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Daß Wohlstand in Geld oder in Gold und Silber bestehe, ist eine verbreitete Ansicht, die ganz von selbst aus der doppelten Funktion des Geldes als Tauschmittel und als Wertmesser entspringt. Da es unser Tauschmittel ist, können wir, wenn wir Geld haben, uns alles leichter verschaffen, was wir brauchen, als mittelst jeder anderen Ware. Wir finden stets, daß es die Hauptsache ist, Geld zu bekommen. Hat man es, so hält es nicht schwer, dann alles Weitere zu kaufen. Da es unser Wertmesser ist, schätzen wir den Wert aller anderen Waren nach der Menge Geldes, für die sie eingetauscht werden. Wir sagen im Englischen von einem reichen Manne, er sei viel, und von einem armen, er sei wenig Geld wert. Von einem sparsamen Menschen, d. h. von einem, der sichs angelegen sein läßt, reich zu werden, sagt man, er liebe das Geld; und von einem sorglosen, einem freigebigen oder einem verschwenderischen Menschen sagt man, es sei ihm gleichgültig. Reichwerden heißt zu Geld kommen, und Wohlstand und Geld gelten einfach in der gewöhnlichen Sprache als durchaus gleichbedeutende Wörter.
Wie einen reichen Mann hält man auch ein reiches Land für ein solches, das Geld im Überflusse hat; und Gold und Silber in einem Lande aufzuhäufen, hält man für den kürzesten Weg, es zu bereichern. Nach der Entdeckung Amerikas war eine Zeitlang gewöhnlich das erste, wonach die Spanier fragten, wenn sie an eine unbekannte Küste kamen, ob dort Gold oder Silber in der Gegend zu finden wäre. Je nach der Nachricht, die sie bekamen, bestimmten sie, ob es sich verlohne, dort eine Niederlassung zu errichten oder ob das Land der Eroberung wert sei. Piano Carpino, ein Mönch, den der König von Frankreich zu einem der Söhne des bekannten Dschingischan geschickt hatte, sagt, die Tartaren hätten ihn gewöhnlich oft gefragt, ob es im Königreich Frankreich eine große Menge von Schafen und Ochsen gebe. Ihre Frage hatte denselben Zweck wie die der Spanier. Sie wollten wissen, ob das Land reich genug wäre, um der Eroberung wert zu sein. Unter den Tartaren ist, wie unter allen übrigen Hirtenvölkern, die gewöhnlich den Gebrauch des Geldes nicht kennen, Vieh das Tauschmittel und der Wertmesser. Nach ihrer Ansicht bestand daher Wohlstand in Vieh, wie er nach der Ansicht der Spanier in Gold und Silber bestand. Vielleicht kam von beiden Ansichten die tartarische der Wahrheit am nächsten.
Locke stellt einen Unterschied zwischen Geld und anderen beweglichen Gütern fest. Alle anderen beweglichen Güter, sagt er, sind ihrer Natur nach so verbrauchbar, daß man sich auf den Wohlstand, der auf ihnen beruht, nicht verlassen kann, und daß eine Nation, die in dem einen Jahr einen Überfluß daran hat, in dem nächsten Jahre ohne alle Ausfuhr, lediglich durch ihr eigenes Verwüsten und Verschwenden einen großen Mangel daran haben kann. Geld hingegen ist ein beständiger Freund, der, wenn er auch von Hand zu Hand wandert, doch, falls es nur gelingt, ihn im Lande zu behalten, nicht leicht der Verwüstung und Verzehrung ausgesetzt ist. Daher sind Gold und Silber seiner Ansicht nach der solideste und wesentlichste Teil des beweglichen Reichtums eines Volkes, und es sollte deshalb, wie er meint, die Vermehrung dieser Metalle der Hauptgegenstand ihrer politischen Ökonomie sein.
Andere räumen ein, daß wenn eine Nation von aller Welt getrennt werden könnte, wenig darauf ankommen würde, wie viel oder wie wenig Geld bei ihr umliefe. Die verbrauchbaren Güter, die mittelst dieses Geldes in Umlauf kämen, würden nur für eine größere oder kleinere Anzahl Geldstücke eingetauscht werden; aber der wirkliche Wohlstand oder die wirkliche Armut des Landes würde, das geben sie zu, nur von dem Überfluß oder dem Mangel jener verbrauchbaren Güter abhängen. Anders hingegen, verhält es sich, wie sie glauben, mit Ländern, die Beziehungen mit fremden Völkern unterhalten und die genötigt sind, auswärtige Kriege zu führen und Flotten und Heere in entfernten Ländern zu unterhalten. Dies könne, sagen sie, nur geschehen, wenn zu deren Bezahlung Geld außer Landes geschickt würde, und es könne ein Volk nicht viel Geld hinausschicken, wenn es nicht viel zuhause habe. Mithin müsse jedes Volk in Friedenszeiten Gold und Silber aufhäufen, damit es, wenn der Fall es erheische, Mittel habe, um auswärtige Kriege zu führen.
Diesen allgemeinen Gedanken folgend haben alle europäischen Völker, freilich ohne sonderlichen Erfolg, auf alle möglichen Mittel gesonnen, Gold und Silber in ihren Ländern aufzuhäufen. Spanien und Portugal, die Eigentümer der bedeutendsten Bergwerke, aus denen Europa mit diesen Metallen versorgt wird, haben ihre Ausfuhr entweder unter den härtesten Strafen verboten oder mit einer hohen Strafe belegt. Das gleiche Verbot scheint in alten Zeiten einen Teil der Politik der meisten übrigen europäischen Völker ausgemacht zu haben. Es findet sich sogar, wo man es am allerwenigsten erwarten sollte, in einigen alten schottischen Parlamentsakten, die die Ausfuhr des Goldes und Silbers »aus dem Königreiche hinaus« bei schweren Strafen untersagen. Eine gleiche Politik wurde vor alters in Frankreich und England befolgt.
Als diese Länder Handel zu treiben anfingen, fanden die Kaufleute jenes Verbot in manchen Fällen höchst beschwerlich. Sie konnten oft die fremden Güter, die sie entweder in ihr eigenes Land einführen oder in andere fremde Länder bringen wollten, vorteilhafter mit Gold und Silber, als mit jeder anderen Ware kaufen. Daher sträubten sie sich gegen jenes Verbot als ein für den Handel schädliches.
