Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Traum und Liebe

        Wer so bei Nacht des Schlummers harrend liegt,
Wo Bilder und Gedanken bunt sich treiben,
Nimmt oft sich vor, sich klar bewußt zu bleiben,
Bis der Moment des Schlafes ihn besiegt.

Festhalten möcht' er gern den Augenblick,
Wo Traum und Wachen magisch sich berühren,
Und einmal klar den Übergang verspüren,
Der einwiegt in der Träume stilles Glück.

Noch schaut er wach ins Ampellicht hinein;
Doch eh' er's denkt, eh' er das Kissen richtet,
Ist er den dunklen Mächten schon verpflichtet,
Anheimgefallen einem andern Sein. –

Dem Schläfer, der so harret, gleicht, wer liebt,
Und wer in Liebe wähnt sein Selbst zu retten;
Er spottet lächelnd noch der Zauberketten,
Der dunklen Macht, die lauernd ihn umgibt.

Beachten will er klar den Augenblick,
Der seine Seele magisch könnt' umstricken. –
»So weit, nicht weiter soll's der Liebe glücken,
Eh' sie mich meistert, zieh' ich mich zurück!« –

O eitler Vorsatz! Er versieht sich's kaum,
Er wähnt noch, wach sie standhaft zu bekriegen,
Und schläft schon ein, und läßt sich schon besiegen,
Und träumt besiegt schon ihren schwersten Traum.

 


 


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