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Um den schon erwähnten Zusammenhang noch deutlicher zu machen, sagt (der Verfasser):
Vereint mit dem Liebhaber führe sie, um ihn zu ergötzen, das Leben der einzigen Gattin. Sie ergötze ihn, nicht aber hänge sie sich ihm an, sondern tue nur wie eine Anhängliche. Das ist in kurzen Worten der Sachverhalt. – Sie sei Untertan ihrer hartherzigen, geldgierigen Mutter; in Ermangelung einer solchen der Amme. Diese aber sei dem Besucher nicht sehr gewogen. Gewaltsam führe sie ihre Tochter weg. Dabei aber zeige die Liebhaberin beständig Abneigung, Ekel, Scham und Furcht; aber sie übertrete ihr Verbot nicht. Sie spreche von ein und derselben Krankheit, die ohne Veranlassung auftritt, nicht zu verheimlichen, nicht mit den Augen zu erfassen und nicht ständig vorhanden ist. Wenn sich ein Grund darbietet, besucht sie unter diesem Vorwande den Liebhaber nicht. Die Liebhaberin schicke aber eine Sklavin nach dem Überreste vom Opfer und Betel.
»Sie führe das Leben der einzigen Gattin«: wenn sie eine solche ist. So ist früher (p. 242) gesagt worden: »Oder Hetäre als einzige Gattin«: Wenn sie keine einzige Gattin ist, dann spricht man von der »Hingebung an den Geliebten«, indem der mit ihr vereinte Besucher den Geliebten abgibt. – Das geschieht in gedrängter und ausführlicher Darstellung. Mit Bezug auf die erstere sagt (der Verfasser): »Sie ergötze ihn«, d. h., sie zeige sich gleichsam als ergeben. – Nun ausführlicher: Zunächst sei sie von anderen abhängig; sie stelle sich krank. Sie lebt nur dem Gedanken, daß das Geschäft keine Einbuße erleide: so sagt (der Verfasser): »Sie sei Untertan ihrer Mutter«, d. h. sie übertrete ihre Worte nicht. – »Amme«, untergeschobene Mutter. – »Diese«, die wahre oder die untergeschobene Mutter, »sei nicht sehr gewogen«, sei nicht sehr lieb gegen den Besucher. Auch das ist nur ein kurzer Hinweis: wenn sie freundlich gegen ihn wäre, würde sie ihren Zwecken schaden. Das ist gemeint. – Nun beschreibt (der Verfasser) das Benehmen der unfreundlichen Mutter: »Gewaltsam führe sie ihre Tochter weg«: d. h., unter Demütigungen des Besuchers bringe sie sie aus irgend einem Grunde zu einem anderen Besucher. – »Dabei aber«: wenn sie diesen besucht. – Um über die Zeit für die Liebhaberin klar zu werden, sagt (der Verfasser): »Beständig«. – »Abneigung«, Mangel an Genuß, selbst wenn der Betreffende reizend wäre. – »Ekel«, Widerwillen. – »Scham«: ›Wie kann ich den ansehen!?‹ – »Furcht«: ›Was wird er mir antun?‹ – »Aber nicht«: zwar mag sie Abneigung usw. empfinden, einen Befehl jedoch soll sie nicht unbeachtet lassen. Das ist gemeint. – »Krankheit«: von welcher besonderen Art ist diese? Darauf sagt (der Verfasser): »Ein und dieselbe«, keine andere; davon »spreche sie«. Man merkt, daß sie erheuchelt ist. – »Die ohne Veranlassung auftritt«, von ungefähr entsteht; »nicht zu verheimlichen«, nicht schmachvoll ist; wäre sie schmählich, dann würde die Betreffende (überhaupt) nicht zu besuchen sein. »Mit den Augen«: um elliptisch auch die übrigen Sinne zu bezeichnen, steht das Wort »Auge«. Kopfschmerz und Leibschneiden. »Unbeständig«, nicht andauernd. – Was ergibt sich nun für ein Gewinn bei dieser Angabe? Darauf antwortet (der Verfasser): »Wenn sich ein Grund darbietet«, Gelegenheit zu einem Liebesbesuche aus besonderen Gründen: »unter diesem Vorwande«, unter dem Vorwande der Krankheit; und wenn sie ihm keinen Besuch machen kann, handelt sie, um ihren Schmerz infolge ihrer Krankheit auszudrücken, nach der Regel, die (der Verfasser) nun angibt: »Nach dem Überreste vom Opfer«: zu ergänzen ist: ›um ihn zu holen‹. – Wenn es heißt, »die Liebhaberin«, so bedeutet das, daß nicht die Mutter »die Sklavin« abschickt. Mit den Worten: »Auch damit will ich mir eine Freude machen« sende sie auch nach »Betel«, den er benutzt hat; um ihn zu holen.
