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Einleitung.

Bei einer früheren Gelegenheit S. Einleitung zu den Jahrbüchern von Canongate. hat es der Verfasser vermieden, die wahre Quelle anzugeben, woraus er den tragischen Stoff dieser Geschichte gezogen habe, weil dies, obwohl die Geschichte einer entlegenen Zeit angehört, vielleicht den Nachkommen der Partieen unangenehm hätte sein können. Da er aber eine Erklärung der Umstände in den Noten zu Law's Denkwürdigkeiten Law's Memorials, p. 226. von seinem geistreichen Freunde Charles Kirkpatrick Sharpe, Esq., und ebenfalls in den neugedruckten Gedichten des würdigen Mr. Symson, als Anhang zu der Beschreibung von Galloway, der Quelle der Braut von Lammermoor, vorfindet, so glaubt der Verfasser, nun die Freiheit zu haben, die Geschichte so zu erzählen, wie sie ihm von Bekannten, die jener Zeit nahe lebten, und die Familie der Braut genau kannten, mitgetheilt worden ist.

Es ist wohl bekannt, daß die Familie Dalrymple, die im Laufe zweier Jahrhunderte so viele Männer von Talent im Civil- und Militärfache und von Auszeichnung in der Literatur, der Politik und Industrie wie kein anderes Haus in Schottland hervorgebracht hat, ihren ersten Aufschwung nahm in der Person von James Dalrymple, einem der größten Rechtsgelehrten, die je gelebt haben, obwohl die Anstrengungen seines mächtigen Geistes leider an einen so beschränkten Gegenstand wie schottisches Recht verwandt wurden, über welches er ein bewunderungswürdiges Werk verfaßte.

Er heirathete die Tochter von Roß von Baleiel, Margaretha, die ihm beträchtliche Güter zubrachte. Sie war ein fähiges, politisches und stolzes Weib, und in Allem, was sie unternahm, so glücklich, daß das Volk, welches keineswegs zu Gunsten ihres Gemahls und ihrer Familie redete, ihr Glück der Zauberei zuschrieb. In Uebereinstimmung mit dem Volksglauben erkaufte die Dame Margaretha dies zeitliche Glück ihrer Familie von dem Meister, dem sie diente, durch eine seltsame Bedingung, die von dem Geschichtschreiber ihres Enkels, des großen Earls von Stair, also angegeben wird: »Sie lebte bis in's hohe Alter, und verlangte, daß man sie nach ihrem Tode nicht unter die Erde bringen, sondern daß man ihren Sarg aufrecht stellen sollte, indem sie versicherte, daß, so lange sie in dieser Stellung bliebe, die Familie Dalrymple glücklich sein würde. Aus was für einem Grunde die alte Dame diese Forderung gethan haben möge, und ob sie wirklich ein solches Versprechen abgelegt habe, Beides kann ich nicht entscheiden; aber es ist gewiß, daß ihr Sarg in dem Chorgang der Kirche von Kirkliston, dem Begräbnißplatz der Familie, aufrecht steht Memoirs of John Earl of Stair, by an impartial hand. London, printed for C. Cobbet, p. 2 .« Die Talente dieser ausgezeichneten Familie reichen hin, die Würden zu erklären, zu welchen einige Glieder derselben gelangten, ohne daß man nach übernatürlichen Mitteln zu suchen braucht. Doch dies außerordentliche Glück wurde von einigen eben so sonderbaren Unglücksfällen begleitet, und das Unglück, das ihre älteste Tochter betraf, war eben so sonderbar als traurig.