Erstens wandten sie ein, daß die Ausfuhr von Gold und Silber zum Ankauf fremder Güter nicht immer die Menge dieser Metalle im Königreiche vermindere. Im Gegenteil könne sie diese oft vergrößern, weil jene fremden Güter, wenn ihr Verbrauch im Lande dadurch nicht vermehrt würde, wieder nach fremden Ländern ausgeführt werden könnten, und dann, da sie mit großem Profit verkauft würden, mehr Schätze zurückbringen könnten als zu ihrem Ankaufe hinausgeschickt worden wären. Man vergleicht diese Operation beim auswärtigen Handel mit Saatzeit und Ernte beim Ackerbau: »Wenn wir die Handlungsweise des Landwirtes nur zur Saatzeit betrachten, wo er viel gutes Korn in die Erde hineinwirft, so werden wir ihn eher für einen Narren als für einen Landwirt halten. Sehen wir hingegen seine Arbeiten bei der Ernte, die das Ende seiner Mühen ist, dann finden wir den Wert und reichen Erfolg seiner Handlungsweise.«
Zweitens wandten sie ein, daß dieses Verbot die Ausfuhr von Gold und Silber nicht verhindern könne, weil die im Verhältnis zum Werte kleine Masse dieser Metalle ihr Hinausschmuggeln leicht mache, und daß diese Ausfuhr nur durch eine gehörige Aufmerksamkeit auf das, was sie die Handelsbilanz nannten, verhütet werden könne. Wenn das Land Güter zu einem größeren Werte ausführe als einführe, so würden ihm fremde Völker einen Ausgleich schuldig sein, der notwendig in Gold und Silber bezahlt werden müßte, und dadurch die Menge dieser Metalle im Königreich vergrößern würde. Wenn hingegen das Land Güter zu einem größeren Werte einführte aus ausführte, so würde es fremden Völkern einen entgegengesetzten Ausgleich schuldig bleiben, der diesen auf die nämliche Art gezahlt werden müßte und dadurch diese Menge verringern würde. In diesem Falle könne das Verbot die Ausfuhr dieser Metalle nicht verhüten, sondern sie nur kostspieliger machen, indem es sie gefahrvoller mache. Dadurch würde der Wechselkurs ungünstiger für das Land stehen, das den Ausgleich schulde, als es sonst der Fall wäre, weil der Kaufmann, der einen Wechsel auf das Ausland gekauft hätte, genötigt wäre, dem Bankier, der ihn verkauft hätte, nicht nur die natürliche Gefahr, Mühe und Kosten der Versendung des Geldes, sondern auch noch die besondere Gefahr, die aus dem Verbote entstehe, zu vergüten. Je ungünstiger aber der Wechselkurs für ein Land stehe, desto ungünstiger werde ihm auch die Handelsbilanz, weil das Geld dieses Landes notwendig in Vergleich mit dem Gelde desjenigen Landes, dem der Ausgleich geschuldet werde, um ebensoviel an Wert fallen müsse. Wäre z. B. der Wechselkurs zwischen England und Holland fünf Prozent gegen England, so würden in England 105 Unzen Silber nötig sein, um einen Wechsel von 100 Unzen Silber auf Holland zu kaufen; es wären also 105 Unzen Silber in England nur so viel wie 100 Unzen in Holland wert, und es würde auch nur eine entsprechende Menge holländischer Güter damit zu kaufen sein. Hingegen würden aber 100 Unzen Silber in Holland 105 Unzen in England wert sein, und es wäre dafür eine entsprechende Menge englischer Güter zu kaufen. Mithin würden die englischen Waren, die nach Holland verkauft würden, um so viel wohlfeiler, und die holländischen Waren, die nach England verkauft würden, wegen des Unterschiedes im Wechselkurs, um so viel teurer verkauft werden; das eine würde um so viel weniger holländisches Geld nach England, und das andere um so viel mehr englisches Geld nach Holland ziehen, als dieser Unterschied ausmache, und es stehe mithin notwendigerweise die Handelsbilanz um so viel ungünstiger für England und erfordere, daß zum Ausgleich mehr Gold und Silber nach Holland ausgeführt werde.
Diese Argumente waren teils richtig und teils sophistisch. Richtig waren sie, sofern sie behaupten, daß die Ausfuhr von Gold und Silber durch den Handel dem Lande oft vorteilhaft werde. Auch darin waren sie richtig, daß sie behaupteten, es könne kein Verbot ihre Ausfuhr verhüten, wenn Privatleute in dieser Ausfuhr einen Vorteil fänden. Sophistisch aber waren sie in der Annahme, daß die Erhaltung oder Vermehrung der Menge jener Metalle mehr die Aufmerksamkeit der Regierung verdiene, als die Erhaltung oder Vermehrung der Menge jeder anderen nützlichen Ware, die die Handelsfreiheit ohne jede Aufmerksamkeit stets in der nötigen Menge bietet. Sophistisch waren sie vielleicht auch mit der Behauptung, daß der hohe Preis der Wechsel notwendigerweise das, was sie die ungünstige Handelsbilanz nannten, vermehre oder die Ausfuhr einer größeren Menge Goldes und Silbers veranlasse. Freilich war dieser hohe Preis den Kaufleuten, die mit Geld ins Ausland zu zahlen hatten, sehr nachteilig: sie mußten die Wechsel, welche sie von ihren Bankiers auf jene Länder erhielten, desto teurer bezahlen. Allein wenn auch die Gefahr, die aus dem Verbote entsprang, den Bankiers einige außerordentliche Kosten verursachen mochte, so wurde doch dadurch nicht notwendig mehr Geld aus dem Lande geführt. Diese Kosten wurden vielmehr gewöhnlich alle im Lande aufgewendet, um das Geld aus demselben hinauszuschmuggeln und konnten wohl niemals Ursache werden, daß auch nur ein Sixpence über die angewiesene Summe ausgeführt wurde. Auch mußte der hohe Preis der Wechsel die Kaufleute natürlich dazu bewegen, daß sie ihre Ausfuhr mit ihrer Einfuhr beiläufig ins Gleichgewicht zu bringen suchten, damit sie diesen hohen Wechselpreis nur bei einer möglichst kleinen Summe zu bezahlen hätten. Und ferner mußte der hohe Preis der Wechsel notwendigerweise wie eine Auflage wirken, indem er den Preis der fremden Güter in die Höhe trieb und dadurch ihren Bezug verminderte. Er neigte also dazu, das, was sie eine ungünstige Handelsbilanz nannten, nicht zu vermehren, sondern zu vermindern, und verminderte folglich die Ausfuhr von Gold und Silber.
Doch gerade so, wie sie waren, überzeugten diese Argumente die Leute, an die sie gerichtet waren. Sie waren von Kaufleuten an Parlamente und Staatsräte der Fürsten, an Adelige und Landedelleute gerichtet, von solchen, die dafür galten, daß sie den Handel verstehen, an solche, die sich bewußt waren, daß sie nichts von der Sache verstanden. Daß der auswärtige Handel das Land bereichere, zeigte die Erfahrung den Adeligen und Landedelleuten ebensogut wie den Kaufleuten, aber wie und in welcher Weise wußte keiner von ihnen recht. Die Kaufleute wußten vortrefflich, auf welche Weise er sie selbst bereicherte: es war ihr Geschäft, das zu wissen; aber zu wissen, auf welche Weise er das Land bereicherte, das gehörte nicht zu ihrem Geschäfte. Sie dachten nie daran, außer wenn sie sich wegen einer Veränderung in den Gesetzen, betreffend den auswärtigen Handel, an das Land zu wenden hatten. Dann wurde es nötig, etwas über die wohltätigen Wirkungen des auswärtigen Handels und die Art, wie diese Wirkungen durch die bestehenden Gesetze gehemmt würden, zu sagen. Den Richtern, die über den Handel zu entscheiden hatten, schien die Sache sehr einleuchtend aufgeklärt zu sein, wenn man ihnen sagte, daß der auswärtige Handel Geld ins Land bringe, die in Frage stehenden Gesetze aber ihn daran verhinderten, so viel hineinzubringen, als er sonst bringen könnte. Jene Argumente hatten daher den gewünschten Erfolg. Das Verbot der Gold- und Silberausfuhr wurde in Frankreich und England auf die Landesmünzen beschränkt; die Ausfuhr ausländischer Münzen und Barren wurde freigegeben. In Holland und an einigen anderen Orten wurde diese Freiheit sogar auf die Landesmünze ausgedehnt. So wurde die Aufmerksamkeit der Regierung von der Verhütung der Gold- und Silberausfuhr abgelenkt, um über die Handelsbilanz, als die einzige Ursache, die eine Vermehrung oder Verminderung jener Metalle bewirken könne, zu wachen. Von einer fruchtlosen Sorge befreit, wurde sie auf eine andere, noch weit mühseligere und schwierigere und ebenso fruchtlose abgelenkt. Der Titel von Mun's Buch »Englands Schatz im auswärtigen Handel« wurde zu einer Grundmaxime der politischen Ökonomie, nicht nur in England, sondern auch in allen übrigen handeltreibenden Ländern. Der inländische oder Binnenhandel, der wichtigste von allen, bei dem ein gleich großes Kapital das größte Einkommen liefert und der heimischen Bevölkerung die meiste Beschäftigung gibt, wurde nur als etwas dem auswärtigen Handel Untergeordnetes betrachtet. Er bringe, hieß es, weder Geld in das Land, noch führe er etwas hinaus. Das Land könne also durch ihn weder reicher noch ärmer werden, außer soweit sein Glück oder Verfall mittelbar den Zustand des auswärtigen Handels beeinflusse.
