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Sechster Teil.
Über die Hetären.


1. Kapitel.

§ 50. Untersuchung über die Freunde, die Besucher, die nicht zu Besuchenden und die Gründe des Besuches.

Die Mittel, mit den drei Liebhaberinnen zusammenzukommen, sind besprochen worden: um sie nun auch für die Hetären anzugeben, wird dieser Teil geschrieben. Da nun hierbei die Beschreibung der Freunde usw. ein Geschäft ist, welches den weiteren Geschäften vorangeht, so wird zunächst die Untersuchung über die Freunde, die Besucher und die Gründe des Besuchens geführt. Wiewohl nun für die Männer wie für die Hetären das Ergebnis des Liebesgenusses das gleiche ist, so ist doch hier eben die Hetäre, als ausübender Teil, die Hauptsache, nicht der Mann, da ihr Lebensunterhalt von diesem abhängt. So sagt (der Verfasser):

Die Hetären haben bei dem Besuche von Männern Wollustgenuß und natürlicherweise Gewinn. Das Verhalten auf Grund der Wollust ist das natürliche; es ist künstlich, wenn es des Geldes halber geschieht. Auch dieses möge sie wie das natürliche gestalten; denn die Männer fassen Vertrauen zu solchen Frauen, die in Liebe aufgehen. Sie zeige keine Gier, um ihm jene klar zu offenbaren. Nicht durch schlechte Mittel erwerbe sie sich Gelder; um sich die Zukunft zu sichern. Beständig verweile sie im Schmucke, auf die Hauptstraße blickend, so daß sie gesehen wird, aber nicht zu sehr enthüllt, indem sie gleich einer Ware ist.

»Bei dem Besuche«, der Erlangung, »von Männern«. Wenn derselbe stattfindet, ist zu ergänzen. – »Wollustgenuß« ist die Wonne der Samenergießung; »Gewinn«, Lebensunterhalt infolge der Erlangung von Geld. – »Natürlicherweise«, von Natur. Denn das ist der natürliche Vorgang, daß die Liebe eine Geldquelle (für die Hetäre) ist. – »Auf Grund der Wollust«: wenn sie bei der zweifachen Art des Gewinnes so handelt, daß sie dabei die Wollust im Auge hat, so ist das »das natürliche Verhalten«, da dabei die Leidenschaft von Natur dabei ist. Wenn sie aber so handelt, daß sie das Geld im Auge hat, so ist das »das künstliche«, da dabei die Leidenschaft fehlt. – »Auch dieses«, das künstliche, »möge sie wie das natürliche gestalten«, zur Erscheinung bringen, durch Willfährigkeit gegen den Geliebten. Weshalb? Darauf antwortet (der Verfasser): »Die in Liebe aufgehen«: »Die Männer fassen Vertrauen«, zeigen Anhänglichkeit, wenn sie sehen, daß sie ihnen Liebe entgegenbringt; nicht so aber gegenüber von Frauen, die nur nach Geld verlangen. Wenn sie nun andeutet, daß sie in Liebe aufgeht, deute sie nicht auch an, daß sie auf Gelderwerb sinnt. So sagt (der Verfasser): »Keine Gier«, um zu beweisen, daß ihr Verhalten ein natürliches ist. Unter diesen Umständen bekommt sie auch glücklich in natürlicher Weise von dem treu ergebenen Liebhaber Geldspenden. Aber auch hierbei dürfte sie nichts bekommen, wenn sie keine Hilfsmittel anwendet: so sagt (der Verfasser): »Nicht durch schlechte Mittel«: die Mittel wird er noch angeben. – »Zukunft«, Anziehungskraft. – »Beständig«, stets sei sie geschmückt, sonst verliert sie ihre Anziehungskraft, weil sie dann nicht schmuck aussieht. – »Auf die Hauptstraße blickend«, damit sie von den Besuchern gesehen wird. Auch hierbei »so daß sie gesehen wird, aber nicht zu sehr enthüllt«, offen, »indem sie gleich einer Ware ist«, d. h. indem ein allzu offen ausgestellter Gegenstand nicht schwer zu erlangen ist.