Miß Janet Dalrymple, Tochter des ersten Lords Stair und der Dame Margareth Roß, hatte sich ohne Kenntniß ihrer Aeltern dem Lord Rutherford verlobt, der denselben wegen seiner politischen Grundsätze und wegen seines Mangels an Vermögen mißfiel. Das junge Paar zerbrach zusammen ein Goldstück, und gelobte sich die feierlichste Treue, und, wie es heißt, verwünschte sich die junge Lady dem schrecklichsten Unglück, wenn sie die gelobte Treue brechen sollte. Kurz darauf machte ein Freier, der von Lord Stair und noch mehr von dessen Gemahlin begünstigt war, der Miß Dalrymple den Hof. Die junge Lady lehnte den Antrag ab, und bekannte, als man in sie drang, ihre geheime Verlobung. Lady Stair, ein Weib, das allgemeine Unterhaltung heischte (denn selbst ihr Gemahl wagte es nicht, ihr zu widersprechen), betrachtete diesen Einwand als eine Kinderei, und bestand darauf, daß ihre Tochter ihre Einwilligung erkläre, den neuen Freier, David Dunbar, Sohn und Erben von David Dunbar von Baldoon in Wigtonshire, zu heirathen. Der erste Liebhaber, ein Mann von sehr stolzem Sinne, trat nun durch einen Brief in's Mittel, und bestand auf seinem Rechte, das er durch sein Treuegelöbniß mit der jungen Lady erlangt habe. Lady Stair antwortete ihm hierauf, daß ihre Tochter, das Pflichtvergessene ihrer Verlobung ohne Genehmigung ihrer Eltern einsehend, ihr widergesetzliches Gelübde bereue und sich weigere, ihr ihm gelobtes Versprechen zu erfüllen.

Der Liebhaber seinerseits weigerte sich nachdrücklich, eine solche Antwort von irgend Jemanden als von seiner Geliebten in Person anzunehmen, und da man es mit einem Manne zu thun hatte, dessen Charakter zu entschieden und dessen Rang zu hoch war, als daß man mit ihm hätte scherzen können; so fand sich Lady Stair gezwungen, in eine Zusammenkunft Lord Rutherfords und ihrer Tochter zu willigen. Doch trug sie Sorge, in Person dabei zu sein, und sie bestritt den getäuschten und erzürnten Liebhaber mit einer Beharrlichkeit, die der seinigen nicht wich. Besonders bestand sie auf dem levitischen Gesetz, welches erklärt, daß ein Weib eines Gelübdes ledig sein soll, mit dem ihre Eltern nicht übereinstimmen. Die Stelle der Schrift, die sie anführte, ist diese:

»Wenn ein Mann ein Gelübde thut vor dem Herrn, oder einen Eid schwört, seine Seele mit einem Band zu binden; so soll er sein Wort nicht brechen, er soll thun danach, wie es aus seinem Munde kam.

»Auch wenn ein Weib ein Gelübde thut vor dem Herrn, und sich durch ein Band bindet, so lange sie in ihres Vaters Hause ist in ihrer Jugend;

»Und ihr Vater hört ihr Gelübde und ihr Band, womit sie ihre Seele gebunden hat, und ihr Vater hält Frieden mit ihr: dann soll sie ihrem Gelübde stehen, und jeglichem Bande, womit sie ihre Seele gebunden hat, soll sie stehen.

»Wenn aber ihr Vater ihr wehret an dem Tage, wo er es höret; keins ihrer Gelübde und keins ihrer Bande, womit sie ihre Seele gebunden, soll dann bestehen, und der Herr wird ihr vergeben, weil ihr Vater ihr gewehret.« – 4. Mos. XXX. 2, 3, 4, 5.

Während die Mutter also ihre Beweise führte, beschwor der Liebhaber vergebens die Tochter, ihre eigene Ansicht und Meinung zu sagen. Sie blieb völlig betäubt, wie es schien, stumm, blaß und starr wie ein Standbild. Nur auf den streng geäußerten Befehl ihrer Mutter sammelte sie so viel Kraft, ihrem verlobten Freier das zerbrochene Goldstück zurückzugeben, welches das Sinnbild ihrer Treue war. Hierauf gerieth der Liebhaber in eine fürchterliche Wuth, nahm von der Mutter unter Verwünschungen Abschied, und als er das Gemach verließ, kehrte er sich nach seiner schwachen, wenn nicht wankelmüthigen Verlobten um, und sprach: »Ihr, Madam, sollt ein Weltwunder werden« – ein Ausdruck, wodurch ein hoher Grad von Unglück gewöhnlich bezeichnet wird. Er ging fort, und kehrte nicht wieder. Wenn der letzte Lord Rutherford der unglückliche Liebhaber war, muß es der dritte gewesen sein, der diesen Titel führte, und der 1685 starb.

