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Dreizehntes Kapitel.

Ich von euch was nehmen? – 's ist wahr, ich bat euch jetzt;
Und was noch schlimmer ist, ich stahl den Liebesdienst;
Doch was das Schlimmste, ich verlor mein Ziel dabei.

Witz ohne Geld.

 

Das Gesicht des kleinen Buben, des einzigen Zeugen von Calebs Verstoß gegen die Gesetze des Eigenthums und der Gastlichkeit, wäre ein gutes Bild gewesen. Er saß starr da, als wenn ihm eins der Gespenster erschienen wäre, von denen man ihm an den Winterabenden erzählt hatte, und da er seine eigene Arbeit vergaß, und den Spieß in Ruhe ließ, so vergrößerte er noch das Unglück dieses Abends dadurch, daß er den Hammel kohlenschwarz brennen ließ. Er wurde aus seinem tiefen Erstaunen zuerst wieder durch einen derben Schlag geweckt, den ihm Frau Lightbody beibrachte, die ein starkes und im Gebrauch ihrer Fäuste geübtes Weib war, wie nach dem Gerücht ihr verstorbener Mann zu seinem Schaden erfahren hatte.

»Warum läßt du den Braten verbrennen, Taugenichts?«

»Ich weiß es nicht,« sagte der Bube.

»Und wo ist Giles, der Galgenstrick?«

»Ich weiß es nicht,« plärrte der Berichterstatter.

»Und wo ist Mr. Balderstone? – und vor Allem, im Namen des Raths und des Kirchenvorstandes, Gott verzeih' mir's, wo ist der Spieß mit den wilden Vögeln?«

Als Mrs. Girder nun herzukam, und die Ausrufungen ihrer Mutter nachahmte, also daß sie in das eine Ohr des Buben schrie, während ihre Mutter das andere betäubte, wurde der arme kleine Tropf so gänzlich verwirrt, daß er den Vorgang ganz und gar nicht erzählen konnte, und erst als der ältere Knabe zurückgekehrt war, begann die Wahrheit allmälig zu tagen.

»Nun da seht mir!« sagte Mrs. Lightbody, »wer hätte es von Caleb Balderstone gedacht, daß er seiner alten Bekanntschaft so einen Possen spielen würde!«

»Hätt' er das Unglück!« sagte die Gattin von Mr. Girder, »und was soll ich meinem Manne sagen? – Er wird mich zerschlagen, wie noch keine Frau in Wolfs Hope zerschlagen worden ist.«

»Ach schweig, dummes Ding,« sagte ihre Mutter; »nein, nein – es ist schon zu Vielem gekommen, aber bis dahin ist's noch nicht gekommen, denn wenn er dich schlägt, kann er mich auch schlagen, und ich habe Bessere als er davongejagt – das Faustrecht ist ein schönes Ding – – wir brauchen ein kleines Gefecht nicht zu scheuen.«

Ein Getrappel von Pferden verkündigte die Ankunft des Küfers mit dem Pfarrer. Kaum waren sie abgestiegen, so eilten sie nach dem Küchenfeuer, denn der Abend war nach dem Gewitter kühl geworden. Das junge Weib, dem Zauber ihres Sonntagsputzes vertrauend, stellte sich in den Weg, den ersten Angriff auszuhalten, während ihre Mutter, der römischen Veteranenlegion ähnlich, im Hintergrunde verblieb, um im Nothfall ihr zu Hülfe zu eilen. Beide hofften, das stattgehabte Unglück eine Zeitlang verbergen zu können – die Mutter, indem sie ihre ansehnliche Person zwischen Mr. Girder und das Feuer brachte, und die Tochter, indem sie den Pfarrer und ihren Mann mit der größten Herzlichkeit empfing, und sich mit der zärtlichsten Besorgniß darnach erkundigte, ob sie kalt hätten.