Nun führt (der Verfasser) die Untersuchung über die Freunde:

Diejenigen mache sie zu ihren Freunden, durch welche sie den Liebhaber gewinnt, anderen Hetären ihn abjagt, eignem Mißgeschick begegnet, Geld erwirbt und von den Besuchern nicht gedemütigt wird. Das sind aber Wachtleute, Gerichtspersonen, Astrologen, Tollkühne, Helden, an Wissen Gleiche, in den Künsten Erfahrene, Pīṭhamarda, Viṭa, Vidūṣaka, Kranzwinder, Händler mit Wohlgerüchen, Schankwirte, Wäscher, Barbiere, Bettelmönche und diese und jene, die ihren Zwecken dienen können.

»Sie gewinnt«, macht sich geneigt. – »Sie jagt ab«, zieht einen (mit einer anderen) Vertrauten auf ihre Seite. – »Sie mache zu ihren Freunden«, d. h. solche, die die genannten Taten vollbringen. – »Wachtleute«, Stadtwächter usw. – »Gerichtspersonen«, Richter usw. – Alle beide verhindern Unfälle und verhelfen zu Gelde. – »Astrologen«: diese führen Besucher zu, indem sie sie mit den Worten aufstacheln: ›Wenn du dich mit dieser vereinigst, wirst du wohlfahren!‹ – »Tollkühne«: die ohne Rücksicht auf den Leib drauflosgehen. Andere als diese sind die »Helden«: beide verhüten Mißgeschick und verhelfen zu Gelde. – »An Wissen Gleiche«, wenn diese Liebe fühlen, verhelfen sie ihr zu Gelde. – »In den Künsten Erfahrene«: die von der Liebhaberin Künste erlernen, führen ihr Besucher zu, wenn sie jene bekanntmachen. – »Pīṭhamarda« usw., die durch ihre Arbeit Geld machen, führen ihr Besucher zu, da sie in fremde Häuser kommen. – Der eine verhilft zu diesem, der andere zu jenem: darum seien aus diesem Grunde auch noch andere ihre Freunde. – Freunde sind durch Liebe und Fürsorge freundlich zu behandeln, aber nicht zu beschlafen: denn wenn sie jene beschliefen, würden sie ihren eignen Vorteil wahrnehmen, nicht aber den der Hetäre.

Nun führt (der Verfasser) die Untersuchung über die Besucher:

Besucher, die nur Geld bringen, sind folgende: die Unabhängigen; die in der ersten Jugend stehen; Reiche; die nicht von anderen erhalten werden; Beamte; solche, deren Existenzmittel mühelos einkommen; Nebenbuhler; Leute mit großen Einkünften; die an ihre Beliebtheit glauben; Prahler; Impotente, die den Titel »Mann« beanspruchen; die mit ihresgleichen rivalisieren; von Natur Freigebige; bei dem Könige oder Minister Einflußreiche; Fatalisten; auf ihren Reichtum Stolze; die der Botmäßigkeit der Eltern Entwachsenen; die für ihre Angehörigen wichtig sind; reiche einzige Söhne; Mitglieder eines Ordens; heimlich Liebende; Helden und Ärzte.

