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Sonntagsfeier.

Der nächste Tag war ein Sonntag und Olivia's Geburtsfest. Nach alter Vaterlands-Sitte mußte es am Sabbath still sein in Lady Esthers Hause; in ihrem Zimmer ward Vormittags in der Bibel gelesen, und die Söhne mußten, wie sie als Kinder gehalten waren, zuhören: denn der Bibel entwächst Niemand, war ihr Wort.

So saßen nun die Brüder, Richard und Walter, in ihrem Zimmer schon gesammelt und ruhig, und die Mutter wollte eben anfangen zu lesen.

Da trat, Alle überraschend, Olivia in die Thür, und nahte sich langsam, das Kind auf dem Arme. Auch Arkot folgte in seinem Sonntagsstaate, eine rothe Nelke im Munde. Richard war nur leicht aufgestanden, hatte sie stumm begrüßt und sich wieder gesetzt. Olivia heftete die Augen auf den Fußboden. Als aber das Kind nach dem Vater langte, und er mit stillabwehrender Hand es von sich wies, hing ihr Blick erstaunt an ihm und verquoll in Thränen. Sie sank mehr auf den Sessel, als sie sich niederließ. Das Kind nahm Arkot, setzte sich mit ihm in einen Winkel, und wiegte es auf den Knieen.

Walter freute sich im Innern über das, wie er meinte, kluge und ausgedachte Benehmen Richards. Er sahe schon die erste Wirkung davon, und hoffte zuletzt die größte. Denn durch Nichts werden die Weiber so weit, selbst zu dem Aeußersten gebracht, als durch ihnen bezeigte Gleichgültigkeit, selbst durch Verachtung nicht.

Die Mutter las nun im Sirach, dessen fünf und zwanzigstes Kapitel an der Reihe war. Mannigfach und gar ernstlich und eindringlich redete der Alte, als wenn er lebte, in die verschlossnen Gemüther. Besonders traf sie der Vers: »es ist kein Wehe so groß, als Herzeleid;« und der letzte: »will sie dir nicht zur Hand gehen, so scheide dich von ihr.« Der heilige Affe hielt den Kopf nach der Seite, rollte frommthuende Augen an der Decke, seine Mienen waren furchtsam und gespannt, und wie er die Menschen sah und thun sah, faltete auch er seine braunen Hände über dem weiß und lieblich angeputzten Kinde, und seufzte.

Das Herz der Mutter war gepreßt, und als sie die letzten Kapitel im Sirach geendet, und ihre Augen thränendunkel waren, bat sie Olivia, nun das heutige Evangelium zu lesen. Es war das von der Vergebung, wie ein König seinen Knechten alle ihre großen Schulden erließ, aber Einer von ihnen dem Andern seine kleine Schuld nicht.

Sie nahm der Mutter Platz vor dem weltrichtenden Buche mit unterdrücktem Widerstreben ein. Denn nur so lange wir stumm sind, gehören wir uns allein an; mit der Stimme wird unsere Seele laut, und was wir vorlesen, scheinen wir selbst zu meinen und zu verstehen zu geben. Sie las mit bebender Stimme langsam und langsamer, aber mehr kaum hörbar die Worte: »und er ging hin und würgete ihn.« Die Kraft derselben überwältigte sie; sie stand auf und verließ das Zimmer.

Die Mutter winkte Richard, Olivia zu folgen, die selbst um Vergebung ihn anzublicken jetzt zu verzagt war, nahm das Kind vor Freuden auf den Arm und ging dann Richard nach.

Walter saß stumm und betrachtend. Der heilige Affe setzte sich ihm gegenüber auf den leeren Stuhl am Tisch, blätterte gewaltig in dem Buche, als suche er eifrig darin, und klaubte die Blätter auseinander; dann sah er ernsthaft hinein, wandte den Kopf hin und her, wie ein Lesender, und bewegte tonlos murmelnd die Lippen begierig dazu. Und so kam der arme Schelm Waltern vor, wie eine Raupe, die dumpfgeschäftig in diesem Herbst noch über ein Himmelschlüssel-Beet kriecht, um dessen aufgeschlossene Blumen sie vielleicht im nächsten Sommer als Psyche schweben wird.



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