Die Heirath zwischen Janet Dalrymple und David Dunbar von Baldoon ging nun vorwärts, indem die Braut keinen Widerstand zeigte, und sich völlig leidend in Allem, was ihre Mutter befahl oder angab, verhielt. Am Vermählungstage, der, wie es damals üblich war, durch eine große Versammlung von Freunden und Verwandten gefeiert wurde, war sie eben so stumm, traurig und, wie es schien, in ihr Schicksal ergeben. Eine Dame, die mit der Familie in naher Verbindung stand, hat dem Verfasser erzählt, daß sie über diesen Gegenstand eine Unterhaltung mit einem Bruder der Braut, zu der Zeit ein junger Bursche, der vor seiner Schwester zur Kirche ritt, gehabt habe. Er erzählte, daß ihre Hand, während sie ihn umarmt gehalten hätte, kalt und schwer wie Marmor auf ihm gelegen habe. Doch da er voll war von seinem neuen Anzuge und von der Rolle, die er bei dem Kirchgang zu spielen hatte, so machte dieser Umstand, dessen Andenken ihm später so bitter und so beißend war, damals keinen Eindruck auf ihn.

Nach dem Brautfeste wurde getanzt; Braut und Bräutigam hatten sich, wie's bräuchlich war, zurückgezogen, als man auf einmal ein furchtbares, durchdringendes Geschrei von der Brautkammer hörte. Es war damals Sitte, zur Verhütung roher Spässe, wie sie in alten Zeiten vielleicht erlaubt gewesen waren, den Schlüssel der Brautkammer dem Brautführer anzuvertrauen. Dieser wurde gerufen, doch er weigerte sich zuerst, einen Schritt zu thun, bis das Geschrei so schrecklich wurde, daß er gezwungen mit Andern davon eilte, die Ursache kennen zu lernen. Als man die Thüre geöffnet hatte, fand man den Bräutigam, fürchterlich verwundet und von Blut strömend, über der Schwelle liegen. Man suchte hierauf die Braut; sie wurde in einer Ecke des weiten Kamins gefunden, und hatte keine andere Bedeckung als ihr Hemd, das mit Blut besudelt war. Daselbst saß sie, die Zähne bleckend und Gesichter schneidend, kurz gänzlich von Sinnen. Sie sagte nichts als die Worte: Hebt euren hübschen Bräutigam auf. Sie überlebte nicht lange diese erschütternde Scene; am 24. August 1669 war sie verheirathet worden, und sie starb am 12. September desselben Jahres.

Der unglückliche Baldoon genas von seinen Wunden; aber er verbat sich streng alle Erkundigung, wie er dieselben erhalten habe. Wenn ihn eine Dame, sagte er, über diesen Gegenstand befragen würde, so würde er ihr keine Antwort geben und in seinem Leben nicht mehr mit ihr sprechen; wenn aber ein Herr, so würde er es als die gröbste Beleidigung betrachten, und hiernach eine Genugtuung fordern. Er überlebte nicht sehr lange den fürchterlichen Unglücksfall; auf einem Ritt zwischen Leith und Holyroodshouse stürzte er vom Pferde, und starb in Folge dieses Sturzes den folgenden Tag, den 28. März 1682. So waren in wenigen Jahren die Hauptpersonen dieses entsetzlichen Trauerspiels verschwunden.

Verschiedenartige Berichte kamen über diesen Vorfall in Umlauf; einige davon sind sehr ungenau, obwohl man sie schwerlich übertrieben nennen kann. Es war damals schwierig, mit der Geschichte vornehmer schottischer Familien vertraut zu werden, und es fielen oft sonderbare Dinge in denselben vor, um die sich selbst das Gesetz nicht viel bekümmerte.