Ein Land, das keine eigenen Bergwerke hat, muß ohne Zweifel sein Gold und Silber aus fremden Ländern beziehen, gerade wie eines, das keine eigenen Weinberge hat, seine Weine beziehen muß. Es scheint jedoch nicht nötig zu sein, daß der Staat seine Aufmerksamkeit mehr auf den einen als auf den anderen Gegenstand verwendet. Ein Land, das Mittel hat, Wein zu kaufen, wird immer so viel Wein bekommen, als es braucht; und ein Land, das Mittel hat, Gold und Silber zu kaufen, wird niemals um diese Metalle in Verlegenheit sein. Sie sind gleich allen anderen Waren für einen gewissen Preis zu kaufen, und wie sie der Preis aller anderen Waren sind, so sind alle anderen Waren der Preis dieser Metalle. Wir können mit vollkommener Sicherheit darauf rechnen, daß die Freiheit des Handels uns ohne alle Aufmerksamkeit der Regierung stets mit so viel Wein versorgen wird, als wir brauchen, und wir können mit derselben Sicherheit darauf rechnen, daß sie uns stets mit allem Golde und Silber versorgen werde, das wir zu kaufen und zur Zirkulation unserer Waren oder zu anderen Zwecken anzuwenden imstande sind.
Die Menge jeder Ware, die der menschliche Fleiß erwerben oder erzeugen kann, richtet sich in jedem Lande naturgemäß von selbst nach der wirksamen Nachfrage, d. h. nach der Nachfrage derjenigen, welche alle Renten, Arbeit und Profite zu zahlen bereit sind, die bezahlt werden müssen, wenn sie hergestellt und zu Markt gebracht werden soll. Keine Waren aber richten sich leichter oder genauer nach dieser wirksamen Nachfrage als Gold und Silber; denn keine Ware kann so leicht wie diese Metalle wegen ihres geringen Volumens und großen Wertes von einem Orte nach dem anderen, von Orten, wo sie wohlfeil sind, nach denen, wo sie teuer sind, von Orten, wo sie über die wirksame Nachfrage hinausgehen, nach denen, wo sie hinter dieser wirksamen Nachfrage zurückbleiben, gebracht werden. Wenn z. B. in England eine wirksame Nachfrage nach einer größeren Menge Goldes wäre, so könnte ein Paketboot fünfzig Tonnen Goldes aus Lissabon, oder wo es sonst zu haben wäre, herbringen, und diese könnten zu mehr als fünf Millionen Guineen ausgeprägt werden. Wäre dagegen eine wirksame Nachfrage nach Getreide vom selben Werte vorhanden, so würden zur Verfrachtung, wenn man die Tonne zu fünf Guineen berechnet, eine Million Schiffstonnen oder tausend Schiffe von je tausend Tonnen Gehalt dazu nötig sein. Englands Flotte wäre dazu nicht groß genug.
Wenn die in ein Land eingeführte Menge Goldes und Silbers die wirksame Nachfrage übersteigt, so kann keine Wachsamkeit der Regierung ihre Ausfuhr verhüten. Alle die grausamen Gesetze Spaniens und Portugals sind nicht imstande, ihr Gold und Silber im Lande zu halten. Die fortwährende Einfuhr aus Peru und Brasilien übersteigt die wirksame Nachfrage jener Länder und drückt dort den Preis dieser Metalle unter den in den benachbarten Ländern. Wenn hingegen in irgendeinem Lande ihre Menge hinter der wirksamen Nachfrage zurückbliebe, so daß ihr Preis über den in den benachbarten Ländern hinaufginge, so hätte es die Regierung nicht nötig, sich um ihre Einfuhr besonders zu bemühen. Ja, selbst wenn sie sich besondere Mühe gäbe, die Einfuhr zu verhindern, würde sie nicht imstande zu sein, es durchzusetzen. Jene Metalle brachen, als die Spartaner Mittel erlangt hatten, sie zu kaufen, durch alle Dämme hindurch, welche die Lykurgischen Gesetze ihrem Eindringen nach Lacedämon entgegengesetzt hatten. Alle die grausamen Zollgesetze vermögen nicht, die Teeeinfuhr der holländischen und Gothenburger ostindischen Handelsgesellschaften zu verhindern, weil ihr Tee etwas wohlfeiler ist, als der der britischen Gesellschaft. Und doch ist ein Pfund Tee ungefähr hundertmal größer im Umfang als einer der höchsten Preise, nämlich sechzehn Schilling, der gewöhnlich dafür in Silber bezahlt wird, und mehr als zweitausendmal größer im Umfang als derselbe Preis in Gold, so daß es um ebensoviel schwieriger ist, ihn zu schwärzen.
Daß Gold und Silber so leicht von dem Orte, wo es in Überfluß ist, nach anderen, wo es fehlt, gebracht werden kann, ist zum Teil der Grund, warum der Preis dieser Metalle nicht fortwährend ebenso schwankt, wie der der meisten anderen Waren, die durch ihren Umfang behindert sind, ihr Lager, sobald der Markt entweder zu wenig oder zu stark mit ihnen versehen ist, zu verändern. Zwar ist der Preis dieser Metalle nicht von aller Veränderung frei, aber die Schwankungen, denen er ausgesetzt ist, geschehen langsam, stufenweise und gleichmäßig. In Europa z. B. sind sie, wie man, vielleicht ohne rechten Grund, annimmt, im gegenwärtigen und vorigen Jahrhundert stufenweise, aber ununterbrochen in ihrem Werte gesunken, und zwar wegen der beständigen Einfuhr aus dem spanischen Westindien. Um jedoch eine so plötzliche Schwankung im Preise des Goldes und Silbers hervorzubringen, daß der Geldpreis aller anderen Waren dadurch auf einmal merklich und fühlbar gesteigert oder gedrückt würde, dazu bedarf es einer solchen Revolution im Handel, wie sie die Entdeckung Amerikas verursachte.
Wenn es trotz alledem einmal in einem Lande, das die Mittel hat, um Gold und Silber zu kaufen, daran fehlen sollte, so gibt es mehr Mittel, ihre Stelle zu ersetzen, als bei den meisten anderen Waren. Wenn die Materialien für die Manufakturen fehlen, so muß der Gewerbfleiß innehalten. Wenn es an Lebensmitteln fehlt, müssen die Leute darben. Wenn es aber an Geld fehlt, so ersetzt der Tauschhandel, freilich mit vieler Unbequemlichkeit, seine Stelle. Wenn man auf Kredit kauft und verkauft, und die verschiedenen Kaufleute alle Monate und alle Jahre einmal ihre Kredite miteinander verrechnen, macht sein Fehlen noch weniger Unbequemlichkeit. Ein gut geregeltes Papiergeld wird es nicht nur ohne Unbequemlichkeit, sondern in manchen Fällen sogar mit einigem Vorteil ersetzen. Auf jeden Fall war also die Fürsorge der Regierung niemals so unnötig in Anspruch genommen, als wenn sie darauf gerichtet wurde, die Geldmenge in einem Lande zu erhalten oder zu vermehren.
Aber keine Klage ist so verbreitet wie die über Geldknappheit. Geld muß, so wie Wein, immer bei denen knapp sein, die weder Mittel haben, es zu kaufen, noch Kredit, es zu borgen. Wer eines davon hat, wird selten um Geld oder Wein, wenn er sie braucht, in Not sein. Diese Klage über die Geldknappheit beschränkt sich jedoch nicht immer auf leichtfertige Verschwender, sondern herrscht bisweilen in einer ganzen Handelsstadt und ihrer Umgegend. Ihre gewöhnliche Ursache ist eine Überspannung des Handels. Besonnene Leute, deren Pläne nicht im richtigen Verhältnis zu ihren Kapitalien stehen, kommen ebenso leicht in die Lage, daß sie keine Mittel haben, Geld zu kaufen, und keinen Kredit, welches zu borgen, wie Verschwender, deren Aufwand nicht im richtigen Verhältnisse zu ihrem Einkommen steht. Ehe ihre Pläne so weit gediehen sind, daß sie etwas einbringen, ist ihr Kapital, und mit ihm ihr Kredit weg; sie laufen überall umher, um Geld zu borgen, und jedermann sagt ihnen, er habe keines zu verleihen. Aber auch solche allgemeine Klagen über die Geldknappheit beweisen nicht immer, daß nicht die gewöhnliche Zahl von Gold- und Silberstücken im Lande umläuft, sondern nur, daß es vielen Leuten, die nichts dafür zu geben haben, an ihnen gebricht. Wenn die Handelsprofite einmal größer sind als sonst, so wird die Überspannung des Handels ein allgemeiner Mißgriff, den große und kleine Kaufleute machen. Sie senden nicht immer mehr Geld als gewöhnlich aus dem Lande, aber sie kaufen im Lande und auswärts eine ungewöhnliche Menge von Gütern auf Kredit, die sie dann in der Hoffnung, daß ihr Geld wieder eingehen werde, ehe Zahlung verlangt wird, auf irgendeinen entfernten Markt senden. Nun kommen aber die Forderungen, ehe das Geld eingeht, und sie haben nichts in Händen, womit sie entweder Geld kaufen oder beim Borgen gute Sicherheit geben können. Es ist nicht eine Knappheit an Gold und Silber, sondern die Schwierigkeit, die es solchen Leuten macht, zu borgen, und die es ihren Gläubigern macht, Zahlung zu erhalten, was jene allgemeine Klage über die Geldknappheit verursacht.