Von denen nur Geld ohne Liebe erlangt wird, deren »Geld«, Nutzen in der Wollust und dem Ruhme besteht. – »Die Unabhängigen«, die älteren Personen nicht mehr botmäßig sind. – Weder alt noch arm. – »Die nicht von anderen erhalten werden«: wenn von einem, der von anderen erhalten wird, doch etwas kommt, dann ist sein Geben, wenn er (überhaupt) etwas gibt, eine Quälerei. – »Beamte«, Aufseher. Wer über ein Amt gesetzt ist, was Geld einbringt, der spendet auch Geld. – »Mühelos«: der sein Vermögen von der Familie überkommen oder durch Auffinden eines Schatzes erworben hat; sonst dürfte er nur mit Mühe spenden können. – »Nebenbuhler«, die mit einem anderen Liebhaber wetteifern, geben viel. – »Leute mit großen Einkünften«: Zolleinnehmer und Wucherer. – »Die an ihre Beliebtheit glauben«: die sich selbst für beliebt halten, mögen sie auch keine Beliebtheit genießen. Um ihre eigene Unbeliebtheit nicht zu offenbaren, wenden sie die Liebhaberin von einem anderen ab, wobei sie viel Geld spenden. – »Prahler«, die viel spenden, für den Verbreiter ihres Ruhmes. – »Impotente«, Eunuchen. Diese geben viel, um ihre Mannheit zu bekunden. – »Die mit ihresgleichen rivalisieren«: die an Adel, Wissen, Vermögen und Alter mit einem andern wetteifern, spenden außerordentlich viel mit Rücksicht darauf. – »Von Natur Freigebige«: solche geben notwendigerweise, da das im Wesen der Freigebigen liegt. – »Einflußreiche«: auf deren Wort andere hören. Wenn sie auch selbst nichts geben sollten, so lassen sie doch den König oder Minister zahlen, nachdem sie ihnen gesagt haben: »Das ist meine Geliebte«. – »Fatalisten«, welche meinen, daß die Wohlfahrt durch den Schwund des Glückes, nicht aber durch den Genuß schwinde, geben viel. – »Der Eltern«, wer von diesen abhängt, kann nicht viel geben, weil er eben von anderen abhängig ist. – »Die … gewichtig sind«, die Hauptperson bilden, sind freigebig. – »Einzige Söhne«: selbst wenn diese viel verschwenden, wird ihnen von ihren Vätern nicht gewehrt, damit sie nicht anderswohin gehen. – »Mitglieder eines Ordens«, Bettelmönche. »Heimlich Liebende«: sie lieben nicht offen, damit die Welt es nicht merkt. Solche geben viel, wenn sie von der Liebe gepeinigt werden. – »Helden«, die in freundschaftlichem Verhältnis stehen und Vermögen haben. – »Ärzte«: wenn diese auch nicht freigebig sind, so spenden sie doch auch, indem sie die Hetäre, wenn sie erkrankt ist, heilen.

Deren Geld aber in Liebe und Ruhm besteht, die sind um ihrer Vorzüge willen zu beschlafen.

Denn von mit Vorzügen Begabten kommt »Liebe und Ruhm«. – Früher (p. 69) ist gesagt worden: »Beider Vorzüge werden wir in dem Abschnitte über die Hetären angeben«. (Das folgt jetzt):

Aus hohem Geschlechte, gelehrt, ein Kenner aller Texte, ein Dichter, erfahren im Geschichtenerzählen, beredt, entschlossen, bewandert in den verschiedenen Kunstfertigkeiten, das Alter achtend, nach hohen Zielen trachtend, von großer Ausdauer, tiefer Ergebenheit, nicht mißgünstig, freigebig, freundelieb, eingenommen für Versammlungen, Gesellschaften, Schauspiel, Gelage und gemeinsame Spiele; gesund, unverstümmelten Leibes; kräftig; kein Schnapstrinker; voll Manneskraft; liebenswürdig; ein Führer und Schmeichler der Frauen, aber nicht ihr Knecht; selbständig lebend, nicht roh, nicht eifersüchtig und nicht bedenklich: das sind die Vorzüge des Liebhabers.