Der gläubige Mr. Law sagt im Allgemeinen, daß der Lord Präsident Stair eine Tochter gehabt habe, welche, nachdem sie verheirathet worden, in der Brautnacht ihrem Bräutigam entrissen, und durch das Haus geschleift worden sei (von bösen Geistern, wie zu verstehen gegeben wird), und daß sie bald darauf gestorben sei. Noch eine andere Tochter, sagt er, war von einem bösen Geist besessen.

Mein Freund, Mr. Sharpe, gibt einen andern Bericht von dem Ereigniß. Nach ihm war es der Bräutigam, der die Braut verwundete. Die Heirath war dieser Erzählungsweise gemäß gegen die Neigung der Mutter gewesen, die ihre Einwilligung in den bedeutungsvollen Worten gab: Du magst ihn heirathen, aber bald wird es dich reuen.

Ich finde noch einen andern Bericht, dunkel angegeben, in einigen höchst gemeinen und pöbelhaften Versen, von deren Original ich eine Abschrift habe. Die Ueberschrift sagt, daß diese Verse gemacht worden seien »auf den letzten Vicomte Stair und seine Familie von Sir William Hamilton von Whitelaw. Die Randglossen von William Dunlop, Schreiber in Edinburg, Sohn des Lairds von Househill und Neffe des genannten Sir William Hamilton.« Zwischen dem Verfasser dieser Schmähschrift und dem Lord Präsident Stair herrschte bitterer persönlicher Streit und Eifersucht, und das Pasquill, das mit weit mehr Bosheit als Kunst geschrieben ist, führt folgendes Motto:

Stairs Hals, Herz, Weib, Söhn', Enkel und was dessen –
Sind schief, falsch, Hexe, Bälg', Mörder und besessen.

Dieser boshafte Pasquillschreiber, der alle Unglücksfälle der Familie aufdeckt, vergißt nicht die verhängnißvolle Hochzeit von Baldoon. Er scheint, obwohl seine Verse eben so dunkel, als unpoetisch sind, anzudeuten, daß die dem Bräutigam zugefügte Gewalt dem bösen Feinde beizumessen sei, dem sich die junge Lady zu ergeben entschlossen gewesen sei, wenn sie das ihrem ersten Liebhaber gegebene Versprechen bräche. Dieser Umstand widerstreitet dem in der Note über Law's Denkwürdigkeiten gegebenen Bericht, aber er verträgt sich wohl mit der Familienüberlieferung.

Bei allen Stairs ist kein Unterschied,
Wie man an ihren Frau'n und Männern sieht.
So gab er, wie ein Unterthan so gern,
Die Hand der Tochter an Glenluce's Herrn.
Er wußte es, wozu sie sich verhieß,
Wenn ihre Treu' von Rutherford je ließ'.
Was kümmerte den Teufel Baldoons Recht!
Er nahm die Braut: sein Anspruch war nicht schlecht.
Was er auch ihr gesagt hab' und gethan;
Er packte erst den Bräutigam an,
Und keilte ihn in das Kamin hinein;
Der Fall Der Fall vom Pferde, wodurch sein Tod veranlaßt wurde. erst heilte sein zerquetscht Gebein.

Eine der von William Dunlope beigefügten Randglossen bemerkt zu obigen Versen: »Sie hatte sich dem Lord Rutherford unter fürchterlichen Verheißungen verlobt, und sie heirathete später Baldoon, den Neffen desselben, und ihre Mutter war die Ursache ihres Treubruchs.«

Auf das nämliche Trauerspiel wird in der folgenden Stelle und der dazu gehörigen Note angespielt:

Unheil verfolget diese schlechte Brut,
Als Oheims Braut der Neffe heimführen thut.