Es würde zu lächerlich sein, allen Ernstes beweisen zu wollen, daß Wohlstand nicht in Geld oder in Gold und Silber, sondern in dem besteht, wofür man Geld kauft und was nur um dieses Kaufens willen Wert hat. Das Geld bildet ohne Zweifel immer einen Teil des Nationalkapitals; aber es ist schon gezeigt worden, daß es im allgemeinen nur einen kleinen und immer den am wenigsten einträglichen Teil davon bildet.
Nicht deshalb findet es der Kaufmann im allgemeinen leichter, Güter mit Geld als Geld mit Gütern zu kaufen, weil der Wohlstand dem Wesen nach mehr in Geld als in Gütern besteht, sondern deshalb, weil das Geld das bekannte und eingeführte Verkehrsmittel ist, für das jedes Ding leicht im Tausch hingegeben wird, das aber nicht immer mit gleicher Leichtigkeit für jedes andere Ding im Tausche zu haben ist. Überdies sind die meisten Güter mehr dem Verderben unterworfen als Geld, und er erleidet wohl oft bei ihrer Aufbewahrung einen viel größeren Verlust. Auch ist er, wenn seine Güter auf dem Lager liegen, mehr solchen Geldforderungen ausgesetzt, die er nicht zu befriedigen vermag, als wenn er ihren Preis in seiner Kasse hat. Vor allen Dingen stammt aber sein Profit viel unmittelbarer vom Verkaufen als vom Kaufen, und er ist aus allen diesen Gründen gewöhnlich weit mehr darauf bedacht, seine Güter gegen Geld, als sein Geld gegen Güter zu vertauschen. Allein wenn auch ein einzelner Kaufmann bei einem Überfluß von Gütern auf seinem Speicher mitunter zugrunde gerichtet sein mag, weil er sie nicht zur rechten Zeit verkaufen kann, so ist doch eine Nation oder ein Land nicht dem nämlichen Schicksal ausgesetzt. Das ganze Kapital eines Kaufmannes besteht oft in leicht verderblichen Gütern, die zum Erwerb von Geld bestimmt sind. Dahingegen ist es immer nur ein sehr kleiner Teil des jährlichen Boden- und Arbeitsproduktes eines Landes, der zum Erwerb von Gold und Silber von den Nachbarn bestimmt werden kann. Der bei weitem größere Teil zirkuliert im Lande selbst und wird dort verbraucht; und selbst von dem Überschusse, der aus dem Lande geschickt wird, ist das meiste gewöhnlich zum Erwerb anderer ausländischer Güter bestimmt. Wenn daher auch für die zum Erwerb von Gold und Silber bestimmten Güter keines zu haben wäre, so würde die Nation nicht zugrunde gerichtet sein. Sie könnte freilich dadurch einige Verluste und Beschwerden erleiden und zu Auskunftsmitteln gezwungen werden, die als Platzhalter des Geldes notwendig sind. Allein das jährliche Produkt seines Bodens und seiner Arbeit würde dasselbe oder beinahe dasselbe bleiben wie gewöhnlich, weil zu ihrer Erhaltung dasselbe oder beinahe dasselbe verbrauchbare Kapital aufgewendet werden würde. Und obgleich Güter nicht immer so leicht Geld verschaffen, als Geld Güter verschafft, so verschaffen sie es mit der Zeit doch noch gewisser, als selbst dieses jene verschafft. Güter können zu manchen anderen Zwecken dienen als zum Gelderwerb, Geld aber dient zu keinem anderen Zwecke, als zum Gütererwerb. Das Geld folgt also notwendig den Gütern, aber die Güter folgen nicht immer oder nicht notwendig dem Gelde. Wer kauft, ist nicht stets gewillt, wieder zu verkaufen, sondern will oft nur gebrauchen oder verzehren, wogegen der, welcher verkauft, immer wieder zu kaufen beabsichtigt. Der eine ist oft mit seinem Geschäfte fertig, während der andere immer nur die Hälfte davon gemacht haben kann. Nicht um seiner selbst willen wünschen die Menschen das Geld, sondern um dessentwillen, was sie damit erwerben können.
Verbrauchbare Waren, sagt man, sind bald zerstört, während Gold und Silber dauerhafterer Natur sind und, wenn nicht diese fortwährende Ausfuhr wäre, leicht Jahrhunderte hindurch bis zur unglaublichen Vermehrung des wahren Reichtums des Landes aufgehäuft werden könnten. Daher könne, wie behauptet wird, nichts für ein Land so schädlich sein, als der Handel, der sich mit dem Vertauschen so dauerhafter Waren gegen so vergängliche beschäftigt. Dennoch sehen wir jenen Handel, der sich mit dem Vertauschen englischer Eisenwaren gegen französische Weine beschäftigt, nicht als schädlich an, obgleich Eisenwaren eine sehr dauerhafte Ware sind und, wenn jene fortwährende Ausfuhr nicht wäre, ebenfalls leicht Jahrhunderte hindurch bis zur unglaublichen Vermehrung der Töpfe und Pfannen des Landes aufgehäuft werden könnten. Allein es begreift sich leicht, daß die Zahl solcher Gerätschaften in jedem Lande durch den Gebrauch, den man dafür hat, notwendig begrenzt ist, daß es abgeschmackt sein würde, mehr Töpfe und Pfannen zu haben, als zum Kochen der gewöhnlich dort verbrauchten Lebensmittel nötig sind, und daß, wenn die Menge der Lebensmittel zunimmt, die Zahl der Töpfe und Pfannen gleichfalls zunehmen würde, indem man einen Teil der vermehrten Menge von Lebensmitteln entweder zu ihrem Ankauf, oder dazu verwendet, eine neue Zahl von Arbeitern zu ernähren, deren Geschäft es ist, sie zu verfertigen. Ebenso leicht sollte es sich begreifen, daß in jedem Lande die Menge Gold und Silber durch den Gebrauch, den man dafür hat, begrenzt wird; daß ihr Gebrauch darin besteht, als Münzen Waren in Umlauf zu setzen und als Geschirr einen Teil des Hausgerätes zu bilden; daß die Menge der Münzen sich in jedem Lande nach dem Werte der damit in Umlauf zu setzenden Waren richtet, so daß, wenn man diesen Wert vermehrt, sofort ein Teil davon ins Ausland geschickt wird, um, wo es auch immer zu haben sei, die neue Anzahl Münzen, die sein Umlauf erfordert, zu kaufen; daß die Menge des Geschirres sich nach der Zahl und dem Reichtum der Familien richtet, die sich solche Pracht erlauben, so daß, wenn man die Zahl und den Reichtum solcher Familien vermehrt, höchst wahrscheinlich ein Teil dieses vermehrten Reichtums dazu verwendet werden wird, eine neue Menge von Geschirr, wo immer es zu haben sein wird, zu kaufen; und daß es endlich ebenso töricht wäre, den Reichtum eines Landes durch Einführung oder Fernhaltung einer unnötigen Menge Goldes und Silbers vermehren zu wollen, als einer Familie dadurch zu einer besseren Tafel zu verhelfen, daß man sie zwänge, eine unnötige Menge Küchengerät zu haben. So wie die Gestehungskosten dieses unnötigen Gerätes die Menge oder die Güte der Lebensmittel in einer Familie vermindern würden, statt sie zu vermehren, so müßten auch in einem Lande die Gestehungskosten einer unnötigen Menge von Gold und Silber notwendig den Reichtum vermindern, der dem Volke Nahrung, Kleidung, Wohnung, Unterhalt und Arbeit verschafft. Man muß bedenken, daß Gold und Silber, gleichviel ob als Münze oder als Geschirr, ebensogut Geräte sind wie das Küchengeschirr. Man vermehre ihren Gebrauch, man vermehre ihre brauchbaren Waren, die damit in Umlauf gesetzt, bearbeitet und verfertigt werden, und man wird unfehlbar die Menge vermehren; hat man hingegen durch außerordentliche Mittel versucht, diese Menge zu vermehren, so wird man ebenso unfehlbar ihren Gebrauch und damit sogar ihre Menge vermindern, die bei diesen Metallen niemals größer sein kann, als der Gebrauch es nötig macht. Sollten sie jemals über diese Menge hinaus sich anhäufen, so ist ihre Versendung so leicht und der Verlust, wenn sie müßig und unbenutzt liegen, so groß, daß kein Gesetz, ihre sofortige Ausfuhr aus dem Lande verhindern könnte.
