Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Trost

        Die Luft ist trüb, das Licht ist matt,
Und graue Wolken hangen nieder,
Die Vöglein, wie des Fluges satt,
Ziehn scheu und flatternd hin und wieder.

Die Nebel sitzen auf den Höhn,
Und alles Leben scheint zu stocken,
Und frostig rauhe Winde wehn,
Und Blätter zittern wie erschrocken.

Du meinst wohl, Abenddämmerung
Sei schauernd angebrochen eben:
Nein, Morgendämmrung ist's, und jung
Wird bald im Ost der Tag sich heben. –

Der Berg ist kahl, der Baum entlaubt,
Das fette Grün der Trift verdorben,
Mit lockrem Schnee die Flur bestaubt,
Und Klang und Sang im Hain erstorben.

Der Stoßwind heult die Heid' entlang,
Die Bäche schleichen träg wie Schlangen,
Und wie von Trauerflören bang
Ist rings der Himmel schwarz umhangen.

Du meinst wohl, Winternähe sei's,
Was traurig angebrochen eben;
Nein, Winterscheiden ist's, – aus Eis
Wird bald der Lenz sich jung erheben. –

Du bist gar oft so trüb, mein Herz,
Und weinst durch Augen, die dich spiegeln
Als wollte Nacht und Winterschmerz
Dir bald den Quell der Lust versiegeln.

O quäle, wenn's dich so beschleicht,
Dich nicht mit mißverstandnem Wehe:
Statt Nacht und Winter ist's vielleicht
Nur Morgendämmrung, Frühlingsnähe.

 


 


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