Die Note zu dem Wort Oheim erklärt: »Rutherford, der die Lady Baldoon heirathen sollte, war der Oheim von Baldoon.« Diese Satyre auf Lord Stair und seine Familie wurde, wie schon bemerkt worden ist, von Sir William Hamilton von Whitelaw, einem Nebenbuhler von Lord Stair für die Präsidentenstelle an dem Court of Session, geschrieben; es war dies eine jenem großen Rechtsgelehrten weit nachstehende Person, und er wurde von der verläumderischen oder gerechten Satyre seiner Zeitgenossen eben so hart mitgenommen, als er ein ungerechter und parteiischer Richter war. Einige von den Noten sind von dem wißbegierigen und fleißigen Robert Milne, der als ein eifriger Jakobite, gerne die Hand bot, die Familie von Stair anzuschwärzen Ich habe die Satyre, die im ersten Theil der merkwürdigen kleinen Sammlung a Book of Scottish Pasquils vorkommt, mit der an Text vollständigeren und durch Noten reicheren verglichen, die ich in meinem Besitze habe. In dem zweiten Buche der Pasquille, p. 72, kommt eine höchst pöbelhafte Grabschrift auf Sir James Hamilton von Whitelaw vor..

Ein anderer Poet dieser Periode hat in einer ganz andern Absicht eine Elegie hinterlassen, worin er das Schicksal der unglücklichen jungen Person, deren außerordentliches Unglück einem Whitelaw, Dunlope und Milne ein würdiger Gegenstand für Posten und Zoten schien, mit Schmerz andeutet und betrauert. Dieser Barde von milderer Gesinnung war Andreas Symson, vor der Revolution Pfarrer von Kirkinner in Galloway, und nach seiner Vertreibung als episcopalischer bescheidener Buchdrucker in Edinburg. Er machte für die Familie von Baldoon, mit welcher er, wie's scheint, wohl bekannt war, eine Elegie auf das traurige Familienereigniß. In diesem Gedichte behandelt er die Veranlassung von dem Tode der Braut mit einem feierlichen Geheimthun.

Die Verse führen den Titel: »Auf den unerwarteten Tod der tugendsamen Lady Mrs. Janet Dalrymple, Lady Baldoon, der jüngeren«, und liefern uns die genauen Data der Katastrophe, die man sonst nicht leicht finden könnte. » Nupta, August 12. Domum ducta August 24. Obiit September 12. Sepulta, September 30, 1669.« Die Form der Elegie ist ein Gespräch zwischen einem Reisenden und einem Diener des Hauses. Der erste erinnert sich, daß er bei seiner letzten Reise Alles unter einem Anschein von Lust und Fröhlichkeit gefunden habe, und ist begierig zu erfahren, wodurch die Freude in Trauer verwandelt worden sei. Wir geben die Antwort des Dieners als eine Probe von Mr. Symsons Versen, die nicht von der besten Gattung sind:

– – – Sir, was Ihr sagt, ist wahr.
Wir waren voller Lust; doch währt's nicht lang,
Da ward das Freudenlied ein Klaggesang.
Ein tugendsames Weib, erst jüngst noch Braut,
Ward einem edlen Erben angetraut,
Und hier in's Haus gebracht. Wir war'n voll Freud'
Um ihretwillen. Traurig sind wir heut:
Denn auf die kurze Lust kam langes Leid.
Ach! sie verwelkte in der Blüthenzeit,
Und Atropos zerschnitt mit scharfem Stahl
Den Faden ihr und 's Leben auf einmal. u. s. w. Diese Elegie ist wieder gedruckt in einem Anhang zu einem topographischen Werke von demselben Verfasser, betitelt: a large Description of Galloway, by Andrew Symson, Minister of Kirkinnar, 80, Taits, Edinburgh, 1823. Die Elegieen des würdigen Herrn sind äußerst selten, auch sah der Verfasser nie eine Abschrift außer seiner eigenen, die mit dem Tripatriarchieon, einem religiösen Gedicht aus der biblischen Geschichte, von demselben Verfasser, zusammengebunden ist.