Es ist nicht immer nötig, Gold und Silber aufzuhäufen, um ein Land zur Führung auswärtiger Kriege und zum Unterhalt von Flotten und Heeren in entfernten Gegenden zu befähigen. Flotten und Heere werden nicht mit Gold und Silber, sondern mit verzehrbaren Gütern erhalten. Eine Nation, die aus dem jährlichen Erzeugnis ihres einheimischen Fleißes, aus dem jährlichen Einkommen ihrer Ländereien, ihrer Arbeit und ihrer verzehrbaren Vorräte die Mittel hat, diese verzehrbaren Güter in entfernten Gegenden zu kaufen, kann dort auswärtige Kriege führen.
Eine Nation kann den Sold und die Lebensmittel für ein Heer in einem entfernten Lande auf dreierlei Art beschaffen; sie kann erstens einen Teil ihres aufgehäuften Goldes und Silbers, oder zweitens einen Teil vom jährlichen Produkte ihrer Manufakturen, oder endlich einen Teil ihres jährlichen Rohproduktes hinausschicken.
Das Gold und Silber, das man eigentlich in einem Lande als aufgehäuft oder aufgesammelt betrachten kann, läßt sich in drei Teile scheiden: erstens in das umlaufende Geld, zweitens in das Geschirr der Familien, und drittens in das Geld, welches durch langjährige Sparsamkeit gesammelt und in dem Schatz des Fürsten niedergelegt worden ist.
Von dem umlaufenden Gelde des Landes kann nur selten viel erspart werden, weil nur selten viel davon überflüssig sein kann. Der Wert der in einem Lande jährlich gekauften und verkauften Güter erfordert eine gewisse Menge Geldes, um sie in Umlauf zu setzen und zu ihren eigentlichen Konsumenten zu bringen, kann aber nicht mehr festhalten. Der Umlaufskanal zieht notwendig eine Summe an sich, die ihn auszufüllen vermag und läßt nie mehr zu. Doch wird gewöhnlich im Falle eines auswärtigen Krieges aus diesem Kanale etwas abgeleitet. Da eine große Zahl von Menschen in der Fremde erhalten wird, so werden weniger im Lande selbst erhalten. Es sind hier weniger Waren im Umlaufe, und es ist weniger Geld nötig, um sie in Umlauf zu setzen. Auch wird bei solchen Gelegenheiten in der Regel eine außergewöhnliche Menge Papiergeld der einen oder anderen Art, z. B. in England Schatzscheine, Schiffsnoten und Banknoten, ausgegeben und ermöglicht, indem es die Stelle des umlaufenden Goldes und Silbers vertritt, die Versendung einer größeren Menge davon ins Ausland. Alles dies wäre jedoch nur ein armseliges Mittel, einen kostspieligen und mehrere Jahre dauernden, auswärtigen Krieg zu unterhalten.
Das Einschmelzen des Geschirrs der Privatleute hat sich jedesmal als ein noch weit unbedeutenderes gezeigt. Die Franzosen hatten am Anfang des letzten Krieges nicht einmal so viel Vorteil von diesem Behelf, um den Verlust der Fasson wettmachen zu können.
Die aufgehäuften Schätze des Fürsten boten in früheren Zeiten ein weit kräftigeres und dauernderes Mittel dar. In unseren heutigen Zeiten scheint, wenn man den König von Preußen ausnimmt, das Aufhäufen eines Schatzes nicht zur Politik der europäischen Fürsten zu gehören.
Die Fonds, aus denen die auswärtigen Kriege dieses Jahrhunderts, die kostspieligsten vielleicht, von denen die Geschichte berichtet, bestritten wurden, scheinen nur wenig von der Ausfuhr des umlaufenden Geldes oder des Geschirres der Privatleute oder des fürstlichen Schatzes abhängig gewesen zu sein. Der letzte französische Krieg kostete Großbritannien mehr als 90 000 000, mit Einschluß nicht nur der 75 000 000 neu aufgenommener Staatsschulden, sondern auch der zwei neuen Schillinge auf jedes Pfund Grundsteuer und dessen, was jährlich von dem Tilgungsfond entliehen wurde. Mehr als zwei Drittel dieser Summe wurde in fernen Ländern ausgegeben: in Deutschland, Portugal, Amerika, in den Häfen des mittelländischen Meeres, in Ost- und Westindien. Die Könige von England hatten keinen aufgehäuften Schatz. Wir haben nie davon gehört, daß eine außerordentliche Menge Geschirr eingeschmolzen worden wäre. Das im Lande umlaufende Gold und Silber wird auf nicht mehr als 18 000 000 geschätzt. Seit der letzten Umprägung des Goldes glaubt man freilich, es viel zu gering angeschlagen zu haben. Nehmen wir daher nach der höchsten Berechnung, die ich mich jemals gesehen oder gehört zu haben erinnere, an, daß Gold und Silber sich zusammen auf 30 000 000 belief. Wäre der Krieg nun mittels unseres Geldes geführt worden, so hätte es selbst nach dieser Berechnung in einem Zeitraum von sechs bis sieben Jahren zweimal hinaus- und wieder zurückgeschickt worden sein müssen. Nimmt man das an, so würde das den schlagendsten Beweis dafür liefern, wie unnötig es ist, daß die Regierung über die Erhaltung des Geldes wache, da nach dieser Annahme das ganze Geld des Landes in einer kurzen Zeit zweimal hinaus- und wieder zurückgelaufen sein muß, ohne daß irgendein Mensch etwas davon gemerkt hat. Und dabei schien doch der Umlaufskanal in keinem Augenblick jenes Zeitraums leerer zu sein als sonst. Es fehlte wenig Leuten an Geld, die etwas dafür hinzugeben hatten. Die Profite des auswärtigen Handels waren allerdings während des ganzen Krieges größer als gewöhnlich, aber hauptsächlich erst gegen sein Ende. Dies verursachte, was es immer verursacht, eine allgemeine Geschäftsübertreibung in allen großbritannischen Häfen, und dies verursachte wieder die gewöhnliche Klage über Geldmangel, die stets auf Geschäftsübertreibung folgt. Es fehlte nun vielen Leuten an Geld, die weder Mittel hatten, welches zu kaufen, noch Kredit, es zu borgen; und weil die Schuldner nur schwer Darlehen bekamen, so erhielten die Gläubiger schwer Bezahlung. Indes waren Gold und Silber im allgemeinen für ihren Wert von denen zu haben, die diesen Wert geben konnten.
Die ungeheuren Kosten des letzten Krieges müssen also in der Hauptsache nicht durch die Ausfuhr von Gold und Silber, sondern durch die von britischen Waren dieser oder jener Art bestritten worden sein. Wenn die Regierung, oder die, welche in ihrem Namen handelten, mit einem Kaufmanne über eine Geldzahlung nach einem fremden Lande kontrahierten, so suchte dieser natürlich seinen auswärtigen Korrespondenten, auf den er einen Wechsel gegeben hatte, lieber durch eine Waren-, als durch eine Geldsendung zu bezahlen. Waren die britischen Waren in jenem Lande nicht gesucht, so suchte er sie in ein anderes Land zu senden, wo er einen Wechsel auf jenes Land kaufen konnte. Die Versendung von Waren trägt, wenn sie nur dem Markt angepaßt ist, allemal großen Profit, während die Versendung von Gold und Silber selten welchen abwirft. Werden diese Metalle weggeschickt, um fremde Waren zu kaufen, so entspringt der Profit des Kaufmanns nicht dem Kaufe, sondern dem Verkaufe der Waren. Werden sie aber bloß zur Abzahlung einer Schuld weggeschickt, so bekommt er keine Waren und folglich keinen Profit. Darum sinnt er angestrengt darauf, Mittel ausfindig zu machen, wie er seine auswärtigen Schulden durch die Ausfuhr von Waren, statt durch die von Gold und Silber, bezahlen könne. Die große Menge britischer Güter, die in dem letzten Kriege ausgeführt wurde, ohne daß Waren dafür zurückkamen, ist auch von dem Verfasser des » Present state of the nation« vermerkt worden.