»Gelehrt«, ein Kenner von Logik usw. – »Aller Texte«, infolge seiner Kenntnis auch der ketzerischen Texte. – »Ein Dichter«, ein Verfertiger von Gedichten in Sanskrit usw. – »Entschlossen«, im Augenblick das Richtige erkennend. – »Kunstfertigkeiten«, Zeichnen usw. »Das Alter achtend«, ein Verehrer von an Wissen und Jahren Alten. – »Nach hohen Zielen trachtend«, hochstrebende Wünsche hegend. – »Von großer Ausdauer«, Größe: infolge der Größe der verschiedenen Hilfsmittel; wie es denn heißt: »Heldentum, Unduldsamkeit, Schnelligkeit und Gewandtheit sind die Vorzüge eines Mannes von großer Ausdauer«. – »Versammlungen« und »Gesellschaften« sind schon beschrieben worden. – »Schauspiel«, das Besehen von Dramen usw. – »Gelage«, Unterhaltungen beim Trinken. – »Gemeinsame Spiele«, Spielen in Gesellschaft. – »Unverstümmelt«, vollständig. – »Kräftig«, kraftvoll. – »Kein Schnapstrinker«: dem Sinne nach versteht man darunter einen Brahmanen. – »Voll Manneskraft«, fähig, den Koitus auszuführen. – »Liebenswürdig«, voll Mitgefühl. – Die Eigenschaft als »Führer« bedeutet: das Behandeln derselben in Belehrung und unter Höflichkeitsbezeugungen: Das »Schmeicheln« ihnen gegenüber soll Gebrechen an dem Äußeren ihres Körpers verdecken. – »Nicht bedenklich«, indem er ohne Bedenken ans Werk geht. – »Die Vorzüge des Liebhabers«: so sind an der Hand eines Vorzügereichen die Vorzüge aufgezählt, da diese hier zu diesem Paragraphen gehören. Das Wort »Liebhaber«, wo es doch heißen müßte, »Vorzüge der Besucher«, steht nur, um eine gemeinschaftliche Bezeichnung zu wählen; und damit ist jener Ausspruch abgetan, in dem es oben hieß: »Die Vorzüge werden noch beschrieben werden«: denn in den obigen Worten ist der Liebhaber nach allen seinen besonderen Eigenschaften geschildert (?). – Mit Bezug auf das Mädchen, die Wiederverheiratete, die fremde Frau und die Hetäre bekommt er der Reihe nach die besonderen Bezeichnungen: Freier, Buhle, Glücklicher und Besucher.

Für die Liebhaberin dagegen ergeben sich folgende Eigenschaften: Sie sei versehen mit Schönheit, Jugend, Merkmalen und Anmut, in die Vorzüge verliebt, nicht in das Geld; sie verlange nach Vereinigung in Liebe, sei fest von Sinn, sie sei nur von einer Art, trachte nach Hervorragendem, lebe beständig nicht knauserig und liebe Gesellschaften und Künste.

»Schönheit«, Aussehen und Gestalt seien prächtig. – »Merkmale«, die Glück bedeuten. – »Liebenswürdigkeit«, freundliches Reden. Damit sei sie »versehen«, indem sie ihre Hilfsmittel bilden. »In die Vorzüge verliebt«, die dem Liebhaber angehören; »nicht in das Geld« desselben. – »Sie verlange nach Vereinigung in Liebe«: das Wort Liebe bedeutet, daß sie auf eine bloß äußerliche Vereinigung verzichtet; d. h., sie verlange nach einer Vereinigung in Wollust. – »Fest von Sinn«: sie vollbringt ihre Werke, nachdem sie einmal entschlossen ist, das und das zu tun. – »Sie sei nur von einer Art«, besitze nur eine einzige Weise, sei keine Betrügerin. – »Trachte nach Hervorragendem«: sie erfreue sich nicht an irgend einem beliebigen Dinge. – »Sie lebe nicht knauserig«: mit Rücksicht auf den eignen Lebensunterhalt häufe sie Geld an. Auch hier nicht bisweilen, sondern, wie (der Verfasser) sagt, »beständig«. – »Sie liebe Gesellschaften und Künste«: Gesellschaften, die als einzigen Zweck nur das Spiel haben. – »Das sind die Vorzüge der Liebhaberin«, ist hinzuzufügen. – Auch hier ist nicht gesagt, »der Hetäre«; wie oben.