Mr. Symson strömt seine elegischen Ergüsse auch über das Schicksal des verwittweten Bräutigams aus, bei welcher Gelegenheit der Dichter nach einer langen, klagenden Abschweifung auf den gesunden Schluß kommt, daß, wenn Baldoon zu Fuße gegangen wäre, was, wie es scheint, seine Gewohnheit war, er dem Schicksal entgangen sein würde, an einem Sturze vom Pferde zu sterben. Da das Werk, worin die Elegie vorkommt, so selten ist, daß man es einzig nennen könnte, und da es uns den vollständigsten Bericht über eine Hauptperson der tragischen Geschichte, die wir mitgetheilt haben, gibt, so wollen wir auf die Gefahr, langweilig zu werden, einige kurze Proben von der Poesie des Mr. Symsons beifügen. Der Titel ist:

»Eine Grabelegie, veranlaßt durch den traurigen und höchst kläglichen Tod des nach Werth geschätzten und höchst gebildeten Herrn David Dunbar von Baldoon des jüngeren, einzigen Sohnes und Erben des hochzuverehrenden Sir David Dunbar von Baldoon, Ritter Baronet. Er verließ dies Leben den 28. März 1682, nachdem er durch einen Sturz eine Quetschung erhalten, als er den Tag zuvor zwischen Leith und Holyroodhouse ritt; und er wurde mit Ehren beigesetzt in der Kirche der Abtei von Holyroodhouse, den 4. April 1682.«

Man würde mich mit Recht des Undanks zeihen
Und zwar des schwärzesten, sollt' ich nicht weihen
Dem Trauerfall ein Wort, und trät' nicht auch
Mir eine Schmerzensthräne in das Aug'.
'ne Thräne; sagt' ich? ach! an diesem Grabe
Wär' das 'ne arme, kleine, schlechte Gabe –
Zu klein, zu schlecht, in Wahrheit ist's gesagt
Von mir, der an dem Grab des Freundes klagt –
Weint' ich ein Glas mit salz'gen Thränen voll,
Es wär' für ihn noch ein geringer Zoll.

Der Dichter fährt dann fort, sein vertrautes Verhältniß mit dem Verstorbenen darzuthun, und die Beständigkeit zu schildern, womit der junge Mann dem öffentlichen Gottesdienst beiwohnte, was er regelmäßig that, und wodurch er für zwei oder drei Andere ein wirksames, gutes Beispiel wurde. Dann beschreibt er das Aeußere und den Charakter des Verstorbenen, woraus erhellet, daß von einem vollkommenen jungen Edelmanne in alten Zeiten mehr verlangt wurde, als in den jetzigen:

Sein Leib, der nicht sehr breit war oder schmal,
War leicht, gelenksam und voll Kraft zumal.
Sein Temp'rament war Blut gemischt mit Galle,
Und das ist mehr werth, als die andern alle.
In Haltung, Sprache, Umgang, Anmuth wies
Er das, was lobend jeder Weise pries
Und immer anempfahl – die gute Mittelstraße,
Die sich entfernt hält von dem Uebermaße.
Und so war er in jeglichem Bezug
Ein Musterbild, das man schätzt nie genug.
Sparsam und doch kein Filz, ein reicher Spender
Und doch nicht ein unzeitiger Verschwender,
Weil er gar wohl die schwere Kunst verstand
Zu öffnen und zu schließen seine Hand.
Er war bescheiden, doch wenn's galt zu wagen,
Hat er sich nie dem guten Zweck entschlagen –
Vertraulich stets im Umgang, nicht gemein,
Wußt' er gehörig fern' und nah' zu sein.
Er liebte es, zu Fuß sich zu ergehen;
O! hätte man ihn nie zu Pferd gesehen.
Des Hof's Geschäfte kannte er durchaus;
Doch er vergaß darüber nicht sein Haus.
Er wußt' vollkommen wohl, am Hof zu leben;
Doch mocht' er selten sich dorthin begeben;
Er liebt' das Land, und lernte so genau
Und gut die Viehzucht und den Ackerbau.
Mit Prüfen, Bessern, Trockenlegen, Graben
Und andern Dingen, die viel Vortheil haben,
Mit Pflanzen, Ebnen und mit manchem Plan
Zu allerlei Gebäuden war er dran,
Mit grad so vielem Nutzen als Gewinne
Die Grillen zu verjagen aus dem Sinne.
Im Handel und Geschäfte grad und schlicht,
Gerecht bei Theilung war er nie erpicht,
Der Rechtsverdreher Kunst sich zu bedienen:
Denn schlichte Schiedrichter ihm besser schienen.
Cosmographie, Arithmetik und
Neure Historie kannt' er aus dem Grund,
Auch war er in der Baukunst wohl erfahren
Und andern Künsten, die geeignet waren
Für einen Edelmann; und wer sie nicht kennt
Und dennoch sich mit diesem Titel nennt,
Der hat den Namen nur und nicht die Sache,
Verdient nicht, daß man Rühmens von ihm mache.
In vierzig Tagen und ein wenig mehr
Lernt' er Französisch – und das macht ihm Ehr'.