Außer den oben erwähnten drei Arten des Goldes und Silbers gibt es in allen großen Handelsstaaten eine Menge Barren, die zum Zweck des auswärtigen Handels abwechselnd ein- und ausgeführt werden. Da diese Barren unter den verschiedenen Handelsstaaten ebenso umlaufen, wie die Landesmünze in jedem einzelnen Lande umläuft, so kann man sie als das Geld der großen Handelsgemeinschaft ansehen. Die Landesmünze erhält ihre Bewegung und Richtung von den Waren, die innerhalb eines einzelnen Landesgebietes umlaufen; das Geld der Handelsgemeinschaft erhält sie von denen, die zwischen verschiedenen Ländern in Umlauf sind. Beide dienen zur Erleichterung der Täusche: das eine zwischen verschiedenen Individuen desselben Volkes, das andere zwischen den Individuen verschiedener Völker. Ein Teil von diesem Gelde der großen Handelsgemeinschaft kann wohl zur Führung des letzten Krieges verwendet worden sein, und ist wahrscheinlich auch dazu verwendet worden. Es ist natürlich anzunehmen, daß ihm in der Zeit eines allgemeinen Krieges eine andere Bewegung und Richtung mitgeteilt wird, als es mitten im tiefsten Frieden zu haben pflegt, daß es mehr auf dem Schauplatze des Krieges umläuft und mehr dazu verwendet wird, um dort, sowie in den benachbarten Ländern, den Sold und Unterhalt der verschiedenen Armeen zu beschaffen. Welchen Teil aber auch Großbritannien von diesem Gelde der Handelsgemeinschaft jährlich so gebraucht haben mag, so muß es ihn doch alle Jahre entweder mit britischen Waren, oder mit sonst etwas, was für sie gekauft worden war, angeschafft haben, und dies führt uns immer wieder auf Waren, auf das jährliche Bodenerzeugnis des Landes, als die letzte Quelle, die uns zur Führung eines Krieges befähigte, zurück. Tatsächlich ist es natürlich, anzunehmen, daß ein so großer jährlicher Aufwand mit einer großen jährlichen Erzeugung bestritten worden ist. So beliefen sich z. B. die Ausgaben von 1761 auf mehr als neunzehn Millionen. Keine Aufhäufung hätte eine so verschwenderische Jahresausgabe bestreiten können. Es gibt keine Jahreserzeugung, selbst die an Gold und Silber nicht ausgenommen, die dazu ausgereicht hätte. Alles Gold und Silber, das jährlich nach Spanien und Portugal eingeführt wird, beläuft sich nach den besten Nachrichten gewöhnlich auf nicht viel über sechs Millionen Sterling, was in einigen Jahren kaum hingereicht haben würde, die Kosten des letzten Krieges während vier Monaten zu decken.
Die Waren, die zur Verschickung in entfernte Länder am geeignetsten sind, um dort den Sold und Unterhalt eines Heeres oder einen Teil des dazu bestimmten Geldes der Handelsgemeinschaft zu kaufen, scheinen die feineren und vollendeten Manufakturwaren zu sein, die in einem kleinen Volumen einen großen Wert einschließen und deshalb mit wenig Kosten weithin versandt werden, können. Ein Land, dessen Gewerbe einen großen jährlichen Überschuß an solchen Manufakturwaren, die ins Ausland verschickt zu werden pflegen, hervorbringt, kann jahrelang einen höchst kostspieligen Krieg aushalten, ohne eine große Menge Goldes und Silbers auszuführen, oder auch nur eine große Menge zur Ausfuhr bereit zu haben. Allerdings muß in diesem Falle ein beträchtlicher Teil des jährlichen Überschusses seiner Manufakturen ausgeführt werden, ohne dem Lande wieder Eingänge zu bringen, während er dem Kaufmann welche bringt; denn die Regierung kauft dem Kaufmanne seine Wechsel aufs Ausland ab, um dort den Sold und Unterhalt einer Armee damit zu bezahlen. Indessen kann immer noch ein Teil dieses Überschusses wieder Eingänge bringen. Im Kriege pflegt eine doppelte Aufgabe an die Manufakturunternehmer heranzutreten, indem sie veranlaßt werden, erstens versendbare Güter herzustellen, mit denen die aufs Ausland für den Sold und den Unterhalt der Armee gezogenen Wechsel gezahlt werden können, und zweitens solche Güter herzustellen, die zum Ankauf der üblichen Eingänge dienen sollen, wie sie bisher im Lande gewöhnlich verbraucht wurden. Daher kann oft während der verheerendsten auswärtigen Kriege ein großer Teil der Manufakturen sehr gedeihen und umgekehrt mit dem Eintritt des Friedens zurückgehen. Sie können mitten im Ruin ihres Landes gedeihen und mit der Wiederkehr seines Wohlstandes zu verfallen beginnen. Der verschiedene Zustand verschiedener britischer Manufakturzweige während des letzten Krieges und einige Zeit nach dem Frieden kann zur Erläuterung des eben Gesagten dienen.
Ein sehr kostspieliger oder langdauernder auswärtiger Krieg kann also nicht durch die Ausfuhr von Rohprodukten des Bodens bestritten werden. Der Aufwand, den es verursachen würde, eine solche Menge davon ins Ausland zu schicken, daß man den Sold und Unterhalt eines Heeres damit bezahlen könnte, wäre zu groß. Auch bringen nur wenige Länder mehr Rohprodukte hervor, als gerade zur Ernährung ihrer eigenen Bevölkerung hinreicht. Eine große Menge davon ausführen, hieße also so viel, als einen Teil der dem Volke notwendigen Nahrungsmittel ausführen. Anders verhält es sich mit der Ausfuhr von Manufakturwaren. Da bleibt der Unterhalt der mit ihrer Verfertigung beschäftigten Leute im Lande, und es wird nur der Überschuß ihrer Arbeit ausgeführt. Hume macht oft auf die Unfähigkeit der alten englischen Könige aufmerksam, einen langwierigen, auswärtigen Krieg ohne Unterbrechung fortzuführen. Die Engländer jener Zeit hatten zum Ankauf des Soldes und Unterhaltes ihrer Heere im Auslande nichts als die Rohprodukte ihres Bodens, von denen nicht viel dem einheimischen Gebrauche abgespart werden konnte, oder einige wenige Manufakturwaren der gröbsten Art, deren Versendung gleich der der Rohprodukte zu kostspielig war. Jene Unfähigkeit entsprang nicht dem Mangel an Geld, sondern dem an feineren und vollendeteren Manufakturwaren. Kaufen und Verkaufen wurde in England damals wie jetzt mit Geld abgemacht. Die Menge des umlaufenden Geldes muß sich damals zu der Zahl und dem Werte der gewöhnlich vorkommenden Käufe und Verkäufe ebenso verhalten haben, wie sie sich zu den jetzt vorkommenden verhält; das Verhältnis muß sogar weiter gewesen sein, weil es damals kein Papiergeld gab, das jetzt die Stelle des Goldes und Silbers großenteils vertritt. Bei Völkern, die wenig mit Handel und Manufakturen vertraut sind, kann der Landesherr bei außerordentlichen Gelegenheiten aus Gründen, die später dargelegt werden sollen, nur selten eine nennenswerte Hilfe von seinen Untertanen bekommen. Daher sucht er in solchen Ländern gewöhnlich als einzige Zuflucht gegen solche Vorkommnisse einen Schatz zu sammeln. Aber auch unabhängig von dieser Notwendigkeit ist er bei seiner Lage zu der für die Schatzsammlung erforderlichen Sparsamkeit geneigt. Bei jenem einfachen Zustande wird sogar der Aufwand des Landesherrn nicht von der Eitelkeit, die sich an der flimmernden Pracht eines Hofes erfreut, geleitet, sondern beschränkt sich ganz auf die Freigebigkeit gegen seine Lehensleute und die Gastlichkeit gegen seine Hintersassen. Freigebigkeit aber und Gastlichkeit verleiten sehr selten zur Verschwendung, während Eitelkeit fast immer dazu führt. Daher hat jeder Tartaren-Häuptling einen Schatz. Die Schätze des Mazeppa, des Kosacken-Häuptlings in der Ukraine und berühmten Bundesgenossen Karls XII., sollen sehr groß gewesen sein. Die französischen Könige aus dem Stamme der Merowinger hatten sämtlich Schätze. Wenn sie ihr Königreich unter ihre Kinder teilten, so teilten sie auch ihren Schatz. Auch die sächsischen Fürsten und die ersten Könige nach der Eroberung scheinen Schätze gesammelt zu haben. Die erste Tat jeder neuen Regierung pflegte die zu sein, daß man sich des Schatzes des vorhergehenden Königs bemächtigte, weil dies die wesentlichste Maßregel war, sich die Nachfolge zu sichern. Die Fürsten zivilisierter und handeltreibender Staaten haben es nicht in dem Grade nötig, Schätze zu sammeln, weil sie in außerordentlichen Fällen von ihren Untertanen gewöhnlich außerordentliche Unterstützung erhalten können. Auch gehen sie weniger darauf aus. Sie folgen natürlich, vielleicht notwendig, der Mode der Zeit, und ihr Aufwand richtet sich nach der nämlichen übertriebenen Eitelkeit, die den aller übrigen großen Eigentümer in ihrem Bereich leitet. Der bedeutungslose Prunk ihres Hofes wird von Tag zu Tag glänzender, und sein Aufwand verhindert nicht nur das Sammeln, sondern greift auch oft die Fonds an, die zu nötigeren Ausgaben bestimmt sind. Was Dercyllidas von dem persischen Hofe sagte, daß er dort viel Glanz, aber wenig Kraft, viele Diener, aber wenig Krieger gesehen habe, das läßt sich auch auf den Hof mancher europäischer Fürsten anwenden.