Bei dem Koitus bewundere sie seine Arten des Verfahrens; lerne die vierundsechzig Künste und ahme die von ihm gelehrten Künste alsbald nach; sie richte sich im Geheimen nach seinen Gepflogenheiten; sie erwähne ihre Wünsche; sie verdecke Gebrechen an den geheimen Stellen; auf dem Lager sei sie nicht gleichgültig gegen ihn, wenn er sich ihr zukehrt; bei der Berührung der geheimen Stellen sei sie willfährig; wenn er schläft, umarme und küsse sie ihn.
»Bei dem Koitus«, der Begattung von Seiten des Liebhabers, »bewundere sie seine Arten des Verfahrens« bei der Begattung, unter Rumgenuß und Betelkauen usw.; sie sage aber nicht, daß das alles früher schon dagewesen ist. – »Die vierundsechzig Künste«, des Pāñcāla, »lerne sie«: wenn sie sie bemerkt hat, sage sie: ›Lehre sie mich, wie es gemacht wird!‹ – »Sie ahme die von ihm gelehrten Künste«, die vierundsechzig, »alsbald nach«: d. h., wende sie später bei eben diesem Liebhaber immer wieder an, damit er merkt: ›Um meiner Wonne willen gibt sie sich solche Mühe!‹ – »Nach seinen Gepflogenheiten«: d. h., wie es ihm Vergnügen macht, so handelt sie unter vier Augen. – »Wünsche«: ›im Geheimen‹ gehört auch hier dazu: ›Meine Wünsche waren die: wann werde ich mit dir zusammen eine lange Nacht hindurch unter Scherzen vereint sein?‹ – »Geheime Stellen«; was an den Achseln, Schenkeln und der Schamgegend für »Gebrechen«, häßliche Entstellungen irgend welcher Art sind, »verdecke sie«, d. h. lasse sie nicht berühren, damit er keinen Ekel bekommt. – »Auf dem Lager sei sie nicht gleichgültig gegen ihn, wenn er sich ihr zukehrt«: d. h. um ihre Liebe anzudeuten, schlafe sie mit dem Gesichte ihm zugewandt. »Bei der Berührung der geheimen Stellen sei sie willfährig«, sie wehre ihm nicht, wenn er Achseln und Scham berührt, damit nicht sein Verlangen nach geschlechtlicher Vereinigung eine Störung erleide. – »Wenn er schläft, umarme und küsse sie ihn«: damit er merkt, daß sie aus Liebe ihn nicht einmal schlafen läßt.
Ihr Treiben wickelt sich ab vor Zeugen und ohne Zeugen: (der Verfasser) beschreibt nun das äußerliche Treiben, vor Zeugen:
Sie sehe ihn an, wenn seine Gedanken anderswo sind; wenn sie dabei in der Hauptstraße auf dem Dache ihres Hauses gesehen wird, schwinde ihre Verschämtheit und (zugleich) Dreistigkeit. Gegen seinen Feind hege sie Feindschaft, gegen seinen Freund Freundschaft; was ihn ergötzt, daran finde sie Gefallen; sie teile seine Freude und sein Leid; sie sei neugierig, seine Frauen kennen zu lernen; ihr Zorn sei kurz; sogar bei den Nägel- und Zahnmalen, die sie selbst beigebracht hat, argwöhne sie andere Frauen.
