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Dritter Teil.
Über den Verkehr mit Mädchen.


1. Kapitel.

§ 23. Die Regeln für das Freien.

Wenn auch der Kenner der vierundsechzig Künste von den Mädchen mit Zuneigung betrachtet wird, so ist doch ohne Zusammenkunft keine geschlechtliche Vereinigung möglich: daher wird nun das Mittel für die Zusammenkunft, ein Zusatz, besprochen: dadurch werden die Frauen allerwärts gewonnen. Da nun hierbei die Mädchen die Hauptsache sind, so ergibt sich der Abschnitt: »Über den Verkehr mit Mädchen«. Hier sind die Mittel zu deren Erlangung die acht Heiratsformen: die Brahma's, die des Prajāpati, die der Ṛṣi's, die der Götter, der Gandharven, Halbgötter, Dämonen und Teufel. Die ersten vier hiervon sind die gesetzlichen; mit ihnen beschäftigt sich der folgende Paragraph, »die Regeln für das Freien«.

Warum geht man so zu Werke? Darauf antwortet (der Verfasser):

Bei einer ebenbürtigen Frau, die noch keinem anderen angehört hat und dem Lehrbuche gemäß erlangt worden ist, ergibt sich Dharma und Artha, Söhne, Verwandte, Mehrung des Anhanges und ungekünstelte Liebeslust.

»Bei einer ebenbürtigen Frau«, die aus derselben Kaste ist, der Brahmanen usw., je entsprechend. – »Die noch keinem anderen angehört hat«, weder in Gedanken, noch mit Worten, noch mit der Tat einem andern gegeben worden ist. Denn hier gilt die Überlieferung, daß das erste Kind jenem eben angehört. – »Dem Lehrbuche gemäß erlangt«, nach der im Lehrbuche beschriebenen Zeremonie des Herumführens um das Feuer, unter Vorausgang des Freiens gewonnen. »Ergibt sich Dharma«, bezeichnet als Vereinigung mit der Gattin und der Genuß der Wollust usw. – »Artha«: infolge des Erlangens der Mitgift und der Einrichtung des Hausstandes. – »Söhne«, sichtbare und unsichtbare Güter. – »Verwandte«, Veranlassung zu gemeinschaftlichem Essen usw. – »Mehrung des Anhanges«, Wachsen des eignen Anhanges, indem noch fremder Anhang dazukommt. – »Ungekünstelte Liebeslust«, keine künstliche, da die Vereinigung unter außerordentlichem Zutrauen geschieht.

Weil es sich so verhält,

Darum soll man auf ein Mädchen, welches von Angehörigen umgeben ist, Vater und Mutter hat, an Jahren mindestens drei Jahre jünger ist, aus einer achtbaren, reichen, anhangreichen, verwandtenlieben, mit Verwandten gesegneten Familie stammt, reichen Anhang von Seiten der Mutter und des Vaters besitzt, mit Schönheit, Charakter und glückverheißenden Zeichen geziert ist, nicht zu wenig, nicht zu viel und auch nicht gar keine Zähne, Nägel, Ohren, Haare, Augen und Brüste besitzt und von Natur keinen kranken Leib hat: auf ein solches soll man, mit eben diesen Vorzügen geziert und ein Wissender, sein Augenmerk richten.

