Henryk Sienkiewicz
Sintflut
Henryk Sienkiewicz

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6. Kapitel.

Nach dem Überfall in Rudnik marschierte der Schwedenkönig weiter dem von der Weichsel und San gebildeten Keile zu. Czarniecki, Witowski und Lubomirski folgten ihm unverwandt und ließen ihm und seiner Armee weder bei Tag noch bei Nacht Ruhe.

Endlich erreichten die Schweden die Mündung der San, und sie beschlossen, sich dort auszuruhen. An zwei Seiten boten die Flüsse ihnen einen Schutz, die dritte ließ Karl-Gustav durch Schanzen gut befestigen.

Nachdem Czarniecki dem Pan Marschall den Befehl über sämtliche Truppen übergeben, überschritt er mit dem Laudaer Banner die Weichsel, um mit Sapieha zusammenzutreffen. Jetzt war Zaglobas Vermittelung zwischen den beiden Feldherren nicht mehr vonnöten. Beide liebten das Vaterland, und beide waren bereit, ihren Ehrgeiz seinem Wohle zu opfern.

Auch Sapieha und Czarniecki begrüßten sich bei ihrem Zusammentreffen aufs herzlichste.

»Seht, wie heiß und aufrichtig sie sich umarmen!« sagte Zagloba zu Wolodyjowski und Strzetuski. »Das Herz hüpft einem ordentlich vor Freude. Die Republik lebt allmählich auf, die Republik kommt in würdige Hände! Da, seht ihr, wer dort in der Menge steht? Das ist Pan Babinicz! – Wie der Arme abgemagert ist! – Ich glaube, er hat uns auch bemerkt.«

Wirklich, Pan Andreas hatte seine alten Freunde gesehen und drängte sich durch die Menge, lächelnd und schon von weitem mit der Mütze grüßend.

»Nun, was gibt es Neues? – Ist es Ihnen gelungen, dem Fürsten zu begegnen?« fragte Zagloba. »Aber wie sehen Sie aus! Waren Sie denn krank?«

»Hier ist kein Platz sich zu unterhalten, kommen Sie doch alle zu mir ins Zelt.«

Nach einer Viertelstunde saß die ganze Gesellschaft in Pan Andreas' Zelt bei einem Becher Met. Kmicic erzählte ihnen von seinem Treffen mit Boguslaw.

»Sie sagten doch, Sie wollten ihm mit Ihren Tataren bis zum Baltischen Meere folgen?« unterbrach ihn Wolodyjowski.

»Ja, das sagte ich; aber wiederum haben Sie mir erzählt, daß Pan Skrzetuski seinen Posten seiner eigenen Sache wegen nicht verließ und fortfuhr, dem Vaterlande zu dienen.«

»Auch Sie wird Gott belohnen, wie er Skrzetuski belohnt hat,« fügte Zagloba hinzu. »Ich bin sicher, daß auch Sie Ihre Braut finden werden!«

Pan Kmicic seufzte.

»Ihr wißt ja alle nicht, was für ein entsetzlicher Mensch das ist! Erst kürzlich hat er noch ein Mädchen, das unter dem Schütze Sapiehas stand, entführt.«

»Wen denn?«

»Das Hoffräulein der Fürstin Wisniowiecka, die Verlobte des verstorbenen Podbipienta. Ich glaube, ihr habt sie alle beide gekannt?«

»Anna Borzobohata!« rief Wolodyjowski aus, indem er von seinem Platze aufsprang. »Wer von uns den Fürsten zuerst trifft, der wird ihm für beide heimzahlen!«

»So möchte ich nicht an Boguslaws Stelle sein!« sagte Zagloba. »So einen wie Kmicic zum Gegner zu haben, ist schon an und für sich genug, und dazu noch einen Wolodyjowski! Aber auch ich schließe mich Eurem Bunde an. Mein Kopf, euer Säbel! Ich weiß nicht, ob es in ganz Europa jemand gibt, den solche Macht nicht in Schrecken versetzte!«

Kmicic lieh noch mehr Met bringen und begann zu erzählen, wie er Soroka aus Boguslaws Händen befreit hatte.

»Bei Gott! Mit Ihnen würde ich mich nicht fürchten, selbst gegen den Teufel zu ziehen! Schade, daß wir in verschiedenen Armeen dienen; mich kann man nach der einen, Sie nach der anderen Stelle schicken. – Wer weiß, wer von uns zuerst Boguslaw treffen wird?«

»Der Gerechtigkeit nach ich,« entgegnete Kmicic. »Wenn ich mich nur nicht mit Schmach bedecken werde; denn ich muß zu meiner Beschämung gestehen, ich kann mit diesem Halunken nicht fertig werden!«

»So werde ich Ihnen sämtliche Geheimnisse meiner Fechtkunst beibringen,« bot sich Wolodyjowski an.

»Abgemacht!« rief Kmicic hocherfreut.


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