»Sie sehe ihn an«, sie beobachte ihn, wenn er andere Gedanken hat: ›Sind seine Gedanken anderswo aus Sehnsucht oder aus Aufregung?‹ So sehe sie ihn an, während er sich in der »Hauptstraße« befindet, und zwar, indem sie auf »dem Dache ihres Hauses« weilt … – »Wenn sie dabei«, bei dem Beobachten, »gesehen wird«, von dem Liebhaber, sollte sie sich schämen, verlegen sein, daß er sie sieht. Das nennt man das »Schwinden der Dreistigkeit«, indem dadurch die Verlegenheit bedingt wird. Wenn sie Scham zeigte, würde auf Dreistigkeit geschlossen werden: »Ihre Liebe ist erheuchelt, da sie mich fortwährend ansieht!« – Durch die Worte »Gegen seinen Feind« usw. wird ihre Willfährigkeit angedeutet. – »Was ihn ergötzt«: wenn er nicht sehr für die geschlechtliche Vereinigung schwärmt, halte sie ihn bei einer reizenden Stelle fest, damit er, dort befindlich, Verlangen nach Liebesgenuß bekommt. – »Sie sei neugierig, seine Frauen kennen zu lernen«: durch Absenden von Kundschaftern suche sie zu erfahren, ob er zu anderen Frauen auch Liebe hegt oder nicht. »Ihr Zorn sei kurz«: wenn er dort Liebe oder Eifersucht zeigt, muß sie, um ihre Liebe anzudeuten, zornig werden. Dieser Zorn sei (aber nur) von kurzer Dauer: bisweilen könnte Abneigung infolgedessen entstehen. – »Die sie selbst beigebracht hat«: auch das geschieht, um Eifersucht anzudeuten und die Innigkeit ihrer Liebe zu beweisen.
Sie nenne ihre Zuneigung nicht, zeige sie aber an ihrem Äußeren. Wenn sie aber berauscht ist, schläft oder krank ist, rede sie davon; ebenso bei preiswürdigen Taten des Liebhabers. Wenn er spricht, erfasse sie den Inhalt seiner Worte; wenn sie ihm zugehört hat, preise sie ihn; wo sich Gelegenheit bietet, rede sie darüber; seine Worte erwidere sie mit einer Antwort, sobald er Liebe hegt. Bei seinen Erzählungen zeige sie Interesse, außer bei denen, die die Nebenbuhlerin betreffen; wenn er seufzt, gähnt, strauchelt oder fällt, bete sie das drohende Unheil weg; wenn er niest, spricht oder staunt, sage sie »Lebe!« Wenn sie schlechte Laune hat, schütze sie Krankheit oder Schwangerschaftsgelüste vor; sie rühme keinen anderen wegen seiner Vorzüge; sie tadele niemand, der ähnliche Fehler hat; sie behalte die Geschenke; bei einem unbedachten Versehen oder wenn er Kummer hat, lege sie keinen Schmuck an und nehme keine Nahrung zu sich; sie klage mit ihm; sie lege es ihm nahe, in seiner Gesellschaft die Gegend zu verlassen und sie von dem Könige loszukaufen; wenn sie ihn hat, nenne sie ihr Leben stark; wenn er Geld bekommt, seine Wünsche in Erfüllung gehen oder sein Körper sich kräftigt, bringe sie die früher gelobten Spenden an ihre Schutzgottheit dar; beständig sei sie geschmückt; bei den Mahlzeiten sei sie mäßig; bei dem Gesange erwähne sie seinen Namen und Stammbaum; sie lege die Hand auf Brust und Stirn, wenn sie erschöpft ist; und wenn sie die damit verbundene Wonne empfindet, schlafe sie ein; sie sitze und schlafe auf seinem Schoße; wenn er sich entfernt, gehe sie mit; sie ersehne ein Kind von ihm und wünsche ihn nicht zu überleben.