Damit gibt der Verfasser an, was diesen beiden als spezielle Eigenschaft zukommt:

(Die Liebhaberin aber besitze) Verstand, Charakter, gesitteten Wandel, Redlichkeit, Dankbarkeit, Weit- und Fernsichtigkeit, Treue gegen ihr gegebenes Wort; Kenntnis von Ort und Zeit, elegantes Wesen; sie sei frei von Traurigkeit, übermäßigem Lachen, Verräterei, Verleumdung, Zorn, Gier, Dünkel und Lüderlichkeit; sie rede nach dem Vorredner, und sei erfahren in dem Lehrbuche der Liebe und dessen Nebenwissenschaften. – Das sind die gemeinschaftlichen Vorzüge. Bei der Umkehr derselben erhält man die Fehler.

»Verstand«, Einsicht. – »Charakter«, richtiges Wesen. – »Gesitteten Wandel«, was nach Ort und Zeit gilt. – »Elegantes Wesen«, das Führen eines eleganten Wesens. – »Traurigkeit«, Bettelei. – »Übermäßiges Lachen«, fortwährendes Kichern. – »Verräterei«, gegenseitiges Verraten. – »Verleumdung«, das Erzählen der Fehler anderer. – »Unbeständigkeit«, Mangel an Festigkeit. Sie sei »frei« davon, vermeide es. Damit sind Traurigkeit usw. als Untugenden aufgezählt. – »Sie rede nach dem Vorredner«, wenn kein anderer spricht. – »Sie sei erfahren«, kenne sich aus »in dem Lehrbuche der Liebe«. – Hier erfolgt die Aufzählung der Vorzüge nicht an der Hand eines Vorzügereichen. »Bei der Umkehrung derselben«, der gemeinschaftlichen Vorzüge, innerhalb der Aufzählung der Eigenschaften, die vorgenommen wird unter der Angabe auch noch anderer Merkmale, je nach ihrem gemeinsamen oder speziellen Vorkommen, »erhält man die Fehler«: Abkunft aus unedlem Geschlechte usw.; Häßlichkeit usw.; Mangel an Klugheit usw. Infolgedessen nennt man dann den Liebhaber einen Nichtliebhaber. Selbst wenn Vorzüge vorhanden sind, werden solche nicht besucht, sobald sie besondere Fehler haben.

Nun führt (der Verfasser) die Untersuchung über diejenigen, die keine Besuche machen dürfen:

Schwindsüchtige, Kranke, an Würmern Leidende, Leute mit übelriechendem Atem, mit geliebten Gattinnen, mit rohen Reden, Knauserige, Hartherzige, von den Eltern Verlassene, Räuber, Heuchler; Leute, die viel mit Wurzeln Kunststücke machen; die sich um Ehre oder Unehre nicht kümmern; die sich für Geld sogar von ihren Feinden kaufen lassen und Schamlose: diese dürfen nicht besucht werden.

»Schwindsüchtige«, die an Lungenschwindsucht leiden. – Das Wort »Krankheit«, welches zwar nur eine allgemeine Bezeichnung ist, bedeutet den weltbekannten Aussatz. – Beides wirkt nämlich ansteckend. – »An Würmern Leidende«, deren Krankheit unter dem Namen »Kotfliege« bekannt ist. Sie besteht darin, daß sich an der Öffnung, durch die der Kot entleert wird, Würmer einfinden. Wenn nun durch seine Samenergießung eine Frau schwanger wird, altert sie dadurch. – »Leute mit übelriechendem Atem«, die übel aus dem Munde riechen. Wenn ein solcher, ohne sich zu besinnen, Neigung zu einer Frau faßt, wie eine Krähe, die ihren Schnabel auf Reines und Unreines stößt, so gilt er für sie als nicht zu beschlafen. – »Mit geliebten Gattinnen«: da solche (Männer) nach keiner anderen Seite Neigung spüren, spenden sie auch keine Gelder. – »Mit rohen Reden«, die unerträgliche Reden führen. – »Knauserige«: Geldsäcke, die sich selbst und ihre Diener knapp halten. – »Hartherzige«, Mitleidlose. Alle beide sind nicht freigebig und fördern deren Sache nicht. – »Kunststücke mit Wurzeln«, Zauberei. – »Die sich für Geld sogar von ihren Feinden kaufen lassen«: wer aus Geldgier sogar mit seinen Feinden sich verbindet, der ist habsüchtig; wie kann er freigebig sein?