»Darum soll man auf ein Mädchen sein Augenmerk richten«: so ist der Zusammenhang: bei einer, die man nicht beachtet, findet kein Freien statt. Nun beschreibt (der Verfasser) dies Beachten der Reihe nach in bezug auf Angehörige, Schutz, Alter, Anständigkeit der Familie, Zuneigung, Schönheit, Charakter, Merkmale und Gesundheit: »Angehörige«, Familie, bestehend in Vater und Mutter. – »Mindestens drei Jahre«, von drei Jahren aufwärts, »jünger«: nicht ein oder zwei Jahre jünger, auch nicht gleichalterig oder älter. – »Achtbar«, eine Familie, deren Handlungsweise achtbar, erstrebenswert ist. »Reich«, begütert an Geld und Getreide. – »Verwandtenlieb«, zugeneigt. – »Anhangreich«, mit Angehörigen gesegnet. – »Reichen Anhang von Seiten der Mutter und des Vaters besitzt«: das bedeutet, daß das Mädchen mehrfachen Schutz genießt. – »Schönheit«, körperliches schmuckes Aussehen und Auftreten. – »Charakter«, rechtes Wesen. – »Glückverheißende Zeichen«, die andeuten, daß ihr kein Witwenstand usw. bevorsteht. »Nicht zu wenig«; das ist auf jedes einzelne zu beziehen, so daß sie respektive nicht zu wenig, nicht zu viel und nicht gar keine Zähne usw. hat, d. h. auch mit Schönheit der einzelnen Glieder begabt ist: bei einem Mädchen bilden ja Zähne usw. die wichtigsten Glieder. – »Von Natur keinen kranken Leib hat«, d. h. deren Leib seinem Wesen nach keine Krankheit hat. – »Mit eben diesen Vorzügen geziert«, mit Angehörigen usw. versehen: sonst würde es ein Mann sein, der keinen Zutritt hat. (Der Verfasser) gibt noch ein besonderes Merkmal an: »ein Wissender«; d. h. der die Wissenschaft beherrscht. – »Soll sein Augenmerk richten«, im Herzen bedenken …

Wenn man eine solche gewonnen hat, darf man sich selber für befriedigt halten; und das Bewerben um sie kann von Ebenbürtigen nicht getadelt werden. – So sagt Ghoṭakamukha.

»Gewonnen«, (feierlich um das Feuer) herumgeführt. »Befriedigt«, zufrieden; »und kann von Ebenbürtigen nicht getadelt werden«, daß man etwas Tadelnswertes begangen habe. – »Das Bewerben«, die Vornahme des Freiens. Die Erwähnung des Ghoṭakamukha geschieht, um anzudeuten, daß er für diesen Abschnitt Autorität ist.

Das Freien ist von zweifacher Art: (es geschieht) mit Berücksichtigung der Eigenschaften als Mensch und mit Rücksicht auf die Astrologie. Mit Bezug auf das erste sagt (der Verfasser):

Bei dem Werben um dieselbe sollen Vater und Mutter und Angehörige sich Mühe geben; und ebenso die Freunde, die seine Worte festhalten und mit beiden verbunden sind.

»Bei dem Werben«, Anhalten, »um dieselbe«, auf die man sein Augenmerk gerichtet hat, »sollen Vater und Mutter«, die von dem Liebhaber nach Besprechung mit der Freundesschar angestiftet werden, »sich Mühe geben«, durch Anstiften von Freiwerbern. – »Angehörige«, die zur Familie des Liebhabers in naher Beziehung stehen. – »Die Freunde« des Liebhabers sollen sich Mühe geben, »die seine Worte festhalten«, indem seine Worte nicht zu übertreten sind. »Mit beiden verbunden«, durch nahe Beziehungen zur Mutter und zum Vater.

Diese sollen die augenscheinlichen und ererbten Fehler der übrigen Freier zur Sprache bringen und die Vorzüge des Liebhabers gemäß seiner Familie und in seiner Eigenschaft als Mann, die den Entschluß bestärken sollen und besonders solche, die der Mutter des Mädchens genehm sind und für Gegenwart und Zukunft passen, zeigen.

»Diese«, die Freunde. – »Der übrigen« Freier außer dem Liebhaber … – »Augenscheinliche Fehler«, Häßlichkeit, Blindheit, Bucklichkeit usw. – »Ererbte«, die durch bestimmte Körpermale angedeutet werden. Eine andere Lesart ist »künftige«, die erst später zum Vorschein kommen. »Sollen zur Sprache bringen«, nämlich bei den Eltern derselben. – »Gemäß seiner Familie«, wie sie in seiner Familie gang und gäbe sind; Charakter, Selbstgefühl und andere »Vorzüge des Liebhabers«. »In seiner Eigenschaft als Mann«, die aus Mannesarbeit entstehen, das Erfassen der Lehrbücher, Künste usw. »Die den Entschluß bestärken sollen«, die die Absicht der Eltern, ihm das Mädchen zu geben, zur Tat werden lassen sollen. »Und besonders solche, die der Mutter des Mädchens genehm sind«, jugendliches Alter usw. »und für Gegenwart und Zukunft passen«, in der gegenwärtigen und bevorstehenden Zeit durch Fruchtbringen gesegnet. Amara sagt: »Diese Zeit hier ist die Gegenwart, die darauffolgende die Zukunft«. – »Sollen zeigen«, die Freunde.