»Ihre Zuneigung«; sie sage nicht: ›Meine Leidenschaft ist erwacht; liebe mich!‹ – Um Beschämung zu vermeiden, weile sie liebeskrank; so sagt (der Verfasser): »An ihrem Äußeren«. Wenn er es auch daran noch nicht merkt, dann »rede sie davon, wenn sie berauscht ist, schläft oder krank ist«. Sie stelle sich schlafend und schütze Krankheit vor: ›Durch den Mangel an Liebesgenuß bin ich krank geworden!‹ – »Bei preiswürdigen«, rühmenswerten Taten der Frömmigkeit und des Ruhmes, des Baues von Tempeln, des Anlegens von Teichen usw. »rede sie davon«: ›Das hast du gut gemacht!‹ – »Er«, d. h. der Liebhaber. »Sie erfasse den Inhalt seiner Worte«; d. h., bei Nichtbeachtung würde man auf Verachtung schließen. Aber sie soll nicht bloß den Inhalt erfassen, sondern sie »preise« auch seine Worte: ›Du hast trefflich gesprochen! Wer vermag so zu reden!‹ »Wo sich Gelegenheit bietet, rede sie darüber«: sie verhalte sich so, daß sie, um zu erfahren, auf welchem Gebiete es ihm Freude macht, die Rede darauf bringt, sobald es mit einem Worte berührt wird usw. »Seine Worte erwidere sie mit einer Antwort«, um ihren Verstand und ihre Gewandtheit zu bekunden. Auch hier nur »sobald er Liebe hegt«, wenn er Zuneigung zeigt. Das Achten auf die Rede eines Mannes, der keine Liebe hegt, wäre im Gegenteil Grund zur Verlegenheit. – »Bei seinen Erzählungen zeige sie Interesse«, was er erzählt, verfolge sie mit Teilnahme, indem sie an seinem Munde hängt und Laute wie hm! ausstößt; sonst meint er, sie verachtet ihn. – »Ausgenommen die, welche die Nebenbuhlerin betreffen«. Bei der Erzählung von der Nebenbuhlerin zeigt sie kein Interesse, um ihre Eifersucht und ihren Zorn anzudeuten. – »Wenn er seufzt«, tief aufatmet und »strauchelt«, sich auf gewisse Worte nicht besinnen kann, »bete sie das drohende Unheil weg«: ›Möge es dir keine Pein verursachen!‹ indem derlei Unerwünschtes andeutet. – Bei dem »Niesen«, Hatzimachen usw. bedeutet der Ausdruck ›Lebe!‹ die Liebe. »Wenn sie schlechte Laune hat«: wenn sie schlechte Laune bekommen hat, weil sie mit Bezug auf den Liebhaber Unliebsames erfahren hat und er nach dem Grunde derselben fragt, sage sie: ›Mich peinigt mein Feind, meine langwierige Krankheit‹. – »Sie rühme keinen anderen wegen seiner Vorzüge«, sonst würde er merken, daß sie einem anderen anhängt. – »Sie tadele niemand, der ähnliche Fehler hat«, die gleichen Fehler wie der Liebhaber: das unterbleibe, weil er sonst meint, daß sie ihm auf diese Weise ihren Abscheu ausdrücken wolle. – Wenn er meint, daß sie ein »Versehen« begangen hat, zeige sie als Entgelt dafür körperliche Entbehrung, indem sie traurig ist, sich nicht salbt und fastet usw. – »Wenn er Kummer hat«, wenn dem Liebhaber ein Kind, Bruder usw. stirbt oder wenn er krank ist, Fieber usw. hat, »lege sie keinen Schmuck an«. – »Sie klage mit ihm«: ›Wie hat dir Schuldlosem derlei zustoßen können!?