Nun prüft (der Verfasser) die Gründe, aus denen der Liebesbesuch stattfinden kann:

Leidenschaft, Furcht, Geld, Wetteifer, Vergeltung einer Feindseligkeit, Neugier, Parteinahme, Kummer, Moral, Ruhm, Mitleid, Freundeswort, Scham, Ähnlichkeit mit dem Geliebten, Reichtum, Entfernen der Leidenschaft, Ebenbürtigkeit, Hausgenossenschaft, Beständigkeit und Würde sind die Gründe des Besuchens, sagen die Meister. – Geld, Abwehr eines Mißgeschickes und Liebe, sagt Vātsyāyana. Die Geldfrage wird aber von der Liebe nicht beeinträchtigt, da sie die Hauptsache ist. Bei der Furcht usw. ist die relative Wichtigkeit zu prüfen. – Das ist die Untersuchung über die Freunde, die Besucher, die nicht zu Besuchenden und die Gründe des Besuches.

»Leidenschaft«, die gelegentlich in natürlicher Weise hervorbricht. – »Furcht« vor dem Zugrundegehen. – »Geld«, Erlangung von Grundstücken usw. – »Wetteifer«, Rivalität, z. B. zwischen der Devadattā und Anaṅgasenā: da wurde nämlich Mūladeva geliebt, um den sie sich als Nebenbuhlerinnen rissen. Manchmal kommt eine Frau zum Liebesbesuche, die eine »Feindseligkeit« vergilt. – »Neugier«: ›Man hört, daß der da gewandt sei: ist es so oder nicht?‹ – »Parteinahme«, Zufluchtnahme: in seinem Schutze nützt sie ihrer Sache. – »Kummer«, Abspannung: die geschlechtliche Vermischung bildet ja ihren Lebensunterhalt. Wenn sie nun hierbei hier oder dort Neigung erweckt hat, duldet sie, auch wenn sie nicht abgespannt ist, doch nicht sofort völlige Aufreibung. – »Moral«: bei dem Schlafen bei einem armen, gelehrten Brahmanen. – »Ruhm«: indem sie an irgend einem festlichen Tage eine Liebesopferung darbringt. – »Mitleid«: wenn jemand sagt, ich sterbe, wenn du mich nicht liebst, fühlt sie Mitleid. – »Freundeswort«: wenn ein solcher sagt: ›Mein Kamerad ist gekommen, mit dem magst du heute schlafen‹. – »Scham«: einer, der die Stelle von Eltern vertritt, wird unter Verschämtheit besucht. – »Ähnlichkeit mit dem Geliebten«: »Dieser sieht aus wie mein Geliebter!« – »Reichtum«: dieser da ist eine Respektsperson, da er reich und schön ist. – »Beseitigung der Leidenschaft«: Entfernung des überströmenden Samenstoffes durch Besuchen Beliebiger. – »Ebenbürtigkeit«: der Gedanke, daß jemand aus demselben Stande sei, ist für eine verdrehte Frau aus guter Familie Grund zu Liebesbesuchen. – »Hausgenossenschaft«, weil er in demselben Hause wohnt. – »Würde«: Ansehen, indem sie einen angesehenen Mann besucht. – Hierbei will der Verfasser sagen: Das ist die vollständige praktische Aufführung oder genaue theoretische Darstellung. Dabei bilden die ärztliche Behandlung, Liebenswürdigkeit, Vertreibung des Kummers und die Erlernung von Künsten die vollständige praktische Aufführung, da diese und ähnliche Dinge dazu gehören. – Zur genauen theoretischen Darstellung ist der Gelderwerb, die Verhütung eines Mißgeschickes und die Liebe zu rechnen. Darunter gehört alles. Dem Gelderwerbe dienen der Wetteifer, die Neugier, Parteinahme, Ermattung, Moral, der Ruhm, das Freundeswort und die Beseitigung der Leidenschaft. – Furcht, Feindschaft und Mitleid gehört unter die Verhütung eines Mißgeschickes; das übrige unter die Liebe. Auch die Scham streift einen Teil der Liebe. – »Die Geldfrage aber«: wenn Geldfrage und Liebe, jedes für sich, zugleich mit ihren Interessen in Kollision geraten, soll man, so ist der Sinn, das Interesse der Liebe opfern und das des Geldes wahrnehmen. – »Die relative Wichtigkeit« wird (der Verfasser) weiter unten behandeln.