»Kalt?« sagte der Ehemann barsch, denn er gehörte nicht zu der Classe von Lords und Herren, deren Weiber Bierkönige über sie sind – »wir werden kalt genug haben, denk' ich, wenn Ihr uns nicht zum Feuer laßt.«

Und so sagend, durchbrach er die zwei Vertheidigungslinien, und da er ein scharfes Auge auf Alles, was er sein nannte, hatte, so bemerkte er auf den ersten Blick, daß der Bratspies mit seiner schmackhaften Bürde verschwunden war. »Was der Teufel, Frau –«

»Pfui der Schande!« schrieen beide Weiber, »und vor Mr. Bidethebent!«

»Ich hab' Unrecht,« sagte der Küfer, »aber – –«

»Wenn wir den Namen des großen Feindes unserer Seele in den Mund nehmen,« sagte Mr. Bidethebent –

»Ich hab' Unrecht,« sagte der Küfer.

»So setzen wir uns seinen Versuchungen aus,« fuhr der würdige Seelsorger fort, »und wir laden ihn ein, ja wir nöthigen ihn gewissermaßen, seine anderen Geschäfte mit unglücklichen Personen bei Seite zu legen, und sich mit denen zu befassen, die seinen Namen anrufen.«

»Wahr, wahr, Mr. Bidethebent, kann man mehr thun, als sein Unrecht einsehen?« sagte der Küfer; »aber laßt mich nur die Weiber fragen, warum sie die wilden Vögel vor unserer Ankunft angerichtet haben.«

»Sie sind nicht angerichtet, Gilbert,« sagte sein Weib, »sondern – sondern ein Unglück – –«

»Was für ein Unglück?« sagte Girder mit flammenden Augen. »Ich hoffe, sie sind nicht zu Schanden worden? Nun?«

Seine Frau, die große Furcht vor ihm hatte, wagte nicht, zu erwidern; aber ihre Mutter eilte ihr zu Hülfe mit Armen, die zum Dreinschlagen nicht abgeneigt schienen. »Ich habe sie einem Bekannten gegeben, Gibbie Girder, und was wollt Ihr nun weiter?«

Ihre kecke Offenheit machte Girder für einen Augenblick stumm. – »Und Ihr gabt die wilden Vögel, den besten Bissen unseres Kindtaufschmauses, einem Eurer Bekannten, Ihr alte Hexe? Und wie heißt denn der gute Freund – sprecht?«

»Nun es ist der würdige Mr. Caleb Balderstone von Wolf's Crag,« antwortete Marion, zum Kampfe bereit.

Girders Wuth erreichte den Gipfel. Wenn irgend ein Umstand seinen Zorn zu vergrößern vermochte, so war es der, daß das unzeitige Geschenk an unsern Freund Caleb gekommen war, gegen den er aus Gründen, die dem Leser nicht unbekannt sind, den entschiedensten Groll nährte. Er hob gegen die ältere Frau seine Reitgerte empor, doch sie hielt mit Selbstvertrauen Stand, und schwang muthig den eisernen Löffel, mit dem sie gerade den Hammelsbraten begossen hatte. Ihre Waffe war gewiß die bessere, und ihre Arme waren nicht die schwächeren; Gilbert hielt es also für's Beste, sich gegen sein eigenes Weib zu kehren, dessen Gewimmer den Pfarrer, der das beste und gutmüthigste Geschöpf von der Welt war, auf's Innigste rührte. – »Und du, dumme Gans, saßest still und ließest mein Gut an einen verrückten, besoffenen, verworfenen, schäbigen Bedienten verschenken, weil er die Ohren eines albernen alten Weibes mit sinnlosem Gewäsche kitzelt, und alle zwei Worte eine Lüge sagt? – Wart', ich will dich dafür – –«

Hier schritt der Pfarrer ein mit Wort und That, während Frau Lightbody, ihren Löffel schwingend, vor ihre Tochter trat.