‹ So soll sie jammern. Damit wird bekundet, daß sie über sein Mißgeschick selbst betrübt ist. – »Sie lege es ihm nahe, in seiner Gesellschaft die Gegend zu verlassen«, in Gesellschaft des Liebhabers aus dem Heimatlande zu scheiden: ›Meine Mutter ist mir feindselig gesinnt; entführe mich und bringe mich in eine andere Gegend, damit ich selbständig leben kann‹. – »Sie von dem Könige loszukaufen«: wenn sie dem Könige angehört, dann lege sie ihm nahe, daß er sie aus den Händen des Königs loskaufe, sonst, wenn sie heimlich sich entfernte, würde er sie zurückholen lassen. – »Wenn sie ihn hat«: wenn er für gewöhnlich nicht zugegen ist, sage sie, sobald sie ihn bei sich hat: ›Da du bei mir bist, ist »mein Leben stark«; sonst bin ich immer tot!‹ – »Wenn er Geld bekommt«, Vermögen erlangt, »seine Wünsche in Erfüllung gehen oder seine Gesundheit sich kräftigt«, infolge Nachlassens seiner Krankheit. – »Früher«, nicht erst dann gelobe sie sie. ›Damit er Geld bekommen solle usw., habe ich vor der Göttin, die die Wünsche erfüllt, ein Gelübde getan; dadurch sind die Wünsche in Erfüllung gegangen. Jetzt muß ich ihr die Opferspende darbringen‹. – »Beständig«: wenn es aber früher (p. 306) hieß: »Beständig verweile sie im Schmucke«, so bezieht sich das auf die Zeit der Anlockung. – »Mäßig«: vieles Essen ist für die Hetäre gewöhnlich ein Fehler. Auch hier sei dasselbe fett, nicht mager, da fettfreies Essen Fieber hervorruft. – »Wenn sie erschöpft ist.« Der Sinn ist: sie ergreife mit ihrer Hand die Hand des Liebhabers und lege sie da und da auf. – »Die damit verbundene Wonne«: die Wonne der Berührung durch die Hand. – »Wenn er sich entfernt, gehe sie mit«: wenn er nach Hause geht, oder eine Gottheit zu sehen ausgeht, gehe sie selbst ihm nach. – »Sie ersehne ein Kind von ihm«: ›Eben habe ich meine Regeln gehabt: nun darfst du nicht anderswo schlafen!‹ – »Sie wünsche ihn nicht zu überleben«: ›Wenn ich vor ihm sterbe, bin ich beglückt‹.
Sie spreche nicht unter vier Augen von seinen Angelegenheiten, die sie nicht erfahren hat; sie verhüte, daß er Gelübde und Fasten übernimmt, indem sie sagt: ›Die Sünde komme auf mich!‹ – Ist es unmöglich, dann übernehme sie selbst seine Rolle. Bei einem Streite mit ihm kennzeichne sie den Sachverhalt mit dem Worte, daß es für ihn unmöglich sei. Das Seine und das Ihrige betrachte sie selbst unterschiedslos. Ohne ihn gehe sie nicht in Gesellschaften usw. Sie sei preisenswert bei dem Tragen von Opferüberbleibseln und dem Genießen von Speiseüberresten. Sie rühme seine Abstammung, seinen Charakter, seine Kunstfertigkeit, seine Familie, sein Wissen, sein Aussehen, sein Vermögen, seine Heimat, seine Freunde, seine Vorzüge, sein Alter und seine Liebenswürdigkeit. Sie fordere ihn auf zu singen usw., wenn er sich darauf versteht. Sie besuche ihn unter Nichtbeachtung von Furcht, Kälte, Hitze und Regen. Bei den Totenzeremonien sage sie: ›Möge er mir beschieden sein!‹ Sie nehme Rücksicht auf seine Wünsche, seinen Geschmack, seine Neigung und seinen Charakter. Sie verschmähe Zauberkünste. Bei seinem Besuche habe sie beständig Streit mit ihrer Mutter. Wenn sie von dieser mit Gewalt anderswohin gebracht werden soll, dann verlange sie nach Gift, Hungertod, Dolch oder Strang. Sie beruhige den Liebhaber durch Kundschafter oder teile ihm selbst ihre Lage mit. Sie streite aber nicht über die Geldfrage und tue nichts ohne die Mutter.