*

§ 51. Das Gewinnen der Besucher.

Nachdem der (Verfasser) die Freunde geschildert hat, beschreibt er das Gewinnen der Besucher, wie die Hetäre sie sich geneigt machen soll:

Selbst wenn sie von dem Besucher eingeladen wird, soll sie nicht sogleich darauf eingehen, da die Männer eine leicht zu erringende Frau verachten. Um seine Neigung zu ergründen, schicke sie Diener usw., Masseure, Sänger und Spaßmacher zu dem Besucher oder solche Leute, die ihm anhängen; wenn es daran fehlt, den Pīṭhamarda usw. Durch diese ergründe sie die Lauterkeit oder Unlauterkeit, Neigung oder Abneigung, Anhänglichkeit oder Nichtanhänglichkeit, Freigebigkeit oder Knauserigkeit des Liebhabers. Wenn sie sich über ihn klar geworden ist, schließe sie mit ihm den Liebesbund unter Vermittlung des Vita.

Wenn sie von dem auf eigne Faust werbenden Liebhaber aufgefordert wird, gehe sie »nicht sogleich« darauf ein, »da die Männer eine leicht zu erringende Frau verachten«; d. h., sie gehe erst, nachdem sie wiederholt aufgefordert worden ist. »Um seine Neigung zu ergründen.« – »Spaßmacher«, Vidūṣaka. – »Die ihm anhängen«, dem Besucher eifrig Dienste leisten. – »Sie schicke«, beauftrage. – Der Ausdruck, »Pīṭhamarda usw.« bedeutet, (daß sie) ihre Freunde: Viṭa, Kranzwinder, Händler mit Wohlgerüchen, Schankwirte usw. (schicken soll). – »Neigung«, Absichten. Wenn dieselben auch vielfacher Art sind, so handelt es sich doch hauptsächlich darum, zu erfahren, wie er im Punkte der »Lauterkeit« usw. denkt. »Des Liebhabers«, der hier als »Besucher« bezeichnet ist. – Die Äußerungen eines sittlich reinen Benehmens nennt man den Zustand der »Lauterkeit«, das Gegenteil »Unlauterkeit«: ›Denn irgend jemand kann mir ja selbst ein Leid zufügen oder zufügen lassen oder auch beides nicht‹. »Neigung«, das Verlangen nach geschlechtlicher Vermischung; das Gegenteil davon ist »Abneigung«. »Anhänglichkeit«, deren Merkmale weiter unten (p. 322) angegeben werden; das Gegenteil davon ist »Nichtanhänglichkeit«. – »Freigebigkeit«, die Weise des Spenders; das Gegenteil davon ist die »Knauserigkeit«. – »Wenn sie sich über ihn klar geworden ist«, sein Wesen erkannt hat. – »Unter Vermittlung des Viṭa«: dieser hat nämlich ehemals das Leben eines Elegants geführt. Indem sie diesen vorher hinschickt, »schließe sie den Liebesbund«.

(Der Verfasser) gibt nun die Regeln an, nachdem sie sich mit dem Liebhaber vereinigt hat:

Unter dem Vorwande der Wachtel-, Hahnen- oder Widderkämpfe, des Sprechenlassens von Papageien und Predigerkrähen, des Schauspielbesuches oder der Künste führe der Pīṭhamarda den Liebhaber in deren Behausung oder sie in die seinige. Wenn er angekommen ist, gebe sie ihm als Liebesgabe irgend einen Gegenstand, der Liebe und Neugier erweckt, mit den Worten: »Dies sollst du selbst ganz speziell bekommen!« Woran er Gefallen findet, da ergötze sie ihn mit solcher Unterhaltung und Ehrenbezeugungen.