»Soll ich meine eigene Frau nicht züchtigen dürfen?« schrie der Küfer höchst aufgebracht.

»Ihr könnt Eure eigene Frau züchtigen, wenn's Euch beliebt,« antwortete Frau Lightbody, »aber Ihr sollt keinen Finger an meine Tochter legen, – das sollt Ihr sehen.«

»Schämt Euch, Mr. Girder!« sagte der Geistliche, »ich hätte es nie von Euch gedacht, daß Ihr Eurer sündlichen Leidenschaft den Zügel lassen würdet gegen Euer Nächstes und Theuerstes, und zumal diesen Abend, wo Ihr die heiligste Pflicht eines christlichen Vaters zu erfüllen habt – und für was das Alles? für den Ueberfluß leiblicher Nahrung, der eben so werthlos als unnöthig ist.«

»Werthlos!« rief der Küfer aus, »nie ist eine bessere Gans über die Stoppeln gegangen, nie haben zwei schönere wilde Enten ihre Federn genetzt.«

»Es mag sein, Nachbar,« erwiderte der Pfarrer, »doch seht, was für ein Ueberfluß noch bei Eurem Feuer zurückbleibt. Ich habe den Tag gesehen, wo zehn von den Haferkuchen, die auf diesem Brette stehen, köstliche Leckerbissen für eben so viele Männer gewesen wären, die auf Bergen und in Höhlen um des Evangelii willen vor Hunger starben.«

»Und das ist's, was mich am meisten ärgert,« sagte der Küfer, der gern Jemand gefunden hätte, der an seinem nicht ganz ungegründeten Aerger Antheil genommen hätte; »wenn es die Alte da einem bedrängten Heiligen oder sonst Jemanden gegeben hätte, und nur nicht diesem schlechten, räuberischen, lügenhaften, gewaltthätigen Tory, der unter dem Söldnerhaufen war, welchen der alte Wütherich Allan Ravenswood (der nun ist, wo er hingehört) gegen die Heiligen zu Bothwell Brigg führte, ich würde kein Wort darüber gesagt haben. Aber das Beste vom Schmause so einem – zu geben; –«

»Aber, Gilbert,« sagte der Pfarrer, »erkennt Ihr nicht hierin ein höheres Gericht? – Die Kinder des Gerechten sieht man nicht ihr Brod betteln – denkt – daß der Sohn eines mächtigen Unterdrückers dahin gebracht ist, von Eurem Ueberflusse sein Haus zu erhalten.«

»Und außerdem,« sagte das Weib, »es war gar nicht für den Lord Ravenswood, wenn er nur Jemand wollte reden lassen – es war zur Verköstigung von Lord Keeper, wie man ihn nennt, der ist oben auf Wolf's Crag.«

»Sir William Ashton zu Wolf's Crag!« fuhr der erstaunte Faßbinder heraus.

»Und Hand und Handschuh mit Lord Ravenswood,« fügte Frau Ligthbody hinzu.

»Albernes Weib! Dieser alte, päppelnde Ofenheizer konnte euch weiß machen, der Mond sei ein grüner Käse. Der Lord Keeper und Ravenswood! sie sind Katze und Maus zusammen, Hund und Haase.«

»Ich sage Euch, sie sind wie Mann und Frau und viel besser als Andere, die so sind,« versetzte die Schwiegermutter; »und dann, Peter Puncheon, der Küfer im Magazin der Königin, ist gestorben, und der Platz ist zu haben, und –«

»Gott behüt' uns, wollt ihr die Mäuler halten,« sagte Girder, denn wir müssen bemerken, daß diese Mittheilungen alle da capo gegeben wurden, da das junge Weib, durch die Wendung des Gesprächs ermuthigt, alle Worte ihrer Mutter, sobald sie von den Lippen waren, aufschnappte und in einer höheren Tonart wiederholte.