»Sie übernehme seine Rolle«, faste mit. – »Bei einem Streite« über irgend einen Gegenstand, bei einer Meinungsverschiedenheit über etwas. »Für ihn unmöglich«: das heißt, sie sage, wer es kann, der mag es tun! Das Geld des Herrn, das dem Liebhaber gehört, »betrachte sie selbst unterschiedslos«, was Anlegen und Aufheben betrifft. – »Opferüberbleibsel«: ›Du mußt mir geben, was dein Kranz usw. bei dem Opfer gewesen ist‹. – »Speiseüberrest«: ›Wenn du bei einer Einladung mich nicht mitnimmst, dann mußt du mir bestimmt zuschicken, was du übrig gelassen hast!‹ – »Abstammung«, »Charakter«: ›Weltbekannt ist seine Abstammung, nicht ganz obskur oder obskur‹. Sein »Charakter« ist glänzend, nicht uneben. »Seine Kunstfertigkeit«, Zeichnen usw. ist ausgezeichnet, nicht unbedeutend. »Seine Familie« ist rein, nicht vermischt. »Sein Wissen« in der Logik usw. ist makellos, nicht mühsam zusammengestoppelt. »Sein Aussehen ist« gelb wie Gold, nicht fahl. »Sein Vermögen« ist auf rechtlichem Wege erworben, nicht auf unrechtmäßige Weise. »Seine Heimat« ist zu preisen, nicht unrühmlich. »Seine Freunde« sind tugendhaft, nicht lasterhaft. »Seine Vorzüge« sind glänzend, nicht glanzlos. »Sein Alter« ist das erste, nicht das zweite oder dritte. Seine Rede ist »liebenswürdig«, nicht unliebenswürdig: so »rühme«, preise sie dies alles. – Sie ersuche ihn, »zu singen usw., wenn er sich darauf versteht«; wenn einer, der sich nicht darauf versteht, aufgefordert wird, argwöhnt er, daß sie sich über ihn lustig machen will. Einer aber, der sich darauf versteht, meint: ›Sie will meine Kenntnisse loben!‹ – »Furcht«: dies soll ihre Anhänglichkeit ausdrücken. – »Bei den Totenzeremonien«: der Leib, der in einer anderen Welt als der gegenwärtigen leben wird, befindet sich dann in einer anderen Existenz: ›Auch dort möge er mein Geliebter sein!‹ So »sage sie«, spreche sie. Beständig muß sie die Befürchtung hegen, daß er seine Umwerbung in betrügerischer Weise vorbringt, um sie zu der Seinigen zu machen. »Bei seinem Besuche«: beständig führe sie mit ihrer Mutter einen erheuchelten Streit, der ihre Zuneigung offenbaren soll: ›Warum hältst du mich auf, da ich zu dem Liebhaber gehen will?‹ – »Wenn sie mit Gewalt« von der Mutter aus irgend einem Grunde »anderswohin gebracht werden soll«, zu einem anderen Besucher, dann ergibt sich in dessen Gegenwart wie oben gesagt ist, Abneigung usw. Aber hier kommt noch hinzu »Gift usw., Hungertod«: sie »verlange« nach dem Mittel zu einem schnell hereinbrechenden Tode mit Worten, aber nicht mit der Tat. – »Den Liebhaber beruhige sie durch Kundschafter«, daß die Schuld nicht sie selbst, sondern ihre Mutter trage. »Oder teile ihm selbst ihre Lage mit«: daß das Leben der Hetären tadelnswert ist, indem sie einen Geliebten aufgeben müssen und von ihren Müttern aus Geldgier mit einem anderen vereinigt werden. – »Sie streite aber nicht«: zwar mag sich bei dem Besuchen jenes ein Streit entspinnen; mit dem Liebhaber jedoch finde unter solchen Umständen seitens der Mutter, die derlei anstiftet, kein Streit statt, da deren Bemühung ja darauf gerichtet ist (Besucher zu gewinnen). – »Sie tue nichts ohne die Mutter«: wenn die Mutter es gesagt hat, soll sie nicht einmal eine Mahlzeit abhalten. Gemeint ist, daß sie durchaus zu respektieren ist.
Bei einer Reise beschwöre sie ihn, daß er schnell zurückkehre. Während seiner Abwesenheit enthalte sie sich der Reinigung und verschmähe Schmucksachen; glückbringende aber sind zu tragen. Sie trage z. B. ein einziges Muschelarmband. Sie gedenke der Vergangenheit. Sie besuche Wahrsagerinnen und beachte nächtliche Stimmen. Sie beneide die Sternbilder, Mond, Sonne und Planeten. Wenn sie einen glückverheißenden Traum sieht, rufe sie: ›Möge seine Ankunft mir beschieden sein!‹. Bei ungünstigem Traume sei sie verstört und suche ihn unschädlich zu machen. Wenn er zurückgekehrt ist, bete sie zu dem Liebesgotte, vollbringe die Spenden für die Götter, lasse durch die Freundinnen das Freudengeschenk bringen und verehre die Krähen. Nach der ersten Vereinigung erfolgt ebendasselbe mit Ausnahme der Krähenverehrung. Dem Hingegebenen gelobe sie Treue bis in den Tod.