Hierauf kommt er zu dem vollen Ausbruch seiner Klage; aber statt selbst etwas zu sagen, berichtet uns der Poet, was die Alten bei einer solchen Gelegenheit würden gesagt haben.

Ein heidnischer Poet hätt' bei dem Fall
Laut aufgeschrieen voller Gift und Gall',
Und angeklagt das Schicksal und die Sterne
Und feindlichen Planeten in der Ferne.
Er hätt' gerast, gewüthet nicht genug –
Beladen hätt' er wohl mit schwerem Fluch
Das Jahr, den Mond, den Tag, die Stund', die Wette,
Die Rennbahn und die Reiter, ja er hätte
Verwünscht ein jeglich Spiel zum Zeitvertreib;
Befohlen hätte er bei Seel' und Leib,
Daß Niemand sich soll künftig unterstehen
Je einmal anders als zu Fuß zu gehen;
Die Pferde hätt' er tödten lassen all',
Um vorzubeugen solchem Trauerfall.

Da wir voraussetzen, daß unsere Leser an den Versen des Mr. Symson genug haben, und da wir in dem Gedichte nichts weiter finden, was der Mittheilung werth wäre, so kehren wir zu der tragischen Geschichte zurück.

Es ist unnöthig, dem verständigen Leser zu bemerken, daß die Zauberei der Mutter nur in der Ueberlegenheit eines starken Gemüthes über ein zartes und hinbrütendes bestand, und daß die Härte, womit sie ihre Ueberlegenheit bei einem so zarten Verhältnisse geltend machte, ihre Tochter zur Verzweiflung und zum Wahnsinn trieb. Demgemäß hat sich der Verfasser bestrebt, seine tragische Erzählung auf diesen Grund zu bauen. Was auch für eine Aehnlichkeit zwischen der Lady Ashton und der berühmten Dame Margaretha Roß gefunden werden mag, der Leser darf darum nicht annehmen, als hätte das Bild des ersten Lord Stair in dem pfiffigen und gemeindenkenden Sir William Ashton gezeichnet werden sollen. Lord Stair war, welches auch seine moralischen Eigenschaften gewesen sein mögen, gewiß einer der ersten Staatsmänner und Rechtsgelehrten seiner Zeit.

Das erdichtete Schloß Wolfsorag ist von einem Liebhaber von Oertlichkeiten als einerlei mit Fast Castle ausgegeben worden. Der Verfasser ist nicht im Stande, über die Aehnlichkeit des wirklichen und des erdichteten Ortes zu entscheiden, da er Fast Castle nur von der See aus gesehen hat. Indeß Burgen, wie wir eine beschrieben haben, findet man, gleich Adlernestern, auf hervorspringenden Felsen und Vorgebirgen, in vielen Gegenden der östlichen Küste von Schottland, und die Lage von Fast Castle scheint der von Wolfsorag so gut als manche andere ähnlich zu sein, während die Nähe des Bergrückens von Lammermoor der Vergleichung einige Wahrscheinlichkeit gibt.

Wir haben nichts weiter mehr zu sagen, als daß der Tod des unglücklichen Bräutigams durch einen Sturz vom Pferde in der Novelle auf den nicht weniger unglücklichen Liebhaber übertragen worden ist.

 


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