Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Der Dome Zweck

        Wall' ich so am Dom vorüber
In erhellter Winternacht,
Gehn mir oft die Augen über,
Wenn des Nordes Hauch erwacht;
Und die Blicke schlag' ich nieder,
Frage kaum ums Sternenlicht,
Aber aufwärts zieht sie's wieder,
Wenn der Mund der Glocke spricht.

Und vergessen sind die Schmerzen
Und der Stürme wilder Chor,
Mit entfesselt weitem Herzen
Blick' ich rasch zum Dom empor;
Und, als wollt' ich bannend fassen
Jeden ernsten Hammerstreich,
Blick' ich auf, und kann nicht lassen
Von dem Dom und Sternenreich.

Und vor meiner Seele schwebet
Wieder klar der Dome Zweck,
Und warum der Mensch sie hebet
Zu den Sternen frei und keck:
»Daß, wer wallt im dumpfen Grauen,
Wessen Blick am Boden kriecht,
Wieder aufwärts möge schauen
Zu des Himmels freiem Licht!«

 


 


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