»Bei einer Reise« des Liebhabers aus irgend einem Grunde »beschwöre sie ihn«, bitte ihn unter Beschwörungen: ›Bei meinem Leben, du bist verflucht, wenn du nicht bald zurückkehrst!‹ – Nun beschreibt (der Verfasser) das Benehmen ohne Zeugen: »Während seiner Abwesenheit enthalte sie sich der Reinigung«, pflege sie ihren Körper nicht. – Ohne Zeugen ist das doch nutzlos? Nein! Da es vor den Augen ihrer Leute geschieht, ist es ja eben von Nutzen! – In dem Abschnitte über den »Wandel während der Reise des Mannes« ist das auch schon namhaft gemacht als gewöhnlich einer Frau von gutem Herkommen entsprechend: das bezieht sich aber auch auf die Hetäre. – »Sie verschmähe«, trage nicht. – »Glückbringende« aber, wie »Muschelarmbänder« usw., »sind zu tragen«. Der Sinn ist: mit Rücksicht auf gute Vorbedeutung für den Verreisten ist nur derartiges zu gebrauchen. – »Sie gedenke der Vergangenheit«, die sie mit dem Liebhaber zusammen genossen hat. – »Sie besuche Wahrsagerinnen«, Astrologinnen, d. h. in ihrem Hause. – »Orakelstimmen«: sie merke auf das erste Wort in der Nacht, um Glück oder Unglück danach zu deuten. Danach gehe sie auf die Straßen und Plätze. – »Sie beneide die Sternbilder« usw., die gesegnet sind, da sie von dem Liebhaber gesehen werden: ›Ich bin unselig, daß er mich nicht ansieht!‹ – »Glückverheißender Traum«: wenn sie einen günstigen, schönen Traum gesehen hat, erzähle sie ihn am Morgen in Gegenwart ihrer Leute und »rufe aus«: ›Weg mit allem anderen: möge seine Ankunft mir beschieden sein!‹ – Auch wenn sie einen falschen Traum gesehen hat, tue sie, als hätte sie ihn nicht gesehen. Ob der im fremden Land weilende Liebhaber einen Wunsch erfüllt sieht, dessen sei sie gewiß durch diese und jene Träume. – »Bei einem ungünstigen Traume sei sie verstört«: wenn sie einen Traum gehabt hat, der Unheil bedeutet, sei sie verstört: ›Ist ihm etwas Unerwünschtes beschieden?‹ »Und suche ihn unschädlich zu machen«, indem sie Brahmanen kommen läßt. – Nun beschreibt (der Verfasser) ihr Benehmen vor Zeugen, wenn er zurückgekehrt ist: »Sie bete zu dem Liebesgotte«: ›Durch deine Gnade ist er zurückgekehrt.‹ – »Sie vollbringe die Spenden für die Götter«, löse sie ein, die sie in Gegenwart ihrer Leute gelobt hat. – »Freudengeschenk«: ein Obergewand, welches man bei einer freudigen Botschaft seinen Leuten abreißt und darbringt. Das »lasse sie durch die Freundinnen bringen und verehre die Krähen«: ›Wenn der Liebste zurückkommt, habe ich versprochen, dir einen Opferkuchen zu geben: nimm ihn hin!‹ – Diese Anbetung des Liebesgottes usw. ist vorzunehmen unmittelbar »nach der ersten Vereinigung« mit dem Liebhaber. – Nun beschreibt (der Verfasser) das Benehmen vor Zeugen und ohne Zeugen: – »Dem Hingegebenen gelobe sie Treue bis in den Tod«: ›Wenn du in den Himmel eingegangen bist, mag ich auch nicht mehr leben‹. Einer nämlich, der ganz hingegeben ist, wird dessen teilhaftig, kein anderer.
Wer ist denn nun hingegeben? – Darauf antwortet (der Verfasser):
Die Merkmale eines hingegebenen Liebhabers sind: vertrauensvolle Liebe, Gleichheit des Wandels, Ausführung ihrer Wünsche, Unbedenklichkeit und in Geldangelegenheiten Rücksichtslosigkeit.