»Kämpfe von Wachteln« usw. – »Sprechenlassen von Papageien« usw. – »Schauspielbesuch«, das Ansehen von Dramen usw. – »Künste«, Gesang usw. – »Behausung«, Wohnung. – »Oder sie«, die Liebhaberin, »in die seinige« Behausung. – Was »Liebe erweckt«, da es ihm zuträglich ist, »und Neugier«, indem er es vorher noch nicht gesehen hat. – »Gegenstand«, eine Sache. – »Du selbst«, kein andrer, um die Zuneigung auszudrücken: indem sie sagt: ›Du ganz speziell‹ bist würdig, das zu »bekommen«, kein andrer. – »Als Liebesgabe«, was durch eine andere wieder gut gemacht wird. – »Woran«, an der Unterhaltung über Gedichte oder in den Künsten. – »Ehrenbezeugungen«, Kränze, Betel usw.

Nun gibt (der Verfasser) die Regel an für das genaue weitere Verhalten ihrerseits:

Wenn er gegangen ist, sende sie alsbald eine lächelnd redende Dienerin mit einem Geschenke; oder sie selbst gehe, begleitet von dem Pīṭhamarda, unter Vorschützung irgend eines Grundes, dorthin. – Das ist das Gewinnen der Besucher.

»Lächelnd«: die viel unter Scherzen redet. Eine solche mehrt nämlich die Liebe. – »Mit einem Geschenke«, mit einer Spende zum Andenken, »sende sie«. Auch hier »alsbald«, sofort, damit der Liebhaber nicht vorher eintritt. – »Begleitet von dem Pīṭhamarda«: dieser ist nämlich ihr Minister und Anbahner der geschlechtlichen Vereinigung. – »Sie gehe unter Vorschützung irgend eines Grundes«: eine Dreistigkeit bei dem Besuche ist nämlich zu vermeiden.

Gesagtes und Nichtgesagtes gibt (der Verfasser) nun in Versen:

Hier gibt es einige Verse:

Betel, Kränze und wohlzubereitete Salben gebe sie dem Ankommenden aus Liebe und führe Unterhaltungen auch über die Künste.

Sie schenke ihm bei vorhandener Neigung Gegenstände und tausche damit; sie offenbare an sich selbst den Wunsch nach der geschlechtlichen Vermischung.

Durch Liebesgaben, Vorschläge und reine Ehrenbezeugungen ergötze sie darauf den Besucher, wenn sie mit ihm erst vertraut ist.

»Wohlzubereitet« ist überall hinzuzufügen. – »Unterhaltungen auch über die Künste«: das Wort ›auch‹ bedeutet: auch Unterhaltungen über Dichtkunst. – »Gegenstände«, die Liebe und Neugier erwecken. – »Tausche damit«, Obergewänder und Ringe. Auch hier nur »bei vorhandener Neigung«: ein Schenken und Tauschen seitens einer Frau, die noch keine Neigung spürt, gilt für Betrug. – »Wunsch«, Verlangen. – »Sie offenbare«, lege klar. – Wenn aber jemand sich wieder entfernt, nachdem er kaum eingetreten ist, wie soll sie dem gegenüber die gehörige Geschicklichkeit zeigen, die sie offenbaren muß? Darauf antwortet er: »Durch Liebesgaben«, die man aus Liebe spendet. – »Vorschläge«, durch den Pīṭhamarda usw. vorgebracht mit den Worten: ›Warum schlaft ihr hier nicht?‹ – »Rein«, lauter, die auf die geschlechtliche Vereinigung hindeuten. – »Wenn sie mit ihm erst vertraut ist«, sich mit ihm vermischt hat. – »Darauf«: das ist der Gegenstand des nächsten Paragraphen.

*


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