»Die Hausfrau sagt nichts als die Wahrheit, Meister,« sagte Girders erster Geselle, der während des Zanks hereingekommen war. »Ich habe die Diener von dem Lord Keeper bei der Smatrash trinken und schmausen gesehen.«

»Und ist ihr Herr hinauf nach Wolf's Crag?« sagte Girder.

»Freilich ist er's,« versetzte sein Vertrauter.

»Und Freund mit Ravenswood?«

»So scheint's,« antwortete der Geselle, »da er bei ihm einkehrt.«

»Und Peter Puncheon ist todt?«

»Ja, ja – Puncheon ist kürzlich ausgelaufen, das alte Faß,« sagte der Geselle; »ein mancher Tropfen Branntwein ist sonst zu ihm eingelaufen. – Doch was den Bratspieß und die wilden Vögel anlangt, das Pferd ist noch gesattelt, Meister, und ich könnte Nacheilen, und Alles wiederbringen, denn Mr. Balderstone ist noch nicht weit vom Flecken.«

»Thut das, Will – und kommt her – ich will Euch sagen, was zu thun ist, wenn Ihr ihn einholt.«

Er verließ die Gesellschaft der Weiber, und gab Will seine geheimen Aufträge.

»Ein schönes Ding,« sagte die Schwiegermutter, als der Küfer wieder hereintrat, »den unschuldigen Jungen einem bewaffneten Manne nachzuschicken, da Ihr doch wißt, daß Mr. Balderstone immer einen Stoßdegen trägt, und einen Dolch zur Dreingabe hat.«

»Ich hoffe,« sagte der Pfarrer, »Ihr habt es wohl überlegt, was Ihr gethan habt, auf daß Ihr nicht Schuld an einem Streite werdet, von dem ich pflichtgedrungen sagen müßte, daß der, welcher die Veranlassung dazu gegeben, wiewohl er sich selbst nicht geschlagen habe, keineswegs unschuldig sei.«

»Ereifert Euch nicht, Mr. Badethebent,« versetzte Girder, »hier unter Weibern und Pfaffen kann man sich nicht auslassen – ich weiß am besten, wie ich mir meine Wurst braten soll. – Jean, trag das Essen auf, und nichts mehr davon.«

Und im Verlaufe des Abends wurde des Verlustes mit keinem Worte mehr von ihm gedacht.

Unterdessen sprengte der Geselle auf dem Pferde seines Meisters, und mit dessen besonderen Aufträgen beladen, pfeilschnell hinter dem räuberischen Caleb einher. Dieser Letztere verweilte sich nicht auf dem Wege, wie man leicht glauben wird. Er vergaß selbst seine Redseligkeit vor lauter Eile – und sagte nur zu Mr. Lockhard, daß das Weib des Lieferanten auf sein Geheiß die wilden Vögel ein wenig vorausgebraten habe, für den Fall, daß Mysie, die durch den Donner so sehr erschreckt worden sei, ihren Rost nicht bei voller Gluth habe. Indem er die Nothwendigkeit vorschützte, sobald als möglich in Wolf's Crag zu sein, eilte er mit einer Schnelligkeit voraus, daß seine Gefährten kaum folgen konnten. Er glaubte sich schon aller Verfolgung überhoben, denn er hatte den Gipfel des Erdrückens, der Wolf's Crag von dem Dorfe trennte, erreicht, als er auf einmal aus der Ferne den Hufschlag eines Pferdes und eine Stimme hörte, die ausrief: »Mr. Caleb – Mr. Balderstone – Mr. Caleb Balderstone – he – wartet ein wenig!«

Caleb, wie man wohl glauben mag, beeilte sich nicht, dem Aufruf zu gehorchen. Zuerst wollte er nicht hören, und machte seinen Begleitern vor, es sei das Geräusche des Windes; dann sagte er, es wäre nicht der Mühe werth, sich darum aufzuhalten; und endlich, als die Gestalt des Reiters im Abenddunkel sichtbar wurde, machte er unwillig Halt. Er raffte allen seinen Muth zusammen, um seine Beute zu vertheidigen; er nahm eine ritterliche Stellung an, streckte den Bratspieß aus, der mit seiner Bürde Speer und Schild zugleich zu sein schien, und war fest entschlossen, eher zu sterben, als den Raub fahren zu lassen.