Mit Bezug auf die Astrologie sagt (der Verfasser):

Einer in der Verkleidung eines Schicksalskundigen schildere das zukünftige Glück des Liebhabers als Wohlergehen durch Offenbarung des Vogelfluges, der Vorzeichen, des Einflusses der in bestimmter Konstellation stehenden Planeten und der besonderen Merkmale.

»Einer in der Verkleidung eines Schicksalskundigen«, ein von dem Liebhaber abgeschickter Pseudo-Astrolog. – Des »Vogelfluges«, wenn bei ruhigem Himmel eine Krähe usw. krächzt. – »Der Vorzeichen«, die daraus sich ergeben usw. – Infolge einer »bestimmten Konstellation« der glückverheißenden Planeten, die an den Stellen des 3., 6., 10. und 11. Hauses stehen: die »Offenbarung« »des Einflusses« derselben nach Himmelsrichtung, Zeit, Ort und Wesen. Ferner durch die Offenbarung »der besonderen Merkmale« (am Leibe), Muscheln, Kreise usw. – »Das zukünftige«, noch bevorstehende »Glück«, das Erlangen einer Generalsstelle, des Postens eines Gouverneurs usw. »Wohlergehen«, da es Wohlergehen bedingt, d. h. dem Glücke folgt.

Andere wiederum sollen die Mutter des Mädchens aufregen, indem sie sagen, daß er anderswo unter besonders ehrenden Umständen ein Mädchen bekommen könne.

»Andere«, in der Verkleidung als Schicksalskundige. »Er«, der Liebhaber. »Anderswo«, an einer anderen Stelle, als wo um das Mädchen gefreit wird. – »Unter besonders ehrenden Umständen«: ›Man wünscht ihm die reiche und schöne, hochangesehene Tochter jenes Generals zu geben: so wollen wir morgen das Horoskop stellen‹. Dadurch sollen sie »die Mutter des Mädchens aufregen«, gewinnen, damit sie umgestimmt wird und die Töchter hingibt.

In der gehörigen Ordnung des Schicksals, der Vorzeichen, des Vogelfluges und der Orakelstimmen freie man um das Mädchen und gebe es hin.

»Des Schicksals, der Vorzeichen, des Vogelfluges und der Orakelstimmen«: Die in den früheren Existenzen begangenen guten oder schlechten Taten nennt man »Schicksal«; auch die Sternbilder und Planeten nennt man so, da sie dasselbe offenbaren. Wenn das günstig ist, bedarf es der Hektaden und Oktaden nicht. – ›Wird diese, wenn ich sie heirate, mir Wohlfahrt bringen oder nicht?‹ Daraufhin sind die in den Lehrbüchern enthaltenen »Vorzeichen« zu beachten und der »Vogelflug« zu befragen, auch in der Nacht die »Orakelstimmen« zu vernehmen. In Übereinstimmung damit suche man die dem Freier Zugedachte zu erlangen und »gebe sie hin«, der Anhang des Mädchens.

Nicht aufs Geratewohl, bloß weil er ein Mann ist, sagt Ghoṭakamukha.

»Bloß, weil er ein Mann ist«: wobei nur sein Stand als Mann in Betracht gezogen wird; »nicht aufs Geratewohl«: denn es kommt hier auch die Familie, die schützende Verwandtschaft usw. zur Geltung, d. h. man freie und gebe nicht hin, während man einen andern Wunsch hegt. – »Ghoṭakamukha«: die fremde Ansicht wird gebilligt, da sie nicht verboten ist.

Zur Zeit des Freiens beachte man, wenn man das Mädchen sieht, die Vorzeichen: das zeigt (der Verfasser), indem er sagt:

Eine Schlafende, Weinende und Ausgegangene vermeide man bei dem Freien. Eine mit ungebräuchlichem Namen, eine Verborgene, Vergebene, Braunrote, Getüpfelte, ein Mannweib, eine Verwachsene, Scheußliche, Breitstirnige, in ihrer Lauterkeit Geschädigte, Mischlingin, Mannbargewordene, Stumme, Freundin, eine, die eine schöne jüngere Schwester hat und eine an Schweiß Leidende meide man.