Die Einfuhr von Gold und Silber ist nicht der wichtigste, und noch weit weniger der einzige Gewinn, den eine Nation aus ihrem auswärtigen Handel zieht. Zwischen was für Orten auch der auswärtige Handel getrieben werden mag, so haben doch beide zwei besondere Vorteile von ihm. Er führt jenen Überschuß ihres Boden- und Arbeitsproduktes, nach dem bei ihnen keine Nachfrage herrscht, aus, und bringt dafür etwas anderes zurück, wofür bei ihnen Nachfrage herrscht. So gibt er ihrem Überschuß einen Wert, indem er ihn gegen etwas anderes vertauscht, was einen Teil ihrer Bedürfnisse befriedigen und ihre Genüsse vermehren kann. Dadurch verhindert er, daß die Beengtheit des einheimischen Marktes ein Hindernis, für die vollkommenste Teilung der Arbeit in irgendeinem Zweige der Künste oder Manufakturen werde. Indem er einen ausgedehnteren Markt für jeden Überschuß ihrer Arbeitserzeugnisse eröffnet, ermutigt er zur Vervollkommnung der Produktivkräfte, zur Steigerung des jährlichen Erzeugnisses bis zum äußersten, und dadurch zur Vergrößerung des wahren Einkommens und Wohlstandes der Gesellschaft. Diese großen und wichtigen Dienste leistet der auswärtige Handel unausgesetzt allen Ländern, zwischen denen er betrieben wird. Sie haben alle großen Vorteil von ihm, wiewohl dasjenige, in welchem der Kaufmann wohnt, gewöhnlich die größten hat, weil dieser es sich gewöhnlich mehr angelegen sein läßt, die Bedürfnisse seines eigenen Landes zu befriedigen und dessen Überschuß auszuführen, als die jedes anderen Landes. Die Einführung des nötigen Goldes und Silbers in Länder die keine Bergwerke haben, ist ohne Zweifel ein Gegenstand des auswärtigen Handels, aber jedenfalls nur ein höchst unbedeutender. Ein Land, das lediglich in dieser Absicht auswärtigen Handel triebe, würde kaum in einem Jahrhundert Gelegenheit haben, ein Schiff zu befrachten.
Nicht durch die Einfuhr von Gold und Silber hat die Entdeckung Amerikas Europa reicher gemacht. Durch die große Ergiebigkeit der amerikanischen Bergwerke sind diese Metalle wohlfeiler geworden. Ein Silbergeschirr kann jetzt für etwa den dritten Teil des Getreides oder den dritten Teil der Arbeit gekauft werden, die es im fünfzehnten Jahrhundert gekostet haben würde. Mit dem nämlichen jährlichen Aufwande an Arbeit und Waren kann Europa jährlich etwa dreimal soviel Silbergeschirr kaufen, als es zu jener Zeit hätte kaufen können. Wenn aber eine Ware anfängt, für den dritten Teil des Preises verkauft zu werden, den sie bisher gehabt hatte, so können nicht nur die früheren Käufer dreimal soviel davon kaufen, sondern sie ist nun auch für eine weit größere Zahl von Käufern, vielleicht für über zehn- oder zwanzigmal mehr als früher erreichbar geworden, so daß jetzt nicht nur mehr als dreimal, sondern mehr als zwanzig- oder dreißigmal soviel Silbergeschirr in Europa sein mag, als selbst bei dem jetzigen Zustande der Zivilisation vorhanden sein würde, wenn die amerikanischen Bergwerke nie entdeckt worden wären. Insofern hat Europa allerdings einen wirklichen, obgleich sicherlich sehr unbedeutenden Vorteil davon gehabt. Die Wohlfeilheit des Goldes und Silbers macht diese Metalle sogar zu Münzen weniger geeignet als sie es früher waren. Um die nämlichen Käufe zu machen, müssen wir uns jetzt mit einer größeren Menge dieser Münzen beladen und einen Schilling herumtragen, wo vorher ein Groschen hingereicht hätte. Es ist schwer zu sagen, was von beiden das unbedeutendere ist, diese Unbequemlichkeit oder der entgegengesetzte Vorteil. Keines von beiden hätte für den Zustand Europas eine wesentliche Änderung mit sich bringen können; dennoch hat die Entdeckung Amerikas gewiß eine sehr wesentliche Veränderung hervorgebracht. Indem sie allen europäischen Waren einen neuen unerschöpflichen Markt eröffnete, gab sie zu neuen Arbeitsteilungen und Verbesserungen in den Künsten Veranlassung, die in dem engen Kreise des alten Handels aus Mangel an einem Markte für den größten Teil ihrer Erzeugnisse nie hätte stattfinden können. Die Produktivkräfte der Arbeit wurden vermehrt und ihr Erzeugnis nahm in allen Ländern Europas zu, womit zugleich das wahre Einkommen und der wahre Wohlstand der Einwohner wuchs. Fast alle europäischen Waren waren für Amerika neu, und viele aus Amerika waren es für Europa. So entstand eine neue Reihe von Täuschen, an die man zuvor nie gedacht hatte, und die sich natürlich für den neuen Kontinent als ebenso vorteilhaft hätte erweisen können, als sie es für den alten unstreitig geworden ist. Allein die wilde Ungerechtigkeit der Europäer machte ein Ereignis, das für alle hätte wohltätig ausfallen sollen, für manches dieser unglücklichen Länder verderblich und unheilvoll.