Groß war sein Erstaunen, als der Küferbursche auf ihn zuritt, und, ihn mit Höflichkeit grüßend, zu ihm sagte, daß sein Meister sehr bedauere, während seines Besuches abwesend gewesen zu sein, und daß es ihn schmerze, daß er dem Kindtaufschmause nicht beiwohnen könne, und daß er sich die Freiheit nehme, ein Fäßchen Sekt und ein Fäßchen Branntwein zu schicken, da er wisse, daß Gäste auf dem Schlosse wären, und daß ihr Vorrath nicht groß sei.

Man hat mir irgendwo eine Geschichte von einem ältlichen Herrn erzählt, der von einem entsprungenen Bären verfolgt wurde. Von der Flucht erschöpft und in einem Anfall von Verzweiflung ging er mit erhobenem Stocke auf Petz dar; bei diesem Anblick wurde sich das Thier auf einmal seiner Zahmheit bewußt, und statt den Herrn zu zerreißen, stellte es sich auf die Hinterfüße und tanzte eine Sarabande. Das freudige Erstaunen dieses Greises, der in der äußersten Gefahr so wunderbar gerettet wurde, glich dem unseres trefflichen Calebs, als derselbe fand, daß der Verfolger bereit sei, die Beute zu vergrößern, statt ihn derselben zu berauben. Es wurde ihm jedoch Alles klar, als der Küferbursche vom Pferde stieg, wo er zwischen den beiden Fäßchen gesessen hatte, und ihm in's Ohr sagte, wenn Etwas in Hinsicht der Stelle von Peter Puncheon gethan werden könne, so würde es John Girder dem Herrn von Ravenswood durch was Besseres als ein Paar Handschuhe gut zu machen wissen; übrigens wünsche sein Meister mit Herrn Balderstone hierüber zu sprechen, und der Letztere würde ihn in allen seinen Wünschen so nachgiebig wie einen Faßreif finden.

Caleb hörte Alles an, ohne eine andere Antwort zu geben, als wie sie von allen großen Männern von Ludwig XIV. an abwärts gegeben worden ist – » wir wollen sehen.« Dann fügte er zur Erbauung des Mr. Lockhard laut hinzu: »Euer Meister hat mit geziemender Höflichkeit und Aufmerksamkeit bei Uebersendung der geistigen Getränke gehandelt, und ich werde nicht ermangeln, dies dem Lord Ravenswood geziemend darzustellen. Und Ihr, mein Freund,« sagte er, »seid so gut und reitet auf's Schloß, und wenn keiner der Diener, wie zu befürchten steht, zurück ist, denn sind sie einmal aus dem Haus, so machen sie Tag und Nacht daraus, so könnt Ihr Alles in die Loge des Portiers legen, rechts vom großen Thor – der Portier ist auf Besuch bei einem Freunde, also werdet Ihr Niemand finden, der Euch zurechtwiese.«