Vermeiden soll man bei dem Freien als tadelnswert eine, die nach Sternbildern genannt ist, den Namen von Flüssen und Bäumen trägt und am Ende den Laut l oder r führt.

»Eine Schlafende«: das Lager deutet an, daß sie noch sehr jung ist. – »Eine Weinende«, Unglückliche. – »Ausgegangene«, die aus dem Hause geht. Wenn der Freier zur Zeit des Freiens sieht, daß sie das Haus verläßt, soll er sie meiden. – »Eine mit ungewöhnlichem Namen«, Bhaṅgikā, Vitrāṭikā. – »Eine Verborgene«, die nicht sichtbar ist: da man hier Mängel vermuten kann. – Für die »Vergebene« gilt ohne weiteres als Grund des Meidens, was ausführlich unter »die noch keinem andern gehört hat« gesagt ist; für die »Braunrote« das unter »mit glückverheißenden Zeichen geziert« Gesagte. Hierunter gehört die »Braunrote«, Rötliche, die den Gatten tötet. – Eine »Getüpfelte«, mit weißen Punkten Versehene, die das Vermögen verschwendet und den Gatten tötet. – »Mannweib«, vom Aussehen eines Mannes und von schlechtem Charakter. – »Eine Verwachsene«, in der Schultergegend verkrümmt und von schlechtem Charakter. – »Scheußliche«, mit nicht verbundenen Schenkeln, eine Unglückliche. – Eine »Breitstirnige«, mit großer Stirn; die den Gatten tötet. Eine »in ihrer Lauterkeit Geschädigte«, die dem verstorbenen Vater den Feuerbrand gebracht hat und wegen dieser Opferhandlung nicht lauter ist. – Eine »Mischlingin«, von einem Manne Geschändete. Eine solche zu ehelichen ist nicht Recht. Eine »eben mannbar Gewordene«: bei der die Regeln eingetreten sind, indem durch die Menstruation die Vulva verletzt worden ist. – Eine »Stumme«, die nicht sprechen kann und außerhalb der Verständigung steht. – Eine »Freundin«, die im Freundschaftsverhältnisse steht und nicht begattet werden darf. – »Eine schöne jüngere Schwester«; zu ergänzen ist: die mindestens drei Jahre jünger ist, d. h. um die richtige Zeitspanne später geboren ist. So heißt es denn: »Man führe auf Grund des Freiens ein geeignetes Mädchen heim, kein anderes, welches nicht älter, sondern um vier bis acht Jahre jünger ist«. – »Eine an Schweiß Leidende«, die an Händen und Füßen schwitzt und den Gatten tötet. – »Eine, die nach Sternbildern genannt ist«, z. R. Śravaṇā, Viśākhā usw. – Flußnamen: Gaṅgā, Yamunā usw. – Baumnamen: Jambū, Priyaṃgu. – »Die am Ende den Laut l oder r führt«, in deren Namen in der Nähe des Endbuchstabens der Laut l oder r steht: z. B. Kamalū, Vimalū, Cārū, Tārū.

Einige lehren: diejenige, welche Augen und Herz fesselt, die bringt Wohlfahrt; um keine andere soll man sich kümmern.

Die Meinung einiger ist, daß das Mädchen Augen und Herz fesseln soll. Zu welcher man herzliche Anhänglichkeit und Augenliebe verspürt und das andere bei Vorhandensein auch von Angehörigen usw., mit der erlangt man, wenn sie geheiratet wird, Glück, die Erreichung der drei Lebensziele. Das ist also die beste Art. – »Um keine andere soll man sich kümmern«, bei der das nicht zutrifft. Das ist die schlechteste Art. Hier würde man nur unter Berücksichtigung der Angehörigen usw. freien, die Erstgenannte aber von ganzer Seele: das ist der Unterschied. Bei Mängeln jedoch, auch wenn Augen und Herz gefesselt sind, lasse man sie unberücksichtigt. Auch hier ist die größere oder geringere Bedeutung der Fehler zu beachten.

