen, um wieder zu verkaufen, ist für sie immer die Hauptsache, und mit seltsamer Verkehrtheit sehen sie den Charakter des Landesherrn als ein bloßes Anhängsel an den Charakter des Kaufmanns an, d. h. als etwas, was dem letzteren untergeordnet werden muß, oder wodurch sie instand gesetzt werden, in Indien wohlfeiler zu kaufen, und dafür in Europa mit höherem Profit wieder zu verkaufen. Um deswillen suchen sie von dem Markte der von ihnen beherrschten Länder alle Konkurrenten soviel als möglich fernzuhalten, und also wenigstens einen Teil von dem überschüssigen Erzeugnis dieser Länder soweit zu vermindern, daß er nur gerade für ihren eigenen Bedarf hinreicht oder nur soviel beträgt, als sie in Europa mit einem ihnen hinlänglich scheinenden Profit zu verkaufen hoffen. Ihre kaufmännische Sinnesart bringt sie so fast notwendig, wenn auch vielleicht unmerklich dahin, in allen gewöhnlichen Fällen den kleinen und vorübergehenden Profit des Monopolisten dem großen und dauernden Einkommen des Landesherrn vorzuziehen, und würde sie nach und nach verleiten, die ihrer Herrschaft unterworfenen Länder fast so zu behandeln, wie die Holländer die Molukken. Als Landesherr betrachtet hat die ostindische Kompanie ein Interesse, daß die europäischen Waren, welche nach ihren indischen Besitzungen kommen, daselbst möglichst wohlfeil, und daß die indischen Waren, welche von da weggehen, um den höchsten Preis, d. h. möglichst teuer, verkauft werden. Aber als Kaufleute haben sie gerade das entgegengesetzte Interesse. Als Landesherren haben sie mit dem Lande, welches sie beherrschen, ganz dasselbe, als Kaufleute aber ein genau entgegengesetztes Interesse.
Wenn nun aber der Geist einer solchen Regierung, selbst was die Direktion in Europa angeht, so wesentlich und vielleicht unheilbar verderbt ist, so ist es der Geist ihrer Verwaltung in Indien noch weit mehr. Diese Verwaltung besteht notwendigerweise aus einem Kollegium von Kaufleuten, – ohne Zweifel einem höchst achtbaren Stande, der aber in keinem Lande der Welt jenes Ansehen genießt, welches dem Volke von selbst Ehrerbietung einflößt und ohne alle Gewaltmittel einen freiwilligen Gehorsam erwirbt. Ein solches Kollegium kann sich nur durch die Kriegsmacht, die ihm zu Gebote steht, Gehorsam verschaffen, und die Regierung ist daher notwendigerweise militärisch und despotisch. Dabei ist aber ihr eigentliches Geschäft der Handel. D. h. sie haben auf Rechnung ihrer Herren die ihnen überwiesenen europäischen Waren zu verkaufen und dagegen indische Waren für den europäischen Markt einzukaufen. Sie sollen also die einen möglichst teuer verkaufen und die anderen möglichst wohlfeil kaufen und folglich von dem besonderen Markte, wo sie ihren Kram treiben, alle Mitwerber, so gut es geht, zu entfernen. Daher ist der Geist der Verwaltung in Absicht auf den Handel der Gesellschaft der nämliche wie der der Direktion. Er macht die Regierung dem Interesse des Monopols dienstbar, und hemmt folglich wenigstens zum Teil die natürliche Zunahme des überschüssigen Landeserzeugnisses so weit, daß es nur gerade für die Nachfrage der Gesellschaft hinreicht.
Hierzu kommt noch, daß alle Mitglieder der Verwaltung mehr oder weniger auch für ihre eigene Rechnung Handel treiben, und daß es vergeblich wäre, ihnen dies zu verbieten. Es würde wirklich recht töricht sein, wenn man erwartete, daß die Beamten eines großen Kontors in einer Entfernung von zehntausend Meilen, und also fast ohne alle Aufsicht, durch einen bloßen Befehl ihrer Herren sich abhalten lassen sollten, auf ihre eigene Rechnung Geschäfte zu treiben, daß sie auf immer alle Hoffnung aufgeben sollten, ihr Glück zu machen, wozu sie die Mittel in Händen haben, und daß sie sich mit den mäßigen Besoldungen, die ihnen ihre Herren geben, und die, so mäßig sie auch sind, doch selten erhöht werden können, weil sie gewöhnlich schon so groß sind, als die Profite der Handelsgesellschaft sie zu gewähren erlauben, begnügen sollten. Unter solchen Umständen den Angestellten der Gesellschaft Handel auf ihre eigene Rechnung zu untersagen, könnte kaum eine andere Wirkung haben als die, daß die höheren Angestellten unter dem Vorwande, den Befehl ihrer Herren zu vollziehen, diejenigen unteren Angestellten, die das Unglück hätten, ihnen zu mißfallen, unterdrücken könnten. Die Angestellten suchen natürlich zugunsten ihres eigenen Privathandels ein ebensolches Monopol einzuführen wie es der öffentliche Handel der Gesellschaft genießt. Steht ihnen frei, nach ihrem Belieben zu handeln, so werden sie dieses Monopol offen und geradezu einführen und allen anderen Leuten den Handel mit denjenigen Artikeln, worin sie selbst Geschäfte machen, ein für allemal verbieten. Dies wäre vielleicht noch das beste und am wenigsten drückende Mittel, ein solches Monopol zu errichten. Wird ihnen dagegen durch einen Befehl von Europa aus verboten, so zu handeln, so werden sie dennoch heimlich