»Vertrauensvolle Liebe«: daß er mit seinem ganzen Ich vertraut. – »Gleichheit des Wandels«, im Kommen und Gehen. – »Ausführung ihrer Wünsche«: daß er imstande ist, einen kaum ausgesprochenen Gedanken der Liebhaberin auszuführen. – »Unbedenklichkeit«: daß er, solange er bei ihr lebt, von keiner Seite Verdacht schöpft. – »In Geldangelegenheiten Rücksichtslosigkeit«: auch wenn sie ihm alles Geld abnimmt (?).
Dieses hier ist nach den Vorschriften des Dattaka niedergeschrieben, um ein Beispiel zu haben. Was unerwähnt geblieben ist, lerne die Hetäre von der Welt und von dem Wesen des Mannes.
»Dieses hier«, die Beschreibung des Benehmens. »Nach den Vorschriften des Dattaka, um ein Beispiel zu haben«: unter Benutzung des Werkes des Dattaka. – »Von der Welt«, von Leuten, die im Gewinnen anderer erfahren sind, »lerne die Hetäre«, erfasse sie es.
Damit auch der hingegebene Besucher das Wesen der Hetäre erfassen lerne, sagt (der Verfasser):
Es gibt hier zwei Verse:
Wegen der Zartheit, der außerordentlichen Habsucht und der Unmöglichkeit, nach dem Wesen zu urteilen, ist das Merkmal der Liebe der Frauen schwer zu erkennen; selbst für solche, die sich damit beschäftigen.
Sie lieben und werden gleichgültig, sie entzücken und verstoßen: selbst wenn die Weiber alles Geld an sich gezogen haben, kennt man sie doch noch nicht.
»Der Frauen«: das ist eine Bezeichnung für die Hetären. Wegen der Übersinnlichkeit gegenüber der Funktion des Bewußtseins ist das »Merkmal«, das Wesen »der Liebe« der mit dem Worte »Hetäre« bezeichneten Frauen, deren Merkmal Abneigung und Gier ist, »schwer zu erkennen«: man kann nur schwer unterscheiden, ob sie natürlich oder gemacht ist. Wieso? Darauf antwortet (der Verfasser): »Wegen der Zartheit«: da sie für die Funktion des Bewußtseins übersinnlich ist. Wenn man einwendet, an den Äußerungen sei sie leicht zu erkennen, so sagt (der Verfasser): »Wegen der außerordentlichen Habsucht«: habgierig stellen sie es nämlich so dar, als sei ihre Liebe echt, und können der wahren Natur nach nicht erkannt werden. Denn die Männer haben Zutrauen zu solchen Frauen, die in der Liebe aufgehen. Da nun dann die Leidenschaft jener in natürlicher Weise sich zu äußern beginnt, ergibt sich bei ihnen ein Nichtwissen, aber kein Wissen. – »Selbst für solche, die sich damit beschäftigen«, die das Wissen der Merkmale der Liebe als Studium erwählt haben, »ist es schwer zu erkennen«, ob die Liebe echt oder gemacht ist. – Daß nun diese Merkmale der Liebe erheuchelt sind, zeigt (der Verfasser), indem er sagt: »Sie lieben«: sie lieben aufrichtig, aber das hat keinen langen Bestand: infolge ihres heuchlerischen Sinnes »werden sie gleichgültig«; infolge ihres heuchlerischen Spieles »entzücken sie«: aber auch das hat keinen langen Bestand: so sagt (der Verfasser): »Sie verstoßen«. – Weshalb? Darauf antwortet er: »Selbst wenn sie alles Geld an sich gezogen haben«, d. h. bekommen haben, indem sie das Beste (aus dem Liebhaber) ausgepreßt haben, als wäre er nur Lack. So »kennt man sie doch nicht«, was ihre Art ist. – »Die Weiber«, d. h. die Hetären. Darum hänge man nicht an ihnen, sondern lasse sich mit ihnen nur ein bis zur Befriedigung. Das ist die Lehre, (die der Verfasser gibt).
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