Nun beschreibt (der Verfasser) das Verhalten innerhalb des Anhanges des Mädchens bezüglich des Freiens:

Darum sollen sie das Mädchen, wenn die Zeit der Hingabe gekommen ist, in feiner Kleidung zur Schau stellen. Am Nachmittage führe die Geschmückte mit ihren Freundinnen beständig Spiele auf. Bei Volksaufläufen, z. B. Opferfesten, Hochzeiten usw. finde eifriges Zeigen statt; und ebenso an anderen Festen, indem sie ganz wie eine Ware behandelt wird.

»Darum«, weil das Mädchen nicht gefreit wird wegen böser Vorzeichen, indem sie schlafend betroffen wurde usw. – »Wenn die Zeit der Hingabe gekommen ist.« Da das eine elliptische Ausdrucksweise ist, so bedeutet das: auch zur Zeit des Freiens. – Die Angehörigen des Mädchens sollen sie in voller Toilette zur Schau stellen. – »Am Nachmittage«, vor der Hingabe, sollen sie die dem Nachmittage entsprechende Beschäftigung vornehmen lassen. Diese beschreibt (der Verfasser): »Beständig führe sie mit ihren Freundinnen Spiele auf«, auf der Straße, den öffentlichen Plätzen usw. Bei »Opferfesten«, Hochzeiten usw.«, die andere angehen. »Volksaufläufen«, an denen die Menschen zusammenströmen … »Eifrig«, durch Eifer zu erreichen. Da sie von Dienern umgeben ist, schauen die Leute aus Neugierde eifrig nach ihr. »Ebenso an anderen Festen«, am Frühlingsfeste und bei anderen Volksaufläufen, wo eifriges Schauen stattfindet. »Indem sie ganz wie eine Ware behandelt wird«: die Leute schauen nämlich neugierig nach ihr, wie nach einem Verkaufsgegenstande; wenn man nicht nach ihr hinsieht, dürfte sie wie eine Ware übrig bleiben.

Nun nennt (der Verfasser) die Kennzeichen und die Aufwartung der Freier:

Die um des Freiens halber kommenden, schön anzuschauenden, freundliche Worte machenden und von jenen Angehörigen begleiteten Männer sollen sie feierlich empfangen. Jenes geschmückte Mädchen sollen sie unter einem anderen Vorwande zeigen. Die Prüfung des Schicksals führen sie zu Ende, bis sie zur Hingabe entschlossen sind.

»Um des Freiens halber«, da das Mädchen normal von Gliedern ist und glückverheißenden Wandel führt. – »Freundliche Worte machend«, genehme Reden brauchend. – »Von jenen Angehörigen begleitet«: wie oben gesagt wurde, Freunde und Angehörige, mit diesen zusammen, ist der Sinn. »Feierlich«: mit saurer Milch, ungehülstem Korn usw. »Sollen sie empfangen«, die Angehörigen des Mädchens. – »Unter einem anderen Vorwande«, indem sie einen andern Zweck vorgeben. Nicht aber sollen sie sie ohne weiteres zeigen; da sie noch nicht fest entschlossen sind, sie hinzugeben. – »Die Prüfung des Schicksals«: solange die Hingabe noch nicht fest beschlossen ist, hängt sie noch von himmlischen Einflüssen ab. »Die Prüfung wollen wir mit den Freunden und Angehörigen vornehmen!« – so sollen sie sie »zu Ende führen«. Ein anderer aber sagt: »Die Prüfung des Schicksals stelle man an mit Lehmklößen von einer Kuhhürde, einer Ackerfurche, einem Teiche, einem Baume, einer Leichenstätte, einem unfruchtbaren Landstriche, einem Götterbilde und einem Kreuzwege«.

Zum Bade usw. eingeladen sollen die Freiwerber denselben Tag noch nichts zugestehen, mit den Worten: »Es wird schon alles werden«.

»Zum Bade usw. eingeladen«: der Anhang des Mädchens. – »Freiwerber«, weil sie freiwerbern. – »Alles«, das Bad usw. – »Es wird schon werden«, wenn Prajāpati gnädig ist. – »Denselben Tag«: an jenem Tage sollen sie mit dem Baden usw. sich nicht einverstanden erklären.

Je nach dem Gebrauche des Landes heirate man gemäß dem Lehrbuche nach irgend einem Hochzeitsmodus von denen des Brahma, des Prajāpati, der Ṛṣi's oder der Götter. – Das sind die Regeln für das Freien.