indirekt ein gleiches Monopol zu bekommen suchen, und dann auf eine Weise, die für das Land noch weit verderblicher ist. Sie werden nun die Gewalt der Regierung mißbrauchen und die Rechtspflege verkehren, um diejenigen zu ermüden und zugrunde zu richten, die ihnen bei einem Handelszweige, den sie durch geheime oder wenigstens nicht öffentlich anerkannte Agenten betreiben, Abbruch tun. Nun erstreckt sich aber der Privathandel der Angestellten natürlich auf eine weit größere Menge von Artikeln als der öffentliche Handel der Kompanie. Der öffentliche Handel der Kompanie besteht nur aus dem Handel mit Europa und einem Teile von dem auswärtigen Handel des Landes, wogegen sich der Privathandel der Angestellten natürlich auf alle verschiedenen Zweige des inländischen und des auswärtigen Handels erstrecken kann. Das Monopol der Gesellschaft hat die Neigung, nur die natürliche Zunahme desjenigen Teils des überschüssigen Erzeugnisses aufzuhalten, der bei freiem Handel nach Europa ausgeführt werden würde. Das der Angestellten hat die Neigung, die natürliche Zunahme aller Erzeugnisse, in denen sie Geschäfte machen wollen, aufzuhalten, mögen sie zur inländischen Konsumtion oder zur Ausfuhr bestimmt sein, und folglich die Kultur des ganzen Landes zu verschlechtern und seine Bevölkerung zu verringern. Es hat die Neigung, die Menge aller Erzeugnisse, selbst der Lebensbedürfnisse, sobald es den Angestellten der Gesellschaft beliebt, damit zu handeln, so weit herunterzubringen, daß die Angestellten sie mit solchem Profit kaufen und wieder verkaufen können wie sie ihnen gut dünkt.
Auch müssen die Angestellten schon durch ihre Lage geneigter sein, ihr eigenes Interesse zum Schaden des Landes, über das sie herrschen, weit strenger zu verfolgen, als ihre Herren. Das Land gehört ihren Herren, die nicht umhin können, einigermaßen das Interesse dieses ihres Eigentums zu berücksichtigen, dagegen haben die Angestellten kein Eigentum daran. Das wahre Interesse der Herren ist, wenn diese es nur zu verstehen imstande wären, das nämliche wie das des Landes Das Interesse jedes einzelnen Inhabers von Indischen Aktien ist jedoch keineswegs einerlei mit dem Interesse des Landes, auf dessen Regierung er durch seine Stimme einen Einfluß erhält. Siehe: Buch V. Kap. I. 3. Teil., und hauptsächlich nur Unwissenheit und niedrige Kaufmannsvorurteile bewegen sie dazu, das Land überhaupt zu bedrücken. Aber das wahre Interesse der Angestellten ist keineswegs dasselbe wie das des Landes, und die vollständigste Belehrung würde ihren Erpressungen darum nicht notwendig ein Ende machen. So sind denn auch die Anordnungen, welche von Europa ausgegangen sind, zwar oftmals sehr seicht gewesen, aber doch fast immer in guter Absicht gegeben worden. Mehr Einsicht aber und vielleicht weniger gute Absichten zeigten sich in den von den Angestellten in Indien getroffenen Anordnungen. Es ist eine seltsame Regierung, wo jedes Mitglied der Verwaltung so schnell als möglich das Land zu verlassen und folglich seiner Regierungsgeschäfte enthoben zu sein wünscht, und wo ein solches Mitglied, nachdem es das Land verlassen und sein ganzes Vermögen mit sich genommen hat, am nächsten Tage auch völlig gleichgültig dagegen ist, wenn das ganze Land durch ein Erdbeben verschlungen würde.
Es ist jedoch nicht meine Absicht, durch das hier Gesagte den allgemeinen Charakter der Angestellten der ostindischen Gesellschaft, und noch weniger den einzelner Personen zu verdächtigen. Nur das Regierungssystem, nur die Lage, in welche diese Leute versetzt sind, nicht aber den Charakter derer, die darin gehandelt haben, will ich tadeln. Sie handelten so, wie es ihre Lage mit sich brachte, und diejenigen, welche am lautesten gegen sie schrien, würden wahrscheinlich selbst nicht besser gehandelt haben. Im Kriege und bei Verhandlungen hat sich der Rat von Madras und Kalkutta oft mit einer Entschlossenheit und entschiedenen Einsicht benommen, wie sie dem römischen Senate in den besten Tagen der Republik Ehre gemacht haben würden. Und doch waren die Mitglieder jenes Rates zu einem von Krieg und Politik sehr verschiedenen Geschäfte erzogen worden. Nur ihre Lage, und nicht Erziehung, Erfahrung oder Beispiel scheint in ihnen allen auf einmal die großen Eigenschaften, deren sie bedurften, entwickelt und Fähigkeiten und Tugenden erweckt zu haben, von denen sie selbst nicht wissen konnten, daß sie sie besäßen. Wenn sie nun ihre Lage in manchen Fällen zu Handlungen des Edelmuts entflammte, deren man sich nicht wohl von ihnen versehen konnte, so darf man sich auch nicht wundern, wenn sie sie in anderen Fällen zu entgegengesetzten Handlungen hinriß.
Solche ausschließliche Kompanien sind also in jeder Beziehung ein Übelstand: für die Länder, in denen sie errichtet werden, sind sie immer mehr oder weniger nachteilig, und für die Länder, die das Unglück haben, unter ihre Herrschaft zu kommen, verderblich.