Die Entdeckung eines Weges nach Ostindien um das Vorgebirge der guten Hoffnung herum, die so ziemlich um dieselbe Zeit stattfand, eröffnete dem fremden Handel vielleicht trotz der größeren Entfernung einen noch weit größeren Spielraum als selbst die Entdeckung Amerikas. In Amerika gab es nur zwei Völkerschaften, die etwas mehr als Wilde waren, und diese wurden, kaum daß sie entdeckt worden waren, vertilgt. Was übrig blieb, waren nur Wilde. Dagegen waren China, Indostan, Japan, sowie mehrere andere ostindische Reiche, obgleich sie keine reicheren Gold- und Silberbergwerke hatten, in jeder anderen Beziehung weit reicher, kultivierter und in allen Künsten und Manufakturen fortgeschrittener als Mexiko oder Peru, selbst wenn wir den übertriebenen Erzählungen spanischer Schriftsteller über den ehemaligen Zustand jener Reiche unverdienterweise Glauben schenken wollten. Nun können aber reiche und zivilisierte Nationen stets miteinander viel größere Werte austauschen als mit Wilden und Barbaren. Dennoch hat Europa bis jetzt aus seinem Handel mit Ostindien viel weniger Vorteil gezogen als aus dem mit Amerika. Die Portugiesen monopolisierten den ostindischen Handel fast ein Jahrhundert lang, und nur mittelbar und nur durch die Portugiesen selbst konnten die übrigen europäischen Nationen Güter nach jenen Ländern senden oder von dort empfangen. Als die Holländer im Anfange des vorigen Jahrhunderts die Portugiesen zu verdrängen anfingen, übertrugen sie ihren ganzen Ostindienhandel einer Monopolgesellschaft. Engländer, Franzosen, Schweden und Dänen folgten alle diesem Beispiele, so daß bis jetzt keine einzige große europäische Nation je den Vorteil eines freien Handels nach Ostindien gehabt hat. Man braucht keinen anderen Grund anzugeben, warum dieser Handel niemals so vorteilhaft gewesen ist als der nach Amerika, der zwischen fast allen europäischen Nationen und ihren Kolonien für alle ihre Untertanen frei stand. Die ausschließlichen Privilegien dieser ostindischen Gesellschaften, ihre großen Reichtümer, die hohe Begünstigung und Beschützung, die ihnen deshalb von ihren Regierungen zuteil wurde, haben vielen Neid gegen sie erregt. Dieser Neid hat oft ihren Handel als durchaus verderblich geschildert, weil er alle Jahre so große Mengen Silbers aus den Ländern wegführte, von denen aus er betrieben wurde. Die betroffene Partei erwiderte, ihr Handel könne wohl durch die stete Silberausfuhr Europa im allgemeinen ärmer machen, aber nicht das einzelne Land, von dem aus der Handel betrieben würde: denn durch die Ausfuhr eines Teils der Rückladungen nach anderen europäischen Ländern bringe er jährlich eine weit größere Menge jenes Metalls ins Land, als er ausgeführt habe. Sowohl jener Vorwurf als diese Antwort gründen sich auf die volkstümliche Anschauung, die ich soeben geprüft habe; es ist daher unnötig, mehr darüber zu sagen. Wegen der jährlichen Silberausfuhr nach Ostindien ist wahrscheinlich das Silbergeschirr in Europa etwas teurer als es sonst sein würde, und das gemünzte Silber kauft wahrscheinlich eine größere Menge von Arbeit und Waren. Die erste dieser beiden Wirkungen ist ein sehr kleiner Verlust, die letztere ein sehr geringer Vorteil; beide sind zu unbedeutend, um irgendwie öffentliche Aufmerksamkeit zu verdienen. Da der Handel nach Ostindien den europäischen Waren, oder, was so ziemlich dasselbe ist, dem mit diesen Waren gekauften Golde und Silber einen Markt eröffnet, so muß er notwendig die jährliche Erzeugung europäischer Waren, und dadurch natürlich den wahren Wohlstand und das wahre Einkommen Europas vermehren. Daß er sie bis heute so wenig vermehrt hat, daran sind wahrscheinlich die Einschränkungen schuld, mit denen er überall zu kämpfen hat.
Ich hielt es selbst auf die Gefahr hin, langweilig zu sein, für nötig, die volkstümliche Anschauung, daß Wohlstand in Geld oder in Gold und Silber bestehe, ausführlich zu untersuchen. Geld bedeutet im gemeinen Sprachgebrauche, wie ich oben bemerkt habe, oft Wohlstand, und diese Zweideutigkeit des Ausdrucks hat uns jene volkstümliche Anschauung so geläufig gemacht, daß selbst diejenigen, welche von ihrer Ungereimtheit überzeugt sind, sehr leicht ihre eigenen Grundsätze vergessen und sie im Verlauf ihrer Beweisführung als eine ausgemachte und unleugbare Wahrheit annehmen. Einige der besten englischen Schriftsteller über den Handel fangen mit der Bemerkung an, daß der Wohlstand eines Landes nicht bloß in seinem Golde und Silber, sondern auch in seinen Ländereien, Häusern und verbrauchbaren Gütern aller Art bestehe. Im Verlauf ihrer Beweisführung aber scheinen die Ländereien, Häuser und verbrauchbaren Güter ihrem Gedächtnisse zu entschwinden, und die Art und Weise ihrer Schlußfolgerungen setzt häufig voraus, daß aller Wohlstand in Gold und Silber besteht, und daß es die große Aufgabe des Gewerbes und des Handels einer Nation sei, diese Metalle zu vermehren.
Als sich aber beide Grundsätze, daß Wohlstand in Gold und Silber bestehe, und daß diese Metalle in ein Land, das keine Bergwerke habe, nur mittels der Handelsbilanz oder mittels einer die Einfuhr überwiegenden Ausfuhr gebracht werden können, einmal festgesetzt hatten, wurde es notwendigerweise die Hauptaufgabe der politischen Ökonomie, die Einfuhr fremder Güter zum inneren Verbrauch soviel als möglich zu verringern, und die Ausfuhr der Erzeugnisse einheimischen Fleißes soviel als möglich zu vermehren. Ihre beiden Kunstgriffe, das Land zu bereichern, waren daher Beschränkungen der Einfuhr und Ermunterungen der Ausfuhr.
Die Einfuhrbeschränkungen waren zweifacher Art:
Erstens: Beschränkungen der Einfuhr solcher, zum inneren Verbrauch bestimmter, fremder Güter, die daheim erzeugt werden konnten: sie mochten kommen, aus welchem Lande sie wollten.
Zweitens: Beschränkungen der Einfuhr von Gütern fast aller Art aus denjenigen Ländern, mit denen der Handelsverkehr, wie man glaubte, eine nachteilige Bilanz ergibt.
Diese Beschränkungen bestanden bald in hohen Zöllen und bald in gänzlichen Verboten.
Die Ausfuhr wurde bald durch Rückzölle, bald durch Prämien, bald durch vorteilhafte Handelsverträge mit fremden Staaten und bald durch Begründung von Kolonien in entfernten Ländern begünstigt.
Rückzölle gewährte man in zweierlei Fällen. Wenn die einheimischen Manufakturwaren einem Zoll oder einer Akzise unterworfen waren, so gab man davon oft bei der Ausfuhr einen Teil oder das Ganze zurück; und wenn fremde Güter, die zollpflichtig waren, eingeführt wurden, um wieder ausgeführt zu werden, so zog man bisweilen, bei solcher Ausfuhr entweder den ganzen Zoll, oder einen Teil wieder ab.
Prämien gewährte man zur Ermunterung mancher im Anfang stehender Manufakturen oder anderer Arten von Gewerbtätigkeit, die eine besondere Begünstigung zu verdienen schienen.
Durch vorteilhafte Handelsverträge verschaffte man den Gütern und Kaufleuten des eigenen Landes in fremden Staaten gewisse Vorrechte vor denen anderer Staaten.
Durch die Begründung von Kolonien in entfernten Ländern wurden den Gütern und Kaufleuten desjenigen Landes, das sie anlegte, nicht nur besondere Vorrechte, sondern oft auch ein Monopol erwirkt.
Die beiden oben erwähnten Einfuhrbeschränkungen zusammen mit diesen vier Ausfuhrbegünstigungen bilden die sechs Hauptmittel, mit denen das Handelssystem die Menge des Goldes und Silbers in einem Lande durch Umgestaltung der Handelsbilanz zu seinen Gunsten zu vermehren gedachte. Ich werde jedes in einem besonderen Kapitel betrachten, und ohne auf ihre angebliche Wirkung, Geld ins Land zu ziehen, weiter Rücksicht zu nehmen, hauptsächlich untersuchen, welchen Einfluß jedes voraussichtlich auf das Jahreserzeugnis seiner Gewerbtätigkeit haben mußte. Je nachdem sie eine Vermehrung oder Verminderung des Wertes dieses Jahreserzeugnisses bewirken, müssen sie offenbar eine Vermehrung oder Verminderung des wirklichen Wohlstandes und des wirklichen Einkommens des Landes bewirken.