»Je nach dem Gebrauche des Landes«: d. h. entsprechend dem in jedem einzelnen Lande geltenden Brauche. »Nach irgend einem Hochzeitsmodus von denen des Brahma, des Prajāpati, der Ṛṣi's oder der Götter«, da diese gesetzmäßig sind. So heißt es: »Bei der Brahma-Art gebe ein Freund das schön geschmückte Mädchen hin, nachdem er es herbeigeholt hat; Prajāpati-Art nennt man es, wenn man dabei sagt: ›Übe zusammen mit ihm Tugend!‹ Die Ṛṣi-Hochzeit wird es genannt, wenn man Reichtümer und ein Paar Kühe mitgibt; die Götterart ist es, wenn ein Priester am Altare die Handlung vollzieht«. – »Gemäß dem Lehrbuche«, nach der im Gṛhya angegebenen Regel.

*

§ 24. Die Prüfung der Verbindungen.

Da das Werben nicht stattfindet, wenn man die Verbindung noch nicht geprüft hat, nachdem man ein Mädchen nach seinen Angehörigen usw. ins Auge gefaßt hat, folgt jetzt die Prüfung der Verbindungen.

Hier gibt es einige Verse:

Gemeinschaftliche Spiele, Versergänzungen usw., Heiraten und innige Vereinigungen sind nur mit Ebenbürtigen zu unternehmen, nicht mit Höheren oder Niedrigeren.

»Versergänzen usw.«: so zusammen Spiele unternehmend »Innige Vereinigungen«, Freundschaften. – »Nur mit Ebenbürtigen«, Gleichen, indem sie an Ansehen durch Abstammung, Angehörige, Vermögen und Aussichten gleich sind.

So ist die Verbindung eine dreifache, je nachdem der sich Verbindende ebenbürtig ist oder höher oder tiefer steht. (Der Verfasser) beschreibt das je nach dem Zwecke:

Wenn der Liebhaber wie ein Diener lebt, nachdem er das Mädchen genommen hat, so wisse man, daß das eine hohe Verbindung ist, welche von Verständigen gemieden wird.

»Nachdem er das Mädchen genommen«, um das Feuer herumgeführt hat. – »Wie ein Diener«, ein Sklave, da er des Vermögens und der Aussichten ermangelt. – »Hohe Verbindung«, infolge der Verbindung mit einer höher stehenden Person. – »Von Verständigen gemieden«: die das aber nicht sind, gehen eine solche Verbindung ein.

Wenn er, umgeben von seinen Verwandten, wie ein Herr lebt, so ist auch diese, niedrige, Verbindung unrühmlich und wird von den Trefflichen getadelt.

Wenn der Liebhaber, nachdem er das Mädchen gewonnen hat, den Gebieter spielt, da er Vermögen und Aussichten besitzt. – »Von seinen Verwandten«, dem Schwiegervater, Schwager usw., die als Diener fungieren, »umgeben«. – »Unrühmlich«, nicht zu preisen, da die ihr entsprechende Stellung in der Welt fehlt. – »Von den Trefflichen«, die den Lauf der Welt kennen.

Wenn ein Spiel getrieben wird, wobei man beiderseitig Wonne kostet und welches einander auszeichnet: diese Verbindung wird eingegangen.

»Wobei man beiderseitig Wonne kostet«, ein Spiel, bei dessen gegenseitiger Anwendung sowohl der Anhang des Freiers, als auch der Anhang des Mädchens Wonne genießt, »und welches einander auszeichnet«: in welcher Verbindung das geschieht, »diese Verbindung wird eingegangen«, d. h. von Trefflichen geschlossen. Die beiden ersten aber werden nicht eingegangen: so ist der Sinn.

Welche von jenen beiden ist die bessere? Darauf sagt (der Verfasser):

Wenn man auch eine hohe Verbindung eingegangen ist, soll man später sich den Anverwandten unterwerfen; nicht aber soll man eine niedrige Verbindung schließen, die von den Trefflichen getadelt wird.

»Wenn man auch eine hohe Verbindung eingegangen ist, soll man später sich den Anverwandten unterwerfen«, selber in das Haus der Verwandten gehen, d. h. nicht in das Haus des Schwähers. – »Nicht aber«: das ist unbedingt verboten.


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