Der Küferbursche ritt auf diese Weisung fort, und nachdem er die Fäßchen in der einsamen und zerfallenen Thürsteherloge abgelegt hatte, kehrte er, ohne von Jemand befragt worden zu sein, um. Als er sich so des Auftrags seines Meisters entledigt, und auf dem Rückweg Caleb und seine Gesellschaft höflich gegrüßt hatte, kehrte er nach dem Dorfe zurück, um dem Kindtaufschmause beizuwohnen Der Einfall von Caleb Balderstone in der Küche des Küfers ist auf der Südseite des Tweed allgemein für abgeschmackt und übertrieben angesehen worden. Der Verfasser kann nur sagen, daß ihm eine ähnliche Anekdote mit Datum und Namen der Personen von einem jüngst verstorbenen edlen Grafen mitgetheilt worden ist, dessen Erzählungen aus vergangenen Zeiten, mochten sie Schottland oder England angehen, nicht nur durch eine Leichtigkeit und einen Witz sich auszeichneten, die allen denen, welche Se. Herrlichkeit kannten, unvergeßlich bleiben werden, sondern mehr noch durch eine strenge Genauigkeit.
Seine Anekdote, die ich hier mit Auslassung der Namen mittheile, war folgende: In dem mittleren Theile von Schottland lebte ein junger Herr, ein zweiter Sohn einer alten Familie, von dem Vermögen eines zweiten Sohnes, nämlich von einem elenden Jahrgelde, das jedoch durch die Künste seines Dieners John so ausgiebig gemacht wurde, daß der Herr es anderen vornehmen, jungen Männern gleich thun, und wie sie jagen, schmausen, spielen und trinken konnte.
Wahr ist's, daß, da die Gesellschaft des Herrn außerordentlich ergötzlich war, die Freunde seinen Diener John dahingebracht hatten, allerlei Beihülfe sub rosa anzunehmen, die sich nicht unmittelbar dem Herrn anzubieten wagten. Trotz dieser Zuneigung zu John und Johns Herrn fiel es den jungen Fuchsjägern ein, daß es ein guter Spaß sein müsse, John in Verlegenheit zu bringen.
In dieser Absicht, und, ich glaube in Folge einer Wette kamen vier oder fünf dieser Jünglinge in die kleine Wohnung des Herrn, die nahe bei einem ansehnlichen Dorfe lag. Sie stiegen hier kurz vor der Essenszeit ab (denn man wollte dem Erfindungsgeiste Johns einen tüchtigen Stoß geben), stürzten an dem erstaunten Diener vorüber in das kleine Wohnzimmer, und, als sie daselbst eine verabredete Geschichte zum Vorwand ihres stürmischen Besuchs erzählt hatten, fragten sie ihren Wirth, ob er ihnen ein Mittagessen geben könne. Ihr Freund empfing sie herzlich und ruhig, und bezog sich, was das Essen beträfe, auf John. Dieser wurde gerufen, empfing den Befehl seines Herrn, für die unverhofften Gäste sogleich ein Mittagessen zu schaffen, und versprach Gehorsam, ohne einen Zug seines Gesichts zu verändern. Groß war die Erwartung der Gäste und die des Wirths vermutlich auch, zu sehen, was die schönen Versprechungen Johns für ein Ende nehmen würden. Einige der Neugierigeren hatten einen Blick in die Küche geworfen, ohne daselbst was zu bemerken, wodurch die Versprechungen des Majordomus hätten verwirklicht werden können. Doch gerade, als die Dorfglocke die Essenszeit schlug, stellte John ein mächtiges Stück Rindfleisch, von grünem Gemüse begleitet, vor sie hin, so daß die ganze Gesellschaft daran genug hatte, und die Wette gegen die entschieden wurde, die John überrascht zu haben gehofft hatten. Die Erklärung ist die nämliche, wie in der Caleb Balderstone'schen Geschichte. John war so frei gewesen, den Krauttopf eines reichen Dickwanstes des Dorfes aufzuheben, und hatte ihn in das Haus seines Herrn gebracht, indem er den Eigentümer desselben bei Käse und Brod zurückließ, was, sagte John, gut genug für ihn wäre. Die Furcht, es mit so vielen vornehmen Personen zu verderben, hieß den armen Beraubten ruhig bleiben, und er ward dafür später durch gewisse Dienste unter der Hand belohnt, so daß der Spaß von allen Seiten als ein guter angesehen wurde. In England wäre zu einer gewissen Zeit, und in einigen Theilen von Schottland wäre heutzutage die Sache nicht so gut hingegangen.
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